China – ein Lehrstück

China – ein Lehrstück
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China ist ein bemerkenswerter Sonderfall. Ausgerechnet eine kommunistisch regierte Bauernnation des Ostens macht praktisch wahr, was der Westen seinen in die Freiheit entlassenen Kolonien als Chance einer Teilnahme an der Staatenkonkurrenz des kapitalistischen Weltmarkts verkaufen wollte: China schafft eine wahrhaft nachholende"Entwicklung", schließt zu den etablierten Nationen auf, wird kapitalistische Weltmacht. Anhänger einer früher antikapitalistisch inspirierten Dritte-Welt-Bewegung können sich heute fragen, ob es das war, wovon sie geträumt haben…
Renate Dillmann geht der Frage nach, wie die 30 Jahre Aufbau des Sozialismus und die 30 Jahre Aufbau des Kapitalismus eigentlich zusammenpassen, die in China unter derselben KP-Führung auf die Tagesordnung gesetzt und durchgezogen wurden. Wo ist der rote oder weniger rote Faden? Die zentrale These ihres Buches: Schon in Theorie und Praxis der KP unter Mao ist die Unterordnung aller sozialistischen Ambitionen unter das Ziel der Befreiung, Einigung und schließlich des Aufbaus einer machtvollen chinesischen Nation grundgelegt. Dieses Ziel wird dann unter Deng und den Nachfolgern weiter verfolgt, mit «kapitalistischen Methoden» vorangetrieben und zu erstaunlichen Erfolgen geführt.
Die Autorin ist aber weit davon entfernt, ihre Erläuterung der Entwicklung Chinas auf einen simplifizierenden Nenner zu bringen. Ihre anschauliche, mit viel Material angereicherte Schilderung und begriffliche Durchdringung führt den Leser durch die Etappen der jüngeren chinesischen Geschichte. Westliche Freunde und Feinde des «Maoismus» werden dabei ebenso kritisch gewürdigt wie die Urteile der bürgerlichen und linken Öffentlichkeit zur heutigen Volksrepublik.

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Renate Dr. Dillmann. China – ein Lehrstück

Vorwort zur neuen Auflage

China – Stand 2020

A. Ökonomie – Produktivkräfte für den Sozialismus?

Weltweit führende Produktionsmacht!

„Auf die eigenen Kräfte bauen“ 2.0

Chinesische Atomkraftwerke

Regenerative Energien

Staatliche Armutsbekämpfung – das deutsche Fernsehen berichtet

Löhne und Sozialversicherungen

Das chinesische Sozialkreditsystem

Finanzmarkt und Währung

Zwischenfazit:

B. Außenpolitik, Geostrategie, Militär

Die Neue Seidenstraße

Der Kampf der USA

Internationale Handels- und Investitionsabkommen

Chinas Aufrüstung und der „Inselstreit“ im südostasiatischen Meer

Chinas Marine

Fazit:

C. Zur Feindschaft das Feindbild: Ein neues. „Reich des Bösen“

Einige Bemerkungen zu den Uiguren

a) China als besonders ausbeuterischer Kapitalismus

b) China als besonders repressiver Staat

Der Zusammenhang von Geschäft und Gewalt in China

c) China als neo-koloniale oder neo-imperialistische Macht in Afrika

d) Hongkong

„Separatismus“

CHINA

Vorbemerkung

Häufig verwendete Abkürzungen:

Teil 1. Der Sozialismus in der Volksrepublik China

Kapitel 1. Das Reich der Mitte wird vom Imperialismus »erschlossen«

Die große chinesische Mauer

Kapitel 2. Die Kommunistische Partei – Programm und Durchsetzung

Kommunismus und Nation

Kapitel 3 »Neudemokratische Politik« und der Beginn des sozialistischen Aufbaus

Leistungen

Beurteilung37

Kapitel 4. Prinzipien staatlich geplanter Wertproduktion und ihre praktische Umsetzung: Ein Fehler und viele Widersprüche

Prinzipien der staatlich geplanten Produktion

Zwischenfazit in polemischer Absicht

Widersprüche geplanter Wertproduktion

Kapitel 5. Der Kampf zweier Linien

Kapitel 6. Maos Linie: Mit Moral die Massen mobilisieren

Lasst hundert Blumen blühen

Der Große Sprung nach vorn

»Alle Kräfte mobilisieren!«

Das Musterstatut der Volkskommunen, 1958

Die große proletarische Kulturrevolution

Ernährung im Dorf Glückseligkeit (Nordchina)

Arbeitstage auf dem Land

Liu Shaoqi: Der einzelne und die Partei

Die Geschichte von divg

Kapitel 7. Dengs Linie: Mit materiellen Anreizen die Produktivkräfte entwickeln

Deng Xiaoping,

Ursachenforschung

Erfordernis der »Modernisierung«: eine funktionierende Partei und ihre Gewalt

Kapitel 8. Die Volksrepublik China als sozialistische Großmacht

Koreakrieg

Bandung-Konferenz: »Prinzipien der friedlichen Koexistenz«

Freundschaft und Bruch mit der Sowjetunion

Kapitel 9. Kurzer Anhang zum »Maoismus«

Maoismus (I): Besonderheiten des »chinesischen Wegs«

Maoismus (II): Besonderheiten des chinesischen Sozialismus

Die Attraktivität des Maoismus für westeuropäische Linke

Teil 2. Der Kapitalismus in der Volksrepublik China

Kapitel 1. Die »neue Linie« ist ein neues System

Kapitel 2. Privatisierung der Landwirtschaft

Etwa 200 Millionen bäuerlicher Wanderarbeiter

Versuche zur Gegensteuerung:

Kapitel 3. Öffnung und Sonderwirtschaftszonen: Auslandskapital als Entwicklungshelfer

Ursachen eines Ausnahmefalls

Kapitel 4. Staatsbetriebe werden privatisiert, neue private Unternehmen entstehen

Reform der staatseigenen Unternehmen (I)

Gründung von Unternehmen neben dem Plan

Unternehmen konkurrieren auf einem freien Markt

Reform der staatseigenen Unternehmen (II)

Kapitel 5. Chinas neue freie Lohnarbeiter

Exkurs: Die »Werkbank der Welt«

Arbeiterproteste und Gewerkschaften

»Chinesische Arbeiter prügeln Manager zu Tode

Rettungskräfte behindert

Proteste im ganzen Land

Streikrecht aus der Verfassung gestrichen

Kapitel 6. Banken und Börsen; nationaler Haushalt und Geld

Börsen und Aktienspekulation

Spekulation auf Immobilien

Haushaltspolitik und nationales Geld

Kapitel 7. Chinas neue Kapitalistenklasse

»Der Fall des Chen Liangyu

Randbemerkung zum Lebensstandard und seinen Kosten

Kapitel 8. Die Widersprüche des »kapitalistischen Experiments« – das Jahr 1989

Was wollten die chinesischen Studenten?

Was sollen wir tun?

Manifest für einen Hungerstreik

Kapitel 9. Die KP ändert sich und ihren sozialistischen Staat – der neuen Ökonomie zuliebe

Demokratie und bürgerliche Staatsgewalt

Das Verhältnis von Staat und Partei

Rechtsstaatlichkeit

Politisches System

Wie stellen sich die chinesischen Kommunisten ihr politisches Leben und dessen Fortentwicklung vor?

Vorsichtige Demokratisierung des Wahlverfahrens

Mittelständische Kommunisten

Politisches Bewusstsein

Zur Nationalitätenfrage

Kapitel 10. China als kapitalistische Großmacht. China klinkt sich in die imperialistische Weltordnung ein

China baut sich als neue imperialistische Macht auf

Die Weltmacht USA sieht sich herausgefordert

China setzt sich gegen das amerikanische Unterordnungsgebot zur Wehr

Kapitel 11. Kurzer Anhang zur linken China-Literatur

Lehrstück China – ein Fazit

Fußnoten neues Vorwort

Fußnoten neues Vorwort Einschübe

Fußnoten. Fußnoten Teil 1

Fußnoten Teil 2

Literatur

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Renate Dillmann ist freiberufliche Journalistin. Studium der Politikwissenschaft und Geschichte an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz, Promotion (Staatstheorie) an der Fernuniversität Hagen. Seit vielen Jahren außerdem Lehrbeauftragte an der Evangelischen Fachhochschule Bochum, mehrere Forschungsaufenthalte in China.

Schön, dass nun eine ergänzte 4. Auflage zustande kommt. Denn dieses Buch hat sich immerhin zum Ziel gesetzt, das heutige China, das sich nach Maos Tod ökonomisch zum Kapitalismus gewendet hat und damit ungemein erfolgreich ist, ökonomisch und politisch in seinen wesentlichen Zügen zu erklären. Trotz aller Veränderungen, die zu konstatieren sind, braucht die prinzipielle Analyse des Landes, wie sie 2009 vorgelegt wurde, nicht korrigiert zu werden.

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Zudem legt China im eigenen Interesse – ökonomisch, um sein Geschäft voranzubringen und politisch als potenzielle Unterstützung in der Auseinandersetzung mit den USA – Wert auf freundschaftliche, stabile Beziehungen zu möglichst vielen anderen Nationen. Die muss es sich, als aufsteigende Großmacht, erst einmal erwerben bzw. absichern und kennt deshalb aus strategischen Gründen tatsächlich ein Moment von positiver Bezugnahme auf deren Interessen. China baut in Afrika Staudämme, Straßen und Eisenbahnen zu vorteilhaften Konditionen40; es vergibt Kredite günstiger als jene der Weltbank und anderer Anbieter; es bietet den durch die ökonomische Konkurrenz ruinierten Staaten Europas Alternativen zu den EU-Sparprogrammen (Beispiele Griechenland, Italien).

Keine Frage, dass auch chinesische Politik da, wo es ihr im eigenen Interesse nötig erscheint, zu mehr oder weniger heftigen Erpressungen greift und dafür die Mittel einsetzt, die sie sich in den letzten Jahren erworben hat: die ökonomischen Abhängigkeiten anderer Staaten, die chinesische Waren oder Kredite brauchen oder an China verkaufen müssen. Keine Frage auch, dass es deshalb Unzufriedenheit mit den geschäftlichen Konditionen oder dem „arroganten“ Auftreten der Chinesen gibt. Das gibt das Material dafür ab, China für seinen „neuen Imperialismus“ anzuklagen. Allerdings: Das ist das übliche Geschäftsgebaren in einer Welt konkurrierender Kapitale und Staaten. Erneut gilt hier, dass die Beschwerden über ein China, das nicht anders handelt als die etablierten Macher der geltenden Weltordnung, weniger die Besonderheit des chinesischen Aufstiegsprojekts als die Anspruchshaltung von USA und EU charakterisieren: Sie wollen die Nutznießer der globalen Konkurrenz sein und verlangen unbedingte politische Gefolgschaft der Nationen, die sie sich in ihren ökonomischen und politischen Bündnissen zugeordnet haben. Und es ist auf alle Fälle das, was es braucht, wenn ein Staat auf dem Weltmarkt erfolgreich sein und in dieser Ordnung Weltmacht sein will; die USA machen es schließlich täglich vor. Auch die EU und insbesondere ihre ökonomische Führungsmacht Deutschland verfahren nach demselben Rezept, haben sich Ost- und Südeuropa untergeordnet und können es überhaupt nicht leiden, wenn Beijing diesen Staaten auch nur bessere Verhandlungsmöglichkeiten gegen die „alternativlosen“ Ansagen aus Brüssel und Berlin beschert.

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