"Alljährlich im Frühjahr schwärmen unsere jungen Mädchen nach England"

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Описание книги

In der Zwischenkriegszeit gingen sie zu Hunderten, in den späten Vierziger- und Fünfzigerjahren zu Tausenden. Sie hiessen Emma, Bertha oder Marie und kamen aus Wilderswil, Urnäsch oder Bellinzona. Sie arbeiteten als Hausangestellte, Kindermädchen oder Gesellschafterinnen in Liverpool oder London und auf Landgütern von Adligen. Sie gingen, obwohl die Medien warnten: vor dem britischen Wetter, vor dem englischen Klassendünkel, vor unerwünschten Schwangerschaften. Ein Massenexodus von Frauen, wie er in der Schweizergeschichte wohl kein zweites Mal vorkam. Und wenn sie in England geblieben sind, dann fast immer deshalb, weil genau das passierte, wovor sie so eindringlich gewarnt worden sind: Sie verliebten sich, wurden schwanger, haben geheiratet. Simone Müller erzählt elf beispielhafte Lebensgeschichten dieser Frauen, die heute fast ganz aus dem öffentlichen Gedächtnis verschwunden sind. Und sie erzählt auch von einer der grössten Repatriierungsaktionen der Schweiz, als fast tausend Frauen zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zurückgeholt wurden.

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Simone Müller. "Alljährlich im Frühjahr schwärmen unsere jungen Mädchen nach England"

Die vergessenen Emigrantinnen

Ein Exodus

Schweizerinnen statt Österreicherinnen

Kein Schweizer Bürgerrecht mehr

Italienerinnen statt Schweizerinnen

«England ist sehr arm geworden»

Unerwünschte Freundschaften

Endstation Dover

Letzte Zeitzeuginnen

«Sieben Meter Stoff. für einen Kilt»

«Wir hatten genug vom Nähen»

«Können Sie denn bügeln?»

Hochzeit in Guntmadingen

«Der Krieg hat ein Stück seines Lebens genommen»

Eine Schwaninger

«Heute bin ich stolz»

«Ich habe das Glück. auch in London gefunden»

Durch den Hintereingang

Cima Norma

Ein schreckliches Jahr

Maisgries aus dem Tessin

«In Dover versprach ich den Hafenbehörden, innert drei Wochen zu heiraten»

Das «Negerbaby» sehen

Amerikanische Soldaten am Thunersee

Lichter löschen am Sabbat

Extra kurze Röcke

Sprung in den Ärmelkanal

Der leere Schrank

Ein europäischer Nachname

Nur noch ein paar Federn in der Hand

«Wie die Queen»

«Ein wildfremder Mann»

Der Doktor kam zu spät

Ein Inserat in der «Roten Zeitung»

Speck aus der Schweiz

Immer am Arbeiten

Ein Haus im Grünen

«Sie verstanden nicht, dass ich. aus der Haut ging»

Drei Fluchtversuche

«Sie konnten mein Leben nicht verstehen»

Staatenlos

Cheflaborantin

Wladimirs Asche

Nur BBC

«I am not talking to you in this. language, Grandma!»

Rose, ein Joker wie der Vater

Die Strafe des Herrgotts

Zerbrochene Kekse

Ein perfekter Gentleman

It’s alright, Mrs Hamilton

Swiss Rolls

«Abends beim Leuchtturm von Lossiemouth»

Das Igluzelt im Garten

Ein Kartoffelacker in Weissenburgbad

Alleinerziehende Bäuerin

Ein englisches Fahrrad

Kindermädchen und Fabrikarbeiterin

Lastwagenfahrerin bei der britischen Luftwaffe

Socken waschen

Alleinerziehend in Liverpool

Der blaue Peugeot

«Ich habe immer vom Meer geträumt»

Die Bricchis und die Mariottas

Grossstadt oder Meer

Auf dem Bahnsteig von Wembley

Zwei Pässe

Opernarien auf dem Balkon

«Ich war die erste Fahrerin der. britischen Post»

Ein upstairs-downstairs-Haus

Gefrorene Fensterscheiben

British by marriage

Von einem Job zum nächsten

Die Männer helfen nicht

Die eigene Firma – MYROY

Bingo

«Die Fenster klapperten, und der Wind ­wehte durch jede Ritze»

Unter Barbaren

Psychiatrieschwester

Der Antrag

Rosarote Babyjäckchen

Endlich glücklich

Die grosse Repatriierung

933 Reisende

Die gescheiterte Repatriierung von 1940

«Wir sahen die Schweizer Mobilmachung. in London im Kino»

Ein kleines Paradies

Keine Sekundarschule

Das grosse Feuer

Der Bösiger

Nur weg aus dieser Schweiz

Tee und die «Times»

Fesselballone über London

Vier Minensuchboote

Ausgebürgert

Schutt und Asche

Zwei Prinzessinnen

Quellen

Literatur

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Über dieses Buch

In der Zwischenkriegszeit gingen sie zu Hunderten, in den späten Vierziger- und Fünfzigerjahren zu Tausenden. Sie hiessen Emma, Bertha oder Marie und kamen aus Wilderswil, Urnäsch oder Bellinzona. Sie arbeiteten als Hausangestellte, Kindermädchen oder Gesellschafterinnen in Liverpool oder London und auf Landgütern von Adligen.

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In London kümmerten sich Hilfsstellen um diejenigen, die tatsächlich in Schwierigkeiten geraten waren. Die schweize­rische Wohltätigkeitsorganisation Swiss Benevolent Society, die bereits im frühen 18. Jahrhundert gegründet worden war, konnte den grossen Ansturm bald nicht mehr bewältigen. 1949 wurde deshalb das Sozialsekretariat für Schweizerinnen in Grossbritannien eröffnet, eine vom Bund und den Kantonen mitfinanzierte Institution. Die Jahresberichte des Sekretariates zeigen, mit welchen Anliegen sich die jungen Frauen an die Stelle wandten. Die Spannbreite ist gross, sie reicht von Schwierigkeiten am Arbeitsplatz über körperliche und psychische Krankheiten bis hin zu den ungewollten Schwangerschaften – über Jahre einer der Hauptgründe, weshalb Frauen das So­zial­sekretariat aufsuchten.

Unverheiratete schwangere Frauen standen unter grossem Druck. Gemäss britischem Gesetz mussten ledige Ausländerinnen mit befristeter Aufenthaltsbewilligung das Land vor der Geburt des Kindes verlassen. Auch in der Schweiz hatten le­dige Mütter einen sehr schweren Stand. In einem Bericht des ­Sozialsekretariats von Ende 1958 heisst es: «Das Problem der unverheirateten Mutter ist konstant (…). 1958 schickten wir 27 Mütter, die uneheliche Kinder erwarteten, in die Schweiz zurück. Mit Hilfe von Wohlfahrtsorganisationen (…) war es möglich, für diese Mädchen passende Orte, wo sie vor und nach der Geburt wohnen konnten, zu finden. Es ist eine traurige Tatsache, dass die Mädchen nur in wenigen Fällen wieder in ihrem Elternhaus aufgenommen werden. Normalerweise wissen die Eltern gar nichts vom Unglück ihrer Tochter, und viele der Kinder werden adoptiert.» Im Jahresbericht von 1959 werden die Eltern der jungen Frauen adressiert: «Die Eltern sollten ihre Töchter über die Lebenstatsachen, Gefahr vor unerwünschten Freundschaften (besonders mit farbigen Männern), Geschlechts­krankheiten etc. eingehend aufklären.»

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