Wer bin ich? Woher komme ich? Was bestimmt mein Leben? Grundsätzliche Fragen brechen auf, als die selbstständige Grafikerin Jael Winterstejn bei einem Sommerspaziergang im Rheintal zufällig einen Grabstein entdeckt, auf dem ihr Name steht. Die Suche nach der Geschichte, die sich hinter diesem Grabstein verbirgt, wird nicht nur zu einer Reise in die Vergangenheit ihrer eigenen Familie, sondern rührt an andere dunkle Geheimnisse. Fragen von Schuld und Vergebung, Rache und Versöhnung werden plötzlich ganz aktuell und persönlich. Sie führt zu Begegnungen in Prag und im ehemaligen Sudetenland. Dort trifft Jael den sympathischen Tschechen Radek. Eine lebendig erzählte, packende Geschichte, in der das Lebensgefühl mehrerer Generationen aufeinander trifft. Eine ungewöhnliche Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte: deutsch-jüdische und deutsch-tschechische Vergangenheiten, Krieg und Vertreibung. Eine aktuelle Geschichte, die die Frage aufwirft, wie Beziehungen gelingen können und wie die Verstrickung in Schuld überwunden werden kann.
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Sabine Dittrich. Erben des Schweigens
Erben des Schweigens
Zu diesem Buch
Über die Autorin
Impressum
Inhalt
Prolog
Pfingsten, Oberwesel am Rhein
Ende Juli, Prag
Herbst 1941, Prag
1942–1945, Kriegsjahre im »Protektorat Böhmen und Mähren«
Mitte August, Deutschland
Sommer 1945: »Heim ins Reich«
September, Oberpfalz
Nachkriegsjahre in der Oberpfalz
September, Bamberg
Mitte Oktober, Prag
Ende Oktober, Oberpfalz
Oberpfalz, 1965 bis heute
Adventszeit, Bamberg
Einige Tage vor Weihnachten, Tschechische Republik
Epilog
Deutsch-tschechische Geschichte im Schnelldurchlauf
Nachklang
Über den Verlag
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Sabine Dittrich
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Als ich aus dem Auto stieg, war der Himmel so bleischwer blau wie damals über Dachau.
Radek war schon öfter in Terežin gewesen. Er hatte mit seinem schwarzen Škoda Octavia zielstrebig zuerst das Museum in der Innenstadt angesteuert. Vorher hatte ich schon eine Enttäuschung verkraften müssen. Radeks Freund war in Urlaub. Ob meine Großeltern wirklich in Terežin interniert waren, würde sich frühestens in drei Wochen klären. Während wir von Ausstellungsraum zu Ausstellungsraum gingen, wurde mein Herz immer schwerer. Für viele Prager Juden war Theresienstadt nur eine Durchgangsstation. Sie wurden zur »Endlösung« in andere Lager wie Auschwitz oder Riga gebracht. Während ihrer Zeit hier, akkurat getrennt nach Männern, Frauen, Mädchen und Jungen, versuchten die Häftlinge, ein soziales Umfeld zu schaffen: Die Selbstverwaltung organisierte Schulunterricht, Konzerte und Aufführungen. Hier in Theresienstadt waren berühmte Komponisten, Musiker, Literaten und Maler inhaftiert. In der Ausstellung konnte man ihre Bilder bewundern und Originalaufnahmen der Konzerte anhören. Kultureller Feingeist gegen Menschenverachtung. Der Feingeist musste damals den Kürzeren ziehen, hatte aber den Häftlingen ihre Würde bewahrt. Was sich in den Köpfen der Aufseher abspielte, entzieht sich meiner Vorstellungskraft.