Retromania

Retromania
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Описание книги

Wir leben in einem Zeitalter des Pop, das völlig verrückt ist nach ständiger Erinnerung: Wiedervereinigungen von Bands und endlose Reunion-Touren, umfangreiche Wiederveröffentlichungen von ­Klassikern, mit Outtakes vollgestopfte Box-Sets, Neuverfilmungen oder Fortsetzungen sattsam bekannter Filme, Nostalgie-Shows und Bildbände über drittklassige TV-Stars aus der Kindheit …
Nur: Was wird passieren, wenn der Popindustrie die Vergangenheit ausgeht? Steuern wir auf eine Art kulturell-ökologische Katastrophe zu, wenn das Archiv restlos geplündert und der Strom der Popgeschichte endgültig versiegt ist?
Simon Reynolds, einer der bedeutendsten zeitgenössischen Musikjournalisten, behauptet, dass wir längst den kritischen Punkt überschritten haben. Auch wenn sich in früheren Dekaden obsessiv mit der Vorzeit auseinandergesetzt wurde, nie zuvor war eine Gesellschaft so besessen von den kultu­rellen Produkten ihrer unmittelbaren Vergangenheit. «Retromania» ist das erste Buch, das sich mit der Retro-Industrie beschäftigt und fragt, ob wir uns von den Versprechen des Pop – Originalität, Innovation und Subversion – einfach verabschieden müssen und wie die Zukunft einer Popkultur aussieht, die in einem Kreislauf aus Sampling, Wiederholung und Musealisierung gefangen zu sein scheint?
In einem exklusiv für die deutsche Ausgabe verfassten Nachwort reflektiert Reynolds über die weltweite Rezeption von Retromania.

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Simon Reynolds. Retromania

RETRO. MANIA

Inhalt

Immer Ärger mit dem Rückspiegel. Vorwort zur deutschen Ausgabe. von Didi Neidhart

Das Jahrzehnt des »Re« Einleitung

DIE RETROLANDSCHAFT

Prolog: Don’t Look Back. Nostalgie und Retro

NOSTALGIE ALS TRÄUMEREI VERSUS NOSTALGIE ALS RESTAURATION

Pop will repeat itself. Museen, Reunions, Rockdokus, Reenactments

DIE ROCK-BIBLIOTHEKARE

DIE VERGANGENHEIT SPIELT VERRÜCKT

DEM ARCHIV VERSCHRIEBEN

REUNIONS ZAHLEN SICH AUS

GESCHICHTE WIEDERHOLT SICH

JOHAN KUGELBERG

DERRIDA, FREUD UND DAS ARCHIV

Die totale Erinnerung. Musik und Gedächtnis im YouTube-Zeitalter

DER AUSVERKAUF DER GEGENWART

SURFEN UND SKIPPEN

WANN, WENN NICHT JETZT

FLYING LOTUS UND DAS GEFLECHT DES SOUNDS

Lost in the Shuffle. Plattensammeln und der zwielichtige Umgang mit Musik als Objekt

STÄNDIGE SEHNSUCHT

ZU VIEL IST NIE GENUG

TEILEN FÄNGT ZU HAUSE AN

FRANTICITY

»SPEICHER FAST VOLL«

DEN DATENSTROM DROSSELN

LOST IN MUSIC

THEORIEN ÜBER DAS SAMMELN

PLATTEN, DIE NICHTS EINBRINGEN

Gute Zitate. Der Aufstieg des Rock-Kurators

NIPPES-COLLAGE

ASSOZIATIONSKETTEN

FANTASIE-GENRES UND RETRO-EXOTICA

BERGUNG UND ERBE

COVERVERSIONEN

Turning Japanese. Das Reich des Retro und die Hipster-Internationale

DER RETRO-VIRUS

DAVID PEACE ÜBER JAPANISCHEN RETRO-PUNK

ELECTROCLASH UND DAS ENDLOSE 80ER-REVIVAL IN DEN 2000ERN

Merkwürdige Verwandlungen. Mode, Retro und Vintage

VINTAGE-CHIC

VINTAGE UND KLASSE

Die Zeit zurückdrehen. Revival-Kulte und Zeitschleifen-Stämme

TRAD MAD

DEN GLAUBEN BEWAHREN

ALL MOD CONS

DIE LEBENDEN TOTEN

ZURÜCK IN DIE OLD SKOOL

IAN LEVINE – NORTHERN-SOUL-LEGENDE UND ÜBER-SAMMLER

No Future. Die reaktionären Wurzeln des Punk und sein Retro-Nachspiel

VIVE LE ROCK!

RÜCKWÄRTS IN DIE ZUKUNFT

GARAGELAND

GEFANGEN IM GESTERN

DAS ENDLOSE SIXTIES-REVIVAL DER 80ER

Rock On (and On) (and On) Das endlose Fifties-Revival

GIMME SOME TRUTH

ROCK AND ROLL WILL NEVER DIE

LET’S DO THE TIME WARP AGAIN

LET’S GET REAL, REAL GONE

ROCK’N’ROLL-GESPENSTER

DIE PUNK/ROCKABILLY-CONNECTION

Die Geister der vergangenen Zukunft. Sampling, Hauntology und Mashups

SEANCE FICTION

DIE GROOVERÄUBER

DER SPUKENDE KLANG

THE PAST INSIDE THE PRESENT

DER GEIST DER KONSERVE

GESPENSTISCHE AMERICANA

MASH HITS

JONNY TRUNK UND TRUNK RECORDS

THE FOCUS GROUP

JAMES KIRBY: V/VM UND THE CARETAKER

Out Of Space. Sehnsucht nach der Zukunft

SEHNSUCHT NACH DER ZUKUNFT

BRUTAL UND BRITISCH

ELEKTRONISCHE PANORAMEN

DIE NEUE GRENZE WIRD GESCHLOSSEN

VORSTOSS IN UNBEKANNTE WELTEN

ZUKUNFTSMÜDIGKEIT

DIE ZUKUNFT IST AUCH NICHT MEHR DAS, WAS SIE MAL WAR

(EINE KURZE RÜCKKEHR IN DIE) RETROLANDSCHAFT

Der Schock des Altbekannten. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts

GEBURT UND TOD DER DJ-KULTUR

Recreativity. Die Hinterfragung des Innovations- und Originalitätsmythos

Danksagungen

Bibliografie

Index

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SIMON REYNOLDS

Warum Pop nicht von seiner Vergangenheit lassen kann

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Weil die Plattenindustrie in den 2000ern nicht genug hochkarätige Künstler hervorgebracht hat, verlasse sich die Konzertindustrie lieber auf alte Legenden, so das Wall Street Journal. Gleichzeitig haben die ehemaligen Mitglieder dieser aufgelösten legendären Bands als Solokünstler selten vergleichbaren Erfolg und daher einen finanziellen Anreiz, sich wieder zu versöhnen und gemeinsam auf Tour zu gehen. Aber selbst Bands, um die sich nie irgendjemand einen Dreck geschert hat, reformieren sich. Etwa Mudcrutch, Tom Pettys erste Band, die nur zwei Singles veröffentlichte und sich 1975 aufgelöst hat. Sie fanden sich 2008 wieder zusammen, um zu touren und endlich das Debütalbum, Mudcrutch, aufzunehmen, auf dem sich eine Mischung alter und neuer Songs findet.

Der Pulk alter Rocker, die Oldies-Sets spielen, angefangen bei Superstars wie Police oder den Eagles bis hin zu Kultgruppen (Pixies, Swervedriver) hat diejenigen hart getroffen, für die Pop und Jugendkultur eins sind. John Strausbaugh hat ein ganzes Buch geschrieben, Til You Drop: The Decline from Rebellion to Nostalgia, in dem er gegen die Faltenbildung des Rock wettert. Andere sehen das Problem nicht im fortschreitenden Alter der Bands, sondern darin, dass der Nostalgie-Markt es den Bands nicht erlaubt, sich von der Musik ihrer Jugend zu emanzipieren. Der Musiker und Kritiker Momus flucht über die »Museumifizierung« des Pop und sieht Parallelen zur klassischen Musik, die ein bestimmtes Repertoire »anerkannter Meisterwerke« endlos neu interpretiert. Andere haben genau diese Analogie bemüht, um die Kanonisierung des Rock zu verteidigen. Wenn die öffentliche Sendeanstalt ihr Musikprogramm zusammenstellt, das ein Babyboomer-Publikum ansprechen soll, um damit Werbeeinnahmen zu erzielen (Blind Faith 1969 live im Hyde Park, ein Tributkonzert für Roy Orbison mit Bewunderern wie Elvis Costello, Tom Waits, Bruce Springsteen und k.d. lang), schwärmt die Moderatorin Laura Sevigny: »Wir wollen sicherstellen, weiterhin ein Archiv der amerikanischen Kultur zu sein. Das ist die neue klassische Musik unserer Generation. Das ist Rock’n’Roll und wir wollen sichergehen, dass er im öffentlichen Fernsehen erhalten bleibt.« Ähnlich verteidigte auch Ben Ratliff, Musikkritiker der New York Times, den Boom von Rock-Reunions und verglich ihn mit der Art, wie Jazz würdevoll altert: Seit Mitte der 70er wurde Jazz zu einer »Kultur der permanenten Wiederholung und des endlosen Tributs«, in der »echte Reunions kaum wahrgenommen wurden«, während »ein gewaltiger Prozentsatz der Musik sich auf die großen Momente der Vergangenheit bezieht.« Er führte weiter aus, dass dies den Jazz nicht daran gehindert habe, »fantastisch zu sein, sich sogar zu transformieren«. Er behauptete, dass Rockbands oft erst mit der Zeit besser würden und heute von der viel besseren Soundtechnik profitieren könnten, die ihnen zur Verfügung steht.

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