Читать книгу Der letzte Monarch - Simone Lilly - Страница 1

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 1.

Stolz beobachtete er sie, seine wunderschöne Marléne. Sie trug ein weites blaues Kleid, das mit Spitzen versehen war, ihr Dekolletée war kaum zu übersehen, ihm stockte der Atem. Gemeinsam mit ihren Hofdamen, die die lange Schleppe ihres Kleides trugen, legte sie den langen Weg durch den ganzen Dom bis nach vorne zum Altar zurück. Ihm wurde heiß und kalt zugleich. Aber auch schwer ums Herz, nicht nur, da die gewaltige Last der Krone auf seinem Kopf lastete und Louis seinen Hals seltsam verkrampfen musste, um nicht unter ihrem Gewicht einzuknicken . jetzt war es beinahe soweit, in wenigen Momenten würde die Musik aufhören zu erklingen, der Dom würde in eisernes Schweigen gehüllt werden. Wie bei ihm zuvor würde Marléne sich niederknien, würde den Worten des Papstes folgen und von ihm letzten Endes ihre Krone aufgesetzt bekommen. Louis war neidisch. Die Kronen der Frauen waren um einiges kleiner, zierlicher und somit leichter. Instinktiv wollte er sie absetzen, musste sie aber weiterhin erdulden. Seine Haare unter dem warmen Rand aus Nerz begannen unangenehm an seiner Haut zu kleben, so sehr schwitzte er. Der Umhang kratzte, sein Hintern wurde schwitzig, ohne dass es jemand merkte rieb er ihn am prachtvollen Thron auf welchem er platzgenommen hatte, trocken. Wer auch immer auf die Idee gekommen war eine Krönung mittem im Hochsommer durchzuführen gehörte dafür bestraft. Gnadenlos.

Unzählige Leute hatten es sich nicht nehmen lassen bei der Krönung des neuen Königs dabeizusein. Natürlich nur Adlige. Nicht weit von sich erkannte er Graf von Bellé. In seiner gewohnt lässigen Art achtete er nicht wirklich auf Etikette, nutzte einen Moment und winkte Louis schamlos zu. Anstatt zurückzuwinken nickte dieser lediglich. Auch Manette und ihre Familie waren geladen worden. Keine Selbstverständlichkeit, doch Louis war ihr immernoch über alle Maßen dankbar, für das was sie vor gut einem Jahr für sie alle getan hatte. Die einzige Ausnahme stellten Marlénes Eltern dar. Das wollte Louis sich nicht nehmen lassen, er lud sie ein, verpasste ihnen angemessene Kleidung und setzte sie auf einen guten Platz von dem aus sie alles überblicken konnten. Sie wirkten ziemlich verloren unter all den reichen Staatsmännern. Doch das war ihm egal. Sie waren ein wichtiger Teil in Marlénes Leben, gehörten zu ihr, daher wäre es eine Schande würden sie die Krönung ihrer einzigen Tochter verpassen.

Quälend sank Marléne auf die Knie, beim Aufstehen musste ihr geholfen werden, so wie immer in den letzten Monaten. Ihr Bauch war so rund geworden, dass Louis manchmal der Verdacht kam, er müsse jeden Moment zerspringen. Kreuz und quer über ihre Haut zogen sich rote und manchmal bläuliche Striemen.

„Vollkommen normal für eine vortgeschrittene Schwangerschaft.“, hatte ihnen der Arzt erklärt. Doch Louis sorgte sich um seine Frau. Aber er war kein Arzt, er wusste es nicht besser. Nur schwerlich konnte sie sich bewegen, Louis verbrachte jede Nacht bei seiner Frau, des Morgens musste er ihr helfen aus dem Bett zu steigen, des Abends damit, hineinzugelangen, ohne seine Hilfe war es ihr nur schwer möglich Treppen zu erklimmen, auch auf ausgedehnte Spaziergänge musste er verzichten.

„Mein Rücken schmerzt.“, diesen Satz hörte er gleich hundertmal pro Stunde. Es mochte sein, dass sie Schmerzen hatte, hätte er einen solchen Bauch, würde er sich gar nicht mehr bewegen, nur noch im Bett liegen und sich bedienen lassen, sie aber verzichtete darauf, was er ihr hoch anrechnete.

„Wann ist es denn soweit?“

„Jeden Tag, jede Stunde, Eure Majestät.“

Seine Finger verkrampften sich. Jede Stunde? Er freute sich, konnte es kaum erwarten sein Kind in den Händen zu halten, und doch machte es ihm Angst je näher es rückte. Viele Frauen seiner Vorfahren hatten Geburten nicht überlebt, waren selbst Tage danach noch überraschend verstorben. Er schluckte. Das wollte er nicht. Er liebte Marléne. Würde er sie verlieren, wäre es das Schlimmste was ihm passieren konnte.

Die Zeremonie war fast am Ende, der Papst wandte sich zur Krone, nahm sie an sich und hielt sie dramatisch über Marlénes geneigtem Kopf. Bald würde er sie ihr aufsetzen.

Abschätzend musterte ihre dicke Wölbung unter ihrem Kleid. Bei dem Ausmaß ihres Bauches glaubte er nicht daran sie würde die Niederkunft überstehen. Wie konnte sie das? Verglich man ihre gebrechliche und dünne Gestalt vor wenigen Monaten mit der heute, man würde sie nicht wiedererkennen. Das Kind musste groß sein, sie sollte es auf die Welt bringen? Ganz allein?

Ein nebenstehender Mann half ihr aufzustehen, lächelnd erhob sie sich und ließ sich von ihm zu Louis führen. Eigentlich wollte er sitzenbleiben, eigentlich gehörte es sich sitzen zu bleiben und darauf zu warten, dass seine Frau neben ihm platznahm. Louis aber wollte nicht zulassen, dass der fremde Mann seine Frau länger als nötig am Arm hielt. Stürmisch hechtete er in die Höhe, räusperte sich kurz und trat Marléne entgegen. Mit einem düsteren Kopfnicken deutete er dem Mann, er könne sie jetzt loslassen, nahm die Hand seiner Frau an sich und führte sie galant auf die beiden Stühle zu. Ihre Schritte hallten dumpf über den Kirchenboden, stiegen von dort aus in die Luft und prallten von den holen Decken und wänden wider zu ihnen zurück.

„Du siehst wunderschön aus, meine Königin“, flüsterte er ihr leise ins Ohr, war sich aber nicht sicher, ob es nicht die gesamte Gesellschaft gehört hatte. Langsam setzten sie sich, während ein großer Chor hoch über ihren Köpfen begann zu singen, eine Orgel stimmte mit ein, eine Gänsehaut überkam ihn. Jetzt war er es, jetzt war er der nächste König, hatte sich in die lange Reihe seines Vaters und seiner Vorfahren eingereiht. War einer von ihnen, war ein Teil der Geschichte.

Der letzte Monarch

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