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Olivette Otele. Afrikanische Europäer
EINLEITUNG
1FRÜHE BEGEGNUNGEN Von Pionieren bis zu Afrorömern
2SCHWARZE MITTELMEERBEWOHNER Sklaverei und die Renaissance
3DER TRANSATLANTISCHE SKLAVENHANDEL UND DIE ERFINDUNG VON RACE
4WEDER HIER NOCH DORT Doppelte Herkunft und Geschlechterrollen
5FLÜCHTIGE ERINNERUNGEN Koloniale Amnesie und vergessene Figuren
6EINE VERGANGENHEIT BEANSPRUCHEN, DIE GEGENWART BEWÄLTIGEN
7IDENTITÄT UND BEFREIUNG Afroeuropäer*innen heute
EPILOG
DANKSAGUNG
ANMERKUNGEN
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Отрывок из книги
Über Schwarze Lebensgeschichten und Erfahrungen in ganz unterschiedlichen geografischen Kontexten sind bereits unzählige wertvolle Bücher geschrieben worden.1 Allerdings behandelt nur ein relativ geringer Teil von ihnen speziell die Erfahrungen von Menschen afrikanischer Abstammung im Europa vor den Weltkriegen. Zwar sind eine Handvoll individueller Lebensschilderungen am Rande in die europäische Geschichtsschreibung integriert worden, diese stehen aber zumeist in Verbindung mit der Geschichte der Versklavung oder mit kolonialen Begegnungen ab dem 15. Jahrhundert. Die bisher veröffentlichten Arbeiten kombinieren den Begriff »Schwarze Präsenz« oftmals mit einem spezifischen geografischen Gebiet. Von der »Schwarzen Präsenz in Europa« bis zur »Schwarzen Präsenz in Wales« skizzieren diese Werke das Leben von Menschen afrikanischer Abstammung an den jeweils genannten Orten.2 Außerdem handeln die verfügbaren Bücher häufig von bekannten Männern und Frauen. Selbstverständlich verdienen solche Individuen Forschung, und die Biografien liefern interessante Interpretationen und werfen ein neues Licht auf ihre Lebensgeschichten. Beispielsweise widmeten sich in den letzten Jahrzehnten mehrere Werke ehemals versklavten Personen. Von Olaudah Equiano bis Mary Prince, die beide in Großbritannien lebten, scheint der Fokus dabei auf Abolitionist*innen des 18. Jahrhunderts und ihren Verbindungen zu verschiedenen anderen gesellschaftlichen Gruppen zu liegen.
Schwarze Abolitionist*innen und andere Schwarze Männer und Frauen wurden betrachtet in Bezug auf ihre Rollen als Modelle für berühmte Gemälde oder als Bedienstete, die in der Reiseliteratur und anderen künstlerischen Werken auftauchen. Werden diese Männer und Frauen individuell untersucht, dann erscheinen sie generell als Ausnahmefiguren, deren Leben durch komplexe Begegnungen mit europäischen Menschen transformiert wurden. In solchen Berichten wird ihre »Einzigartigkeit« als plausible Erklärung für ihren Ruhm angegeben. Einige dieser Geschichten sollen aufgrund ihres außergewöhnlichen Beitrags zu den europäischen Gesellschaften überlebt haben. Über weitere Aspekte ihres Lebens, wie etwa die enge Verbindung, die sie zu anderen Menschen afrikanischer Abstammung gehabt haben mochten, wurde dagegen nur wenig bekannt gemacht. Manche Geschichten sind dem Vergessen anheimgefallen oder in ihrer Bedeutung unterschätzt worden. So werden etwa der afrikanische Widerstand gegen die Versklavung an den afrikanischen Küsten oder der Kampf gegen den transatlantischen Sklavenhandel in Afrika in Werken über die Versklavung in der europäischen Kolonialgeschichte kaum erwähnt. Dabei war Widerstand nichts Ungewöhnliches, die Beispiele umfassen etwa die beeindruckende Geschichte der Königin Nzinga im 17. Jahrhundert, die zahlreichen Sklavenrevolten auf den Schiffen entlang der afrikanischen Küsten und die Sabotage des Plantagenlebens durch Maroons und versklavte Menschen, die in der Nähe ihrer Herren lebten. In der Geschichte des Schwarzen Widerstands gegen die Versklavung gibt es ein Kontinuum, das einen Bestandteil dessen darstellt, was Cedric J. Robinson als die »Wurzeln des Schwarzen Radikalismus«3 begreift. Laut Robinson brachte der Westen Schwarze Körper durch Gewalt unter seine Kontrolle, um Reichtum zu schaffen, zugleich kündigte sich damit jedoch auch das Ende der kapitalistischen Staaten an. Tatsächlich sei in die Mittel zur Anhäufung von Reichtum die Saat der Zerstörung bereits eingebettet gewesen.
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Die Autoren nutzten die Erzählung, um eine bestimmte Sicht auf die Ästhetik des Schwarzseins zu stärken, und ihre Entscheidung, Moses’ Leben zu einem Narrativ über das Schwarzsein, über Demut und Selbstverleugnung zu simplifizieren, unterstrich den geringeren Status – und gar die geringere Menschlichkeit – des Heiligen. Die hier widerhallenden Themen – Vorurteile gegenüber schwarzer Haut, die Verbindung von Schwarzer Heiligkeit mit übermäßiger Demut, das Zusammenspiel von Innerem und Äußerem – fand sich auch in den frühmodernen Hagiografien Schwarzer Heiliger wieder.44
Ein langsamer Wandel trat ein, als viele Europäer öfter mit Afrikanern in Kontakt kamen. Geschichten über die Rolle des äthiopischen Priesters Johannes, ein legendärer König, der über eine östliche christliche Nation geherrscht haben soll, fanden Verbreitung und boten eine hoffnungsvolle Grundlage für die Ausweitung des Christentums. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nahm die Repräsentation Schwarzer Heiliger eine neue Wendung. Vorstellungen über das Schwarzsein von Sündern, wie es in den Skulpturen von Schwarzen Heiligen dargestellt wurde, oder die Anerkennung der Rolle Schwarzer Figuren wie den Heiligen Drei Königen als Grundlage des Christentums wurden allmählich durch eine weltlichere Schwarze Präsenz ersetzt. Auslöser dafür waren das Knüpfen von Verbindungen zwischen äthiopischen Mönchen und Rom, Konstanz und Florenz und die Möglichkeiten von Allianzen zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche, die von Papst Eugen IV. unterstützt wurden.45 Im 16. Jahrhundert sah Südeuropa das Aufkommen einer ganzen Reihe von Schwarzen Heiligen, darunter die sizilianischen Franziskaner Benedikt von Palermo und Antonio da Noto.
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