Отрывок из книги
Afroqueere Novelle
2015 wurden über Nacht tausende Dominikaner*innen staatenlos, ein dark-skinned Schwarzer Mann wurde erhängt. All das war in deutschen und englischen Nachrichten zunächst kaum Thema. Busse standen in den Hauptstädten, Kinder wurden über die Grenze nach Haiti gefahren und ich fühlte mich wortlos – denn wie sollte ich erklären, was ich selbst kaum begreifen konnte? In meiner Familie gibt es ultranationale Dominikaner*innen, die darauf bestehen, nicht Schwarz zu sein, es gibt dark-skinned Personen, die nach diesen Nächten über Monate verschwunden waren und es irgendwie wieder über die Grenze nach Hause schafften.
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Im Rahmen meines Masterstudiums versuche ich genau das, was nicht benannt werden darf, zu benennen: Wie kann ein Land, dessen genetische Herkunft zu 94 % auf dem afrikanischen Kontinent liegt, so sicher sein, kollektiv und individuell etwas zu lange in der Sonne gewesen zu sein? Wie kann gerade dieses Land sich eine Insel teilen mit Haiti, welches sogar beantragte, in die Afrikanische Union aufgenommen zu werden? Die Antwort liegt in verschiedenen historischen Abschnitten der Geschichte, die Schuld in der Kolonialisierung, dem Kapitalismus und bei einzelnen Personen, die nicht wahrhaben wollten, was der Blick in den Spiegel verrät: Die Dominikanische Republik ist ein Schwarzes Land, mit Schwarzen Bewohner*innen und der traumatischen, erzwungenen Überreise über den Atlantik, der Familien prägt. Drei Faktoren möchte ich für das dominikanische Paradoxon benennen, allesamt sind Teil der versteckten Seite der Moderne. Denn Europas Industrialisierung, Entdeckungsdrang und Verbesserung des Lebensstandards gehen einher mit der Versklavung und Ausbeutung Afrikas, dem kulturellen und physischen Genozid an den Taíno und der Zerstörung des Selbstverständnisses. Diese verdeckte Seite, wie Mignolo sie nannte, ist nicht ein bedauerlicher Nebeneffekt, sondern Bedingung von Kolonialismus, Kapitalismus und Industrialisierung gewesen.
1. Outsourcing der Versklavung
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