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Oliver Uhrig. Mythos Kaschmir
Table of Contents
Mythos Kaschmir - Vom Paradies der Mogulen zum Konfliktherd Südasiens
Vorwort
Einleitung
1.1. Wie Brahma den Wasserdämon Jalobhava tötete
Der Mythos
Geologische Anhaltspunkte
Historische Anhaltspunkte und Interpretationen
1.2. Ratarangini - der Fluss der Könige
Kalhana
Rajatarangini
1.3. My home is my castle
1.4. Die Mogulgärten von Srinagar
2.1. Sufistische Praxis in Kaschmir
2.2. Zain-ul-Abidin
2.3. Von Schreinen und Moscheen
2.4. Starb Jesus in Kaschmir?
Die Argumente der Verfechter dieser These
Die Quellenlage
2.5. Der Pir
3.1. Am Schrein des Dastagir Sahib
Update Dastagir Sahib
3.2. Instandhaltung eines Hausbootes
3.3. Paschmina: Eine alte Tradition kunstvoller Schalherstellung
3.4. Ein Besuch bei den Reisbauern von Telbal
3.5. Safran - das rote Gold aus dem Kaschmir-Tal
3.6. Die schwimmenden Vegetable Markets von Srinagar
3.7. Downtown-Srinagar: Wo die Zeit scheinbar stillsteht
Jamia Masjid
Zain-ul-Abidin
Zainakadal
Pather Masjid
Shah-i-Hamadan
3.8. Wazwaan: mehr als nur ein Essen
3.9. Die lieben Verwandten
4.1. Die Werbung mit einem Mythos
4.2. Stilvoller Urlaub längst vergangener Zeiten
4.3. Eine kleine Package-Tour
5.1. Rettet den Dal-See
5.2. Ausverkauf der Natur
6.1. Kashmiriyat - die schöne Konstruktion kollektiver Identität
6.2. Solidarität und gewaltsames Handeln
6.3. Den schwierigen Alltag meistern
6.4. Anschlagsziel „Schule“
6.5. Hunderttausend Rupien Bakschisch für einen Job
6.6. Mazar-i-Shuhada – warum Märtyrer unbesiegbar sind
6.7. Die Vertreibung aus dem Paradies
6.8. Gesichter des Widerstands
6.9. Gibt es Chancen für Frieden?
Gar nichts ist vorbei – eine aktuelle Bestandsaufnahme
7.1. Der Kaschmir-Konflikt geht in eine neue Runde
7.2. Generationenwechsel
7.3. Das Leid der jungen Frauen
7.4. Die Menschenrechtslage in Kaschmir
Menschenbilder
Die Autoren
Reise-Informationen
Soll man fahren?
Wann soll man fahren?
Wie soll man reisen?
Übernachtung
Kosten
Package oder individuell?
Souvenirs
Weitere Informationsquellen
Bibliografie
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Отрывок из книги
Als wir im Jahr 1995 zum ersten Mal gemeinsam nach Kaschmir reisten, waren wir noch Studenten der Ethnologie und befanden uns in der Vorbereitung zu unseren Magister-Arbeiten. Unvorhergesehene Umstände führten uns nach Srinagar, der Hauptstadt des Kaschmir-Tals, wo wir von der Zwiespältigkeit unserer Wahrnehmungen frappiert waren. Wie war es möglich, dass in solch einer lieblichen Umgebung derart unerfreuliche Lebensumstände herrschten? Allenthalben waren Bombenexplosionen oder das Knattern von Gewehrsalven zu vernehmen. Der Blick vom Hausboot verhieß Ruhe und Frieden; ein Besuch in der Altstadt offenbarte Hass und Gewalt - inmitten einer jahrhundertealten Kulisse, die jedem Touristen das Herz höher schlagen lässt. Was ging hier vor sich? Hatten die Menschen in Kaschmir nicht allen Grund, zufrieden und glücklich ihren Geschäften nachzugehen? Immer noch kamen zu jener Zeit westliche Touristen nach Kaschmir; die fünf Europäer, die wenig später ermordet werden sollten, darunter auch ein Deutscher, waren zu diesem Zeitpunkt noch frei und genossen das vermeintliche „Paradies Kaschmir“.
Unsere Erlebnisse warfen mehr Fragen auf, als wir in kurzer Zeit beantworten konnten. Wir suchten Abhilfe in diversen Buchhandlungen Srinagars und daheim, in der Fachbibliothek des Südasien-Instituts der Universität Heidelberg. Schnell wurde klar, dass das Informationsangebot zum Thema „Kaschmir“ recht eingeschränkt war. Wissenschaftliche Werke befassten sich mehrheitlich mit historischen Perspektiven des Konflikts und traditionellen Lebensformen der Kaschmiris. Erst allmählich hielt der aktuelle - gewaltsam ausgetragene - „Kaschmir-Konflikt“ Einzug in die wissenschaftliche Literatur. Ein Anfang; visuelle Eindrücke waren jedoch von diesen Publikationen nicht zu erwarten. Die Informationen blieben größtenteils akademisch abstrakt. Auf der anderen Seite beließen es die wenigen „populären“ Buchveröffentlichungen über Kaschmir meist bei mehr oder weniger „paradiesischen“ Fotos, oder aber sie kamen in Form individueller Reiseberichte daher. Letztere häufig mit kulturellen Vorurteilen und Halbwissen gespickt. Zwei Ausnahmen, die auch Einfluss auf die Idee zu diesem Buch haben, sind der hervorragende Fotoband „Kashmir“ von Raghubir Singh sowie die bereits im 19. Jahrhundert verlegte Monografie „The Valley of Kashmir“ des britischen Kolonialbeamten Walter Lawrence. Wenn es gelänge, ein Buch über das Kaschmir-Tal zu schreiben, welches die Vorzüge dieser beiden Publikationen in sich vereint, so unsere Überlegungen in der Folge, hätte der Leser eine Informationsquelle, die unterschiedliche Ebenen dieser Kultur und ihre publizistische Darstellung miteinander verknüpft. Visuelle Eindrücke, Fotografien in Verbindung mit Geschichten, Beobachtungen und Fakten. Informationen, welche die Leser zunächst über das Auge erreichen, um das optisch Wahrgenommene in Verbindung mit korrespondierenden Artikeln in einen tieferen, kulturrelevanten Zusammenhang zu stellen. Die Idee zu diesem Band war geboren. Für die Umsetzung dieses Projektes wurden jedoch zunächst wissenschaftliche Forschung und zahlreiche Reisen nach Kaschmir notwendig.
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Noch immer existieren Semi-Nomaden wie beispielsweise die vor langer Zeit zugewanderten Gujjars, die während des Winters mit ihrem Vieh in die Rajouri - Region nahe der Stadt Jammu wandern, während sie die Sommermonate auf den Hochalmen des Kaschmir-Tals verbringen. Zwar haben auch bei ihnen zwischenzeitlich Coca-Cola und Mobilfunk Einzug gehalten, aber warum sollten sie deshalb eine Lebensweise aufgeben, die sich für sie bewährt hat und auf deren Tradition sie mit Selbstbewusstsein zurückblicken? Nahe der Stadt Baramulla existiert tatsächlich eine Art Abfluss im Fels, von dem allgemein angenommen wird, dies sei die Stelle, an der Satisaras das Tal verlassen habe. Schlüssige Beweise hierfür existieren freilich ebenfalls nicht. Heute ist es jedoch der Fluss Jhelum, der hier das Kaschmir-Tal verlässt und in den pakistanischen Teil Kaschmirs fließt. So verweisen auch heute noch zahlreiche Spuren im Leben und den Erzählungen der Menschen auf ihre mythische Herkunft. Eine Herkunft, auf die - obwohl ungesichert und teils im Dunkeln liegend, viele Kaschmiris stolz sind.
Mit den ursprünglich für den Transport im Kaschmir-Tal verwendeten Lastkähnen haben diese Luxusherbergen nur mehr gemein, dass sie schwimmen. Andererseits wären die nun schon seit gut 100 Jahren schwimmenden Hotels ohne die alte Tradition des Schiffens auf den Seen, Flüssen und Kanälen des Kaschmir-Tals nicht denkbar. Wer sich heute an Bord eines solchen Hausbootes begibt, ist nicht nur in einer der luxuriösesten Herbergen Indiens untergekommen; für ihn wird auch der koloniale Stil der Briten gepaart mit dem prunkvollen Luxus mittelalterlicher Herrscher nachvollziehbar.
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