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Paul W. Massing. Vorgeschichte des politischen Antisemitismus
Vorgeschichte des. politischen Antisemitismus
Inhalt
Vorwort von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno zur deutschen Erstausgabe
Vorwort von Paul W. Massing zur amerikanischen Ausgabe
KAPITEL I. Die Liberale Ära (1871-1878)
KAPITEL II. Der christlich-konservative Gegenangriff (1879-1886)
KAPITEL III. Konservativer Staat und soziale Demagogie
KAPITEL IV. Stoeckers Niedergang (1886-1890)
KAPITEL V. Die Ara Caprivi (1890-1894)
KAPITEL VI. Die völkische Bewegung
KAPITEL VII. Zur Charakteristik des völkischen Antisemitismus
KAPITEL VIII. Der Niedergang des politischen Antisemitismus
KAPITEL IX. Nationale Sammlung und Antisemitismus
KAPITEL X. Der Standpunkt der Sozialisten
KAPITEL XI. Marxistische Politik
EXKURS: DER FALL FRANZ MEHRING
KAPITEL XII. Die Sozialdemokratische Partei in der Ära des Imperialismus (1895 – 1914)
Eine Zusammenfassung
KAPITEL I
KAPITEL II
KAPITEL III
KAPITEL IV
KAPITEL V
KAPITEL VI
KAPITEL VII
KAPITEL VIII
KAPITEL IX
KAPITEL X
KAPITEL XI
EXKURS: Der Fall Franz Mehring
KAPITEL XII
ZUSAMMENFASSUNG
Register
Paul W. Massing (1902–1979) und seine Pionierstudie über die Entstehung des politischen Antisemitismus im Deutschen Kaiserreich. Ein Nachwort zur Neuauflage*
Zur Biographie von Paul W. Massing
Das Institut für Sozialforschung im Exil. Forschungsprojekte zum Antisemitismus
Vom Schreiben des Buches
Die Rezeption
Die Übersetzung
Das Original und die Übersetzung. Ein Vergleich
Rezensionen der deutschen Ausgabe
Grenzen und Aktualität der Studie von Paul W. Massing
Anmerkungen zum Nachwort
Zur Biographie von Paul W. Massing
Das Institut für Sozialforschung im Exil
Vom Schreiben des Buches
Die Rezeption
Die Übersetzung
Das Original und die Übersetzung. Ein Vergleich
Rezensionen der deutschen Ausgabe
Grenzen und Aktualität der Studie von Paul W. Massing
Отрывок из книги
Die im Rahmen des Forschungsprojekts zum Antisemitismus des in die USA emigrierten Instituts für Sozialforschung entstandene geschichtswissenschaftliche Darstellung von Paul W. Massing über die Entstehung des politischen Antisemitismus im Deutschen Kaiserreich wurde erstmals 1949 in der Reihe Studies in Prejudice unter dem Titel „Rehearsal for Destruction“ veröffentlicht und 1959 in deutscher Übersetzung in der Europäischen Verlagsanstalt.
Das Buch wurde seinerzeit als richtungweisende Pionierstudie gelobt. Ihre Stärke liegt insbesondere darin, dass Massing die Entstehung des Antisemitismus in den politischen Kontext stellt, den Machtverhältnissen der Zeit nachgeht und die sozialen und ökonomischen Bedingungen einbezieht. Die Bedeutung seiner Studie zeigt sich auch darin, dass er herausarbeitet, wie sich das antisemitische Potential von der politischen Bewegung hin zu den Interessenverbänden des Bürgertums und Mittelstands verlagert und wie genau diese sozialen Klassen zu den entscheidenden Akteuren des Antisemitismus wurden.
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Die Vorstellung von produktivem und unproduktivem Kapital war keine Erfindung der deutschen Antisemiten. Sie stammt aus der katholischen Wirtschaftsphilosophie, liegt der Wirtschaftstheorie der deutschen Romantik zugrunde, wurde von Proudhon theoretisch ausgearbeitet und von den deutschen Proudhonisten übernommen. Im Kommunistischen Manifest verspottet Marx die Konstruktion als den ideologischen Grundstein sowohl des »aristokratischen« wie des »wahren« Sozialismus.
Ein festes Einkommen und ein »gerechter Lohn für ehrliche Arbeit« waren von jeher die ökonomischen Ideale des deutschen städtischen und ländlichen Mittelstandes gewesen. Diese Schichten fürchteten und haßten die Dynamik der kapitalistischen Wirtschaft, ihre Mobilität und ihre Spekulation. Besonders das Geldkapital, Kapital in seiner abstraktesten und anonymsten Form, galt ihnen als Symbol für den unmoralischen, wucherischen und unheimlichen Charakter des Systems, dessen gefährlichsten Agenten sie in der Hochfinanz sahen. Je weniger sie deren Arbeitsmethode kannten und persönlichen Kontakt mit der Finanzwelt hatten, desto mysteriöser und drohender erschien sie ihnen. Diese ganze Sphäre empfanden sie als etwas eminent Jüdisches. Das Stereotyp vom jüdischen Zwischenhändler, Bankier und internationalen Finanzmann–»alles Schwindler« – zog seine Nahrung sicherlich aus den Legenden, die sich um mittelalterliche jüdische Geldgeschäftspraktiken gesponnen hatten; auch wußte man um den traditionell hohen Anteil der Juden an Handel und Zwischenhandel. Aber die Langlebigkeit des Stereotyps beruht vermutlich auf wirklichen wirtschaftlichen Gegensätzen, die sich in der Unterscheidung zwischen »jüdischem« (finanziellem) Kapital und »deutschem« (industriell-landwirtschaftlichem) Kapital Luft machten. Dem Geschmack des Mittelstandes war diese Zweiteilung wie auf den Leib geschnitten, gab sie doch Gelegenheit, an der bestehenden Ordnung zu nörgeln, ohne ihre Grundlage, das Privateigentum, anzutasten. Antisemitische Agitatoren ließen sich nie die Gelegenheit entgehen, Antikapitalismus dieser zweigleisigen Art auf ihre Fahnen zu schreiben. Er barg nicht die Gefahr, die Anhänger des Antisemitismus den herrschenden Gruppen zu entfremden, im Gegenteil: er förderte die Pseudosolidarität des christlichen Staates und führte später dem Mythos der Volksgemeinschaft neue Nahrung zu. Wie groß die psychologische und taktische Wirkung einer derartigen Differenzierung war, hat keiner besser beschrieben als Hitler. Als er zum ersten Mal Gottfried Feder über die »Brechung der Zinsknechtschaft« sprechen hörte, wußte er »sofort, daß es sich hier um eine theoretische Wahrheit handelt, die von immenser Bedeutung für die Zukunft des deutschen Volkes werden würde. Die scharfe Scheidung des Börsenkapitals von der nationalen Wirtschaft bot die Möglichkeit, der Verinternationalisierung der deutschen Wirtschaft entgegenzutreten, ohne zugleich mit dem Kampf gegen das Kapital überhaupt die Grundlage einer unabhängigen völkischen Selbsterhaltung zu bedrohen.«34)
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