Das Dasein arabischer Scheichs ist für westliche Betrachter schwer zu verstehen. Unermesslicher Reichtum paart sich mit skurrilen Lebensgewohnheiten, Archaisches und Modernes bilden ein so eigentümliches Amalgam, dass heute Tausendundeine Nacht in gläsernen Wolkenkratzern beheimatet scheint. Ursprünglich bezeichnete der Titel »Scheich« das Oberhaupt eines Stammes oder einen geistlichen Führer. Seit der Umwandlung der Territorien am Golf in autoritär regierte Nationalstaaten jedoch nahmen den Titel sämtliche Mitglieder einer herrschenden Familie an. Die so entstandenen Clans behandeln die (noch) sprudelnden Einnahmen aus Öl und Gas – wie die Oligarchen – als ihre Privatschatulle. Doch können ständig sich vermehrende Clans weiterhin aus der Palastkasse ausgehalten werden? Gern mietet man für private Zwecke ganze Luxushotels in westlichen Metropolen an, und natürlich sollte auch ein Jagdfalke seinen Besitzer standesgemäß auf Reisen begleiten dürfen. Darüber hinaus werden auch spektakuläre nationale Großprojekte in Angriff genommen, Ableger westlicher Museen wie Ufos in den Wüstensand gesetzt. Wolfgang Kemp öffnet uns mit seinem ebenso kenntnisreichen wie unterhaltsamen Essay den Blick in eine Welt, die – wie einst das Serail – für Fremde sonst verschlossen bleibt.
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Wolfgang Kemp. Der Scheich
Inhalt
»What’s in a name?«
Halloween in Dschidda
Zurück in die »Public Library of US Diplomacy«: Botschafter Fowlers Depesche an sich selbst
Der Scheich, der erste Rentner seines Staates
Ausnahmescheichs
The Place We Call Qatar
Endnoten »What’s in a name?«
Halloween in Dschidda
Zurück in die »Public Library of US Diplomacy«: Botschafter Fowlers Depesche an sich selbst
Der Scheich, der erste Rentner seines Staates
Ausnahmescheichs
The Place We Call Qatar
Отрывок из книги
Reihe zu Klampen Essay
Herausgegeben von
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Stamm, Islam, Öl: die unheilige Dreieinigkeit
Die beiden anderen Achsen sind der Islam und das Öl. Beide Faktoren tragen generell zum enormen Bevölkerungswachstum am Golf und speziell zur inflationären Vermehrung der Prinzen- bzw. Scheichkaste bei: der Islam, weil sein Expansionsverlangen unter anderem auf der Förderung größtmöglicher Fruchtbarkeitsraten beruht, und das Öl, weil es den Reichtum bringt, der den Unterhalt riesiger Familien ermöglicht und ein langes Leben garantiert. Die einheimische Bevölkerung hatte schon seit den siebziger Jahren das Anrecht, ihre Krankheiten im Ausland behandeln zu lassen. Dieses Privileg besteht in einigen Golfstaaten bis heute, obwohl sich in der Region längst Kliniken mit höchsten Standards etabliert haben. Die Lebenserwartung liegt heute in Bahrain bei 79, in Afghanistan bei 50 Jahren.