Das geliehene Glück des Samuel Goldman
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Über Glück hatte Samuel Goldman die meiste Zeit seines Lebens bisher nie wirklich nachgedacht. Und das obwohl er, wie alle stets bekundeten, wirklich mehr Grund dazu gehabt hatte, als jeder andere, den sie kannten. Aber in einem einzigen, kurzen Augenblick, er war gerade sechsunddreißig Jahre alt geworden, hätte er eigentlich selbst, mit einem Mal, die ganze Gnade eines unergründlichen und einzigartigen Glücks erkennen können. Doch bis dahin bedurftes es eines langen und beschwerlichen Weges, den er sich so, wie er sich ergeben sollte, ganz gewiss nicht gewünscht hatte.
Es begann alles, wie es eben bei Sam Goldman fast schon üblich war. Mit unglaublich großem Glück. Und wie anders hätte es auch bezeichnet werden können? Als Zufälligkeit etwa, emotionslos und schnöde? Vielleicht als logische Folge verschiedener Gegebenheiten, die synergetisch verbunden als physikalische Zusammenhänge erklärbar waren? Aber wie man es auch drehen oder wenden wollte, ihm wiederfuhr etwas, das überall auf dem Erdball schlussendlich gleich verstanden wurde. Es war ganz einfach pures Glück. Denn er hatte von 113 Passagieren als einziger einen Flugzeugabsturz überlebt.
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Titel
Das geliehene Glück des Samuel Goldman
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Ester und Jakob Goldman empfingen im Ankunftsbereich ihren Sohn. Gern wären die beiden mit Sam ein wenig ungestörter geblieben, denn das Glück, welches Mutter und Vater empfanden, als sie ihren Sohn in die Arme nahmen, ihrem Jungen, der dem Tod gerade von der Schippe gesprungen war, hätte eine ungestörte Privatsphäre gerechtfertigt. Doch blieb es bei dem frommen Wunsch der beiden, denn um sie herum belagerten mehr als zwei Dutzend Reporter und Fotografen die Ankunftsplattform und drängelten sich dicht an dicht vor der milchigen Automatiktür aus Glas, durch die alle ankommenden Fluggäste hindurch mussten. Immer wieder öffnete sich der Ausgang und man konnte für einen kurzen Moment die herankommenden Fluggäste erspähen. Dann schlossen sich die Ausgangsflügel wieder und die Spannung wuchs mit jedem Mal des neuerlichen Öffnens.
Und dann war er da. Samuel Goldman, ein wenig blass und erkennbar übermüdet, doch mit ungebrochenen, strahlenden blauen Augen, die unter den welligen braunen Haaren seinem Gesicht stets ein Leuchten verpassten, welches selbst unaufmerksamen Beobachtern sofort auffiel. Da er keine Koffer mehr besaß, denn diese lagen unter den Trümmern in Durban, schlenderte er mit einer fast provokanten Gelassenheit an den anderen Fluggästen vorbei. Doch als er den Auflauf der Presse erblickte, schaute er sich nach seinen Eltern um, fast ein wenig hilflos, immer mehr bedrängt von Kameras, Mikrofonen und schnatternden Mündern, die ihm unsinnige Dinge fragten.
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