Der Sieg des Abendlandes. Christentum und kapitalistische Freiheit

Der Sieg des Abendlandes. Christentum und kapitalistische Freiheit
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Описание книги

Das Mittelalter, die menschheitsgeschichtlich gigantische Epoche zwischen dem 6. und dem 15. Jahrhundert, soll also «finster» und «dumpf» gewesen sein? Eine Karenzzeit der geistigen, kulturellen und lebenspraktischen Stagnation, die erst durch Reformation und Aufklärung beendet werden konnte? Alles Unfug! Das abwertende Mittelalter-Klischee, das wir alle seit Schultagen mehr oder weniger verinnerlicht haben, ist für den «Gegenaufklärer» Rodney Stark eine bloße Auswirkung anti-katholischer Propaganda des 18. Jahrhunderts und geht vollkommen fehl. Das europäische Mittelalter, weist Stark mit vitaler Entschiedenheit nach, war vielmehr eine Epoche größter erfinderischer und wirtschaftlicher Blüte. Und das aus einem Grund: weil es das Christentum gab, dessen Theologie sich (etwa bei der Bibelauslegung) als ausgesprochen anpassungsfähig an stets sich verändernde Lebensumstände erwiesen hat. Diese der zukunftsorientierte Theologie brachte ein Element immanenter Vernunft und Logik in die mittelalterliche Welt, was konsequent das rationale Wirtschaften und den kapitalistischen Fortschritt nach sich zog. Auf diese Weise, so Stark, konnte das Abendland in puncto ökonomischer Freiheit und Wohlstandsgewinnung alle anderen Zivilisationen auf die Plätze verweisen – mit Recht, auch wenn das heutige Europa, moralische Selbstzersetzung betreibend, das nicht wahrhaben will.

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Rodney Stark. Der Sieg des Abendlandes. Christentum und kapitalistische Freiheit

DER SIEG DES. ABENDLANDES

INHALT

EINFÜHRUNG: VERNUNFT UND FORTSCHRITT

Der Plan des Buches

KAPITEL 1: DIE SEGNUNGEN DER RATIONALEN THEOLOGIE

Der christliche Glauben in seinem Fortschritt

Theologie und Wissenschaft

China

Griechenland

Der Islam

Moralische Neuordnungen

Der Aufschwung des Individualismus

Die Abschaffung der mittelalterlichen Sklaverei

KAPITEL 2. FORTSCHRITT IM MITTELALTER: TECHNISCH, KULTURELL UND RELIGIÖS

Technischer Fortschritt

Innovationen im Produktionsbereich

Innovationen in der Kriegsführung

Innovationen im Landverkehr

Fortschritt in der Hochkultur

Die Erfindung des Kapitalismus

Über den Kapitalismus

Der Aufstieg des religiösen Kapitalismus

Arbeit und Sparsamkeit als Tugenden

Kapitalismus und theologischer Fortschritt

Der anfängliche christliche Widerstand gegen Zinsen und Profite

Die Theologie des gerechten Preises und rechtmäßigen Zins

Der Islam und die Zinsen

KAPITEL 3: DIE TYRANNEI UND DIE »WIEDERGEBURT« DER FREIHEIT

Planwirtschaft

Die moralische Gleichheit und ihre theologischen Grundlagen

Eigentumsrechte

Blockierende Staaten und Könige

Europäische Uneinheitlichkeit

Der Handel und die Kooperationsbereitschaft italienischer Regierungen

Venedig

Genua

Florenz

Mailand

Unterdrückung in Süditalien: der Fall Amalfi

Die Freiheit des Nordens

KAPITEL 4: DIE PERFEKTIONIERUNG DES ITALIENISCHEN KAPITALISMUS

Rationale Unternehmen

Das Personal

Das Management und seine Finanzpraktiken

Aufstieg und Fall des ersten italienischen Superunternehmens

Italienischer Kapitalismus, »Puritanismus« und Sparsamkeit

Italienische Puritaner

Sparsamkeit

Der schwarze Tod

KAPITEL 5: DER KAPITALISMUS ZIEHT NORDWÄRTS

Die Woll-Hochburgen Flanderns

Der Kapitalismus kommt nach Nordflandern

Brügge

Gent

Antwerpen

Weiter nach Amsterdam

Der englische Kapitalismus

Von der Wolle zu den Wollwaren

Die industrielle Revolution des 13. Jahrhunderts

Kohlekraft

KAPITEL 6: »KATHOLISCHER« ANTIKAPITALISMUS: SPANISCHER UND FRANZÖSISCHER DESPOTISMUS

1492: das rückständige Spanien

Das Reich und der Reichtum

Das spanische Italien

Die spanischen Niederlande

Die Zerstörung Antwerpens

Kämpfende Holländer

Niederlage

Die Armada

Das zerfallende Reich

Frankreich: Besteuerung, Reglementierung und Stagnation

Die Schaffung eines absolutistischen Staates

Besteuerung

Bürokratie

Uneinsichtige Gilden

Der französische »Kapitalismus«

KAPITEL 7: FEUDALISMUS UND KAPITALISMUS IN DER NEUEN WELT

Das Christentum: zwei religiöse Ökonomien

Ein unternehmenseigenes Monopol

Der Katholizismus der Gegenreformation

Träge Staatskirchen

Religion auf einem freien Markt

Freiheit: Herrschaftsmuster

Kolonisierung

Koloniale Regierungsgewalt und Kontrolle

Unabhängigkeit

Das Ende der Sklaverei

Kapitalismus

Industrie und Arbeit

Investitionen in Humankapital

Lateinamerikanischer Protestantismus: Opium oder Ethik?

FAZIT: GLOBALISIERUNG UND MODERNE

Danksagungen

Anmerkungen. Einführung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Fazit

Verwendete Literatur

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Rodney Stark

Christentum und kapitalistische Freiheit

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Viele Gelehrte hatten Zweifel daran, ob Platons Postulat des Demiurgen wörtlich zu verstehen sei.49 Doch gleichgültig, ob er ein wirklicher oder metaphorischer Schöpfer war – der Demiurg Platons erblasst vor einem allmächtigen Gott, der das Universum aus dem Nichts hat entstehen lassen. Außerdem war für Platon das Universum nicht im Einklang mit wirkmächtigen Prinzipien erwachsen, sondern mit Idealen. Diese stellten vor allem musterhafte Formen dar. So gesehen, konnte das Universum nichts Handfestes, sondern bloß eine Sphäre sein, denn diese war seine symmetrische und perfekte Form.50 Auch konnten die Himmelskörper nur in einem Kreis rotieren, da diese Bewegungsform als die allerperfekteste angesehen wurde. Als Sammlung apriorisch angestellter Mutmaßungen war Platons Idealismus für die Entdeckung und Erkenntnis lange Zeit ein echtes Hindernis – noch Jahrhunderte später war es sein unerschütterlicher Glaube an ideale Formen, der Kopernikus von dem Gedanken abhielt, dass die Planetenbahn nicht kreisförmig, sondern elliptisch sein könnte.

In mancherlei Hinsicht ist es seltsam, dass die Griechen überhaupt nach Wissen und Technologie gestrebt haben, da sie die Idee des Fortschritts doch für das Seins-Modell eines endlosen Kreislaufs aufgaben. Platon war immerhin noch der Ansicht, dass das Universum geschaffen wurde. Andere griechische Gelehrte betrachteten es stattdessen als unerzeugt und einfach ewig. Aristoteles verurteilte die Vorstellung, »dass das Universum zu einem bestimmten Zeitpunkt ins Dasein gekommen ist … als undenkbar«.51 Obwohl die Griechen das Universum als ewig und unveränderlich ansahen, berücksichtigten sie die unübersehbare Tatsache, dass Geschichte und Kulturen sich ständig veränderten, dies aber nur in den Grenzen einer endlosen Wiederholung. In seinem Werk Über den Himmel schrieb Aristoteles, dass »die Menschen die gleichen Ideen nicht ein- oder zweimal haben, sondern immer und immer wieder« und in seiner Politik betonte er, dass alles »mehrfach im Laufe des Weltalters erfunden wurde, oder im Laufe einer Zeit ohne Ziffern«. Da er außerdem in einem Goldenen Zeitalter lebte, war die Technologie auf einem höchsten zu erreichenden Niveau, was weiteren Fortschritt entbehrlich machte. Was Erfindungen betraf, galt auch für Individuen – ein und derselbe Mensch wurde wieder und wieder geboren, während die blinden Zyklen des Universums vor sich hin kreisten. Laut Chrysippos in seinem verschollenen Werk Über den Kosmos lehrten die Stoiker, dass »der Unterschied zwischen einer früheren und jetzigen Existenz bloß äußerlich und zufällig ist; doch führen diese Unterschiede nicht zu einem neuen Menschen, der sich von seinem Gegenstück aus einem früheren Weltalter unterscheidet«.52 Im Universum selbst sei, Parmenides zufolge, jeder Eindruck von Veränderung bloße Illusion, da das »unerschaffene und unzerstörbare« Universum sich in einer konstanten Perfektion befinde, »in dem alles vollständig, ortsfest und endlos ist«.53 Andere einflussreiche Griechen wie die Ionier lehrten, das Universum sei zwar unbegrenzt und ewig, jedoch seinerseits der Abfolge unendlicher Kreisläufe unterworfen. Platon sah das etwas anders, doch glaubte auch er felsenfest an Zyklen und dass, durch ein ewiges Gesetz bewirkt, auf jedes Goldene Zeitalter Chaos und Zusammenbruch folgen müssten.

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