Erlebnisse eines freiwilligen bayerischen Jägers im Feldzuge 1870/71
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Oskar Leibig. Erlebnisse eines freiwilligen bayerischen Jägers im Feldzuge 1870/71
Vorwort
I. Der Ausbruch des Krieges
II. Der Ausmarsch
III. Auf dem Marsch und im Quartier
IV. Sedan
V. Im Bataillon
VI. Von Sedan nach Paris
VII. Der 19. September
VIII. Die ersten Vorposten vor Paris
IX. Unsere Standquartiere vor Paris
X. Bourg la Reine
XI. Auf Vorposten
XIV. Ausfälle
XV. Angenehme Abwechslung
XVI. Winter
XVII. Die Beschießung
XIX. Die Kapitulation von Paris
XX. Abmarsch von Paris
XXI. Die Heimkehr
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Titel
Vorwort.
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Am Abend erwies uns die Dame des Hauses die Ehre, uns in unserem Zimmer zu besuchen und ein wenig mit uns zu plaudern. Der Löwenanteil des Gesprächs unsrerseits ruhte natürlich auf mir. Das Woher war bald erledigt und mit Interesse vernahm sie, dass ich von Augsburg sei. Sie war einmal dort gewesen. Anders gestaltete sich das Wohin. Denn unsere stete Antwort: nach Paris! erweckte bei der Frau zunächst eine helle Lache, dann aber wurde uns allen vor Paris der Tod verkündet und dessen Unbesieglichkeit mit einer drastischen Beschreibung seiner Verteidigungsmittel geschildert: Pech und Schwefel und siedendes Wasser, unzählbare Kanonen, Granaten und Bomben so groß als sie mit beiden Armen spannen konnte, würden uns empfangen und Tod und Verderben bringen. Je ruhiger sie uns bei dieser haarsträubenden Schilderung bleiben sah und je gelassener wir entgegneten: das macht uns nichts, wir gehen nach Paris und nehmen es! desto lebhafter ward unsere Dame und verabschiedete sich zuletzt uns alle für verloren gebend. Solche Dispute hatten wir öfters zu bestehen und wurden dieselben für uns geradezu spaßig, wenn die „an der Spitze der Zivilisation marschierende große Nation“ jammervolle Kenntnisse in der Geographie an den Tag legte.
Andern Tags 5 Uhr früh kehrten wir der schönen, noch schlafenden Stadt den Rücken und marschierten zunächst nach dem Bahnhof, wo sich nach und nach mehrere Abteilungen versammelten, auch ein Nachschub des 3. Infanterieregiments, in dem ich einen Landsmann begrüßen konnte. Nach reichlich 1 ½ stundenlangem Warten — wir schmeichelten uns zuletzt, wir würden Eisenbahn fahren — wurde endlich in großer Kolonne abmarschiert. Aus welchem Grund dies geschah und warum sie dann doch wieder sich bald auflöste und wir allein marschierten, darüber kann ich nicht Ausschluss geben; ich kann nur vermuten, dass die vor uns liegende, noch in Feindesgewalt befindliche Festung Toul mit diesen Vorkehrungen im Zusammenhang stand. Indem sie uns zwang, südwärts auszuweichen, brachte sie uns in die Nähe der klassischen Orte Vaucouleurs, Gondrecourt, Domremy. Deutlich erinnere ich mich einer prächtigen Aussicht von einem Plateau herab auf eine immer tiefer verlaufende, von einem Fluss durchströmte Gegend; deutlich eines Dorfes, in welchem die ganze Kolonne Halt machte, und hat sich mir besonders ein Regenschirmmacher eingeprägt, der von Haus zu Haus ging und auf mich den Eindruck eines Spionen machte. Dadurch, dass wir gleich von Nanzig aus südlich marschieren mussten, um bei Pont St. Vincent den Übergang über die Mosel zu gewinnen und dadurch, dass dieser Umweg wieder eingebracht werden sollte, wurde der heutige Marsch trotz des Königstags in der Heimat ein 11 ½ Stunden umfassender, an Strapazen, Hunger und Durst überreicher. Ich konnte auch nur die größere Hälfte leisten; einige Leute brachen zusammen, darunter ein Kamerad, der wenige Jahre nachher als Unteroffizier in Erlangen verstarb. In der Dämmerung kamen wir in einem ziemlich l)och gelegenen Flecken an, in dem soeben eine preußische Kavallerieabteilung abgesessen war. Dies war wohl der Grund, weshalb wir noch eine Stunde in die Nacht hinein marschieren mussten, bis wir endlich in einem elenden Dorfe Ruhe fanden. Ich kam mit drei Kameraden zu einem ganz armen Manne, dessen Weib mich um ein bisschen Tabak für denselben bat, als sie mich morgens ein Pfeifchen stopfen sah.
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