Robert Giselher Vallier ist Komponist und Chefdirigent eines deutschen Musiktheaters. Er macht die Erfahrung, dass das Berufsbild eines Chefdirigenten längst nicht allein mit der Tätigkeit des Dirigierens und Musikmachens definiert ist. Vielmehr jongliert er ab jetzt in einem Gestrüpp von Tarifverträgen, gewerkschaftlichen Bestimmungen, Tagesaktualitäten, künstlerischen Kompromissen und menschlichen Befindlichkeiten auf und hinter der Bühne. Seine Kochleidenschaft hilft ihm, seine gute Laune nicht zu verlieren und oft findet er Erholung bei der Lektüre interessanter Partituren und einem guten Glas Rotwein. Neben komischen und skurrilen Momenten erlebt und durchlebt Vallier auch unangenehme und traurige Situationen, die ihn zum Innehalten und Nachdenken über seinen ihn an- und umtreibenden künstlerischen Imperativ zwingen. Behilflich in all des (künstlerischen) Lebens Unbill ist ihm seine bodenständige Lebensgefährtin Ingrid, Kinderärztin und nüchtern-strenge Analystin unbefriedigender Situationen im Leben ihres Mannes. Sie versteht es prächtig, ihren sich auf künstlerischen Höhenflügen befindenden Ehegatten auf dem Boden der Realität zu halten und ihn dadurch beispielsweise seine Reibereien mit Orchestermusikern, Orchestervorständen, Künstlerdiven und Intendanten mit Rückgrat und sarkastischem Humor überstehen zu lassen. Der Leser erhält einen humorvollen, gleichwohl detailgenauen, unterhaltsam informierenden Einblick in das – bislang kaum je geschilderte – Berufsfeld eines in deutschen Theatern tätigen Orchesterdirigenten und erfährt manches über die typisch deutsche Musiktheaterlandschaft, die sich – weil dankenswerterweise durch öffentliche Mittel umfangreich subventioniert – von dem in den meisten anderen Ländern praktizierten Theatersystem spürbar unterscheidet.
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Volker M. Plangg. Der Klangwandler
PROLOG
1. OHNMACHTEN
2. SPEISEFOLGEN
3. HOFFMANNS FLUCH
4. LEIPZIGER ALLERLEI
5. BIG APPLE
6. DAS PHANTOM IN HAMBURG
7. DER RÖMISCHE VERSUCH
8. DIE KINDEROPER - DIE SCHWEIZREISE
9. DER BERÜHMTE KOLLEGE
10. MUSIKERLEBEN
11. BLESSUREN
12. WIDERSTÄNDE
14. VATERFREUDEN - DAS JUGENDFESTIVAL - ARBEITSLOS
15. DIE MODERNE OPER
16. HOCHSCHULARBEIT - KEINE OPER FÜR DIE LADYS
17. RASPUTIN
18. DER REISEDIRIGENT
19. DIRIGENT IN BERLIN - ORTSWECHSEL
20. DER ROTE DIRIGENT
21. KLANGWECHSEL
EPILOG
NACHWORT
Impressum
Отрывок из книги
VOLKER M. PLANGG
DER KLANGWANDLER
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Seine Frau war in ihrem Beruf als Kinderärztin sehr engagiert. Sie führte mit einem Kollegen eine Gemeinschaftspraxis, machte Hausbesuche und schrieb Beurteilungen und Expertisen für Behörden und Pharmabetriebe. Durch die starke Beanspruchung durch ihre Berufe musste das Leben des Ehepaares bis ins letzte Detail geregelt sein und Valliers ungewöhnliche Arbeitszeiten oft bis spät nachts, manchmal an sieben Tagen in der Woche, ließen nicht viel gemeinsam zu verbringende Zeit zu, von gemeinsamer Freizeit ganz zu schweigen.
Jetzt bestellte sich Vallier Kaffee zum Nachtisch. Ach ja, gutes Essen! Er musste schmunzeln, wenn er an manch kulinarisches Erlebnis dachte, welches er mit Ingrid schon hatte genießen dürfen. Er erinnerte sich zum Beispiel an einen Restaurantbesuch in New York in einem Lokal, welches er bereits von einem früheren Aufenthalt kannte. Dieses war berühmt – und dementsprechend stark frequentiert – wegen seiner schier unglaublichen Steaks, die alles Dagewesene, was Vallier diesbezüglich jemals erlebt hatte, übertrafen. Sagenhaft wohlschmeckend und butterweich, mit zarter Fettmaserung und daumendick wiesen sie die Größe von mittleren Wagenrädern auf. Man fühlte sich an Dalis berühmte zerfließende Zeituhr erinnert, wenn man sah, wie das Steak weit über den Tellerrand lappte. Dieser Anblick ließ jedem begeisterten Fleischliebhaber das Wasser im Mund zusammen fließen.