Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre

Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre
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Rudolf Virchow. Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre

Vorrede zur ersten Auflage

Vorrede zur zweiten Auflage

Vorrede zur dritten Auflage

Erstes Capitel. Die Zelle und die cellulare Theorie

Zweites Capitel. Die physiologischen Gewebe

Drittes Capitel. Physiologische Eintheilung der Gewebe

Viertes Capitel. Die pathologischen Gewebe

Fünftes Capitel. Die Ernährung und ihre Wege

Sechstes Capitel. Weiteres über Ernährung und Saftleitung

Siebentes Capitel. Circulation und Blutmischung

Achtes Capitel. Das Blut

Neuntes Capitel. Blutbildung und Lymphe

Zehntes Capitel. Pyämie und Leukocytose

Eilftes Capitel. Infection und Metastase

Zwölftes Capitel. Theorie der Dyscrasien

Dreizehntes Capitel. Das peripherische Nervensystem

Vierzehntes Capitel. Rückenmark und Gehirn

Fünfzehntes Capitel. Leben der Elemente. Thätigkeit und Reizbarkeit

Sechzehntes Capitel. Nutritive und formative Reizung. Neubildung und Entzündung

Siebzehntes Capitel. Passive Vorgänge. Fettige Degeneration

Achtzehntes Capitel. Amyloide Degeneration. Verkalkung

Neunzehntes Capitel. Gemischte, activ-passive Prozesse. Entzündung

Zwanzigstes Capitel. Die normale und pathologische Neubildung. Geschichte des Knochens

Einundzwanzigstes Capitel. Die pathologische, besonders die heterologe Neubildung

Zweiundzwanzigstes Capitel. Form und Wesen der pathologischen Neubildungen

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Der vorliegende Versuch, meine von den hergebrachten abweichenden Erfahrungen dem grösseren Kreise der Aerzte im Zusammenhange vorzuführen, hat einen unerwarteten Erfolg gehabt: er hat viele Freunde und lebhafte Gegner gefunden. Beides ist gewiss sehr erwünscht, denn die Freunde werden in diesem Buche keinen Abschluss, kein System, kein Dogma finden, und die Gegner werden genöthigt sein, endlich einmal die Phrasen aufzugeben und sich an die Sachen selbst zu machen. Beides kann nur zur Bewegung, zum Fortschritt der Wissenschaft beitragen.

Allein Beides hat doch auch seine niederschlagende Seite. Wenn man ein Decennium hindurch mit allem Eifer gearbeitet und die Ergebnisse seiner Forschungen dem Urtheile der Mitwelt vorgelegt hat, so stellt man sich nur zu leicht vor, dass mehr davon, dass vielleicht der grössere und wesentliche Theil allgemeiner bekannt sein könne. Dies war, wie die Erfahrung gelehrt hat, bei meinen Arbeiten nicht der Fall. Einer meiner Kritiker erklärt es aus der Breite meiner Beweisführungen. Mag es sein, allein dann hätte ich vielleicht erwarten dürfen, dass andere Kritiker die Beweise, welche sie hier nicht in ausreichender Weise fanden, in den Originalarbeiten aufgesucht hätten. Denn ausdrücklich hatte ich schon das erste Mal hervorgehoben, dass diejenigen, welche sich in der laufenden Kenntniss der neueren Arbeiten erhalten hätten, hier wenig Neues finden würden.

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Nach der Ansicht Schwann's war die Intercellularsubstanz Cytoblastem, für die Entwickelung neuer Zellen bestimmt. Dies halte ich nicht für richtig, vielmehr bin ich durch eine Reihe von Erfahrungen zu dem Schlusse gekommen, dass die Intercellularsubstanz, wie sie von den Zellen gebildet (abgeschieden) wird, so auch in einer bestimmten Abhängigkeit von ihnen bleibt, in der Art, dass man auch in ihr Grenzen ziehen kann, und das gewisse Bezirke von ihr der einen, gewisse der anderen Zelle angehören. Durch pathologische Vorgänge werden diese Grenzen scharf bezeichnet, und es lässt sich direct zeigen, wie jedesmal ein bestimmtes Gebiet von Zwischensubstanz beherrscht wird von dem zelligen Elemente, welches in seiner Mitte gelegen ist.

Es wird jetzt deutlich sein, wie ich mir die Zellen-Territorien denke: Es gibt einfache Gewebe, welche ganz aus Zellen bestehen, Zelle an Zelle gelagert (Fig. 10, A.). Hier kann über die Grenze der einzelnen Zelle keine Meinungsverschiedenheit bestehen, aber es ist nöthig, hervorzuheben, dass auch in diesem Falle jede einzelne Zelle ihre besonderen Wege gehen, ihre besonderen Veränderungen erfahren kann, ohne dass mit Nothwendigkeit das Geschick der zunächst liegenden Zellen daran geknüpft ist. In andern Geweben dagegen, wo wir Zwischenmassen haben (Fig. 10, B.), versorgt die Zelle ausser ihrem eigenen Inhalt noch eine gewisse Menge von äusserer Substanz, die an ihren Veränderungen Theil nimmt, ja sogar häufig frühzeitiger afficirt wird, als das Innere der Zelle, welches durch seine Lagerung mehr gesichert ist, als die äussere Zwischenmasse. Endlich gibt es eine dritte Reihe von Geweben (Fig. 10, C.), deren Elemente unter einander in engeren Verbindungen stehen. Es kann z. B. eine Zelle mit anderen zusammenhängen und dadurch eine reihen- oder flächenförmige Anordnung entstehen, ähnlich der bei den Capillaren und anderen analogen Gebilden. In diesem Falle könnte man glauben, dass die ganze Reihe beherrscht werde von irgend Etwas, was wer weiss wie weit entfernt liegt, indessen bei genauerem Studium ergibt sich, dass selbst in diesen ketten- oder hautartigen Einrichtungen eine gewisse Unabhängigkeit der einzelnen Glieder besteht, und dass diese Unabhängigkeit sich äussert, indem unter gewissen äusseren oder inneren Einwirkungen das Element nur innerhalb seiner Grenzen gewisse Veränderungen erfährt, ohne dass die nächsten Elemente dabei betheiligt sind.4

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