Türkisches Fieber
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Reni Aksay. Türkisches Fieber
Impressum
1 Schicksalsschläge
2 Erster Türkei-Urlaub
3 Wieder zu Hause
4 Zweiter Türkei-Urlaub
5 Im Dorf
6 In der Botschaft in Ankara
7 Schicksalhafte Entscheidung
8 Gedankenflüge in die Zukunft
9 Integration in Deutschland
10 Ramadan
11 Hochzeit in Deutschland
12 Blick in die Zukunft
13 Türkei-Urlaub als Ehepaar
14 Wieder in Deutschland
15 Hausverkauf in Deutschland
16 Auf in ein neues Leben
17 Neustart in der Türkei
18 Evi
19 Mit Evi im Dorf
20 Beerdigung
21 Hamides Hochzeit
22 Ein schicksalhafter Ausspruch
23 Zweitfrau
24 Allein zurück nach Deutschland
25 Das Ende einer Liebe
26 Gedanken an Ismails Hochzeit
27 Ismails Boutique
28 Mein Lebens-Abschieds-Gefährte
29 Ankunft Antalya – vielleicht ein letztes Mal
30 Yasin
31 Ismail
32 Sultan, die Zweitfrau
33 Tatjana
34 Gedankenflüge
35 Brief an Ismail
36 Epilog
Отрывок из книги
Türkisches Fieber
Bekenntnis aus reinem Herzen
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von Reni Aksay
Also auf der Autobahn – das Telefon klingelte. Sie hauchte und stöhnte mit Berliner Dialekt. Ich verstand sofort. Er schaute mich an und fragte, soll ich umkehren oder schaffen wir die Woche noch. Wo ist das Loch, ich will da rein. Irgendjemand hat mich tief in den Sitz gedrückt, und ich war unfähig zu sprechen. Irgendwann sagte ich: „Die Kinder können nichts dafür, ich halte das aus.“ Irgendwie habe ich vier Tage durchgehalten, wohl auch in der Hoffnung, dass wir ein klärendes Gespräch führen würden oder er mir eine Verfehlung beichtete. Es geschah nichts. Wir gingen Einkaufen, weil wir vier Jagdgäste erwarteten, und plötzlich sah ich mich außerstande, noch heile Welt zu spielen. Meine Tochter Susanne machte zu der Zeit Urlaub an der Nordsee, und weil ich den Kindern den Urlaub nicht verderben wollte, machte ich ihnen den Vorschlag, die restlichen Tage an der See mit ihrer Tante zu verbringen. Also beluden wir das Auto wieder mit Hund, Katze und Kindern, und er fuhr uns nach Hause. Als er wieder vom Hof fuhr, sagte eine innere Stimme: `Verfolge ihn´. Und das war gut so: er fuhr nicht auf die Autobahn, sondern nach Delmenhorst. Die Auserwählte hatte sich dort eine Wohnung angemietet. Nun hatte ich Gewissheit. Sie hatte ihn in ihren Klauen und setzte auf alles oder nichts und war dabei umzusiedeln, aus dem Osten in den Westen. Sie war dabei, sich eine Wohnung einzurichten. Nun erfuhr ich auch, wer sie war. Tja, Pech gehabt. Ich wollte nicht kämpfen. Gott sei Dank habe ich da einen Überlebensmechanismus, was soll ich mit einem Mann, der seine Liebe zu mir verloren hat. Jetzt hatte ich so viel überstanden, das schaffte ich auch noch. Ich baute mir einen Kontakt zum Universum auf und lebte seitdem mit dem Gefühl: mein verstorbener Bruder Walter wird die Dinge jetzt für mich richten. Ich setzte mich mit den Kindern ins Auto, und wir fuhren nach Tossens. Als ich am nächsten Morgen vom Bett aus in den Himmel sah, war der genauso traurig wie ich. Es hingen dicke schwarze Wolken über mir. Weinen konnte ich nicht. Ich habe in den vergangenen Wochen zu viel geweint. Nur eine innere Leere, die fast schmerzte, fühlte ich. So ist das Leben, Reni, nun kommt ein neues auf dich zu, nimm es an, es gehört zu dir. Erst ein Mal raus aus dem Loch. Du bist 55 Jahre alt, gesund, Kinder und Enkel auch, du hast einen guten Arbeitsplatz, einen gesunden Menschenverstand – und nun durch. Wir führten ein vernünftiges Gespräch, nahmen uns einen gemeinsamen Rechtsanwalt und einigten uns gütlich. Meine Sorge, Mann und Haus zu verlieren, war unbegründet, denn er ließ sich darauf ein, dass ich ihn auszahlte. Außerdem sollte das Haus meine Altersvorsorge sein. Nun hatte ich ein Haus, besser gesagt, ein Zuhause, denn irgendwie hatte ich das nie sagen können. Als Nachkriegskind und ohne Vater im Frauenhaushalt hatte ich schon schwere, entbehrungsreiche Jahre. Meine Mutter, Oma und Tante versuchten uns zu erziehen. Das bessere Wort ist aber verziehen. In einer intakten Familie wäre ich vielleicht nicht mit Siebzehn schwanger geworden. Ich erinnere mich gut, dass jemand fragte: „Hast du deine Tochter aufgeklärt?“ Darauf sagte meine Mutter: „Ach, die Kinder heutzutage wissen doch mehr als wir.“ Da irrte sie sich gewaltig. Da mein Bruder Walter in unser Haus so viel Liebe und Arbeitskraft investiert hatte, auch wenn er es nicht mehr erlebte, wollte ich das Haus nicht verlieren. „Gemeinsam sind wir stark.“ Aber sie war stärker. Was war es? Der Sexappeal, die Midlifecrisis, egal, jetzt musste ich alleine stark sein. Ich vermietete die leer gewordenen Wohnungen und stürzte mich in meine Arbeit. Trostlos, wenn ich am Abend in ein dunkles, ruhiges Haus kam. Kein Kamin brannte, kein Hund empfing mich, aber Simba mein Kater, Gott sei Dank, war mir geblieben. Kämpfen für ein Zuhause.
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