Animismus, Magie und Allmacht der Gedanken
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Sigmund Freud. Animismus, Magie und Allmacht der Gedanken
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Unsere psychoanalytische Arbeit wird an anderer Stelle einsetzen. – Man darf nicht annehmen, daß die Menschen sich aus reiner spekulativer Wißbegierde zur Schöpfung ihres ersten Weltsystems aufgeschwungen haben. Das praktische Bedürfnis, sich der Welt zu bemächtigen, muß seinen Anteil an dieser Bemühung haben. Wir sind darum nicht erstaunt zu erfahren, daß mit dem animistischen System etwas anderes Hand in Hand geht, eine Anweisung, wie man verfahren müsse, um der Menschen, Tiere und Dinge, respektive ihrer Geister, Herr zu werden. Diese Anweisung, welche unter dem Namen »Zauberei und Magie« bekannt ist, will S. Reinach7 die Strategie des Animismus heißen; ich würde es vorziehen, sie mit Hubert und Mauß der Technik zu vergleichen8.
Kann man Zauberei und Magie begrifflich voneinander trennen? Es ist möglich, wenn man sich mit einiger Eigenmächtigkeit über die Schwankungen des Sprachgebrauches hinwegsetzen will. Dann ist Zauberei im wesentlichen die Kunst, die Geister zu beeinflussen, indem man sie behandelt wie unter gleichen Bedingungen die Menschen, also indem man sie beschwichtigt, versöhnt, sich geneigt macht, sie einschüchtert, ihrer Macht beraubt, sie seinem Willen unterwirft, durch dieselben Mittel, die man für lebende Menschen wirksam gefunden hat. Magie ist aber etwas anderes; sie sieht im Grunde von den Geistern ab und sie bedient sich besonderer Mittel, nicht der banalen psychologischen Methodik. Wir werden leicht erraten, daß die Magie das ursprünglichere und bedeutsamere Stück der animistischen Technik ist, denn unter den Mitteln, mit denen Geister behandelt werden sollen, befinden sich auch magische9, und die Magie findet ihre Anwendung auch in Fällen, wo die Vergeistigung der Natur, wie uns scheint, nicht durchgeführt worden ist.
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Auch gewisse negative Vorschriften – magische Vorsichten also – sind dieser ersten Gruppe einzureihen. Wenn ein Teil der Bewohner eines Dayakdorfes auf Wildschweinjagd ausgezogen ist, so dürfen die Zurückgebliebenen unterdes weder Öl noch Wasser mit ihren Händen berühren; sonst würden die Jäger weiche Finger bekommen und die Beute aus ihren Händen schlüpfen lassen14. Oder, wenn ein Gilyakjäger im Walde dem Wilde nachstellt, so ist es seinen Kindern zu Hause verboten, Zeichnungen auf Holz oder im Sand zu machen. Die Pfade im dichten Wald könnten sonst so verschlungen werden wie die Linien der Zeichnung, so daß der Jäger den Weg nach Hause nicht findet15.
Wenn in diesen letzten wie in so vielen anderen Beispielen magischer Wirkung die Entfernung keine Rolle spielt, die Telepathie also als selbstverständlich hingenommen wird, so wird auch uns das Verständnis dieser Eigentümlichkeit der Magie keine Schwierigkeit bereiten.
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