Die verlorene Insel ist eine Sammlung faszinierender Reportagen von der besetzten Krim, die die namhafte ukrainische Journalistin Nataliya Gumenyuk im Zeitraum von 2014 bis 2019 bereist hat. Das Buch erzählt die wahren Geschichten und Tragödien der Menschen und ihrer Lebensumstände, die sich seit 2014 grundlegend verändert haben. Seitdem leben die einen Bewohner der Krim unter Besatzung, die anderen schlicht in einem anderen Land. Doch wie sieht ihre Lebenswirklichkeit aus? Unternehmer und Rentner, Krimtataren, Studenten und Aktivisten, Menschenrechtler und Militärangehörige, Menschen mit unterschiedlichen politischen und ideologischen Ansichten – sie alle erzählen offen ihre Geschichten: Einige versuchen, ihrem stillen, dumpfen Schmerz Worte zu verleihen, andere haben genug vom Schweigen und der Angst. Dieses Buch ist die Stimme der annektierten Krim – in einer beeindruckenden Vielstimmigkeit von Einzelschicksalen, die zu einer einzigen großen und gemeinsamen Erzählung verschmelzen, die noch nicht abgeschlossen ist.
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Nataliya Gumenyuk. Die verlorene Insel
Vorwort
Die Stimmen der Inselbewohner
Einleitung
Vorwärts in die Vergangenheit
In Schokolade getaucht, oder: der See, den es nicht gibt
Schneidet mir die Zunge heraus, ich habe vor nichts mehr Angst
Die Krim zu verlassen ist wie eine kranke Mutter zurückzulassen
Ukrainisch bleiben auf der Krim. Ohne Rechte, ohne Geld
Ohne Sprache
Ohne Wahl
Krimnasch versus Artek
Einmal um die halbe Welt: Der Fall Senzow-Koltschenko
Getrennt: wie es ist, Mutter, Frau, Vater eines politischen Gefangenen auf der Krim zu sein
Mumine Salijewa
Lilija Sekirjajewa
Emine Ljumanowa
Diljara Abdullajewa
Nijara Ibrahimowa
Ajsche Abiltarowa
Rustem Mustafajew
Lilja Smajilowa
Susanna Dschepparowa
Die Stadt der Friedhofsstille
Wir haben die besten Spezialeinheiten weit und breit
Eine Dystopie, zu Realität geworden
Der Preis der Annexion ist das Leben
Die Familien der „Volksfeinde“
#IhreKrim
Danksagung
Отрывок из книги
ibidem-Verlag, Stuttgart
Die Stimmen der Inselbewohner
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„Junge Dame, es gibt keine Probleme zwischen der Ukraine und Russland“, wirft ein stattlicher Mann mit Schnurrbart und Schiebermütze ein: „Die Menschen leben in Frieden und Eintracht, doch wenn nationalistische Ideen zum Maßstab allen Handelns gemacht werden, dann ist das nicht gut. Es hat doch niemand behauptet, dass in der Westukraine alle Menschen schlecht seien. Aber Nationalisten und Extremisten, die an die Macht kommen – was soll das bitteschön? Nehmen wir den Vorsitzenden der Partei ‚Swoboda‘, Tjahnybok, oder die Swoboda-Abgeordnete Iryna Farion, die dazu aufruft, alle Nicht-Ukrainer zu vernichten. Die beiden sagen schreckliche Dinge. Oder Jarosch,15 der allen Moskowitern16 den Krieg erklärt hat. Gut, Jarosch ist nicht an der Macht, aber er tritt bei den Präsidentschaftswahlen an! Die Ukraine kann doch in der Europäischen Union und in der Zollunion17 sein! Um Himmels Willen! Aber dann bitte ohne Nazismus und Extremismus, wie ein normaler, zivilisierter Staat. Ich glaube, dass die Leute in der Ukraine das alles früher oder später begreifen und sich davon lossagen. Dann sind einem solchen Volk Ruhm und Ehre gewiss, und ich werde mein Haupt vor ihnen verneigen!“
Das Akkordeon verstummt. Die ganze Gruppe hebt im Chor an: