Описание книги
Eines von 12 bisher vergriffenen Meisterwerken aus der ZEIT Bibliothek der verschwundenen Bücher.
Реклама. ООО «ЛитРес», ИНН: 7719571260.
NEAPEL – ROM
Der letzte Tag zog sich unheimlich in die Länge. Nicht weil ich Lampenfieber hatte oder Angst. Dafür gab es ja auch keinen Grund. Immer fühlte ich mich einsam in der vielsprachigen Menge. Niemand beachtete mich. Meine Beschützer hielten sich unauffällig in der Entfernung, ich kannte sie übrigens gar nicht. Und da ich nicht an einen Fluch glaubte, den ich auf mich ziehen könnte, nur weil ich in Adams’ Pyjama schlief, mich mit seinem Apparat rasierte und auf seinen Spuren an der Bucht entlangging, hätte ich mich erleichtert fühlen müssen, weil ich am nächsten Tag die falsche Haut abstreifen würde. Auch für unterwegs rechnete ich mit keiner unangenehmen Überraschung. Ihm war ja auf der Autostrada kein Haar gekrümmt worden. Und die einzige Nacht in Rom sollte ich unter besonderem Schutz verbringen. Ich redete mir ein, das sei nur der Wunsch, die Aktion zu beenden, weil sie sich als verfehlt erwiesen hatte. Ich redete mir viele vernünftige Dinge ein und verletzte doch ständig die Tageseinteilung.
.....
Meine Gedanken eilten nirgendwohin, ich versank nicht in Wachträume, ich schaltete mich nur aus, als gäbe es mich nicht. So etwas hatte ich einst ›Kohlleben‹ genannt. Immerhin, die Aufmerksamkeit glomm, denn ich machte halt laut Plan. Es war ein guter Halteplatz. Ich stand unterhalb der Höhe eines sanften Hügels, dort wo die Autobahn als geometrische Ausschachtung in seinen Rücken einschnitt. Durch diese Kerbe reichte der Blick wie durch ein großes Tor bis zum Horizont, wo der Betonstreifen mit entschiedenem Schwung den nächsten sanften Buckel durchtrennte. Es sah aus, als wäre hier die Kimme und dort das Korn. Ich wischte die Scheibe, und weil ich dazu den Kofferraum öffnen musste – die Kleenextücher waren mir ausgegangen –, berührte ich den weichen Boden des Koffers; dort ruhte mit ihrem Gewicht die Waffe. Wie in unbewusster Verabredung schalteten alle Fahrer fast gleichzeitig die Scheinwerfer ein. Mein Blick umfasste einen beträchtlichen Raum. In Richtung Neapel leuchteten weiße Streifen, in Richtung Rom glühte es, als rollten rote Kohlestückchen die Straße entlang. Am Grunde des Kessels bremsten die Wagen, und dieses Bremsen mit seinem flimmernden Rot bebte stets auf demselben Streckenabschnitt, ein hübsches Beispiel für eine stehende Welle. Wäre die Straße dreimal so breit gewesen, hätte es in Texas oder Montana sein können. Wenige Schritte von der Straße entfernt war ich so allein, dass mich heitere Ruhe umfing.
Die Menschen brauchen Gras wie die Ziegen, sie wissen es nur nicht so gut wie jene. Als am unsichtbaren Himmel ein Hubschrauber vorbeidröhnte, warf ich die Zigarette fort und stieg in den Wagen. Das Innere hatte einen Rest der Tageshitze bewahrt.
.....