Goethe und Grimm hätten sich in Karlsbad und Teplitz treffen können
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Winfried Wolf. Goethe und Grimm hätten sich in Karlsbad und Teplitz treffen können
Goethe und Grimm hätten sich in Karlsbad und Teplitz treffen können
Ankunft und erste Tage in Karlsbad
Ein gewöhnlicher Kurtag
Heute weder am Sprudel noch am Mühlbrunn
Grimm trifft Goethe am Sprudel
Grimm notiert
Grimm trifft einen alten Bekannten: Lord Findlater
Alle spielen Theater
Ein Ausflug zum Posthof
Grimm und der Kurier der Zarin
Mit Goethe nach Teplitz
Bei Graf Czernin von Chudenitz
Von Schönhof nach Teplitz
Grimm, Goethe und der Prinz Europas
Grimm teilt Europa auf
Ein Abend im Schloss
Ein Gespräch unter vier Augen
Grimm verabschiedet sich von Goethe
Nachbemerkung
Отрывок из книги
Der eine kam von Dresden her, der andere aus Jena. Beide hatten das gleiche Ziel, Karlsbad, hier erhofften sie sich Linderung ihrer körperlichen Leiden. Dabei stand der eine mit seinen 46 Jahren noch mitten im Leben, der andere war mit seinen 72 fast schon am Ende seiner irdischen Laufbahn angekommen.
Baron von Grimm war Ende Juni nach Karlsbad gekommen, da ging es im Kurbad noch ruhig zu, er wollte vier, höchstens sechs Wochen bleiben und dann nach Gotha zurückkehren. Goethe hatte sich Anfang Juli mit einem Pack naturwissenschaftlicher Arbeiten und dichterischer Entwürfe auf die Fahrt ins Bad begeben. Nach überstandenen bösen Wegen kam er am 4. Juli abends in Karlsbad an, wo er im Grünen Papagei auf der Wiese sein Quartier nahm, für sieben Gulden die Woche. Zu Eckermann sollte er später sagen: Ich habe gehandelt wie ein Jude. Das Wetter ließ zu wünschen übrig, kalte Regentage, während der Herreise nur selten ein Sonnenstrahl zwischen den Wolken.
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Durch Friederike Brun hatte Goethe die jüdische Bankiersfamilie Meyers aus Berlin kennengelernt oder sagen wir besser deren Töchter Marianne und Sara. Zum Kreis der jungen Damen gehörte auch die Sängerin und Schauspielerin Friederike Unzelmann und auch Rahel Levin. Sie stammte ebenfalls aus einer jüdischen Handelsfamilie. Ihr Brieffreund David Veit war ein leidenschaftlicher Bewunderer Goethes, er hatte ihr geschrieben, dass Goethe in Karlsbad war. Dass Goethe sich nun vorzugsweise „ mit einigen hübschen Judenmädchen und einer Actrice “ abgab, war den Humboldts, den„aufgeklärten Männern und denkenden Köpfen“ in Berlin nicht entgangen. Sie konnten sich nur wundern, dass Goethe über den schönen Frauen ganz auf die Geologie und Botanik vergaß und sie fanden es skandalös, dass Goethe den Damen „erstaunlich viel“ vorlas, dass er sich in ihren Alben und auf ihren Fächern verewigte und ihre Schriften kommentierte. Ja es kam noch ärger: Er soll die getauften Jüdinnen Marianne und Sara eingeladen haben, Patinnen des Kindes zu werden, welches Mademoiselle Vulpius in einigen Monaten erwartete. Ja, auch Frau Brun war schockiert: „ Sein Ton mit Frauen, die nicht streng auf sich halten, ist nicht fein. “
„Und wie steht es mit der Politik“, unterbrach Grimm den Redefluss der Schwestern. Ich hörte, dass auch Prinz Louis Gast in Ihrem Hause sein soll. Ich kenne recht gut seinen Onkel, Prinz Heinrich. „Ja, aber der Prinz interessiert sich nur für die Musik - und für seine kleine Freundin“, fuhr Marianne kichernd dazwischen. „Dann sind also die Vorgänge in Frankreich kein Gesprächsthema in Ihren Kreisen?“, fragte Grimm und schob etwas provozierend nach: „Gab es nicht in gewissen Kreisen auch Sympathie für die Sansculotten? Im Salon der Madame Herz nahm man, wie ich hörte, zumindest die Anfänge der Französischen Revolution mit Sympathie zur Kenntnis. Was ist denn aus dieser Schwärmerei geworden?“
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