Gemeindebürger, Niedergelassene und Ausländer

Gemeindebürger, Niedergelassene und Ausländer
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Die politische Kultur der Schweiz besteht aus einer merkwürdigen Mischung von archaischem und modernem Republikanismus. Exemplarisch zeigt sich dies bei den Bürgergemeinden. Zwar sind alle männlichen Schweizer einander seit 1874 auch auf Gemeindeebene weitgehend gleichgestellt. In den meisten Kantonen blieben einige Rechte jedoch den Gemeindebürgern vorbehalten. So bildeten sich eigentliche Bürgergemeinden, die teilweise bis heute bestehen. In Graubünden führte dieser Zustand immer wieder zu Spannungen. Jahrzehntelang waren das Eigentum am Gemeindeland und die Verfügung darüber heftig umstrittene Rechte, mit denen sich die Bürgergemeinden gegenüber den politischen Gemeinden abgrenzten. Daneben regulierten die Bürgergemeinden als Einbürgerungsinstanzen den Ein- und Ausschluss von Antrag stellenden Nicht-Bürgern und Ausländern. Ausserhalb ihrer eigenen Institution haben Bündner Gemeindebürger ihre lokale Vorrangstellung gegenüber den Niedergelassenen in verschiedenen Vereinen oder Bräuchen stabilisiert.

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Simon Bundi. Gemeindebürger, Niedergelassene und Ausländer

Vorworte. Vorwort von Theo Haas

Vorwort von Marius Risi

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

Bürgergemeinden in der heutigen Schweizer Gemeindelandschaft

1.1 Eine kommunale Abgrenzungsgeschichte im nationalen Kontext

Der Streit um Eigentumsrechte und Kompetenzen in den Bündner Gemeinden

Einbürgerungs-, Boden- und Wasserrechtspolitik

Eine andere Abgrenzungsgeschichte: Vereine, Wirtschaft und Brauchtum

1.2 Aufbau der Untersuchung

Terminologie in diesem Buch

1.3 Zugänge zur Kultur der Politik

1.4 Blinde Flecken der Bündner Geschichte

1.5 Die Quellenlage

2 Vom Kommunalismus zur altrepublikanischen Gemeinde

2.1 Gemeindebildung im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit

2.2 Die Nachbarschaften und der Ausschluss der Hintersassen

Kommunalismus und Altrepublikanismus

2.3 Die alte Gemeindeautonomie gegen den modernen Kanton

3 Vom Niederlassungsgesetz 1853 zum Niederlassungsgesetz 1874

3.1 De jure ein Status quo

3.2 Churer Spiessbürger in Bedrängnis

Eine bürgerliche politische Kultur in Chur

3.3 Der Bruch mit der Hegemonie der Gemeindebürger

Konturen eines liberalen Gesetzesentwurfs

Die Furcht vor dem Gemeindedualismus

3.4 Aneignungen des Niederlassungsgesetzes. Eine kantonale Übersicht

3.4.1 Gemeindedualismus und abgestufte Gemeindeeinheit

Die Saat des Gemeindedualismus geht auf: das Beispiel Chur

Ein Kontinuum. Zwischen Gemeindedualismus und abgestufter Gemeindeeinheit: 67 Beispiele von Alvaneu/Alvagni bis Vicosoprano

3.4.2 Kontinuitäten, Eigeninteressen und Nächstenliebe

Chur, das Engadin, die Val Müstair und das obere Albulatal: altrepublikanische Tradition und ökonomische Eigeninteressen

Val Calanca und Misox: ökonomische Eigeninteressen als Existenzgrundlage

Die katholische Surselva und das katholische Mittelbünden: Werte «von der Kanzel herunter»

3.5 Eine instabile Rechtsnorm: die ersten Eingaben und Rekurse

Die Tolerierung des Gemeindedualismus und die Beschwörung der Gemeindeeinheit

Korporativer «Bürgersinn» oder «ächt liberaler Sinn»? Der Churer Schulfondsstreit 1882-1885

4 Die kurze Reaktion der 1890er-Jahre

4.1 Mit den «alten Rechten» gegen den «Allerweltskulturstaat»

4.2 Die «reaktionäre Avantgarde» und die Gemeindeautonomie

Die Konjunktur der Gemeindeautonomie

4.3 Die gescheiterte «Bürgerinitiative» und das Potenzial eines Fahnenworts

Metaphern des Kampfes

Die Selbstbestimmung als kollektives Abstimmungsargument

5 Der Gemeindedualismus als Rechtsproblem nach 1900

5.1 Zwischenspiel: das Gemeinderecht als privates Problem

Jacob Jörimann-Elwert, Weinhändler aus Chur, Gemeindebürger von Tamins

5.2 Das Zirkulieren des juristischen Wissens

Eine «abstrakte Eigentumsfrage»

Das Eigentum wird zur Existenzfrage

Polemik, illegitime Erkenntnis und der Versuch eines Kompromisses

5.3 Die erste Kulmination: der St. Moritzer Rechtsstreit der 1930er-Jahre

5.4 Zurück zur abgestuften Gemeindeeinheit: Thusis und die Erpressung in St. Moritz

Der Fall Thusis

Die Politische Gemeinde St. Moritz wittert Morgenluft: von den Eigentums- zu den Mitspracheansprüchen

6 Unter Heimatschutz: die Verteidigung von Bodenständigkeit und Tradition

6.1 Zwei komplementäre Bewegungen

6.2 Das «Bodenständige» als zirkulierendes Kollektivsymbol

6.3 Das kantonale Gemeindegesetz von 1945

Widerstand und Konzessionen

6.3.1 Gemeindeautonomie: Hochkonjunktur eines Fahnenworts

Das Eigentum der Bürgergemeinden als Autonomiefrage

Der «Churer Vogt» und die Geschichtspolitik: die Autonomie der Politischen Gemeinde

Gemeindeautonomie als Garantin der Demokratie

6.3.2 Die «Aktion Gemeindegesetz» und die Verbandsgründung: Selbstorganisation einer liberalen Rechten statt Organisationskatholizismus

Innerparteiliche Brüche

Die liberale Rechte

Organisierte Einheit von oben statt bürgerlicher Aktivismus von unten

6.4 Die Geister, die man rief: ein langer Weg zum Gemeindegesetz von 1974

6.5 Tradition, Expertenwissen und Geselligkeit: die Bürgervereine Chur und Igis

Bürgerverein Chur

Bürgerverein Igis

7 Gemeinden, die «nur ungern neue Bürger aufnehmen»: die Politik mit dem Bürgerrecht 1875 bis 1960

7.1 Einbürgerungspolitik fernab von Bund und Kanton: Bürgerrechtspolitik in Graubünden 1875 bis 1917

7.1.1 Die hohen Einkaufsgebühren der Gemeindebürger

7.1.2 Eugenik, Religion und der Einbürgerungstourismus

Eugenische Auswahlkriterien in Chur

Reformierte Bürgergemeinden und die beschränkte religiöse Toleranz

Katholische Gemeinden als Magneten des Einbürgerungstourismus im Ersten Weltkrieg

7.2 Die «reaktionäre Avantgarde» und die Fremdenabwehr: Einbürgerungspolitik von 1917 bis 1945

7.2.1 Die «persönliche Qualifikation» als neues Ausschluss kriterium in Chur

7.2.2 Die Verfestigung zweier Extreme: das Bürgerrecht als Garant kultureller Einheit und als Geldquelle

Unerwünschte und ungenügend Assimilierte

7.3 «Sorgfältige Auslese»: Einbürgerungspolitik im Zeichen von Bund und Kanton nach 1945

8 Zeiten der Industrialisierung: Bodenverkäufe und Wasserkraftwerke 1897 bis 1960

8.1 Igis und Chur: Bodenlieferanten mit einem neuen Selbstverständnis

8.2 Domat/Ems: die Geburt der Bürgergemeinde aus der Spätindustrialisierung

8.3 Thusis, Sils im Engadin/Segl und Bondo: Zukunftssorgen in einem eigenartigen Kräfteausgleich

Die Konzessionsvergabe für das Kraftwerk Thusis 1897-1899

Sils im Engadin/Segl, das Bergell und der Konflikt um den Silsersee 1918-1945

Bondo und die Bergeller Kraftwerke, 1952-1959

Bürgerliches Engagement jenseits der Bürgergemeinden

9 Eine andere Abgrenzungsgeschichte: Vereine, Wirtschaft und Bräuche 1875–1965

9.1 Gemeindebürger als Nukleus der bürgerlichen Gesellschaft

9.2 Hegemonie in der Praxis der Bräuche

10 Resümee

Ein Kontinuum. Zwischen Gemeindedualismus und abgestufter Gemeindeeinheit: 67 Beispiele von Alvaneu/ Alvagni bis Vicosoprano, nach Bezirken. a) Bezirk Albula (Kreise Alvaschein, Belfort, Bergün und Surses)

b) Hinterrhein (Kreise Avers, Domleschg, Rheinwald, Schams, Thusis)

c) Bezirk Imboden (Kreise Rhäzüns, Trin)

d) Bezirk Inn (Kreise Val Müstair, Ramosch, Sur Tasna, Suot Tasna)

e) Bezirk Landquart (Kreise Fünf Dörfer, Maienfeld)

f) Bezirk Maloja (Kreise Bergell, Oberengadin)

g) Bezirk Moesa (Kreise Calanca, Mesocco, Roveredo)

h) Bezirk Plessur (Kreise Chur, Churwalden, Schanfigg)

i) Bezirk Prättigau/Davos (Kreise Davos, Jenaz, Klosters, Küblis, Luzein, Schiers, Seewis)

j) Bezirk Surselva (Kreise Disentis, Ilanz/Glion, Rueun, Lumnezia, Safien)

Quellen und Darstellungen. Archive. Gemeindearchiv Bergell (GA Bergell)

Gemeindearchiv Bivio (GA Bivio)

Gemeindearchiv Davos (GA Davos, Kanzleiarchiv, Gemeinde Davos)

Gemeindearchiv Disentís/ Mustér (GA Disentis/Mustér)

Gemeindearchiv Domat/Ems (GA Domat/Ems)

Gemeindearchiv Sent (GA Sent)

Bürgergemeinde Chur (BG Chur)

Bürgergemeinde Domat/Ems (BG Domat/Ems)

Bürgergemeinde St. Moritz (BG St. Moritz, Dokumentationsbibliothek St. Moritz)

Bürgergemeinde Laax (BG Laax)

Bürgergemeinde Landquart (BG Landquart)

Bürgergemeinde Sils im Engadin/Segl (BG Sils i.E./Segl)

Bürgergemeinde Thusis (BG Thusis)

Bürgergemeinde Tschlin (BG Tschlin)

Dokumentationsbibliothek St. Moritz (DB St. Moritz)

Engadiner Museum St. Moritz (EM St. Moritz)

Klosterarchiv Einsiedeln (KAE)

Kulturarchiv Oberengadin (KAO)

Privatarchiv Christian Clement, Thusis (PA Clement)

Privatarchiv Peider Könz, Guarda (PA Könz)

Privatarchiv Sprecher, Maienfeld (PA Sprecher)

Staatsarchiv Graubünden (StAGR)

Stadtarchiv Chur (StA Chur)

Verband Bündnerischer Bürgergemeinden, Bürgergemeinde Chur (VBB)

Fragebogen

Rekurspraxis

Verhandlungsprotokolle des Kleinen und Grossen Rates

Eidgenössische Volkszählungen

Jahresberichte

Periodika (Mehrfachbelege)

Gedruckte Quellen

Internet

Darstellungen

Gemeinderegister

Bildnachweis

Anmerkungen. 1 Einleitung

2 Vom Kommunalismus zur altrepublikanischen Gemeinde

3 Vom Niederlassungsgesetz 1853 zum Niederlassungsgesetz 1874

4 Die kurze Reaktion der 1890er-Jahre

5 Der Gemeindedualismus als Rechtsproblem nach 1900

6 Unter Heimatschutz: die Verteidigung von Bodenständigkeit und Tradition 215

7 Gemeinden, die «nur ungern neue Bürger aufnehmen»: die Politik mit dem Bürgerrecht 1875 bis 1960

8 Zeiten der Industrialisierung: Bodenverkäufe und Wasserkraftwerke 1897 bis 1960

9 Eine andere Abgrenzungsgeschichte: Vereine, Wirtschaft und Bräuche 1875-1965

10 Resümee

Impressum

Отрывок из книги

für Natalie

Die intensiven Vorarbeiten für das Projekt begannen schon 2011. Im Jahr darauf konnten der Verband Bündnerischer Bürgergemeinden und das Institut für Kulturforschung Graubünden gemeinsam den Historiker Simon Bundi aus Trun dafür gewinnen, die Entwicklung dieses besonderen Aspekts moderner bündnerischer Staatlichkeit eingehend und tiefschürfend zu erforschen. Das Resultat in Form des vorliegenden wertvollen Buchs schliesst nun eine grosse Lücke in der wissenschaftlichen Aufarbeitung und Einordnung des Gemeindedualismus in Graubünden.

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6.4 Die Geister, die man rief: ein langer Weg zum Gemeindegesetz von 1974

6.5 Tradition, Expertenwissen und Geselligkeit: die Bürgervereine Chur und Igis

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