Das größte Staatsgeheimnis der DDR: «Operation Stern II». Die Stasi versteckt zehn in der Bundesrepublik fieberhaft gesuchte RAF-Terroristen. Nicht das Geringste darf schiefgehen, schon gar nicht, dass sich Stasi-Mann Werner und RAF-Aussteigerin Christine ineinander verlieben. Vierzig Jahre später: Der altersdepressive Journalist Leonhard Ross trifft im Tessin auf eine seltsame Obdachlose. Für beide beginnt eine dramatische Reise in ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
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Ulrich Von Hutten. Der Alp und die Kinder
Kapitel 1 – Fehlfarben
Kapitel 2 – Nackte Landung
Kapitel 3 – Der Körper will nicht
Kapitel 4 – Von vorn
Kapitel 5 – La Tedesca
Kapitel 6 – Scheidewege
Kapitel 7 – Neues Deutschland
Kapitel 8 – Über Scherben, barfuß
Kapitel 9 – Film ab
Kapitel 10 – Bleibende Verbindungen
Kapitel 11 – Generationenwechsel
Kapitel 12 – Tote Väter, tote Söhne
Kapitel 13 – Eine andere Welt ist möglich
Chronologische Zeitleiste
Abkürzungen und Erläuterungen
Auf ein allerletztes Wort
Impressum
Отрывок из книги
Titel
Kapitel 1 – Fehlfarben
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Werner erinnert sich noch genau an die feierliche Ordensverleihung. Er musste gerade 17 geworden sein, jedenfalls war er noch nicht beim MfS, und saß mit seinem Bruder Hans in der ersten Reihe, als seiner Mutter der Orden an die stolz geschwellte Brust geheftet wurde. Er konnte sich so gut an diesen Tag erinnern, weil Hans ihm direkt nach der Feier ein Versprechen der Mutter unter die Nase gerieben hatte: Einen eigenen Motorroller dürfe er sich davon kaufen, eine Schwalbe. Wovon? Von den 5000 Mark, die es zusammen mit dem Orden gab. Hans konnte schon immer besser mit Mutter. Und überhaupt mit den Frauen.
Er hört die Schlüssel in der Zellentür und das Zurückschnappen der Riegel. Sie holen ihn, führen ihn hinunter in den Hof und schieben ihn dort in eine der eingebauten Freigangzellen, rundum zugemauerte, aber nach oben offene Abteile. Er bleibt stehen, zieht die frische Luft tief in sich hinein, dehnt die Brust, reckt den Hals und den Kopf hoch zum Himmel. Der Herbst hat seinem fahlen Blau einen goldenen Sonnenhauch beigemengt. Und der Maschendraht, der die Zelle überspannt, teilt ihn säuberlich in kleine Vierecke auf. Aber der Himmel bleibt nicht. Mal zieht ein weißer Wolkenstreifen von einem Quadrat zum andern um, mal zwängt sich unbotmäßig ein heller Sonnenfleck durch die Maschen, um sich für einen kurzen Lichtblick auf den tristgrauen Spritzputz der Zellenwand zu setzen. Sonst sieht er nichts, nur über seinem Kopf den Laufgang des Wachpersonals, das auf ihn herunterschaut.