Отрывок из книги
Ambition Girl
Paula Walks
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Schnell hatte auch Petra ihren Platz unter dem Radar gefunden. Nur nicht auffallen; das war einer der Leitsätze, den ihre Eltern ihr immer wieder eintrichterten. Je länger die Herrschaft der NSDAP dauerte, desto extremer wurden die Methoden. Am Anfang gab es vielleicht einen tadelnden Kniff in die Wange, wenn ein Fehler gemacht wurde, später wurden die Methoden rauer. Wer die Autorität des Lehrkörpers nicht anerkennen wollte, bekam den Rohrstock zu spüren. Dem konnte Petra zum Glück entgehen, doch allein das klatschende Geräusch des Stockes, wenn er auf eine Handfläche traf, konnte einen erschaudern lassen. Wie auch die Erwachsenen wurden die Jungen und Mädchen schon in der Schule darauf getrimmt, die Autoritätspersonen, in diesem Fall die Lehrer, nicht infrage zu stellen und sich ihnen nicht zu widersetzten. Viele Menschen weigerten sich anfangs, sich vorschreiben zu lassen, wie sie zu leben hatten, doch schnell mussten sie feststellen, dass sie keine Wahl hatten. Jeder, die sich gegen die Regierung aussprach, wurde schnell mundtot gemacht. Die Zahl der Gefängnisinsassen nahm von Jahr zu Jahr drastisch zu. Doch dies betraf nicht nur die Erwachsenen. Auch die rebellierende Jugend musste unter Kontrolle gebracht werden. Es wurden Jugendschutzlager erbaut. Dort wurden die Kinder und Jugendlichen hingebracht, die sich gegen die nationalsozialistischen Regeln und Normen auflehnten. Es galt, die Gesellschaft vor ihnen zu schützen. Niemand wusste, was mit den Kindern dort passierte. Viele ahnten nicht einmal, dass solche Lager existierten. Petras Familie war im Untergrund tätig, dadurch wusste Petra, wie gefährlich es war, seine Meinung in der Öffentlichkeit auszusprechen. Man konnte sich nie sicher sein, wer gerade zuhörte. Die Spitzel der Gestapo waren überall.
Während sie lernte in der Öffentlichkeit stumm und unsichtbar zu sein, ermutigten sie ihre Eltern, hinter geschlossenen Türen frei zu denken und sich kritisch zu äußern. Es gab kein Thema, über das sie nicht sprachen. Beim Abendessen entbrannten oft hitzige Diskussionen. Ihr Lieblingsthema war Musik. Ihr Vater besaß ein Geschäft, in dem er Musikinstrumente nicht nur verkaufte sondern auch reparierte. Er war sehr angesehen in der Stadt. Auch viele Parteimitglieder besuchten seinen Laden regelmäßig. Dies war nicht selbstverständlich, denn er war ein paar Jahre zuvor in Ungnade gefallen, als herausgekommen war, dass sich nach Feierabend sein Geschäft zum Dreh- und Angelpunkt staatsfeindlicher Musik verwandelte. Als dies noch nicht verboten war, fanden im Keller des Öfteren Swing-Abende statt, auf denen die verpönte „Neger Musik“ aus den USA gespielt wurde. An diesen Feiern durfte Petra nicht teilnehmen. Nichtsdestotrotz schlich sie sich immer mal in den Laden und lauschte an der Kellertür den rhythmischen Klängen der Jazz-Musik. Einmal wagte sie es sogar, ein paar Schritte die Kellertreppe hinunterzugehen. Sie lugte um die Ecke und sah, wie wild getanzt wurde. Leider wurde sie schnell von ihren Eltern entdeckt und nach Hause geschickt. Diese wollten sie nämlich so weit wie möglich davon fernhalten, sollte es doch Probleme geben. Ihre Angst war durchaus berechtigt, denn sie mussten eines Tages feststellen, dass ihr Laden von der Gestapo überwacht wurde. Schließlich versiegten die Tanzabende, die ein immer größeres Risiko für alle Beteiligten darstellten, das Petras Eltern nicht bereit waren einzugehen. So sehr Petras Eltern auch gegen die Praktiken des Regimes waren, die Sicherheit ihrer Tochter war ihnen wichtiger. Also verhielten sie sich die nächsten zwei Jahre wie die meisten Deutschen und versuchten sich bedeckt zu halten. Doch mit der Zeit wurde die Gewalt auf den Straßen immer extremer und Petras Eltern konnten und wollten nicht länger untätig danebenstehen. Also schlossen sie sich mit ein paar Gleichgesinnten zusammen. Zunächst sprachen sie nur viel über Veränderung, zu groß war die Angst vor den harten Strafen. Doch irgendwann waren Worte nicht mehr genug, es mussten Taten folgen.
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