Änne Gröschler (1888 – 1982) aus der norddeutschen Kleinstadt Jever entkam dem Holocaust durch den «Transport 222». Dieser führte im Jahr 1944 sogenannte Austauschjuden aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen in das britische Mandatsgebiet Palästina. Die beeindruckende Frau zeichnete unmittelbar nach ihrer Rettung trotz aller Demütigungen und Verluste ein differenziertes Bild der nationalsozialistischen Ära. Sie hat uns ein einzigartiges Dokument hinterlassen. Themen: die Verfolgung der Juden und die Flucht in die Niederlande, der Überfall Deutschlands 1940, das verratene Versteck, die Haft im Lager Westerbork, die drohende Deportation nach Auschwitz, die Leiden in Bergen-Belsen und die rettende Zugfahrt in die Freiheit.
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Änne Gröschler. Aus dieser schweren Zeit
Einleitung
Biografische Notizen und Inhalt des Berichts
Historische Rahmenbedingungen des „Transports 222“
Editorische Bemerkungen
Danksagungen
1. Jever 1938 - 193911
2. Groningen und die Okkupation der Niederlande. Januar 1939 bis 1942
3. Groningen 1942/43. Untertauchen, Verrat und Gefängnis
4. Kamp Westerbork. 12. November 1942 bis 31. Januar 1944
5. KZ Bergen-Belsen – Februar 1944 bis Juni 1944 – Tod von Hermann Gröschler
6. KZ Bergen-Belsen – 26. April bis 30. Juni 1944 – Die Zeit vor dem Palästina-Austausch
7. Vom 30. Juni bis 10. Juli 1944: Mit dem Zug von Bergen-Belsen nach Palästina
8. Ankunft in Palästina am 10. Juli 1944 und die Zeit danach
Den Führern unseres Palästinabundes
Literaturnachweis
Abbildungsnachweis
Robert de Taube. Das offene Versteck
Eckhard Harjes. Das Haus in der Schlosserstraße
Отрывок из книги
Änne Gröschler
Aus dieser schweren Zeit
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Nach einem Zwischenaufenthalt in Amsterdam kehrten die Familien notgedrungen nach Groningen zurück. Obwohl die deutschen Militärbehörden zunächst beruhigende Erklärungen abgaben, kam es bald und zunehmend auch in den Niederlanden zu Diffamierungen, Isolierungen und Ausgrenzungen der Juden, wie sie das Ehepaar Gröschler bereits aus Deutschland kannte. Ein Teil der niederländischen Bevölkerung, vor allem Angehörige der NSB (Nationaal-Socialistische Beweging), beteiligte sich daran, jedoch die große Mehrheit – darauf weist Änne Gröschler an mehreren Textstellen hin – übte symbolisch und auch aktiv Solidarität.
Im Frühjahr 1942 wurde der Schwiegersohn wegen einer Denunziation unter dem Verdacht des Devisenvergehens in Untersuchungshaft genommen. In dem darauf folgenden Gerichtsverfahren stellte sich zwar seine Unschuld heraus, doch wenige Tage später erhielt er den Gestellungsbefehl zu einem Arbeitseinsatz in einem der Arbeitslager für Juden in den Niederlanden. Über die Bedeutung eines solchen Befehls machte sich niemand Illusionen. Löwenberg tauchte mit seiner Ehefrau in einem Versteck unter, das ein im Widerstand tätiger Patient, ein Sozialdemokrat, organisiert hatte. Aus Sicherheitsgründen hatten sie die Eltern nicht informiert, gleichzeitig aber dafür gesorgt, dass auch ihnen die Möglichkeit zum Untertauchen gegeben wurde. Als im Juli 1942 die ersten Deportationen von Westerbork nach Osteuropa einsetzten, überzeugte Änne Gröschler ihren Ehemann, von diesem Angebot Gebrauch zu machen. Sie kamen über einen Vertrauensmann des Widerstands bei einem Arbeiterehepaar in Groningen unter, wo sie sich in einem kleinen Dachzimmer verstecken konnten. Im Oktober 1942 wurden sie bei einer Hausdurchsuchung von der Polizei entdeckt. Die Umstände deuten auf Verrat, doch konnte der Sachverhalt nie aufgeklärt werden, obwohl er nach der Befreiung der Niederlande von der Polizei untersucht wurde.