Von Deutschlands «Super-Vorzeige-Migrant» zum Hassobjekt der Rechten Michel Abdollahi ist ein echter «Hamburger Jung» – so dachte er jedenfalls von sich. Bis die AfD in die Parlamente einzog und die gesellschaftliche Debatte radikal veränderte. Auf einmal sind Menschen mit schwarzen Haaren «Vergewaltiger» und «Kopftuchmädchen», jeder Muslim ein «Bombenleger». Zu Abdollahis Entsetzen werden solche Aussagen auch noch von einem Großteil der Medien und der demokratischen Parteien diskutiert, was erst recht dazu führt, dass sich der Hass voll entlädt. Deutschland schafft mich ist ein erschütterndes Zeugnis einer Gesellschaft, für die rechtes Denken zunehmend normal wird, und in der Menschen mit Migrationshintergrund zu Hassobjekten geworden sind. "Der Gentleman-Journalist" – Anja Reschke, Panorama "Abdollahi bringt das Herumgeeier auf den Punkt, in das viele Deutschen geraten, wenn sie versuchen zu begreifen, dass das Land in dem sie leben, sich geändert hat, und weiter ändern wird und muss." – Süddeutsche Zeitung
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Michel Abdollahi. Deutschland schafft mich
Wann ist ein Migrant ein guter Migrant?
Die alte Ordnung. Verständigung
Ausgrenzung
Wir schaffen das. Stigmatisierung
Enthemmung
Die nachwirkende Verunsicherung der Bevölkerung. Konsolidierung
Distanzierung
Plötzlich Oppositionsführer. Normalisierung
Entspannung
Brief an Merkel. Özil
Seehofer
Merkel
Ein Jahrzehnt Abschaffung. Herkunft I
Herkunft II
Herkunft III
Ein Migrant bleibt ein Migrant bleibt ein Migrant
Fußnoten
Endnoten
Impressum
Отрывок из книги
Michel Abdollahi
Deutschland schafft mich
.....
Einmal war die Situation jedoch eine andere, und zwar bei dem Gespräch mit dem jungen Polizisten in Jamel. Ich war dort nicht allein, meinen beiden Kollegen ging diese Situation durch Mark und Bein. Ich habe nur gelacht und erklärt, das sei normal, aber sie fanden das gar nicht normal, aus einem ganz einfachen Grund: Die Polizisten sollten ihnen eigentlich Sicherheit vermitteln. Jetzt, wo einer von ihnen vielleicht, möglicherweise, irgendwie, etwas, ein kleines bisschen rechts sein könnte, hatten sie nicht mehr das Gefühl, beschützt zu werden. Sie waren das erste Mal selbst betroffen. Wie viele von den anderen Polizisten dachten noch so? Der da hinten? Der am nächsten Tag vielleicht auch? Sein Kollege? Ich fand es eher unterhaltsam als beängstigend, weil die Biodeutschen plötzlich in der gleichen Situation waren wie ich und mir nicht mehr nachsagen konnten, dass ich eventuell etwas zu sensibel reagieren würde. Sie hatten beim Anblick der Staatsmacht plötzlich kein gutes Gefühl mehr. Willkommen in meiner Welt.
In den vier Wochen, die ich in Jamel und Umgebung verbrachte, sprach ich mit vielen Menschen. Menschen, mit denen ich vorher noch nie gesprochen hatte, die mir in meinem Hamburger Alltag nicht wirklich begegneten. Ich unterscheide mich da nicht sonderlich von anderen, auch ich verbringe meine Zeit hauptsächlich in meiner Blase. Diese Blase hatte ich nun verlassen.