Stromlos
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Veronika R. Meyer. Stromlos
Отрывок из книги
Veronika R. Meyer
Ein Wimmelbild des Schreckens
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Die Stadt schrie auf. Nicht, weil sich das Wasser einen Weg über den Gallusplatz und durch die Moosbruggstrasse zum Spisertor hinunter suchte; nicht, weil es an der Lämmlisbrunnenund der Steinachstrasse Keller überflutete, bis es hinter der Olma beim städtischen Werkhof Wiedacker an die Lärmschutzwand der Autobahn prallte und dort einen See bildete; sondern weil zwei junge Menschenleben ausgelöscht worden waren. Mit Bitternis nahm man nachmittags zur Kenntnis, dass der Regen schwächer wurde und sich hin und wieder ein Stück Himmel zeigte, wie ein nasser, bläulicher Fetzen Stoff hinter den Wolken aufgespannt. Warum erst jetzt?
Trotzdem atmete die Stadt auf, als am späten Nachmittag endlich wieder einige zaghafte Sonnenstrahlen ihre Türme beschienen. In Bern beschwor Bundesrat Roland Oberli die Armeeleitung, bis zum Abend einen Plan für die Sprengung des Damms vorzulegen und diese am nächsten Tag durchzuführen. Zudem waren er und Regierungsrat Thomas Berger bei ihrem langen Gespräch zu Schlüssen gekommen, vor denen ihm graute. Erstens musste das Kernkraftwerk Mühleberg abgeschaltet werden; das war allerdings nicht tragisch, denn Strom war zur Zeit im Überfluss vorhanden, aber das Grauen meldete sich, wenn Oberli daran dachte, warum die Abschaltung nötig war. Und zweitens mussten die Behörden der Gemeinden zwischen Wohlensee und Drei-Seen-Land beauftragt werden, die schon längst ausgearbeiteten Evakuationspläne wegen Hochwassers zu aktivieren, wenn auch vorerst nur auf der ersten Stufe und ohne Mitteilung an die Bevölkerung. Es wurde ein hektischer Tag für Oberli, Berger, verschiedene Katastrophenstäbe und die Zivilschutzbehörden. Kernkraftwerk-Leiterin Claudine Rochat war bis anhin wirklich überzeugt gewesen, dass ihrer Anlage nichts geschehen könne. Doch als sie am Morgen vom neugebildeten Damm in der Seftau erfuhr, kamen ihr erstmals Zweifel. Während sie noch unschlüssig war, ob sie wirklich eine Schnellabschaltung verfügen solle, erhielt sie den entsprechenden Befehl vom eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat. Eigentlich war sie erleichtert, wenn auch in ihrem Stolz verletzt, denn nun musste sie nicht selber entscheiden.
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