Sankt Georgs Stellvertreter: Legende
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Rudolf G. Binding. Sankt Georgs Stellvertreter: Legende
Sankt Georgs Stellvertreter: Legende
Отрывок из книги
Rudolf G. Binding
Der Allmächtige konnte sich ebensowenig der Richtigkeit der letzten Bemerkungen wie der Einsicht entziehen, daß sein erster ablehnender Bescheid, wie Sankt Georg herausgefühlt hatte, nicht der himmlischen Gerechtigkeit entspräche, welche er übte. Er bedachte sich also. Mochte er auf der einen Seite seinem vornehmsten Heiligen gegen unanfechtbare Gründe nicht entgegentreten, so schien es ihm auf der anderen Seite ganz gegen alle Ordnung, daß die himmlische Reiterei solange ohne einen Führer sich selbst überlassen sein solle. Aber zur Übernahme der himmlischen Stellung des heiligen Georg war kein anderer Heiliger tauglich; das ergab sich ohne weitere Erwägung. Indem er ihm das vorstellte, gedachte ihn Gott von seinem Vorhaben abzubringen. Aber Sankt Georg blieb bei seinem Gesuch; so wie sie jetzt sei, habe die himmlische Reiterei überhaupt keinen Zweck mehr, führte er aus, also müsse er auf neue Erfahrungen für sie ausziehen, und wenn sie nicht für die Zeit seines Urlaubs ohne Befehlshaber belassen werden könne, was er übrigens einsehe, so solle man sie für diese Zeit abrüsten; vielleicht brauche man sie dann überhaupt nicht mehr zusammentreten zu lassen, wenn man den allgemeinen Abrüstungsbestrebungen, die auf Erden sich nur mühsam Boden verschafften, mit gutem Beispiel vorausgehen wolle. Aber davon wollte Gott, solange die Macht der Finsternis bestehe, nichts wissen. Wenn also, wie Georg zugäbe, seine Reiter nicht ein volles Jahr lang führerlos bleiben könnten, so sei der Herr zur Bewilligung seines Urlaubs nur dann in der Lage, wenn er ihm für die Zeit desselben einen geeigneten Stellvertreter bringe, dessen Bestätigung er sich vorbehalte.
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Daran mußte sich der heilige Georg als an einem weisen, gerechten und gütigen Bescheid genügen lassen, und wenn er auch noch nicht wußte, wo er den Stellvertreter, den Gott verlangte, hernehmen sollte, so verzagte er doch insoweit keinen Augenblick, eingedenk dessen, daß er ihm seinen Beistand versprochen hatte, die geeignete Persönlichkeit zu gewinnen.
„Da wäre einer — — der Rittmeister —; nun, der Name tut ja wohl im Himmel nichts zur Sache; obwohl es ein guter bürgerlicher Name ist, den er trägt,“ bekräftigte er, da er die etwas ungläubigen Gesichter der beiden Heiligen sah, „stammt aus Bremen, wohnt aber jetzt in seinem Haus, der Sonnenweide, wie er es nennt, auf den westlichen Höhen am Rhein, wo er nach Frankreich hinübersehen kann; damit er dem Frohsinn und dem Wein näher sei, wie er sagt. Das ist ein Ritter nach deiner Art, heiliger Georg, vom Scheitel bis zur Sohle. — Wie oft hat er mir ins Angesicht geschaut; aber er hat’s mit Lachen getan, und es ist kein Falsch an ihm. Zwar wettert er ein ordentliches Grobzeug vom Maul, und fluchen mag er bei allen Teufeln, daß es seine Art hat, besonders des Abends, wenn er etwas unter seinem Bett zu suchen scheint, was er nicht finden kann. Gegen die Weiber freilich ist er zu allen Zeiten von feinen Worten und übrigens immer von ritterlichen Manieren, wo sie am Platz sind. Von Gebet und Kirchgang hält er wohl nicht viel, obwohl ich ihn einmal selbst in einer Kirche gesehen habe, in deren Kühle ich trat, um mich vor der Sonnenglut zu retten, die mir auf die Knochen brannte; nur: ein Priesterrock war nicht drinnen. — Und beten habe ich ihn auch einmal hören, da ich neben ihm stand, als er beinahe von den Hottentotten totgeschlagen worden wäre, die ihn und seine paar Reiter umzingelt hatten. Aber es war ein seltsames Gebet, das er sprach; denn er sagte, während er die Übermacht ins Auge faßte, die auf ihn von neuem einzudringen sich anschickte, mit der gesenkten Klinge in der Faust die Worte: ‚Herr Gott, wenn es einen gibt, in deine Hände befehle ich meine Seele, wenn ich eine habe.‘ Zu mehr hat er sich wohl nicht Zeit gelassen. — Aber durchgehauen hat er sich. — Glaube nicht, daß ihn jemand je klein kriegen würde, oder daß er seinen Nacken beugen würde, es sei denn, er stände vor Gottes Thron und sähe ihn von Angesicht zu Angesicht. — — Wäre wohl dein Mann, Georg — doch ohne ausdrücklich Geheiß von unserm Herrgott werde ich ihn nicht abrufen; denn seine Stunde ist noch nicht da.“
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