Was fehlt, wenn uns die Tiere fehlen?
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Simone Horstmann. Was fehlt, wenn uns die Tiere fehlen?
WAS FEHLT, WENN UNS
Inhalt
Was fehlt, wenn uns die Tiere fehlen? Zur Einleitung
Die Ahnung einer urtümlichen Nähe
Jenseits der Sprache
Menschen als „Inter Spezies“-Wesen
Die Litanei von der insektenfreien Windschutzscheibe
Zum Stellenwert von (Tier-)Erfahrungen
Das tote Tier
„Es hat den Tod als Tod weder vor sich noch hinter sich“
„Statt Todeswirrnis – Reinlichkeit und Ordnung“
Eine Reise ins Herz der Finsternis
„Etwas ist wirksam in uns, das uns wie mit Glas umschließt“
Eine säkulare Zwei-Naturen-Lehre
„Warum hatte er auch nichts aus ihrem Schicksal gelernt?“
Die Bedrohung durch den Anderen schlechthin
Der tote Himmel der Menschen
Wenn der natürliche Tod unnatürlich wird
„… die Zuckungen der gefesselten Opfer, die der Fachmann sich zunutze macht“
Die Schuld der Zurückgebliebenen
In das Leben hineinsterben
Fülle des Lebens
Anmerkungen
Das wilde und das kontrollierte Tier
Die Sehnsucht nach der Wildnis
Die Unerträglichkeit der Wildnis
Die Barbarei der Zivilisation
„Was für Lehren werden denn von diesen Kanzeln verkündet?“
Der Mensch als Gott der Tiere
„Haben Sie den unter Kontrolle?“
Biophilie und Nekrophilie: zwei Grundhaltungen
Leben in ständiger Angst
Angst als Ressource?
Das Phobozän der Wildtiere
Begnadete Wildheit
Natur ist niemals gleich-gültig
Anmerkungen
Das mechanische und das beseelte Tier
Fluch und Verheißung des Automaten
„Ich schäme mich ordentlich vor dem Finken dort drüben, der mich mit solch schlauen Augen anblinzelt“
Wenn die Welt nur noch aus „dummem Zeug“ besteht
„… nicht mehr als die Fliegen und Ameisen“
„… was sehe ich außer Hüten und Kleidern, unter denen Automaten verborgen sein könnten?“
Verfahren und Methode statt der „Lesbarkeit der Welt“
Fleisch und Knochen einer überbelichteten Wirklichkeit
Die Hand auf dem Hundekopf
Fünfzehn seelenlose Hunde
Eine Seele haben, oder doch …
… beseelt werden?
„Seelen“ gibt es nur im Plural
Beseelter Automat?
Anmerkungen
Das missverstandene Tier
Voyager
Irdische Außerirdische
Geschichte deines Lebens
„… nahmen sie beide dieselbe physikalische Realität wahr, aber ihre Wahrnehmungen formulierten sie unterschiedlich“
Denken, wie man ist und sein, wie man denkt
Das Tier, das spricht, aber nicht hören will
Begriffslose Wesen?
Linda bereitet Kopfzerbrechen
Ein Bild, das uns gefällt: der Anthropomorphismus
„Wussten Sie schon, dass Kühe trauern?“
Das Wissen des Ichthyologen
Ein Netz auswerfen, das auch uns mit fängt
„… diese ineinander geknäulten Krämpfe der Ohnmacht“
Fisch werden oder …
…Fledermaus sein?
„… seine Knochen sind Felsen, seine Adern große Flüsse“
Rettung aus dem goldenen Käfig
Wachsames Schlafen
Interanimalität: das Fleisch der Welt
Teilnehmendes Verstehen
Anmerkungen
Das poetische Tier
Urworte, hündisch
Der Ochse in der Buchstaben-Ursuppe
Zeichen und Wirklichkeit
Lebendige Buchstaben
Bein zu Bein, Blut zu Blut
Transformierte Wirklichkeit
„Achilles war ein Löwe in der Schlacht“
Ein Gedicht als Rettungsboot der Tiere
„Etwas in uns in der Art des unvergleichlichen Möwenflugs“
Sind Tiere Kinder und Großeltern?
„Immer nach Hause“
Leben in Metamorphosen
„Menschen sind Gras“
„… je falterhafter ich im Inneren wurde“
„Omnis mundi creatura, quasi liber et pictura“
Was bedeutet dem Storch sein Dasein?
Grenzgängerspezies
„Hin- und herübersetzen“
Gebrochene Spiegelbilder & gepflegte Mehrdeutigkeiten
Multispezies-Weltsichten
Eine urtümliche Konversation
Tiere lesen lernen
Teilhabe an der gemeinsamen Welt
Anmerkungen
Das transzendente und das politische Tier
Das richtige Maß
Ein stinkender Hund auf einer Säule
Fleisch für die Käfer
Antiker Posthumanismus
„… wie der Mensch eigentlich gemeint ist“
Der zahme Bruder Wolf
Von schielenden Heiligen und modernen Tierrechten
Ein hündisches Naturrecht
Unnatürliche und übernatürliche Naturen
Heilige Krokodile, Katzen & Kühe
Verbotene Tiererfahrungen
„… die schockierend befremdende Aura des anderen Wesens“
… unter dem Eindruck des Mondes vergisst es seine Natur
Die Erkenntnis des Lebens
Göttlicher Seitenwechsel
Tierliche und trinitarische Personen
„… wandelbar und dem Tage preisgegeben“
Von glücklichen Sklaven und artgerechter Tierhaltung
Anmerkungen
Freundschaft schließen. Konkrete Ideen zu Interspezies-Praktiken
1. Begegnung mit den Opfern
2. Erfahrungen zu Wort bringen
3. Perspektivwechsel üben
4. Die Agency der Tiere wahrnehmen
5. Das Kleinste retten
6. Alltag mit Tieren
7. Mit dem Essen spielen
Anmerkungen
Отрывок из книги
SIMONE HORSTMANN
die Tiere
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Aber welche Hölle wäre eine Welt, die sich mit dem Sterben arrangiert hat! Die industriellen Tiertötungsmaschinerien der Moderne zeugen jeden Tag davon. Als mahnendes Beispiel verraten sie weniger etwas über die Tiere, die hier milliardenfach einen unbeachteten Tod finden, vergast und aufgeschlitzt werden, als etwas über den Menschen, der zu derartigen Grausamkeiten fähig ist: Der Mensch nämlich, so schreiben Theodor W. Adorno und Max Horkheimer in der „Dialektik der Aufklärung“ (1944), „bekundet, indem er sich am Tier vergeht, dass er, und nur er in der ganzen Schöpfung, freiwillig so mechanisch, blind und automatisch funktioniert, wie die Zuckungen der gefesselten Opfer, die der Fachmann sich zunutze macht.“21
Das 20. und 21. Jahrhundert sind traumatisiert von der monströsen Wiederkunft des Conrad’schen Kurtz, den eine rein instrumentelle Vernunft leitet, die inhaltlich vollkommen entkernt und wertfrei ist. Wer nichts im Anderen erkennen kann oder will, erkennt in ihm schnell jenes Nichts im Herzen der Finsternis. Mit der Beobachtung, dass dieses Erkennen dialektisch, gewissermaßen spiegelbildlich funktioniert, haben Adorno und Horkheimer etwas Entscheidendes gesehen. Denn die Erkenntnis des Nichts im Anderen geht nur allzu oft Hand in Hand mit dem Wirksamwerden dieses Nichts im Eigenen. So ließe sich auch die kurze Passage aus der „Dialektik der Aufklärung“ lesen: Das, was der Mensch im Tier zu erkennen meint, hier also die scheinbare tierliche Unfreiheit und Determiniertheit, ist eine Form der gleichwohl schmerzhaften, und daher verdrängten Selbsterkenntnis: So macht sich der Mensch zur freiwilligen Maschine. Die Tragik dieser Beziehung zwischen Mensch und Tier, zwischen dem Eigenen und dem Fremden, hat der bulgarisch-stämmige Literaturwissenschaftler Tzvetan Todorov in unnachahmlicher Weise auf den Punkt gebracht:
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