An unsere Freunde
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Unsichtbares Komitee. An unsere Freunde
Inhaltsverzeichnis
Merry crisis and happy new fear
Sie wollen uns zum Regieren zwingen, auf diese Provokation werden wir uns nicht einlassen
Die Macht ist logistisch. Blockieren wir alles!
FUCK OFF GOOGLE
Lass uns verschwinden
Unsere einzige Heimat: die Kindheit
Omnia sunt communia
Today Libya, tomorrow Wall Street
Отрывок из книги
Das Unsichtbare Komitee ist ein anonymes Kollektiv. Ihr Manifest Der kommende Aufstand (frz. 2007 / dt. 2010) wurde in viele Sprachen übersetzt und löste eine kontroverse internationale Debatte aus, auch wegen seiner Instrumentalisierung als angeblicher Beweis für die Bildung einer terroristischen Vereinigung durch die französische Regierung und der damit begründeten Inhaftierung der »Tarnac Nine«.
»›Der kommende Aufstand‹ gilt als eine Art Manifest des militanten Aussteigertums und als Abkehr von bisherigen Proteststrategien. Es ist auch der radikalste und problematischste Ausdruck eines neuen gesellschaftlichen Unbehagens.«
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Ein gemeinsames Verständnis der Situation kann nicht durch einen einzigen Text entstehen, sondern braucht eine internationale Debatte. Und um eine Debatte entstehen zu lassen, braucht es Beiträge. Ein solcher liegt hiermit vor. Wir haben die revolutionäre Tradition und die revolutionären Haltungen im Licht der historischen Konjunktur überprüft und versucht, die Tausenden feinen Fäden zu durchtrennen, die den Gulliver der Revolution am Boden zurückhalten. Wir haben tastend gesucht, welche Ausschnitte, welche Gesten, welche Gedankengänge uns erlauben könnten, uns aus der verfahrenen gegenwärtigen Lage zu ziehen. Es gibt keine revolutionäre Bewegung ohne eine Sprache, die in der Lage ist, sowohl die Verhältnisse zu benennen, in die wir gebracht worden sind, als auch die Vielfalt des Möglichen, das diese Verhältnisse rissig macht. Das Vorliegende ist ein Beitrag zur Ausarbeitung dieser Sprache. Zu diesem Zweck erscheint dieser Text gleichzeitig in acht Sprachen auf vier Kontinenten. Wir sind überall, Unzählige; nun gilt es, uns zu organisieren, weltweit.
In Wirklichkeit wurde die klinische Diagnose des Endes der westlichen Zivilisation schon vor einem Jahrhundert gestellt und durch die Ereignisse bestätigt. Das zu erörtern ist seither nur eine Art, sich davon abzulenken. Vor allem aber ist es eine Art, sich von der Katastrophe abzulenken, die da ist, und das seit Langem, von der Katastrophe, die wir sind, der Katastrophe, die der Westen ist. Diese Katastrophe ist zuerst existenziell, emotional, metaphysisch. Sie liegt in der unglaublichen Fremdheit des westlichen Menschen gegenüber der Welt, einer Fremdheit, die beispielsweise gebietet, sich zum Beherrscher und Besitzer der Natur zu machen – nur was man fürchtet, versucht man zu beherrschen. Nicht umsonst hat der Mensch so viele Schirme zwischen sich und der Welt errichtet. Der westliche Mensch hat das Existierende, indem er sich von ihm abschottet, in diese trostlose Weite, dieses triste, feindselige, mechanische, absurde Nichts verwandelt, das er ständig durch seine Arbeit, durch einen krankhaften Aktivismus, durch eine hysterische oberflächliche Geschäftigkeit verändern muss. Ununterbrochen von der Euphorie in den Stumpfsinn und vom Stumpfsinn in die Euphorie zurückgeworfen, sucht er in der Anhäufung von Expertisen, Prothesen, Beziehungen – all diesem letztlich enttäuschenden technologischen Krimskrams – Abhilfe für seine Absenz von der Welt. Immer deutlicher wird er zu diesem überausgerüsteten Existentialisten, dessen Geist unaufhörlich arbeitet, der alles neu schafft und eine Realität nicht ertragen kann, die ihm völlig unverständlich ist. »Die Welt verstehen heißt für einen Menschen: sie auf das Menschliche zurückführen, ihr ein menschliches Siegel aufdrücken«, gestand der Idiot Camus unumwunden ein. Seinem Bruch mit der Existenz, mit sich selbst, mit »den anderen« – dieser Hölle! –, versucht der westliche Mensch trivial neuen Zauber zu verleihen, indem er ihn seine »Freiheit« nennt, wenn schon langweilige Feste, debile Ablenkungen oder der massive Gebrauch von Drogen nicht helfen. Das Leben ist für ihn effektiv und emotional abwesend, denn das Leben widert ihn an; im Grunde bereitet es ihm Ekel. Vor allem, was die Wirklichkeit an Instabilem, Unlösbarem, Greifbarem, Körperlichem, Drückendem, an Hitze und Müdigkeit bereithält, konnte er sich schützen, indem er es auf die ideelle, visuelle, entfernte, digitalisierte Ebene des Internets projiziert, das ohne Reibung und Tränen, ohne Tod und Geruch auskommt.
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