Franz Schnyder
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Ursula Kähler. Franz Schnyder
Inhalt
Vorspann
Familie Schnyder. 1910–1929
Die Theaterjahre. 1929–1940
Die ersten drei Spielfilme. 1941–1943
Alternative Wege. 1944–1953
Mit Gotthelf auf den Zenit. 1954–1964
Der Kulturclash – «Papas Kino» wird verdrängt. 1965–1983
Das letzte Jahrzehnt. 1983–1993
Nachspann
Lebensdaten
Bildnachweis
Autoren
Dank
Отрывок из книги
Vorspann
Familie Schnyder 1910–1929
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Aus allen deutschen Städten, in denen Schnyder auf der Bühne stand, gab es Fotos von riesigen Versammlungen, die perfekt orchestriert waren, damit sie imposant, ordentlich und fast gefährlich eindrücklich wirkten. Der Eifer und die Begeisterung um den «Führer» verbreiteten sich – ansteckend, ja gar hysterisch. In Breslau sollte während Schnyders Theaterzeit die Jahrhunderthalle zur «Weihestätte deutscher Ton- und Liederkunst im wahrsten Sinne des Wortes»56 ausgebaut werden. Immer stärker steuerten die Nationalsozialisten den Inhalt und die Gestaltung der Spielpläne. Das Volkstheater wurde für Propagandazwecke missbraucht. Die Vorschriften und Bedingungen an die Theaterbühnen wurden immer rigoroser, das Regelwerk strikter, die Bewegungsfreiheit eingeschränkter; der Hitlergruss wurde in Körperschaften des öffentlichen Rechts und somit auch an den Theatern eingeführt und bis ins kleinste Detail vorgeschrieben.
Vielleicht war es aufgrund der politischen Situation in Deutschland, vielleicht aber wegen seiner persönlichen Unsicherheit, dass es Schnyder in der Saison 1934/35 vorzog, in der Schweiz zu bleiben und am Stadttheater St. Gallen zu spielen, derweil das Lobetheater 1935 aus baupolizeilichen Gründen geschlossen wurde. Die Sommerspielzeiten verbrachte das Ensemble des St. Galler Stadttheaters jeweils im Kurort Baden und spielte am dortigen Kurtheater. Im Mai 1934 wurde das Engagement des Direktors Theo Modes in der Presse kritisch hinterfragt. Die kommunistisch gesinnte Volksstimme stellte öffentlich Fragen an das Theaterkomitee, worin es um den aus ihrer Sicht faschistisch gesinnten Modes ging. Die Redaktion warf ihm vor, das Ensemble während der Sommerspielzeit in Baden zugunsten eines Engagements im tschechischen Eger zu vernachlässigen, aber dennoch «fürstliches Gehalt» zu beziehen. Bei den von Modes geleiteten «Wallenstein»-Aufführungen in Eger vermuteten sie «fascistische Tendenzen». Doch schwerwiegender war die Entlassung des jugendlichen Charakterdarstellers Vasa Hochmann, den die Volksstimme als «einzigen sozialistischen Schauspieler unserer Bühne»57 bezeichnete. Franz Schnyders Anstellung begann bereits im Sommer, und da er im selben Rollenfach spielte wie Hochmann, liegt die Vermutung nahe, dass er dessen direkter Nachfolger wurde. Im Rahmen der Bundesfeier im Kursaal stellte das Ensemble am 1. August die Rütliszene aus Schillers «Wilhelm Tell» nach. So kam Schnyder, als Arnold von Melchthal, zum ersten Mal in Kontakt mit der Heldensage. Am Mittwoch, 15. August 1934, hatte im Kurtheater «Lanzelot und Sanderein»58 Premiere. Das Badener Tagblatt schrieb dann gleich von einem gelungenen «Bunten Abend», da das Stück gemeinsam mit Kleists «Der zerbrochene Krug» aufgeführt wurde. «Den Lanzelot spielte eine neue Kraft: Franz Schnyder, wahrscheinlich ein guter Eidgenosse. Er spielte sehr aus- und eindrucksvoll und gab dann übrigens im nachfolgenden ‹Zerbrochenen Krug›, das sei vorweggenommen, in seiner Rupprechtrolle alle Beweise eines soliden Könnens.» Obwohl Lanzelot, Fürst von Dänemark, das Bürgermädchen Sanderein innig liebt, gehorcht er seiner Mutter und verstösst das Mädchen. Sanderein heiratet einen vorbeiziehenden Ritter, und Lanzelot wird reuig. Das kurze Stück wurde des Öfteren wieder hervorgeholt, so auch Ende März 1935, als es an einem Abend zum Thema «Volksspiele des Mittelalters» gemeinsam mit «Der Ackermann und der Tod» zur Aufführung kam, erneut mit Schnyder in der Titelrolle. «Lanzelot (Franz Schnyder) glich ganz und gar den Königssöhnen, wie wir sie aus den alten Büchern kennen», schwärmte die Zeitung Ostschweiz am 30. März 1935.
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