Heiliger Krieg
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Philippe Buc. Heiliger Krieg
HEILIGER. KRIEG
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INHALT
VORWORT
EINLEITUNG: DAS OBJEKT DIESER GESCHICHTE
Gegenstand und Methode: Religionsformen in der westlichen Welt und das Problem der Gewalt
Den Teufel vergessen, noch einmal
Kontexte
Der Jüdische Krieg
Spätantikes Märtyrertum, die Konstantinische Wende und das Zeitalter der Kreuzzüge
Das Zeitalter der Religionskriege
Die Französische Revolution
Amerika in kolonialer und postkolonialer Zeit
Die Rote Armee Fraktion
I. DER AMERIKANISCHE WAY OF WAR IM SPIEGEL DER VORMODERNE
II. CHRISTLICHE EXEGESE UND GEWALT
Gewalt und die Grammatik der Exegese
Krieg an vielen Fronten: der mehrfache Sinn der Schrift und der Kreuzzug
Die Französische Revolution und der erste Kreuzzug
III. WAHNSINN, MÄRTYRERTUM UND TERROR
Wahnsinn und Aufklärung
Wahre und falsche Märtyrer
Gruppenwahn: Erklärungen, Sorgen und Hoffnungen auf Verwendbarkeit
Die Baader-Meinhof-Gruppe: ein Haufen von Verrückten?
IV. MÄRTYRERTUM IM WESTEN: RACHE, REINIGUNG, ERLÖSUNG UND GESCHICHTE
John Brown: „Um dieses Land mit Blut zu reinigen“
Nikolai Bucharin: „Rückkehr in die Sowjetunion“
Märtyrertum und Reinigung bei Raimund von Aguilers
V. ZWILLINGSBRÜDER: NATIONALER HEILIGER KRIEG UND SEKTENTERROR
Der Kreuzfahrerkönig Ludwig IX. und die Hirtenkreuzzüge
Eine heilige Kriegerin: die Pastourelle Johanna von Orléans
Frieden, Krieg und der „gemeine Mann“ in der hussitischen Revolution
Geheiligte Gewalt durch Minderheiten von der Reformation bis heute: Über Legalität und Legitimität
VI. FREIHEIT UND ZWANG
Sterben und töten für die Freiheit
Freier Wille, guter Wille, erzwungener Wille
Das sengende Licht der Aufklärung
VII. DAS SUBJEKT DER GESCHICHTE UND WIE GESCHICHTE GEMACHT WIRD
Moderne
Das Subjekt der Geschichte
Das Erhabene
Das Erhabene des ersten Kreuzzugs
Das Erhabene, der Horror, die gnadenlose Reinigung, der Terror
La Fabrique de l’Histoire: Die Erzeugung von Geschichte durch eschatologische Gewalt
NACHWORT: KEINE ZUKUNFT FÜR SOLCHE VERGANGENHEIT?
Neuerfindungen und Fortsetzungen
Ort
Mobilität
Reversibilität
Mehrdeutigkeit
Zeit
ANMERKUNGEN
ABKÜRZUNGEN
AUSGEWÄHLTE BIBLIOGRAPHIE
PERSONENREGISTER
DANKSAGUNGEN
INFORMATIONEN ZUM BUCH
INFORMATIONEN ZUM AUTOR
Отрывок из книги
PHILIPPE BUC
IM NAMEN
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Die Offenbarung des Johannes, eine vielleicht 30 Jahre nach den synoptischen Evangelien verfasste Apokalypse, könnte jenen jüdisch-christlichen Milieus zugeschrieben werden, die ihrem Geiste nach den Aufständischen des Jüdischen Kriegs und der späteren, von Bar Kochba 132–136 angeführten Revolte nahestanden. Die Offenbarung kulminiert in der Beschreibung eines kosmischen Kriegs, wie ihn schon die Qumran-Texte ausmalten: Die Erde wird mit Blut reingewaschen, und das neue, himmlische Jerusalem fährt zur Erde nieder. Zusammen mit solchen Weissagungen entwarf die Prophezeiung von Jerusalems Zerstörung als gerechter Vergeltung ein Szenario für die Verderbnis einer heiligen Stadt, ihre gewaltsame Reinigung und ihre Erlösung. Nicht nur diese Apokalypse, sondern auch markige Worte wie „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ (Mt 10, 34) oder „… und wer’s nicht hat [das Schwert], verkaufe seinen Mantel und kaufe ein Schwert“ (Luk 22, 36) stehen im Widerspruch zu vielen eher friedfertigen Aussprüchen Jesu. Dieses Buch wird dem Schicksal, das sie im Lauf der Zeiten erfuhren, nachgehen und auch erklären, wie mit dem Widerspruch zwischen dem friedlichen und dem kriegerischen Jesus umgegangen wurde und wie daraus eine ganz besondere Auffassung vom Ort der Gewalt in der Geschichte hervorging.99
Das zweite Dossier umfasst das spätantike christliche Märtyrertum vor und nach Kaiser Konstantins Übertritt zum Christentum in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts. Bekanntlich nahm eine ganze Anzahl von Christen den Tod durch die Hand der römischen Verfolger auf sich, um von ihrem Glauben „Zeugnis“ abzulegen (das griechische Wort martyr bedeutet „Zeuge“), oder um, häufig demonstrativ, der Weigerung Ausdruck zu verleihen, die Oberherrschaft oder Göttlichkeit des römischen Kaisers anzuerkennen. In dieser Hinsicht waren sie den sicarii ähnlich, deren Standhaftigkeit Flavius Josephus widerwillig bewunderte.100 Tatsächlich schrieben die heidnischen Richter den Märtyrern ebenjene Tollkühnheit (oder Wahnsinn) zu, den Flavius Josephus den Sektierern des jüdischen Aufstands attestierte. Unsere These lautet, dass das christliche Märtyrertum von Anbeginn im Regelfall nicht pazifistisch oder passiv, sondern häufig genug kämpferisch und aktiv war.101 Die hauptsächlichen Schriftquellen für das Märtyrertum, die Acta Martyrum und die Passiones, gliedern sich in zwei Unterklassen: in jene Erzählungen, die von der Forschung einmütig als authentisch angesehen werden, und jene, die als unecht gelten, weil sie im Nachhinein verfasst und häufig fiktiv sind. Die erste Unterklasse erlaubt dem Historiker vorsichtige Tatsachenbehauptungen, während die zweite zwar keine Rekonstruktion von Ereignissen ermöglicht, aber von gleicher Wichtigkeit ist, denn sie sorgte für die Produktion und Übermittlung jener Bilder und Konzeptionen, die für mehr als ein Jahrtausend bis in die frühe Neuzeit hinein die religiöse Gewalt beeinflussten.
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