Rassismus. Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen!
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Natasha A. Kelly. Rassismus. Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen!
Einleitung
Kapitel 1: Rassismus und Geschichte
Kapitel 2: Die rassische Wende: Von biologischer »Rasse« zu sozialer Race
Kapitel 3: Rassismus und Wissen
1. Wissenschaft und Forschung
2. Bildung
Kapitel 4: Und täglich grüßt das N-Wort: Rassismus und Sprache
Kapitel 5: Rassismus und Polizei
Rassismus ist ein strukturelles Problem!
Literatur
Danksagung
Endnoten
Отрывок из книги
Die Schwarze deutsche Community weist seit Jahrzehnten darauf hin, dass Rassismus alle Strukturen unserer Gesellschaft durchdringt. In der öffentlichen Debatte wird allerdings noch immer auf einer individuellen Ebene nach einer Patentlösung gesucht. Doch erst wenn wir die strukturelle Dimension des Rassismus verstehen, können wir erfolgsversprechende Maßnahmen dagegen entwickeln, denn strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen. Die promovierte Kommunikationssoziologin und akademische Aktivistin Natasha A. Kelly schafft mit ihrem Buch eine längst überfällige Grundlage für den informierten Dialog über Rassismus. Anhand von konkreten Beispielen aus der aktuellen Debatte zeigt sie, wo die Strukturen des Rassismus verlaufen – und setzt selbst elementare Impulse für die Diskussion.
Doch allzu bald wurde dieses Gefühl von der mangelhaften Berichterstattung und von zahlreichen politischen Fehlentscheidungen und -tritten überschattet. Selten waren so viele Schwarze Menschen in Talkshows zu sehen, die der Reihe nach von ihren individuellen Rassismuserfahrungen berichteten. Durch das (Mit-)Teilen solcher Schmerzerfahrungen sollten die weißen Zuschauer:innen mithilfe von Empathie an das Thema herangeführt werden. Was hinzu kam und für viele Zuschauer:innen neu gewesen sein mag, war die Tatsache, dass sie als weiße Mehrheitsgruppe angesprochen wurden und nicht als neutrale Individuen. Erstmals konnten sie sich selbst in der Position des handelnden weißen Subjekts beobachten, das aus einer weißen Normposition heraus Rassismus ausübt. Wie wir nämlich aus der Critical-Whiteness-Forschung wissen, ist »weiß« keine objektive Kennzeichnung eines äußeren Erscheinungsbildes, sondern eine durch Rassismus geschaffene privilegierte Positionierung.[2] In einer rassistischen Gesellschaft sind weiße Personen nie aufgrund dessen, dass sie als weiß wahrgenommen werden, systematisch und strukturell diskriminiert worden – egal, ob sie in der Mehrheit oder in der Minderheit waren bzw. sind. Und das können sie als von Rassismus privilegierte Personen auch nicht.
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Auf diese Weise will das Buch eine Grundlage für einen informierten Dialog schaffen, mit dem Ziel, die Antirassismusdebatte in Deutschland zu professionalisieren und weiter voranzubringen. Als strukturbildende Ideologie steht Rassismus absolut konträr zu der Selbstverpflichtung von Deutschland, die Menschenrechte einzuhalten, vor Diskriminierung zu schützen und die im Grundgesetz festgeschriebenen Werte zu garantieren. Stattdessen werden in der gegenwärtigen Lage die bestehenden Machtverhältnisse aufrechterhalten und Ungleichheit normalisiert und legalisiert. Bevor wir also in einer politischen Sackgasse enden, ist es wichtig, sich über eine allgemeingültige Definition von Rassismus zu verständigen, die davon ausgeht, dass Rassismus strukturell ist und sich in alle Ebenen der Gesellschaft eingeschrieben hat. Erst dann können wir lösungsorientierte Maßnahmen dagegen entwickeln, die Erfolg versprechen und nicht nur symbolisch sind.
Tödlichen Höhepunkt bildeten die gewalttätigen Ausschreitungen im ostdeutschen Chemnitz im September 2018. Nach einer Auseinandersetzung am Rande eines Stadtfestes war es zu einer Messerstecherei gekommen. Ein Mann wurde tödlich und zwei weitere schwer verletzt. Rechte und rechtsextreme Gruppen riefen aufgrund der Nachricht vom vermeintlichen Migrationshintergrund des Täters zu Demonstrationen auf. Die Polizei sah keinen Anlass, die Einsatzkräfte zu verstärken, obwohl sie rechtzeitig über die Aktivitäten informiert worden war. Die deutsche Presse schaffte es lange nicht, zu benennen, dass der getötete Daniel Hillig ein Schwarzer Deutscher war, der selbst jahrelang rechte Gewalt und Rassismus erleiden musste. Ein Umstand, der den rechten Netzwerken in die Hände spielte. Die rechte Szene zeichnete und instrumentalisierte das Bild eines Täters mit Migrationshintergrund, der einen vermeintlich weißen Deutschen tötete.[30] So versuchte die Szene, die Tat zu rassifizieren und als Beweis für den in der Einleitung bereits angesprochenen Mythos, es gebe Rassismus gegen weiße Menschen, zu missbrauchen.
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