Zur Psychopathologie des Alltagslebens
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Sigmund Freud. Zur Psychopathologie des Alltagslebens
I. Vergessen von Eigennamen
II. Vergessen von fremdsprachigen Worten
III. Über die Deckerinnerungen
IV. Das Versprechen
V. Verlesen und Verschreiben
VI. Vergessen von Eindrücken und Vorsätzen
VII. Das Vergreifen
VIII. Symptom- und Zufallshandlungen
IX. Irrtümer
X. Determinismus. – Zufalls- und Aberglauben. – Gesichtspunkte
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Der gebräuchliche Sprachschatz unserer eigenen Sprache scheint innerhalb der Breite normaler Funktion gegen das Vergessen geschützt1. Anders steht es bekanntlich mit den Vokabeln einer fremden Sprache. Die Disposition zum Vergessen derselben ist für alle Redeteile vorhanden, und ein erster Grad von Funktionsstörung zeigt sich in der Ungleichmässigkeit unserer Verfügung über den fremden Sprachschatz, je nach unserem Allgemeinbefinden und dem Grade unserer Ermüdung. Dieses Vergessen geht in einer Reihe von Fällen nach demselben Mechanismus vor sich, den uns das Beispiel: Signorelli enthüllt hat. Ich werde zum Beweise hierfür eine einzige, aber durch wertvolle Eigentümlichkeiten ausgezeichnete Analyse mitteilen, die den Fall des Vergessens eines nicht substantivischen Wortes aus einem lateinischen Zitat betrifft. Man gestatte mir, den kleinen Vorfall breit und anschaulich vorzutragen.
Im letzten Sommer erneuerte ich – wiederum auf der Ferienreise – die Bekanntschaft eines jungen Mannes von akademischer Bildung, der, wie ich bald merkte, mit einigen meiner psychologischen Publikationen vertraut war. Wir waren im Gespräch – ich weiss nicht mehr wie – auf die soziale Lage des Volksstammes gekommen, dem wir beide angehören, und er, der Ehrgeizige, erging sich in Bedauern darüber, dass seine Generation, wie er sich äusserte, zur Verkümmerung bestimmt sei, ihre Talente nicht entwickeln und ihre Bedürfnisse nicht befriedigen könne. Er schloss seine leidenschaftlich bewegte Rede mit dem bekannten Vergilschen Vers, in dem die unglückliche Dido ihre Rache an Äneas der Nachwelt überträgt: Exoriare … vielmehr er wollte so schliessen, denn er brachte das Zitat nicht zustande und suchte eine offenkundige Lücke der Erinnerung durch Umstellung von Worten zu verdecken: Exoriar(e) ex nostris ossibus ultor! Endlich sagte er geärgert: „Bitte machen Sie nicht ein so spöttisches Gesicht, als ob Sie sich an meiner Verlegenheit weiden würden, und helfen Sie mir lieber. An dem Vers fehlt etwas. Wie heisst er eigentlich vollständig?“
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„Jetzt fällt mir der heilige Januarius ein und sein Blutwunder – ich finde, das geht mechanisch so weiter.“
Lassen Sie das; der heilige Januarius und der heilige Augustinus haben beide mit dem Kalender zu tun. Wollen Sie mich nicht an das Blutwunder erinnern?
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