Ehrenfried & Cohn
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Uwe Westphal. Ehrenfried & Cohn
Vorspiel. Der Schmerzensmann
Kapitel 1. Berliner Hitze
Kapitel 2. Rube tritt auf
Kapitel 3. Ein arischer Pudel
Kapitel 4. Lauter Gewinner
Kapitel 5. Schmatter und neue Sicherheiten
Kapitel 6. Ein fast genialer Plan
Kapitel 7. Das Viktoria-Komplott
Kapitel 8. Die Welt zerfällt, die Mitte hält nicht mehr
Kapitel 9. Paris, ein Alptraum
Kapitel 10. Abschied ist auch ein schönes Gefühl
Nachspiel: Heimkehr in die Fremde
Der Autor
„Ehrenfried&& Cohn“ im Fernsehen, Hörfunk und in der Presse
Отрывок из книги
Uwe Westphal
EHRENFRIED & COHN
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Als Ehrenfried in der warmen Sommerluft vor dem Firmengebäude in der Mohrenstraße 24 stand, schaute er auf seine Armbanduhr. Obwohl die Begegnung nur fünfzehn Minuten gedauert hatte, fühlte sich Ehrenfried erschöpft. Er atmete tief durch und sah Landauer an, der jetzt ebenfalls draußen vor der Tür stand. Als Ehrenfried noch ein Kind gewesen war, hatte ihm sein Vater Isidor manchmal Bilder gezeigt. Vergilbte Familienfotos aus Posen. Landauer erinnerte Ehrenfried an manche Gestalt auf diesen Fotos. Familien mit zehn oder gar mehr Kindern waren da zu sehen. Sein Vater, damals noch unverheiratet, hatte seine Familie und seine Heimat im Jahre 1896 auf dem Weg in die große und stürmisch wachsende Metropole Berlin mit ihren vielversprechenden Handelschancen zurückgelassen.
Die meisten Männer auf diesen Fotos trugen eine Kopfbedeckung. Sie sahen sehr biblisch und deshalb fast alle gleich alt aus. Die Männer aus Ehrenfrieds Familie waren in Posen seit gut 80 Jahren fast ausnahmslos im Altkleiderhandel beschäftigt. Denn nur der war den Juden erlaubt. Der Handel, die Herstellung und der Verkauf neuer Bekleidung unterlagen den strengen Bedingungen der Handwerkskammern. Die verlangten einen Gesellenabschluss oder sogar eine Meisterprüfung für die Herstellung von Bekleidung und die Ausbildung von Lehrlingen. Jüdische Schneider erhielten fast nie die Anerkennung der Handwerkskammern. Denn die fürchteten die Konkurrenz und die niedrigen Preise der jüdischen Schneider. Dennoch, das wusste Ehrenfried sehr gut: In den dörflichen und kleinstädtischen Provinzen Posens und Galiziens hatten die jüdischen Schneider in den vergangenen 60 Jahren meist eine ordentliche Ausbildung bekommen. Viele dieser Schneiderwerkstätten waren recht primitiv. Doch trotzdem ging eine große Zahl technisch sehr begabter junger Schneider aus dem Schtetl hervor. Wer von ihnen nach Berlin zog, weil er auswandern wollte oder vor Pogromen fliehen musste, der konnte sich oft gut behaupten. Diese Leute führten dann mitunter Betriebe mit bis zu 30 Arbeitern. Trotzdem hatten die wenigsten ein Interesse daran, sich bei den Handwerkskammern anzumelden. Man hätte sie dort wohl auch kaum als Mitglied haben wollen. Das wusste Ehrenfried von Schneidern, die es versucht hatten.
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