Führen mit Persönlichkeitskriterien

Führen mit Persönlichkeitskriterien
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Führen mit Persönlichkeitskrit

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Wolfgang Krinner. Führen mit Persönlichkeitskriterien

Impressum

I Ausgangslage und Problemstellung. Führungsarbeit im Rahmen der Persönlichkeitskriterien. Sieht man sich die Praxis der Führungsarbeit in den Unternehmen genauer an, zeigt sich, dass erhebliche Probleme im Umgang mit dem Thema Persönlichkeit bestehen. Dieser Bereich wird beim Umgang mit den Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten vorsichtshalber ausgespart. Aber auch bei den Führungsinstrumenten wird, was die Persönlichkeit anbelangt, eher mit Zielnebel gearbeitet. Siehe Potenzialeinschätzung, Stellenbeschreibung usw. Dass die Betriebsräte sich dagegen wehren, Persönlichkeitskriterien zu beurteilen, ist durchaus verständlich, da dieser Bereich in der Praxis diffus ist und von den Führungskräften meist unsauber gehandhabt wird. Andererseits sind gerade Persönlichkeitsausprägungen für das Verhalten der Mitarbeiter und deren Folgen verantwortlich. Die Wissenschaft: Die Wissenschaft bietet hier wenig Unterstützung für die praktische (Führungs-)Arbeit. Sieht man sich die Literatur bzw. die Forschung an, erkennt man, dass die Forschungsergebnisse stark von Hypothesen geprägt sind. Auch diese prägen wiederum neue Untersuchungsansätze. Das bedeutet, dass verlässlich in die Praxis umsetzbare Ergebnisse nur bedingt vorliegen. Allein die Zahl der einzelnen Persönlichkeitskriterien ist unüberschaubar. Geschätzte 150 unterschiedliche Einzelkriterien kursieren in der Literatur. Natürlich überschneiden sich diese im Namen und vor allem in der Definition. Ein Sprachwirrwarr in der Diskussion ist vorprogrammiert. Ein Forschungsergebnis ist allerdings für den Führungsbereich von wesentlicher Bedeutung. Heute geht man davon aus – anders als vor 25–30 Jahren –, dass Persönlichkeitskriterien genetisch bedingt sind. Das bedeutet, dass Persönlichkeitskriterien kaum veränderbar und eine wesentliche Veränderung nicht trainierbar ist. Früher ging man davon aus, dass über soziales Lernen Persönlichkeitskriterien angepasst oder verändert werden können. Das damals angenommene Verhältnis von 25–30 % genetische Bedingtheit von Persönlichkeitskriterien zu 70–75 % Persönlichkeitsausprägung durch soziales Lernen hat sich umgekehrt. Über die prozentuale Verteilung mag man sich streiten. Allerdings sind die komplexen neurologischen Abläufe, die zu einem für ein Persönlichkeitskriterium typisches Verhalten führen, bis heute meist noch nicht eindeutig geklärt. Der andere Einflussfaktor auf das menschliche Verhalten ist das Werte-System eines Menschen. Der Begriff ist bewusst gewählt. Denn hierin sind Motivationen, Normen, Gefühle usw. enthalten. Auch hier hilft die Forschung nicht sonderlich weiter. Zwar sind die Hirnregionen bekannt, in denen Bewertungen von Situationen vorgenommen werden (u.a. das limbische System). Auch den komplexen Ansätzen, die zu Verhalten bzw. Handlungen führen, ist man auf der Spur (Hormonausschüttungen). Aber von einer eindeutigen Klärung ist man noch ein Stück entfernt. Hier geht es aber vorwiegend um das Thema Persönlichkeit und den Umgang damit in der Führungsarbeit. Führungssituationen und Persönlichkeitskriterien. Beobachtet man die Führungsarbeit, treten immer wieder im Zusammenhang mit Persönlichkeitskriterien Führungssituationen auf, die von den Führungskräften schwer zu handhaben sind, die verdrängt werden oder unter dem Motto Augen zu und durch bearbeitet werden, weil Unsicherheit besteht. Für diese Situationen haben wir versucht, ein einfach handhabbares System zu erarbeiten, das diese Probleme abmildert oder löst und so die Führungsarbeit unterstützt. Es ist immer überraschend, wie Mitarbeitergespräche geführt werden. Häufig bleiben sie an der Oberfläche, dort wo die Führungskraft eigentlich in die Tiefe gehen sollte. Grund ist, dass viele Führungskräfte Schwierigkeiten haben, mit dem Mitarbeiter offen über dessen Persönlichkeit und die daraus resultierenden Probleme zu sprechen. Es fehlt eindeutig an einer entsprechenden Formulierung und Begründung. Wenn der Mitarbeiter nicht durchsetzungsstark ist, dann ist das Gegenteil in der Diktion der Führungskraft häufig durchsetzungsschwach. Doch wer möchte dem Mitarbeiter gegenüber diese Negativ-Formulierung verwenden? Und womit begründet die Führungskraft, wie sie auf diese Beurteilung gekommen ist? Sie beobachtet in der Praxis häufig gar nicht das Verhalten, das auf das Durchsetzungsvermögen schließen lässt. Und warum dies ein Problem in der derzeitigen/zukünftigen Position ist? Auch hierzu können selten griffige Aussagen gemacht werden, weil es keine oder diffuse positionsbezogene Anforderungsprofile gibt. Das entwickelte Krinner-System entschärft die Diktion durch die Positiv-Positiv-Formulierung, lässt eine saubere Begründung zu und gestaltet das Mitarbeitergespräch weitestgehend konfliktfrei. Die Basis eines Mitarbeitergesprächs ist normalerweise die Mitarbeiterbeurteilung, egal ob mit oder ohne Beurteilungsformular. Aber genau im Persönlichkeitsbereich wird die Mitarbeiterbeurteilung sehr nebulös. Daher auch die häufige Weigerung des Betriebsrats, diesen Bereich beurteilen zu lassen. Zum einen ist die Skalierung in den Systemen schlicht falsch angelegt. Egal, ob die Skalenstufen mit Zahlen (absolut 1–6 oder in Prozenten 40 %) oder verbal hinterlegt sind („ausgezeichnet“ bis „unzureichend“), sie gehen meist von einer Positiv-schlecht-Polarisierung aus. Doch wie sage ich es dem Mitarbeiter, dass er schlecht ist (siehe u.a. II/1)? Darüber hinaus liegen der Mitarbeiterbeurteilung unpräzise Definitionen der zu beurteilenden Persönlichkeitskriterien zugrunde. Damit hat die ungeübte Führungskraft allein schon ihre Probleme. Ersatzweise spielt sie dann ihre eigenen Definitionen/ihre eigene Sicht ein … und liegt falsch. Hinzu kommt noch, dass viele Führungskräfte die Beurteilung über eine Daumenpeilung vornehmen. Und auf die Bemerkung des Mitarbeiters: „Das sehe ich aber anders“, mangels Begründung arg in Verlegenheit kommen. Das entwickelte System sieht sowohl einheitliche Definitionen und eindeutige Beschreibungen des typischen, beobachtbaren Verhaltens vor. Darüber hinaus sieht die entwickelte Skalierung eine. Positiv-Positiv-Formulierung vor. Außerdem lässt die Skalierung durch einen rechnerischen Ansatz eine größtmögliche objektive Beurteilung zu. In der Führungspraxis werden viele Motivationsansätze über die extrinsische Schiene geführt. So wichtig diese Ansätze sind, sosehr wird die intrinsische Ebene vernachlässigt, vor allem, wenn sie die Persönlichkeit berührt. Viele Führungskräfte übersehen, dass eine Aufgabenstellung, die der Persönlichkeit entspricht, den Mitarbeiter/Menschen aufs höchste zur Leistung in dem Bereich motiviert, wo er in seinen Fähigkeiten gefordert wird. Und das ohne das Zutun von außen bzw. der Führungskraft. Jeder kreative Mitarbeiter geht z. B. in der Arbeit auf, in der er seiner Kreativität freien Lauf lassen kann. Mit dem entwickelten System kann eine Führungskraft einfach erkennen, welche Aufgabenstellungen für den Mitarbeiter motivierend oder demotivierend sind. Gleiches gilt für Konflikte zwischen zwei Menschen bzw. innerhalb einer Gruppe – soweit diese im Persönlichkeitsbereich liegen. Viele Führungskräfte stehen manchen zwischenmenschlichen Konflikten hilflos gegenüber, weil sie der persönlichkeitsbezogenen Seite kaum Beachtung schenken. Häufig ist es ja so, dass ein sehr kreativer Mensch von seinem sehr „nüchternen“ Gegenüber als Fantast abgelehnt wird. Bis hin zu Aversion und den daraus resultierenden (Mobbing-)Handlungen. Das entwickelte System lässt ohne weiteres persönlichkeitsbezogene Konflikte erkennen und durch entsprechend glättende Aussprache mildern. Das derzeit viel diskutierte Burnout weist z.T. auf massive Führungsfehler hin. Was heißt Burnout? Grob gesagt das Ausgebrannt-Sein im Beruf. Dieses kommt aber nur zustande, wenn der Mitarbeiter durch die Aufgabenstellung überfordert ist. Dies liegt aber weniger in der Überforderung im Bereich der Rahmenbedingungen (Lärm, Licht, Ergonomie usw.) oder der Arbeitstechnik (Fachwissen, Eigenorganisation, Verkaufstechnik und Führungstechnik – das ist alles erlernbar), sondern viel mehr in der Persönlichkeit. Ein sehr kompromissbereiter Mensch ist schlicht – dauerhaft – überfordert, wenn er mit harter Hand einen Bereich sanieren soll. Dieser Mitarbeiter ist entgegen seinen Persönlichkeitskriterien eingesetzt. Damit kann Burnout durch Überforderung drohen. Das entwickelte System lässt derartige berufliche Konflikt-Situationen bei konsequenter Anwendung rasch erkennen. Die Entwicklung: All diese Problemstellungen lassen sich durch Beobachtungen in der Praxis mehr oder weniger gut erkennen. Es hat sich die Frage gestellt: Wie lassen sich diese Probleme, die im Persönlichkeitsbereich virulent sind, gezielt mildern? Anders als in der Wissenschaft hat sich die Frage nach einer gezielten Problemlösung für die genannten Fälle gestellt. Vor ca. 30 Jahren haben wir mit einem Berater gemeinsam einen Workshop durchgeführt, in dem Ansätze der Persönlichkeitsstrukturen und der Persönlichkeitsbeurteilung diskutiert wurden. Diese Ansätze wurden in einer Vielzahl praktischer Workshops und Aufträgen zu dem hier vorgelegten System entwickelt und entsprechend. permanent überprüft. Das System beinhaltet:

Das entwickelte System erhebt keinen Anspruch auf wissenschaftlich korrekte Vorgehensweise. Im Gegenteil: Wir haben uns von den wissenschaftlichen Denkschemata möglichst frei gehalten. Zumal wir versucht haben, für die Probleme der Führungspraxis konkrete Lösungsansätze zu erarbeiten. Es geht bei diesem System darum, dem Thema Persönlichkeitskriterien die richtige Wertigkeit in der Führungsarbeit zu geben und hierfür praxisnahe Hilfsmittel und Unterstützung vorzustellen. Mit dem Ziel,

II Das Basis-System der Krinner-Linien. Eine Führungskraft kommt nicht umhin, sich mit der Persönlichkeit ihrer Mitarbeiter, Kollegen, Verhandlungspartner usw. auseinanderzusetzen. In der Wahrnehmung der Führungsaufgaben wie Mitarbeiterbeurteilung, Mitarbeitergespräch, Zielvereinbarung, Positionsbesetzung, Konflikt und Motivation ist dies von besonderem Gewicht. Voraussetzung zur Erfüllung dieser Aufgaben ist, die notwendigen Persönlichkeitskriterien grundsätzlich zu definieren und ein entsprechendes Analyse-Instrumentarium zur Beurteilung der Persönlichkeit des Gesprächspartners zur Verfügung zu haben. Die Krinner-Linien stellen ein einfaches, aber höchst flexibles Analyse-System dar, mit dem eine Führungskraft erfolgreich ihre Aufgaben bearbeiten kann. 1 Die Positiv-Positiv-Formulierung. Sieht man sich in der Literatur und der Praxis Persönlichkeitskriterien und deren Skalierung an, so fällt auf, dass die Persönlichkeitskriterien unscharf definiert sind und sich z. T. überschneiden. Darüber hinaus zeigt sich, dass die Skalierungen normalerweise. angelegt sind

Beispiel:

Dabei ist irrelevant, wie die Skalen aufgeteilt sind (4-er-Skala, 7-er-Skala, 0–100 % usw.) oder wie die einzelnen Teilbereiche beschrieben bzw. verbal definiert werden. Diverse Experimente belegen, dass die Positiv-Negativ-Formulierung im Menschen fest verankert ist. Das Argument lautet meistens:

Die Krinner-Linien gehen aber davon aus, dass das Gegenteil einer positiven Ausprägung – also die andere Seite einer Medaille – ebenfalls eine positive Ausprägung ist (Abb. 2)

Beide Seiten einer Persönlichkeitslinie sind also grundsätzlich positiv. Ob in der Praxis teamfähig oder selbständig positiv oder negativ für eine Position ist, hängt immer von einem situativen Maßstab, dem Anforderungsprofil, ab. Beispiel: Das Anforderungsprofil einer Führungsposition, z.B. Projektleiter, verlangt eine ausgeprägte Teamfähigkeit. Gemessen an diesem Anforderungsprofil ist eine ausgeprägte Selbständigkeit negativ. In einer anderen Position, z.B. Programmierer, kann die ausgeprägte Selbständigkeit dagegen positiv sein. Deutliche Teamfähigkeit macht sich in dieser Position, in der jemand sehr selbständig und ohne Team arbeiten muss, eher negativ bemerkbar. 2 Die Skalierung. Das übliche Schulnoten-System verführt jeden Beurteiler normalerweise zu einer tendenziellen Beurteilung nach links. Und damit ist eine solche Beurteilung eher verzogen bzw. falsch. Die Skalierung tendiert eher nach links, da die meisten Beurteiler sich scheuen negativ zu werten

Verschärfend kommt hinzu, dass es konfliktfreier und dadurch leichter ist, dem Beurteilten Positives im Mitarbeitergespräch zu sagen als Negatives. Dieser Sachverhalt wird entschärft – wenn nicht aufgehoben – durch das Positiv-Positiv-Konzept, d.h. dass sowohl die linke als auch die rechte Seite eine zwar gegensätzliche, aber jeweils positiv formulierte Persönlichkeitsausprägung auf einer Persönlichkeitslinie darstellt. z. B. Persönlichkeitslinie Kontaktfähigkeit:

Es ist also sinnvoll, beide Seiten einer Persönlichkeitslinie positiv zu benennen. Es stellt sich die Frage, mit welcher Skaleneinteilung am besten zu arbeiten ist. Bei der Wahl der Skalierung ist zu berücksichtigen, dass einerseits eine wenig geteilte Skala Feinheiten in einer Beurteilung nicht zulässt und damit zu grob ist. Andererseits bereitet eine zu stark unterteilte Skala den meisten Beurteilern Probleme in der Differenzierung zwischen den einzelnen Skalenwerten

Der Kompromiss, der unter diesem Aspekt bei den Krinner-Linien getroffen worden ist, ist eine. 11-teilige Skala. Diese Skala wird in ihrer Tiefe insofern etwas abgemildert, als sie zwei gegensätzliche Ausprägungen misst, d. h. eine linke und eine rechte Ausprägung. Für das Persönlichkeitskriterium Kontaktfähigkeit bedeutet das: 5er-Skala im linken Bereich kontaktfähig. einen Mittelwert A. und eine 5er-Skala im rechten Bereich zurückhaltend

Die Mitte, die diese Skala oben zu einer Elfer-Skala macht, bedeutet in diesem Zusammenhang nicht kann sich nicht entscheiden oder gar nicht vorhanden, sondern dass der Beurteilte sich ausgeglichen, also sowohl rechts als auch links, verhalten kann, je nach Situation. Um gänzlich vom Schulnoten-System wegzukommen, haben wir die einzelnen Felder aufsteigend nach links und rechts mit Großbuchstaben versehen

Die Skala zeigt die Ausprägungsstärke sowohl für die rechte als auch für die linke Seite, ist aber als Gesamt-Linie neutral. Sowohl die linke als auch die rechte Seite ist grundsätzlich als eine positive Ausprägung zu betrachten. Wichtig auf dieser Skala ist das A. Es steht für ausgeglichen. Das A bedeutet, dass die Person, die dort positioniert ist, sowohl das linke als auch das rechte Verhaltenskonzept ausgeglichen, also 50:50, anwenden kann, je nach Situation. Die Person bevorzugt keine der beiden Seiten. Sie kann beide Varianten situativ einsetzen. Beobachtet man einen Menschen in Situationen, die das Persönlichkeitspaar kontaktfähig–zurückhaltend erkennen lassen, so wird ein kontaktfähiger Mensch in mehr Situationen kontaktfähig agieren als zurückhaltend. Je stärker er kontaktfähig ist, umso mehr wird er sich in entsprechenden Situationen kontaktfähig verhalten und umso weniger zurückhaltend. Theoretisch lassen sich die Verhaltensweisen sogar (ansatzweise) statistisch erfassen. Geht man von 100 beobachtbaren Situationen aus, in denen Kontakt-Verhalten möglich ist, wird ein Mensch, der auf D-links positioniert ist, sich 80-mal typisch kontaktfähig verhalten, aber immerhin noch 20-mal eher zurückhaltend. Dies entspricht dem 80:20-Verhältnis von D-links (siehe Abb. 7) Es ergibt sich durch diesen Denkansatz zwangsläufig eine 11er-Skala mit folgenden statistischen Proportionen

Diese Proportionen besagen also, dass nahezu jeder Mensch auch das Verhalten des Gegenpols zeigen kann. Es ist nur die Frage der Häufigkeit und Intensität (Letzteres siehe auch unter dominante/subdominante Persönlichkeitskriterien) Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ein Mensch, der auf D-links steht, zwar in 20 von 100 Fällen noch zurückhaltendes Verhalten zeigt, aber eher keine – und jetzt erhält die Skalierung eine zusätzliche Wertigkeit – extreme Zurückhaltung, d. h. kein extrem rechtes Verhalten. Damit ist eine zusätzliche Aussage mit dieser Skalierung getroffen: Die Intensität der jeweiligen Seite steigt von A nach F an. Diese Aussage lässt sich, ausgehend von der Gauß’schen Normalverteilung, auch grafisch darstellen: Verhalten in 100 Kontaktsituationen verteilt sich bei einem Menschen, der auf D-links positioniert ist, folgendermaßen:

Das heißt, dass sich ein Mensch auf D-links in 80 % der Fälle kontaktfähig verhält, mit einer gewissen Intensität in Richtung F (z. B. 6-mal relativ extrem) Beobachtet man einen Menschen in 100 für Kontaktfähigkeit typischen Fällen, wird er sich in 80 Fällen links, also kontaktfähig verhalten. Diese 80 Fälle verteilen sich in Bezug auf die Intensität unterschiedlich. In Abb. 8 werden sich. 6 Fälle sehr ausgeprägt kontaktfähig darstellen=F-links. 14 Fälle deutlich ausgeprägt kontaktfähig darstellen=E-links. 32 Fälle gut ausgeprägt kontaktfähig darstellen=D-links. 16 Fälle moderat ausgeprägt kontaktfähig darstellen=C-links. 12 Fälle schwach ausgeprägt kontaktfähig darstellen=B-links. Darüber hinaus wird sich dieser Mensch in 20 Fällen aber zurückhaltend verhalten, allerdings mit abnehmender Deutlichkeit: 9 Fälle=B-rechts, 5 Fälle=C-rechts, 4 Fälle=D-rechts, 2 Fälle=E-rechts. F-rechts kommt als sehr ausgeprägte Zurückhaltung nicht mehr vor. Ein solcher Mensch kann sich also – wenn auch selten – in unterschiedlichen Ausprägungen zurückhaltend verhalten. Inwieweit er diese Option nutzt, hängt von der Situation und anderen Persönlichkeitskriterien ab. Folgt man dieser Skalierung, wird deutlich, dass für eine Beurteilung eines Menschen/Mitarbeiters grundsätzlich mehrere Verhaltens-Situationen beobachtet werden müssen, um zu einem halbwegs verlässlichen Urteil zu kommen. Betrachtet man einen Menschen, der auf F-links positioniert ist, erkennt man, dass er sich vielleicht in 96 % aller Fälle kontaktfähig verhält und zwar mit höchster Intensität. Ein zurückhaltendes Verhalten kommt äußerst selten vor (in 4 % der Fälle), wobei ein extrem zurückhaltendes Verhalten praktisch nicht wahrgenommen wird

Möglicherweise kann eine F-Position schon als pathologisch gelten. 3 Die Persönlichkeitslinien. Ein Mensch definiert sich als Persönlichkeit durch die Ausprägungen:

Sieht man in die Literatur, so findet man ca. 150 unterschiedliche, z. T. sich überschneidende Persönlichkeitskriterien mit sehr unterschiedlichen Definitionen. a) Standardkriterien. In der Praxis der Personalberatung und der Führung hat sich gezeigt, dass zur Überprüfung der beruflichen Eignung normalerweise 12 bis15 Standard-Persönlichkeitskriterien (=S) ausreichen. Unter Berücksichtigung entsprechender Definitionen sind diese: S 1 – Kontaktfähigkeit. S 2 – Teamfähigkeit. S 3 – psychische Belastbarkeit. S 4 – Anpassungsvermögen. S 5 – Aufgeschlossenheit. S 6 – Verantwortungsbereitschaft. S 7 – Durchsetzungsvermögen. S 8 – Initiative. S 9 – analytisches Denkvermögen. S 10 – Kreativität. S 11 – Arbeitssystematik. S 12 – Einsatzbereitschaft. Durch die Positiv-Positiv-Ausprägung verdoppelt sich die Anzahl der Persönlichkeitskriterien

b) Zusatzkriterien. Grundsätzlich kann es vorkommen, dass die Persönlichkeit eines Menschen durch die besonders starke Ausprägung eines hier nicht genannten einzelnen Persönlichkeitskriteriums bestimmt wird. Für solche Fälle sollte ein Personalverantwortlicher über ein Konvolut von ca. 10 bis 20 zusätzlichen Persönlichkeitskriterien (Abb. 11) verfügen, die er zur Beurteilung eines Menschen ergänzend einsetzen kann, wie z. B. Z 1 – Entschlossenheit. Z 2 – Aufrichtigkeit/Offenheit. Z 3 – Auffassungsgabe. Z 4 – Selbstbewusstsein. Z 5 – Einfühlungsvermögen. Z 6 – Rationalität. Z 7 – Optimismus. Z 8 – Risikobereitschaft. Z 9 – Dynamik. Z 10 – Zukunftsorientierung. Auch diese Kriterien müssen präzise definiert und beschrieben werden, um Überschneidungen der Kriterien weitestgehend auszuschalten. c) Dominante/subdominante Kriterien. In der praktischen Personalarbeit hat sich herausgestellt, dass die einzelnen Persönlichkeitskriterien – unabhängig von der Positionierung auf links oder rechts – für das Verhalten eines Menschen von unterschiedlichem Gewicht sind

Dominante Persönlichkeitslinien. So gibt es Persönlichkeitslinien, die stark ausgeprägt sind und die Persönlichkeit und damit das Verhalten eines Menschen hauptsächlich steuern, d. h. gegenüber den anderen Persönlichkeitslinien dominant sind. Beispiel: Ein Mensch, der als dominante Persönlichkeitslinie das Organisationsvermögen/die Arbeitssystematik (z. B. D-links) hat, wird unter diesem Aspekt sein Teamverhalten präzise organisieren, d. h. mit Besprechungsterminen, Moderations-Spielregeln, Protokollen usw. strukturiert und systematisch arbeiten. Er wird auch alle anderen Verhaltensbereiche immer über sein Organisationsvermögen steuern. Die dominante Persönlichkeitslinie beeinflusst praktisch alle anderen Persönlichkeitslinien und die daraus resultierenden Handlungen. In der Beurteilung (Bewerbungsgespräch, Assessment-Center usw.) eines Menschen sollte man auf die Unterscheidung dominante Persönlichkeitskriterien/subdominante Persönlichkeitskriterien besonders achten, weil sonst das Bild der Gesamtpersönlichkeit einen anderen, ungerechtfertigten Schwerpunkt erhält. Im oben genannten Beispiel kann es passieren, dass aufgrund der guten Organisation der Zusammenarbeit mit anderen Menschen die Teamarbeit ein stärkeres Gewicht bekommt, als ihr tatsächlich zusteht. Die gute Organisation vermittelt eben fälschlicherweise dieses Bild. Subdominante Persönlichkeitslinien. Das sind Kriterien, die die Persönlichkeit des Menschen ebenfalls kennzeichnen, in der Praxis aber nicht signifikant in den Vordergrund treten. Dabei ist die Ausprägung auf der linken oder rechten Seite nicht ausschlaggebend. Beispiel: Bei einem AC hat sich herausgestellt, dass in den Übungen die Einsatzbereitschaft kaum in Erscheinung getreten ist. Die zuständige Führungskraft bestätigt aber, dass in bestimmten Situationen die Einsatzbereitschaft sogar stark zur Geltung kommt. Die Lösung dieser Frage war einfach: Die Einsatzbereitschaft war ein subdominantes Kriterium. Es wurde von der dominanten Linie Verantwortungsbereitschaft/Sorglosigkeit gesteuert. Diese tendierte mit C-rechts in Richtung Sorglosigkeit. Der Kandidat hat im AC aus Sorglosigkeit keinen Grund gesehen, sich in den Übungen einzusetzen. Und gerade in diesem AC hat also das dominante Kriterium Sorglosigkeit das Verhalten im AC generell gesteuert, sodass die Einsatzbereitschaft quasi unter den Tisch fiel. d) Vernetzung. Das o. g. Beispiel weist auf einen sehr häufig gemachten Beurteilungsfehler hin: Auf dem Krinner-Profilbogen stehen 12 Persönlichkeitskriterien. Alle 12 werden einzeln Punkt für Punkt überprüft und eingeschätzt. Es wird aber oft zu wenig berücksichtigt, dass die Persönlichkeitskriterien vernetzt sind, sich also gegenseitig beeinflussen und erst so ein Persönlichkeitsbild ergeben. Beispiel: In einem Test wurde einem Mitarbeiter bescheinigt, dass sein Durchsetzungsvermögen eine so starke Ausprägung hat, dass man ihn fast als Tyrannen oder brutal bezeichnen konnte. Dies wurde in dieser Form aber nicht von seiner Führungskraft bestätigt. Erst der Blick auf das analytische Denkvermögen hat gezeigt, dass der Mitarbeiter jede Situation blitzschnell im Detail erkennen kann und sein hohes Durchsetzungsvermögen entsprechend steuert, d. h. sogar gezielt und situationsbezogen zurücknimmt, sich gewissermaßen diszipliniert. Diese Vernetzung lässt sich folgendermaßen grafisch darstellen:

Die ursprüngliche Ausprägung des Kriteriums Durchsetzungsvermögen liegt auf D-links. Bei der isolierten Betrachtung des Kriteriums zeigt sich, dass das Durchsetzungsvermögen besonders gewichtig, d. h. ebenfalls ein dominantes Kriterium ist. Ein anderes Kriterium wie analytisches Denken dagegen ist mit E-links ein gleichermaßen gewichtiges Kriterium, d. h. dominant. Dieses Kriterium steuert in entsprechenden Situationen das andere, relativ auffällige Kriterium, hier das Durchsetzungsvermögen, in Richtung rechts (kompromissbereit) Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass ein Personalverantwortlicher sowohl. die Ausprägung der überprüften Kriterien  bei der Beurteilung eines Menschen überprüfen muss, als auch. ob die Kriterien dominant oder subdominant sind  sowie. deren Vernetzung oder gegenseitige Beeinflussung.  Ein anderes Beispiel: In einer Verkaufs-Situation, in der kontaktfähiges Verhalten für den Erfolg notwendig ist, wird ein Mensch mit hoher Zurückhaltung (=D-rechts) aufgrund seiner dominanten Verantwortungsbereitschaft (E-links) – sei es gegenüber dem Team, der Aufgabenstellung oder der Familie – seine auf der Position D-rechts noch (schwach) vorhandenen 20 % Kontaktfähigkeit aktivieren und einsetzen. Aufgrund der Vernetzung der Kontaktfähigkeit mit der ausgeprägten Verantwortungsbereitschaft (E-links) zeigt dieser Mensch ein recht kontaktfähiges Verhalten, das aber nicht der tatsächlichen Ausprägung entspricht. Allerdings wird dieser Verkäufer nie ein Star-Verkäufer, weil das Kontakten nicht in der Persönlichkeitslinie verankert ist. A la longue wird er scheitern. Achtet man bei der Beurteilung nicht auf die Gewichtung der einzelnen Kriterien und deren Vernetzung, kann es zu krassen Fehleinschätzungen kommen. e) Eindimensionale/mehrdimensionale Kriterien. Betrachtet man die gängigen Kriterien und setzt man sie bei der Personalarbeit ein, erkennt man sehr schnell, dass es sehr eindeutige Kriterien und relativ schwammige Kriterien gibt. Die Ursache ist einmal die Definition der einzelnen Kriterien. Zum anderen aber, dass man unterscheiden muss zwischen. eindimensionalen Kriterien. mehrdimensionalen Kriterien. Die mehrdimensionalen Kriterien werden von mehreren anderen Kriterien beeinflusst bzw. setzen sich aus mehreren eindimensionalen Kriterien relativ gleichwertig zusammen. So überprüfte ein großes Unternehmen in einem AC das Kriterium Führungsfähigkeit. Je nach Unternehmenskultur definiert und setzt sich dieses Kriterium aber aus mehreren eindimensionalen Kriterien zusammen und ist deshalb ein mehrdimensionales Kriterium

Wie schon gesagt, diese Auflistung der eindimensionalen Kriterien hängt von der unternehmensspezifischen Definition ab. Zu den mehrdimensionalen Kriterien – wenn man sie überhaupt noch als Persönlichkeitskriterien bezeichnen will – zählen z. B. Delegationsvermögen, Zielstrebigkeit, Verhandlungsgeschick, Kritikfähigkeit, verkäuferisches Talent, Ehrgeiz usw., usw. Möchte man also die Führungsfähigkeit überprüfen, stellt sich als Erstes die Frage: Was bedeutet Führungsfähigkeit in unserem Unternehmen? Dann werden die Einzelkriterien zusammengestellt, die unternehmensspezifisch die Führungsfähigkeit bestimmen. So kann es durchaus sein, dass Organisationsvermögen durch Kreativität , analytischem Denken durch Verantwortungsbereitschaft ersetzt werden. Die nächste Frage, die zu klären wäre, ist, in welcher Ausprägung die einzelnen Kriterien zueinander stehen. 4 Definitionen und ihre Problematik. a) Individuelle Persönlichkeitsbilder. Die Praxis zeigt, dass jeder Mensch ein Persönlichkeitskriterium individuell definiert. Der Mensch denkt weniger abstrakt als in Bildern. Er hat, wenn er ein Persönlichkeitskriterium benennt, meist ein konkretes Bild oder eine konkrete Person vor Augen, an denen er die Inhalte und die Wertigkeit eines Persönlichkeitskriteriums festmacht. Ein Beispiel aus der Praxis macht das deutlich: Seminarteilnehmer werden gebeten, das Persönlichkeitskriterium. eine ehrgeizige Frau. mit sechs Stichwörtern näher zu umschreiben. Die Stichwörter werden für jeden Teilnehmer notiert und verglichen. Nennungen der Teilnehmer

In den meisten Fällen ziehen sich, wenn man die Antworten von 5 bis 6 Teilnehmern vergleicht, maximal 1 bis 2 identische Stichwörter durch alle Teilnehmerantworten. 4 bis 5 der jeweiligen Stichwörter weichen z. T. erheblich voneinander ab. Das bedeutet, dass sich die Definitionen des Wortes Ehrgeiz von Teilnehmer zu Teilnehmer erheblich unterscheiden. Dabei haben wir das Kriterium durch den Zusatz Frau gezielt emotionalisiert! Das führt dazu, dass sich jeder Teilnehmer eine konkrete Frau vorstellt, die er als ehrgeizig sieht. Je nach persönlicher Erfahrung werden die Stichwörter gewählt und positiv bzw. negativ formuliert. Eine häufige Formulierung ist: karriereorientiert (positive Erfahrung!) oder karrieregeil (negative Erfahrung!) Diese Unterschiede machen es aber dringend erforderlich, dass im Unternehmen eine einheitliche Definition erarbeitet und eingeführt wird, da sonst babylonische Sprachverwirrung herrscht. b) Positiv-Positiv-Formulierung. Die Positiv-Positiv-Formulierung bei den Persönlichkeitslinien bringt eine Menge Vorteile im Personalbereich:

Die Positiv-Positiv-Betrachtungsweise bringt aber auch einen gewissen Umdenkprozess mit sich. Die meisten Menschen arbeiten mit einer Positiv-Negativ-Formulierung und denken auch so. Wir stoßen immer wieder auf die Aussage: Das Gegenteil von sparsam ist logischerweise verschwenderisch. Das heißt, das Gegenteil von etwas Positivem muss negativ sein. Ändert man aber in der Diskussion das Negativ-Wort verschwenderisch in das Positiv-Wort großzügig und fragt das Gegenteil ab, so kommt wie das Amen in der Kirche das gegenteilige Negativ-Wort, nämlich geizig. Manche Begriffe sind im Sprachgebrauch so positiv aufgeladen, dass Gesprächspartner sich weigern, für das Gegenteil überhaupt eine Positiv-Formulierung zu suchen. Denn das Gegenteil kann gar nicht positiv sein. Ein hierzu typisches Persönlichkeitskriterium ist die. Verantwortungsbereitschaft. Das Gegenteil muss negativ sein! Verantwortungslosigkeit. Das bedeutet für die Praxis, dass die Positiv-Positiv-Formulierung sowohl in den Profilen wie in den Definitionsblättern vorgegeben werden muss. Darüber hinaus ist es notwendig, derartige Formulierungen konkret im Unternehmen zu üben, damit sie auch in die Mitarbeitergespräche, die Sprachanalysen und Beurteilungen automatisch und ungekünstelt einfließen können. Um die Positiv-Positiv-Formulierung in der Praxis zu erleichtern und zu präzisieren, aber auch eine gewisse Trennschärfe zu erlangen, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: Man nimmt das zu definierende Kriterium (z. B. Kontaktfähigkeit) und beschreibt das für die Kontaktfähigkeit typische Verhalten

Angesichts der Formulierung des negativen Verhaltens stellt man sich die Frage: Wie kann man das stichwortartig positiv ausdrücken?

Z. B.: abwartend, vorsichtig im Umgang mit Fremden, zurückhaltend in der Kontaktaufnahme usw

Z. B.: aufdringlich, er biedert sich an usw. Es ergibt sich also die folgende Persönlichkeitslinie

Diese Vorgehensweise erleichtert nicht nur die Formulierung, sondern kann auch der Überprüfung dienen, ob die linke und die rechte Formulierung auch echte Gegensatzpaare darstellen. Bezeichnet man z. B. das negative Gegenteil von zurückhaltend (fälschlicherweise) als unseriös, muss man sich nur die Frage stellen: Kann ein zurückhaltender Mensch gleichzeitig unseriös sein? Muss man die Frage mit Ja beantworten, kann unseriös kaum das Gegenteil von zurückhaltend sein. Bei unseriös muss es sich also um eine andere Persönlichkeitslinie handeln. Es gibt viele Beispiele in der Praxis für die Schwierigkeit, die Positiv-Positiv-Formulierung für eine Linie zu entwickeln. Notwendig hierfür sind immer eine klare, eindeutige Definition und eine Überkreuzüberprüfung. Sehen wir uns ein anderes Kriterium an, bei dem es häufig zu unterschiedlichen Definitionen kommt: die psychische Belastbarkeit. Psychische Belastbarkeit misst den Umgang mit psychischen Stressoren. Das typische Verhalten (linke Seite) ist, Stress-Situationen gegenüber unempfindlich zu sein, nicht in die Knie gehen, weiter mit Übersicht zu handeln, dickhäutig sein, unbeeindruckt bleiben usw. Diese Nennungen sind sowohl negativ als auch positiv. Das Wort a) dickhäutig tendiert allerdings bereits ins Negative. Geht man die Negativformulierungen der linken Seite nach unten, findet man auch die Wörter b) hat Elefantenhaut, c) unempfindlich, d) gefühllos usw. D. h. der Mensch spürt Stress-Situationen überhaupt nicht mehr. Geht man den nächsten Schritt und stellt man die Frage: Wie lautet das negative Gegenteil auf der rechten Seite?, muss man nur die genannten Formulierungen ändern

Bei d) führt die Umformulierung allerdings zu einer positiven Formulierung, die auf einer anderen Linie im normalen Sprachgebrauch liegt. Überträgt man diese Gegenteile im 3. Schritt nach rechts, ergibt sich folgendes Bild

Ändert man diese Negativ-Formulierung rechts in eine Positiv-Formulierung rechts ergibt sich das Bild in Abb. 14d. Hier kommen Formulierungen wie sensibel, feinfühlig, verletzlich usw. infrage. Die Bedeutung der Formulierungen ist bei dieser Vorgehensweise recht eindeutig. Geht man aber ohne diese Arbeitsschritte vor, kann z. B. das Wort sensibel auch noch anders gesehen werden. sensibel=Einfühlungsvermögen in andere. Geht man die einzelnen Schritte rückwärts, ergibt sich unter diesem Aspekt eine völlig neue Linie:

Abgesehen von dieser Vorgehensweise lässt sich die Schlüssigkeit durch einfache Fragen – und dies ist ein Vorteil des Systems – leicht überprüfen, indem man jeweils die Gegenseite hinterfragt. Beispiel: 1) Kann ein psychisch Belastbarer (Abb. 14d) gleichzeitig ein Helferlein (Abb. 14e) sein? Wenn dies gleichzeitig sein kann, handelt es sich um zwei unterschiedliche Persönlichkeitslinien. Wie in diesem Fall. 2) Kann ein rücksichtsloser Mensch (Abb. 14e) gleichzeitig sensibel (feinfühlig) (Abb. 14d) sein? Auch dies ist zu bejahen. Auch hier handelt es sich um zwei unterschiedliche Persönlichkeitslinien. Diese Verhaltensweisen kommen sogar recht häufig nach dem Motto vor: Austeilen kann er/sie, aber einstecken kann er/sie nicht. c) Die Definition eines Persönlichkeitskriteriums. Das weit verbreitete Positiv-Negativ-Denken macht die Definition einer Persönlichkeitslinie schwierig. Spricht man beispielsweise von der Persönlichkeitslinie Teamfähigkeit, unterstellt man automatisch, dass man Wert auf eben dieses Kriterium legt und nicht auf das Gegenteil! Allein dadurch erhält die Persönlichkeitslinie auf der linken Seite eine gewisse Gewichtung, die durch einen entsprechenden Definitionsansatz neutralisiert werden muss

Um eine Ausgewogenheit zwischen linker und rechter Seite herzustellen, sollte das Kriterium eigentlich unter dem Titel. Einstellung zur Zusammenarbeit. laufen (s. Seite 44, Abb. 16) Entsprechend sollte auch eine ausgewogene Kurzdefinition aussehen: Zeigt den Weg, den jemand bevorzugt, um ein Arbeitsergebnis in seinem sozialen Arbeitsumfeld zu erreichen. Somit ist wertneutral, ob jemand die linke oder die rechte Seite bevorzugt. d) Verhaltensbeschreibung als Teildefinition. Darüber hinaus ist es erforderlich, die für die linke und rechte Seite typischen, beobachtbaren Verhaltensweisen zu beschreiben. Damit wird das Verständnis dafür gefördert, dass auch die Gegenseite positiv ist, und so wird die Persönlichkeitslinie auch leichter als ausgewogen gesehen. Darüber hinaus gibt die Beschreibung des links- und rechtsgeprägten Verhaltens konkrete Hinweise darauf, welche Verhaltensweisen zur Beurteilung dieser Linie im AC, in der praktischen Arbeit, in der Mitarbeiterbeurteilung, im Bewerbergespräch usw. beobachtet werden müssen. Hierbei ist es sinnvoll, ein Definitionsblatt je Kriterium zu erstellen, um die Definition für das gesamte Unternehmen bzw. für alle Beurteiler, Personalverantwortlichen usw. verbindlich zu machen. Nichts ist schlimmer, als wenn die einzelnen Führungskräfte von ihren eigenen unterschiedlichen Definitionen ausgehen. Damit sind ein Anforderungsprofil in Stellenbeschreibungen, eine Mitarbeiterbeurteilung, ein Bewerbungsgespräch usw. subjektiv und relativ sinnlos. Ein allgemeines Definitionsblatt (siehe Abb. 16) sollte beinhalten: 1. Das Kriterium. 2. Eine neutrale Kurzdefinition. Diese Kurzdefinition sollte neutral gehalten werden, denn das Kriterium Entschlossenheit legt durch die Wortwahl das Gewicht auf die linke Seite, nämlich entschlossen, und vernachlässigt die rechte Seite, die als abwägend, überlegend bezeichnet werden kann. 3. Verhaltensbeschreibung. Hier sollten möglichst viele Verhaltensweisen beschrieben werden, die typisch für die linke bzw. rechte Seite sind. So wird die Definition verdichtet und es werden gleichzeitig die zu beobachtenden Verhaltensweisen dargestellt. a) Grundsätzlich sollten die Positiv-Ausprägungen für die linke und rechte Seite beschrieben werden. Diese Beschreibungen unterstützen die Personalverantwortlichen auch in der Positivformulierung. b) Um die Definition zu schärfen, ist es sinnvoll, die stark überzogene negative Ausprägung der linken bzw. rechten Seite zu beschreiben. Zur genaueren Abgrenzung kann man durchaus auch auf die Negativ-Ausprägung in der Verhaltensbeschreibung eingehen. Die Negativ-Ausprägung sollte aber so formuliert sein, dass sie nur als Abgrenzung verstanden wird und nicht im Sprachgebrauch der Praxis Verwendung findet. Grundsätzlich sollte darauf geachtet werden, dass alle Kriterien so beschrieben werden, dass es zu möglichst wenigen Überschneidungen kommt. Ganz werden sie sich sicherlich nicht vermeiden lassen. Es kommt gar nicht so selten vor, dass in Unternehmen die Persönlichkeitskriterien und deren Definitionen bei den einzelnen Profilen für das Bewerbungsgespräch, die Mitarbeiterbeurteilung und für das AC erheblich voneinander abweichen

III Mitarbeiterbeurteilung. Mit dem System der Krinner-Linien lassen sich einige typische Probleme der Mitarbeiterbeurteilung umgehen oder bereinigen. 1 Fehlbeurteilung. Normalerweise verschiebt sich eine Mitarbeiterbeurteilung bei einer Schulnoten- Skalierung zum positiven Pol. Damit ist eine solche Beurteilung definitiv falsch

Dies hängt auch mit der üblichen Positiv-Negativ-Skalierung zusammen. Da die linke Seite eindeutig positiv ist und die rechte eindeutig negativ, wird eine Führungskraft in der Beurteilung eher zu positiv tendieren, sodass eine Verschiebung nach links und damit eine Verfälschung der Beurteilung entsteht. Ob aus Gefälligkeit dem Mitarbeiter gegenüber oder aus Angst, dem Mitarbeiter etwas Negatives zu sagen, ist zweitrangig. Bei einer ausgewogenen Linie bestehen diese Tendenzen nicht

Beispiel: Ein großes Bankinstitut hat die herkömmliche 6-er-Skalierung mit Positiv-Negativ-Polen verwendet. Es hat von den Ergebnissen der Beurteilung den weiteren Aufstieg der Mitarbeiter abhängig gemacht und dabei verlauten lassen, dass Mitarbeiter, die eine Beurteilung im Bereich 6 haben, für jegliche Beförderung oder Gehaltserhöhung nicht infrage kommen. Die Auswertung der Beurteilungen hat ein logisches Bild ergeben:

Unter dem Aspekt der Gauß’schen Normalverteilung (Kurve ) hätten auch einige 6-er- Beurteilungen vorliegen müssen. Auf Grund der Vorgabe, dass Mitarbeiter, die mit 6 beurteilt werden, von der Beförderung/Gehaltserhöhung ausgeschlossen sind, hat sich die Kurve der Ergebnisse (Kurve ) nach links verschoben, denn die Führungskräfte wollten den Mitarbeitern eine Gehaltserhöhung/Beförderung nicht durch eine solche Beurteilung vorenthalten. Aber diese Kurve stellt eine zu positive und dadurch falsche Beurteilung dar. Die Personalabteilung hat aus dieser Verschiebung nach links Konsequenzen gezogen, indem sie angeordnet hat, dass in Zukunft auch eine 5-er-Beurteilung eine Beförderung ausschließt. Die Folge war eine weitere Verschiebung der kumulierten Beurteilungsergebnisse nach links (Kurve ). Damit hat sich die Fehlbeurteilung eindeutig verschärft. Die Positiv-Positiv-Pole der Krinner-Linien minimieren eine solche Fehlbeurteilung. 2 Objektivität der Beurteilung. Eine objektive Beurteilung – abgesehen von gut konstruierten Tests – ist nahezu unmöglich. Man kann sich aber der Objektivität durch die Verwendung der Krinner-Linien annähern. Hierzu sind einige Punkte zu klären. a) Messbarkeit. Persönlichkeitskriterien sind schwer messbar und belastet von der Subjektivität des Beurteilers. Mit dem System Krinner-Linien sind hierzu aber einige Ansätze zur Objektivierung möglich. Viele Fehlerquellen sind für die Subjektivität einer Beurteilung verantwortlich, u.a

All diese Fehlerquellen verschmelzen letztlich zu einer Fehlbeurteilung. Hier wird nur auf diejenigen Fehler eingegangen, die im Bereich der Persönlichkeit ihren Grund haben. Führen wir uns den Ablauf einer Mitarbeiterbeurteilung vor Augen:

Abbildung 20 zeigt, dass das Verhalten und diejenigen Aussagen beobachtet werden müssen, die für das zu messende Persönlichkeitskriterium typisch sind und aus denen Rückschlüsse zu ziehen sind. Fast jeder Mensch wird sich einmal links verhalten und einmal rechts, d. h. einmal eher teamorientiert und einmal selbständig, unter der Voraussetzung, dass er keine Extremausprägung auf den Positionen F-links/F-rechts hat. Die für das Persönlichkeitskriterium typischen Verhaltensweisen lassen sich der Definition entnehmen. Beispiel: Beobachtet man einen Mitarbeiter, wie er die Tür hinter sich schließt, um alleine zu arbeiten, ist das sicherlich ein Hinweis darauf, dass er bei Teamfähigkeit rechts also auf selbständig positioniert ist. In welchem Ausmaß dies der Fall ist, hängt von der Beobachtung ab, sodass sich hier folgende Einschätzung (Stern=E-rechts) ergibt

Diese Beurteilung auf der Basis von beobachtetem Verhalten steht auf unsicheren Beinen. Es kann sein, dass sich der Mitarbeiter nur situativ so verhalten hat. Würde man ihn aber häufiger beobachten, könnte sich eine Wolke von Beobachtungen (Kreise) ergeben, die auf eine völlig andere Positionierung hindeutet. Damit wäre die erste Einzel-Einschätzung falsch. Die richtige Einschätzung ergäbe sich aus dem Durchschnitt der Punktewolke der Kreise (Dreieck=D-links) Diese Unterschiedlichkeit der Beobachtungen ist über das System der Krinner-Linien durchaus gedeckt. D-links ist so definiert, dass der Handlungsschwerpunkt des Mitarbeiters links, also teamorientiert ist, aber noch 20 % Handlungsspielraum nach rechts (selbständig) zulässt. Und das hat der Mitarbeiter zufällig bei der ersten Beobachtung gezeigt. Das bedeutet, dass eine Mitarbeiterbeurteilung immer auf einer Anzahl von Beobachtungen aufbauen muss. Beurteilungsformular. Dementsprechend ist auch das Beurteilungsformular auf der Basis der Krinner- Linien aufgebaut: Beispiel:

Unter der Rubrik Begründung werden die wichtigsten beobachteten Verhaltensweisen aufgeführt und auch in dieser Spalte notiert. Bereits in dieser Spalte erfolgt eine Zwischenbewertung. Beispiel:

Wäre nur beobachtet worden, dass der Mitarbeiter die Tür schließt (vorausgesetzt, dass dieses Verhalten symptomatisch für Teamfähigkeit ist), wäre es mit E-rechts zu einer Fehlbeurteilung gekommen. Erst durch das Beobachten weiterer Verhaltensweisen hat sich die richtige Positionierung auf D-links eingependelt. Mit diesem Ansatz wird eine Beurteilung durch das Notieren der Verhaltensweisen messbar und objektiver. Im Mitarbeitergespräch kann anhand dieser Ergebnisse besser argumentiert werden. Allerdings muss man berücksichtigen, dass es nicht möglich ist, das arithmetische Mittel zu ziehen, da die einzelnen beobachteten Verhaltensweisen eine unterschiedliche Wertigkeit haben (können) Diese Art der Beurteilung hat noch einen weiteren Vorteil. Die Begründungen des Urteils über Verhaltensbeschreibungen können im Mitarbeitergespräch verwendet werden, um ein besseres Verhalten mit dem Mitarbeiter zu besprechen. Im Beispiel kann durchaus angesprochen werden, dass Tür schließen nicht unbedingt teamorientiert ist und geändert werden sollte. b) Eigener Standpunkt als Beurteilungsfehler. Die Bewertung, ob eine Verhaltensweise B-links oder E-links ist, hängt weitestgehend von der Messlatte ab – und die ist u. a. auch die Persönlichkeit des Beurteilers selbst. Beispiel (Extrembeispiel zur besseren Erläuterung):

Der Beobachter 1 (Kreuz) ist mit seiner eigenen Positionierung auf F-links von der Persönlichkeit her extrem teamfähig. Er wird den Mitarbeiter 1 (Kreis), der ebenfalls sehr teamfähig ist, als normal in Bezug auf die Teamfähigkeit beurteilen. Denn der Beobachter 1 empfindet sich selbst in seiner Positionierung durchaus als normal. Den Mitarbeiter 2 wird er, unbewusst gemessen an seiner eigenen Persönlichkeit, dagegen schon als sehr selbständig bewerten, also vielleicht auf C- rechts, obwohl dieser objektiv auf A positioniert ist. Den Mitarbeiter 3, der tatsächlich auf F-rechts steht, beurteilt der Beobachter 1, der seinerseits ja auf F-links steht, als indiskutabel, krankhaft selbständig. Denselben Mitarbeiter 2 (A) wird der Beobachter 2, der seinerseits auf F-rechts positioniert ist, als recht teamorientiert und daher subjektiv mit vielleicht D-links bewerten. Das heißt, derselbe Mitarbeiter 2 wird je nach persönlicher Positionierung der Beobachter völlig unterschiedlich bewertet. Um diesen Beurteilungsfehler halbwegs zu eliminieren, muss jeder Beobachter sich selbst einschätzen bzw. einschätzen lassen. Diese Selbsteinschätzung der eigenen Positionierung ist insofern relativ problemlos, als jede Seite positiv ist. Über eine Selbsteinschätzung wird die Subjektivität, die aus der eigenen Positionierung auf den Krinner-Linien resultiert, relativiert bzw. minimiert. c) Verzerrende Einflussfaktoren. Der eigene Standpunkt des Beurteilers stellt vermutlich das größte Hindernis auf dem Weg zu einer objektiven Beurteilung dar. Darüber hinaus gibt es noch einige andere Faktoren, die eine saubere Beurteilung der einzelnen Persönlichkeitskriterien verzerren können. Das kann an einem Beispiel verdeutlicht werden. Ein Herr setzt sich im Café an einen der freien Tische. Am Nachbartisch trinkt ein recht hübsches Mädchen seinen Espresso und liest das Handelsblatt. Bei passender Gelegenheit bittet der Herr, einen Blick auf die Börsenkurse werfen zu dürfen. Durch geschickte Fragen des Herren kommen beide in ein Gespräch über die Verschuldung Griechenlands und die Auswirkungen auf den Euro. Die Frage, die sich ein Außenstehender Beurteiler hier stellen muss, ist: Was steckt hinter dem Verhalten des Herren? Zunächst deutet es auf eine ausgeprägte Kontaktfähigkeit hin. Gemessen an der Direktheit und dem vorgelegten Tempo dürfte der Herr auf D-/E-links auf der Persönlichkeitslinie Kontaktfähigkeit liegen. Betrachtet man aber, mit welchem Interesse der Herr neue Informationen über das Wirtschaftsthema einholt, könnte es sich auch um pure Neugierde, im psychologischen Jargon um Aufgeschlossenheit, handeln. So wie das Gespräch abläuft: Aufgeschlossenheit C-links. Aber vielleicht ist der Herr gar nicht aufgeschlossen, sondern motiviert, mit einer attraktiven Frau ins Gespräch zu kommen. Neben einer möglichen Persönlichkeitsausprägung und/oder einer starken Motivation, die das Verhalten des Herrn steuert, könnte noch ein zusätzlicher Faktor im Spiel sein: die Technik. Es besteht die Möglichkeit, dass das, was sich als eine ausgeprägte Kontaktfähigkeit darstellt, nur eine gut beherrschte Fragetechnik ist. Das könnte bedeuten, dass die Kontaktfähigkeit gar nicht so ausgeprägt (D-/E-links) ist, sondern durch Technik überhöht wird und in Wirklichkeit, unter Abzug des Faktors Technik, bei B-rechts liegt. Durch Technik werden die 40 % Kontaktfähigkeit, die bei B-rechts (40:60) liegen, situativ verstärkt genutzt. Bei einer Beurteilung stellt sich die Frage: Was steckt in welcher Form hinter dem beobachteten Verhalten? Zusätzliche Persönlichkeitskriterien? Deutliche Motive oder (angelernte) Verhaltenstechnik?

 Tatsächliche Ausprägung der Kontaktfähigkeit (B-rechts)  Beobachtetes Verhalten (D-/E-links)  Verschiebung durch das ausgeprägte Kriterium Aufgeschlossenheit  Verschiebung durch das hohe Motiv attraktive Frau  Verschiebung durch Einsatz erlernter Technik, hier Fragetechnik. Allerdings kann eine Technik nur dann nachhaltig gelernt und erfolgreich angewandt werden, wenn die entsprechenden Persönlichkeitskriterien nicht völlig konträr laufen. Hätte in unserem Falle die Kontaktfähigkeit die Ausprägung D-rechts, also Zurückhaltung im Verhältnis 20:80, würde der Herr seine noch so gute Technik nicht zur Herstellung des Kontaktes verwenden. Eine stabile Veränderung der Ausprägung eines Persönlichkeitskriteriums durch Technik ist nicht möglich. Die Aussage: „Die fehlende Kontaktfähigkeit trainieren wir dem Mitarbeiter schon an“, ist falsch. Er wird immer auf seiner Persönlichkeitsposition bleiben. Man kann durch entsprechendes Training nur die Nutzung der 40 % Kontaktfähigkeit, z. B. bei der Positionierung B-rechts=40:60, unterstützen. 3. Auswertung der Beurteilung. Sinn der Mitarbeiterbeurteilung ist

Wichtig ist auf alle Fälle die Gegenüberstellung von IST-Profil und SOLL-Profil. Natürlich muss hierfür ein entsprechendes Soll- bzw. Anforderungsprofil vorliegen. Das System der Krinner-Linien macht es den Führungskräften relativ einfach. Es geht dabei nicht, wie bei anderen Profilen, um eine punktgenaue Übereinstimmung, sondern um die Einhaltung einer bestimmten Bandbreite. Beispiel: Geht man von der Position z. B. eines Leiters Außendienst aus, so ist offensichtlich, dass dieser im Anforderungsprofil eine gewisse Teamfähigkeit mitbringen muss, um ein Team führen zu können, z.B. C-links (Stern)

Eine Führungskraft die auf C-links positioniert ist, liegt im SOLL-IST-Vergleich optimal. Leider gibt es nicht immer Führungskräfte, die optimal positioniert sind. Also stellt man bei der Mitarbeiterbeurteilung besser die Frage, ab wann ein Mitarbeiter (oder Bewerber) nicht mehr tragbar ist. D. h. ab welcher Positionierung auf der Persönlichkeitslinie hat er so wenig von der für die Position notwendige Ausprägung, dass es für die Aufgabenstellung nicht mehr ausreichend ist? Wir nennen die Grenze, ab der ein Mitarbeiter in dieser Form problematisch und damit für eine Position eher ungeeignet ist, den. K.O.-BEREICH. In diesem Falle wird der K.O.-Bereich rechts bei inklusive A=ausgeglichen beginnen (siehe graue Fläche). Denn eine Außendienstführungskraft muss relativ stark die Mitarbeiter einbinden, mit ihnen zusammenarbeiten. Da reichen die 50 % Teamfähigkeit bei „ausgeglichen“ (Sie erinnern sich, d. h. 50:50!) nicht mehr aus. Das bedeutet: Je weiter das IST-Profil rechts liegt, desto weniger ist die Führungskraft für die Position – zumindest was die Teamfähigkeit anbelangt – einsetzbar. Der rechte K.O.-Bereich wird nach rechts immer ausgeprägter, eine Führungskraft für die Position „Leiter Außendienst“ immer problematischer. Es gibt auch einen linken K.O.-Bereich. Gerade eine Außendienstführungskraft kann nicht nur teamfähig führen! D. h. wenn sie über ein gewisses Maß hinaus teamfähig ist, kann diese Positionierung auf der Persönlichkeitslinie Teamfähigkeit für die Durchführung dieser spezifischen Führungsaufgabe u. U. ebenfalls schädlich sein. In diesem Falle könnte der K.O.-Bereich bei E-links beginnen. Denn es kann nicht jede Führungssituation im Außendienst über das Team bearbeitet werden. Entscheidungen müssen durch die Führungskraft auch selbständig getroffen werden. Liegt eine Führungskraft im Anforderungsbereich, wird sie sich aus dieser Positionierung heraus genauso teamfähig verhalten wie es die Aufgabe erfordert. Befindet sie sich beispielsweise auf B-rechts, verfügt sie zwar noch über 40 % der anderen Seite, also der Teamfähigkeit. Diese Ausprägung ist zur Aufgabenerfüllung aber nicht mehr ausreichend. Es stellt sich die Frage, ob man die Führungskraft durch Trainings, Tools usw. so unterstützen kann, dass sie diese 40 % in einer Form einsetzt, die für entsprechende Situationen genügt. Die Führungskraft kann zwar das Verhalten kurzfristig und mit deutlicher Unterstützung in Richtung Teamfähigkeit ändern, bleibt aber von der grundsätzlichen Persönlichkeitsausprägung immer auf B-rechts. Die Persönlichkeit wird sich nicht ändern, sondern nur das Verhalten. Zudem ist es nicht Aufgabe des nächsten Vorgesetzten, den Unterschied zwischen IST-Ausprägung und SOLL-Ausprägung mit Trainings und Tools permanent zu unterstützen. Des Weiteren ist der Mitarbeiter, der auf B-rechts positioniert ist, nicht sonderlich motiviert, sich deutlich teamorientiert zu verhalten, und wird eher weiter nach rechts pendeln, weil das das Verhalten ist, das ihm mehr liegt. Also muss von dem Vorgesetzten in diesem Fall permanent kontrolliert werden, ob er im Arbeitsprozess in entsprechender Form teamfähig agiert. Das bedeutet hohen und vor allem permanenten Führungs- bzw. Korrekturaufwand. Jede Führungskraft sollte sich, bei der Positionierung des Mitarbeiters im K.O.-Bereich, folgende Fragen stellen und entsprechende Entscheidungen fällen:

IV Mitarbeitergespräch. Mitarbeitergespräche scheitern häufig an folgenden Problemen: Die Führungskraft

Bei diesen Problemlagen erleichtern und objektivieren die Krinner-Linien das Mitarbeitergespräch erheblich. 1 Positiv-Positiv-Formulierung. Grundsätzlich ist es so, dass das IST-Profil eines Mitarbeiters auf einer Krinner-Linie positiv ist. Damit ist für das Mitarbeitergespräch ein wichtiger Grundstein gelegt. Der Mitarbeiter ist zunächst positiv zu sehen und als Mensch in seinen Persönlichkeitsausprägungen zu akzeptieren. Negativ wird er erst durch einen Vergleich mit einem SOLL-Profil, also mit dem

Es kommt aber noch ein anderer Faktor ins Spiel: das IST-Profil des Beurteilers. Je weiter das IST-Profil der beiden Gesprächspartner, hier das der Führungskraft und das des Mitarbeiters, auseinander liegen, desto eher können im Gespräch gegenseitige Nichtakzeptanz bis hin zur Aversion auftreten und das Gespräch negativ beeinflussen. Zum Beispiel kann ein ausgeprägt selbständiger Mensch mit einem ausgeprägt teamorientierten Menschen Probleme haben, weil er das Kuscheln im Team nicht versteht, nicht mag und ablehnt. Damit lehnt er gleichzeitig sein Gegenüber ab und wird seine Formulierungen im Mitarbeitergespräch entsprechend wählen. In einem positiven Mitarbeitergespräch muss die Führungskraft die Stärken in der Persönlichkeit des Mitarbeiters herausstellen (Positiv-Formulierung) und diese Stärken dem Anforderungsprofil gegenüberstellen. Damit vermittelt sie Anerkennung und wird kaum auf Widerstand stoßen. Beispiel: Ein Mitarbeiter in der Position des Leiters Außendienst ist auf D-rechts positioniert (Stern)

Dieser Führungskraft kann im Mitarbeitergespräch durchaus konzediert werden, dass ihre Stärke das selbständige Arbeiten ist. Sie wird dies gerne akzeptieren. Andererseits muss man dieser Führungskraft erläutern, dass und warum das Anforderungsprofil im Bereich D-/C-links angesiedelt sein muss. Man kann der Führungskraft auch klar machen, dass sie in der bisherigen Weise ihre Stärke, nämlich ihre Selbständigkeit, nicht in dieser Position richtig zur Geltung bringen kann. Das heißt, dass sie die bei ihr noch vorhandenen 20 % an Teamfähigkeit bei der Positionierung D-rechts besser und verstärkt aktivieren muss oder sich eine andere Position aussuchen sollte, wo sie sich besser entfalten kann, da sie in der Position Leiter Außendienst mit dem Anforderungsprofil (D-/C-links) ihre Stärken (D- rechts) nicht zur Geltung bringen kann. 2 Formulierungs-Instrumentarium. Die Entwicklung von bipolaren Positiv-Formulierungen sollte aus diesen Gründen für alle Persönlichkeitskriterien vorgenommen werden, zum einen zwecks Übung, zum anderen entstehen so immer trennschärfere Definitionen und die zu einer Beurteilung beobachtbaren Verhaltensweisen. Darüber hinaus wird die Akzeptanz von Mitarbeitern gefördert, die eine andere Persönlichkeitsausprägung haben als z. B. die einer Führungskraft. Damit aber Mitarbeitergespräche nicht gekünstelt wirken, ist es sinnvoll, die zunächst mit nur einem Begriff belegten Enden der einzelnen Persönlichkeitslinien sprachlich zu erweitern. In unserem Beispiel, in dem die Führungskraft Leiter Außendienst auf D-rechts liegt, sollten vor dem Mitarbeitergespräch zusätzliche Formulierungen für diese Ausprägung zurechtgelegt werden, wie z. B.: „Ihre Stärke ist, dass Sie sehr effizient arbeiten, wenn Sie allein Probleme lösen“, oder: „Ihre Erfolge beruhen darauf, dass Sie ein ausgeprägter Einzelkämpfer sind.“ Denn sprachliche Umschreibungen, noch dazu wenn man in ihnen nicht geübt ist, fallen einer Führungskraft im Stress des Mitarbeitergesprächs nicht ein. Der Umgang mit solchen Formulierungen muss also trainiert werden. Dies gilt zunächst für die Positiv-Positiv-Formulierung. Das Beispiel zeigt einige positive Synonyme für die linke und rechte Seite der Einstellung zur Zusammenarbeit (Teamarbeit) Allerdings muss durch Kreuzüberprüfung (s. Seite 29 f) überprüft werden, ob sich alle Formulierungen auf die zu bearbeitende Linie beziehen. 1. Beispiel:

Dabei muss explizit darauf geachtet werden, dass die Definition exakt eingehalten wird. Ob man mit den einzelnen Wörtern oder entsprechenden Situationsbeschreibungen agiert, ist dabei unerheblich. 2. Beispiel: Sie sind eine sehr teamfähige Führungskraft oder typisch für Sie ist, dass Sie sich in Arbeitskreisen voll einbringen, mitdiskutieren und mit Ihren Ideen zu den Problemlösungen effizient beitragen. Mit der Beschreibung einer teamorientierten Situation wird das Mitarbeitergespräch weicher und die Führungskraft bespricht gleichzeitig die für den Arbeitsprozess richtigen Verhaltensweisen. Sinnvoll kann für das Mitarbeitergespräch auch sein, mit den Negativ-Formulierungen zu agieren. Allerdings ausschließlich, um die Positiv-Formulierung durch die Negativ-Formulierung der anderen Seite zu unterstreichen. 3. Beispiel: In unserem Fall würde die Formulierung folgendermaßen aussehen: „Herr Potok, Sie sind eine Führungskraft, deren Stärke das selbständige Arbeiten ist. Sie sind ein Einzelkämpfer und von der Mitarbeit anderer überhaupt nicht abhängig.“ (Negativ-Formulierung der Gegenseite.)

Mit dieser Anwendung der Negativ-Formulierung wird hier die positive Seite des selbständigen Arbeitens noch weiter gestärkt. Im Gespräch wird die Führungskraft Potok von der Negativ-Formulierung eher abrücken und die Aussage „die Stärke ist das selbständige Arbeiten” noch besser akzeptieren. Allerdings liegt in diesem Wortspiel, welches das Mitarbeitergespräch weicher und konfliktfreier gestaltet, die Gefahr der sprachlichen Manipulation und des Missbrauchs. 3 Objektive Begründungen. So glatt wie in der Theorie immer geschildert, laufen Mitarbeitergespräche auf der Basis der Mitarbeiterbeurteilung normalerweise nicht ab. In unserem Falle könnte es leicht passieren, dass, wenn die Führungskraft so positiv wie möglich konstatiert: „Herr Potok, Ihre Stärke ist das selbständige Arbeiten, aber Sie sollten noch mehr die Teamfähigkeit aktivieren“, dann ein lapidares „Wieso?“ von Herrn Potok kommt. Mitarbeitergespräche haben die Tendenz, dass mit Gefühl, mit nicht fundierten Behauptungen, Schätzungen usw. gearbeitet wird. Auch hier bringt die einfache Frage des Mitarbeiters nach dem Wieso oder die Gegenbehauptung „So war das nicht“ oder „Das sehe ich anders“ die Führungskraft ganz gewaltig in Bedrängnis

Noch problematischer ist es, wenn der Mitarbeiter seine gegenteilige Sicht mit einer Verhaltensweise begründet, die zwar richtig ist, aber nur in Ausnahmesituationen gezeigt wird, und diese verallgemeinert. 1. Beispiel: Er behauptet richtigerweise: „Ich arbeite sehr selbständig. Ich schließe sogar die Tür, um allein und ungestört arbeiten zu können.“

Eine zwischen Führungskraft und Mitarbeiter differierende Einschätzung eines Persönlichkeitskriteriums stört häufig ein sachliches Mitarbeitergespräch. Es kommt dann zu einer recht unfruchtbaren Diskussion, in der der jeweilige Standpunkt verteidigt wird. Je deutlicher beobachtete Verhaltensweisen als Begründung herangezogen werden, desto schneller ist eine Einigung möglich. Aber nicht nur die Verhaltensweisen, sondern auch die im Unternehmen fixierten Definitionen der Persönlichkeitskriterien müssen notfalls herangezogen werden. Wenn ein Mitarbeiter eine andere Selbstsicht seiner Persönlichkeit hat, liegt meist ein Kommunikationsfehler im Führungsbereich vor. Die Führungskraft hat vermutlich nie mit dem Mitarbeiter hierüber gesprochen. Denn im Arbeitsprozess müsste ein permanenter Informationsaustausch/ein permanentes Feedback Führungskraft/Mitarbeiter stattfinden, indem die Führungskraft im Arbeitsalltag das Verhalten bestätigt oder korrigiert, wenn es nicht dem Anforderungsprofil entspricht. Allein deshalb dürfte es keine großen Meinungsunterschiede im Mitarbeitergespräch geben. Diese Verhaltenskorrektur wird im Arbeitsalltag aber häufig nicht gemacht, sodass der Mitarbeiter im Mitarbeitergespräch aus allen Wolken fällt, wenn er einer entsprechenden Beurteilung gegenübersteht. Dann aber fängt er an, seine eigene Sicht zu verteidigen. Fazit: Im Beurteilungsgespräch darf der Mitarbeiter eigentlich nichts Neues erfahren. Verwendet man für die Mitarbeiterbeurteilung das Formular, in dem für die Einschätzung eine entsprechende Spalte für die Begründung vorgesehen ist, sind eben diese dort eingetragenen beobachteten Verhaltensweisen eine gute Basis für ein sauber geführtes Mitarbeitergespräch (s. auch Formular Seite 51, Abb. 22)

Im Allgemeinen reicht der Platz für 3 bis 5 Begründungen aus. Sollte dies nicht der Fall sein, kann ein Extrablatt verwendet werden. Anmerkung: Diese Begründungen sollen die Beurteilung objektivieren und das Mitarbeitergespräch sachlich und positiv gestalten. Sie sind nicht unter arbeitsrechtlichem Aspekt zu sehen, also unter dem Aspekt, eine Begründung als Beweismittel heranzuziehen. 2. Beispiel: Die Führungskraft beobachtet Herrn Potok (Leiter Außendienst) und stellt fest, dass dieser seinen Mitarbeitern nie zuhört, also an deren Meinung nicht interessiert ist (Teamorientierung: F-rechts), jede Arbeitssitzung dominiert und Monologe hält (F-rechts), die Mitarbeitergespräche nur ungern und auf Druck durchführt und diese zur Befehlsausgabe verwendet (E-rechts) usw.. Er hat allerdings einen Mitarbeiter, seinen Assistenten, mit dem er Probleme ausführlich diskutiert und von dem er sich auch in seiner Meinung beeinflussen lässt (C-links) Das Beurteilungsblatt sieht dann folgendermaßen aus:

V Assessment-Center/Outplacement. Die folgenden Ausführungen sind relativ detailliert, weil sich der Beurteilungsprozess anhand des AC praxisnah und eingängig verdeutlichen lässt und dieser in anderen Bereichen ähnlich abläuft. Auf die Entwicklung der für AC notwendigen Anforderungsprofile für die Persönlichkeit wird hier näher eingegangen. 1 Notwendigkeit der Persönlichkeitseinschätzung. Der Wert der Persönlichkeitseinschätzung wird nicht selten unterschätzt bzw. verdrängt. Die Gründe sind vielfältig. Einmal ist die hierfür notwendige Sozialkompetenz bei den Führungskräften nicht immer vorhanden. Zum anderen ist die Persönlichkeit schwer zu fassen. Außerdem wehren sich die Betriebsräte gegen eine solche Einschätzung – zum Teil zu Recht. Denn Missbrauch oder Fehlscheinschätzung sind nicht von der Hand zu weisen. Siehe Sozialkompetenz. Andererseits ist die Persönlichkeitseinschätzung der Schlüssel zu einer erfolgreichen Aufgabenerfüllung und zur Motivation der Mitarbeiter am Arbeitsplatz. Wird ein Mitarbeiter überprüft, ob er für eine Position – sei es für eine neue oder höhere – geeignet ist, muss der Überprüfungsprozess von unten nach oben ablaufen. Dies wird aber nicht immer eingehalten. Denn viele Führungskräfte gehen davon aus, dass, wenn ein Mitarbeiter in seiner derzeitigen Position gute Arbeit geleistet hat, er in einer anderen bzw. höheren Position ebenfalls eine gute Leistung bringen werde. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass eine neue Aufgabe häufig andere Persönlichkeitsausprägungen und andere Arbeitstechniken erfordert als die bisherige Position

Entspricht das IST-Profil einer Mitarbeiterpersönlichkeit nicht dem Anforderungsprofil der zukünftigen Aufgabenstellung in den wesentlichen Erfolgskriterien, ist der Misserfolg vorprogrammiert. Auch wenn die Arbeitstechnik vorhanden ist. Was nützt das Beherrschen der Verkaufstechnik, wenn zur erfolgreichen Anwendung die Kontaktfähigkeit fehlt? 2 Assessment-Center (AC) Im AC wird hauptsächlich das Persönlichkeits-Potenzial der Teilnehmer gemessen. a) Das Anforderungsprofil. Bevor man ein AC durchführt, muss man sich zuerst darüber im Klaren sein, welche Persönlichkeitskriterien überhaupt überprüft werden sollen. Ein solches Anforderungsprofil liegt nicht immer in ausreichend präziser Form vor. Die Fragestellung, die zu einem Anforderungsprofil führt, ist eigentlich recht simpel:

Nehmen wir als Beispiel die Position Prozess-Manager

Aus der Aufgabenbeschreibung werden notwendigerweise zwei Anforderungsprofile – Arbeitstechniken und Persönlichkeit – abgeleitet, von denen aber nur Letzteres für ein AC maßgebend ist. Je nach Wichtigkeit der einzelnen Verhaltensweisen für die Erfüllung der Aufgaben sowie der Häufigkeit, in der das einzelne Persönlichkeitskriterium in einer solchen Analyse aufscheint, wird die notwendige Ausprägung der einzelnen Kriterien festgesetzt. In unserem Beispiel werden die Arbeitssystematik und das analytische Denken im Vordergrund stehen, sodass sich folgendes Bild ergibt:

In der Praxis wird die Festlegung eines Anforderungsprofils und dessen Ausprägung wahrscheinlich nicht so detailliert vorgenommen, sondern eher pauschal. Auf alle Fälle sollte man sich aber auch Gedanken über die möglichen K.O.-Bereiche machen. Aus der Erarbeitung des Anforderungsprofils „Persönlichkeit“ ergeben sich auch die K.O.-Grenzen (s. Seite 56, Abb. 25). Bei der Arbeitssystematik sollte die Position F-links von dem Bewerber im AC nicht erreicht werden. Sonst besteht die Gefahr, dass er ins (negative) Bürokratische abgleitet. Würde der Positionsinhaber von der Persönlichkeit her im K.O.-Bereich liegen, könnte es schwierig werden, mit seinen Hauptaufgaben, BO-Prozesse zu planen, zu steuern und zu kontrollieren, erfolgreich zu sein. Eine Ausprägung C-links in der Arbeitssystematik mit einer Verteilung 60:40 wäre in diesem Falle womöglich schon zu wenig. C- und B-links sind mit einem entsprechenden Führungsaufwand noch beherrschbar, aber der Arbeitsaufwand für Zielkontrolle und Unterstützung beginnt eben bereits bei C-links und nimmt nach rechts immer mehr zu. Bei der Linie „analytisches Denken“ ist die Position E oder F als extreme Ausprägung nicht mehr vertretbar, weil bei einer Planung auch der Blick auf den Gesamtzusammenhang (Arbeitsschritte abstimmen usw.) eine Rolle spielt. Mit einer Ausprägung E- und F-links würde der Positionsinhaber u. U. den – bei solchen Aufgaben notwendigen – Überblick verlieren. Für ein AC ist es sinnvoll, aus der Vielzahl möglicherweise wichtiger Persönlichkeitskriterien, die absolut unverzichtbaren bzw. berufsrelevanten auszuwählen. So erhält man ca. 6 bis 8 Persönlichkeitskriterien, die für den Erfolg oder das Scheitern eines Bewerbers auf seiner Position ausschlaggebend sind. Denn je mehr Kriterien in einem AC überprüft werden, umso mehr kommt es zu Überschneidungen und Definitionsproblemen. Abgesehen davon, dass die Beobachter mit der Beobachtung von mehr als 15 Kriterien in der Regel überfordert sind. b) Konstruktion eines Standard-AC. Die Konstruktion eines Standard-AC ist relativ einfach:

Um eine halbwegs aussagekräftige Beurteilung zu erhalten, ist die Mehrfachüberprüfung eines Kriteriums durch entsprechende Spiele und Übungen dringend erforderlich. Die ergibt sich aus der Krinner-Skala:

Liegt eine Person auf C-rechts, ist sie also durchaus selbständig, so hat sie von der anderen Seite aber immerhin noch 30 % als Verhaltensalternative. Wird nur durch eine einzige Übung die Einstellung zur Zusammenarbeit überprüft, kann es durchaus sein, dass der Teilnehmer zufällig die gegenläufige Verhaltensalternative wählt, die ja mit 30 % bei ihm verankert ist. Bei einer einzigen Beobachtung kommt man eventuell zu dem Schluss, dass er sehr teamorientiert (Stern) ist. Prüft man ihn aber durch mehrere Übungen und Spiele, werden sich die einzelnen Verhaltensweisen dort häufen (Kreise), wo er tatsächlich als Persönlichkeit steht (Kreuz) Dies ist auch der Grund, warum ein Halb-Tages-AC zu keinen fundierten Aussagen führen kann. In einer Übung können normalerweise mehrere Persönlichkeitskriterien beobachtet werden. Zum Beispiel können bei der schriftlichen Übung „Verkaufs- und Präsentationsmaterial“ das analytische Denken, Kreativität und Arbeitssystematik eingeschätzt werden. Es kann aber durchaus passieren, dass ein Teilnehmer Verhalten zeigt, das auch auf andere bzw. weitere Kriterien Rückschlüsse zulässt. Wenn er z. B. in dem Verkaufsmaterial dezidiert nicht nur Vorteile aufzeigt, sondern auch mögliche Nachteile, kann dies ein Hinweis auf hohe Verantwortungsbereitschaft gegenüber den Kunden sein. Ein anderes Beispiel: Ein Teilnehmer erarbeitet die Struktur des Verkaufs- und Präsentationsmaterials unter dem ausdrücklichen Aspekt, dass es a) im Team erstellt werden muss und dass es b) im 2er-Team in der Praxis verwendet werden soll. Dieses Verhalten weist sowohl auf die Arbeitssystematik hin als auch auf das Kriterium Teamfähigkeit. Nebenbemerkung: Um die Beobachtungen im AC in dieser Differenziertheit durchführen zu können, bedarf es geschulter Beobachter. Die Übungstypen, die zur Exploration der einzelnen Persönlichkeitskriterien eingesetzt werden, ähneln sich naturgemäß. Dementsprechend müssen diese Übungen in einer entsprechenden Dramaturgie abgestimmt eingesetzt werden, um einen Lernprozess im AC weitestgehend zu unterbinden. So wird der Übungstyp „Schriftliches Anfertigen von Unterlagen“ mehr oder weniger Erkenntnisse über analytisches Denken, Kreativität und Arbeitssystematik (Struktur!) erbringen

Aber: Je nachdem, welches Problem bevorzugt analysiert wird (Verantwortungsbereitschaft), wie ernst die Arbeit genommen wird (Verantwortungsbereitschaft), wie man sich bei dieser Arbeit mit andern austauscht (Teameinstellung), lassen diese Verhaltensweisen auch Rückschlüsse auf zusätzliche Kriterien zu. In dem genannten Beispiel handelt es sich um. Verantwortungsbereitschaft und. Teameinstellung. Ein anderer Übungstyp ist der Spontanvortrag

Üblicherweise können bei diesem Übungstyp die psychische Belastbarkeit, das analytische Denken, das Ausdrucksvermögen und die Kreativität erkannt werden. Es können aber auch – je nach Situation – zusätzliche Kriterien zutage treten, z. B. die Aufgeschlossenheit, wenn ein breit angelegtes Wissen erkennbar ist. Auch hier gilt es, Beurteilungsfehler möglichst auszuschalten. 1) Die Beobachter müssen sich selbst neutralisieren, d. h. die eigene Persönlichkeitsausprägung nicht in die Beurteilung einbringen. 2) Ein Persönlichkeitskriterium muss durch eine Vielzahl von Beobachtungen objektiv beurteilt werden. (Die Konstruktion eines AC ist entsprechend anzulegen.) 3) Die Teilnehmer eines AC sollten nicht nur nicht an der eigenen Persönlichkeit des Beobachters gemessen werden (siehe Punkt 1), sondern vielmehr an dem Durchschnittsverhalten der Bevölkerung. Also sollte immer die Frage gestellt werden: Wie würde sich der normale Deutsche, Österreicher, Schweizer in einer solchen Situation verhalten? 4) Das bei einem Teilnehmer beobachtete Verhalten muss bereinigt werden. Die Beobachter müssen sich selbst bei der Einschätzung und in der Beobachterkonferenz die Frage stellen, ob das beobachtete Verhalten nur auf ein oder mehrere Persönlichkeitskriterien zurückzuführen ist oder durch Motive und Wissen/Erfahrungen beeinflusst wird (vgl. S. 55, Abb. 24) Ein Beispiel soll die Problematik verdeutlichen: Frau Melchior hat für ihren Spontanvortrag (3-Minuten-Vortrag, 1 Minute Vorbereitungszeit) das Thema Verlässlichkeit bekommen. Sie hat den Vortrag aus dem Stegreif sehr gut durchstrukturiert (Arbeitssystematik), ist sehr auf Details (analytisches Denken) eingegangen und hat ihn mit witzigen Beispielen (Kreativität, Aufgeschlossenheit) gewürzt. Auch die Sicherheit des Vortrags ließ auf hohe psychische Belastbarkeit schließen. Die von Frau Melchior genannten Beispiele bezogen sich stark auf die Verlässlichkeit im Berufsleben und hier vorwiegend auf das Verhältnis Auftraggeber/Auftragnehmer. Der Vortrag hat die Beobachter skeptisch gemacht. In der Beobachterkonferenz wurden die Ergebnisse detailliert hinterfragt. Dabei hat sich herausgestellt (und im Feedback-Gespräch bestätigt), dass Frau Melchior im Nebenfach – mit Leidenschaft – Jura, hier bevorzugt Handelsrecht, studiert hat. Für die Beurteilung des Spontanvortrags bedeutet das, dass weder analytisches Denken noch Arbeitssystematik oder Kreativität in dem zur Schau gestellten Maße tatsächlich vorhanden waren, sondern lediglich aus angelerntem Wissen und der Erfahrung reproduziert worden sind. Sie kannte die (juristischen) Probleme im Detail, den Aufbau der Problematik und die (juristischen, z. T. komischen) Beispiele aus den Vorlesungen. Andere Übungen, die Beobachterkonferenz und das Feedback-Gespräch haben diesen Sachverhalt bestätigt. c) Feedback-Gespräch. Neben dem Aufbau des AC und der Verhaltensbeobachtung ist das Feedback-Gespräch von entscheidender Bedeutung und gleicht dem Mitarbeitergespräch. Es geht letztlich nicht darum, dem Teilnehmer seine Unzulänglichkeiten für eine Position zu konstatieren, sondern eine Persönlichkeitsbeschreibung abzugeben, die grundsätzlich in jeder Ausprägung positiv ist. Es wird immer wieder der Fehler gemacht, bei der zunächst neutralen Persönlichkeitsbeschreibung automatisch den Vergleich mit dem Anforderungsprofil der ins Auge gefassten Position einfließen zu lassen. Damit werden, vor allem wenn der Kandidat nicht geeignet ist, die Beschreibungen negativ. Bei der Verwendung der Positiv-Positiv-Formulierung aus der Krinner-Skala wird das Feedback-Gespräch positiv. Nehmen wir als Beispiel die Position des aktiven Verkäufers. Das Anforderungsprofil wird bei dem Kriterium „Kontaktfähigkeit“ sicher die Ausprägung E-/D-links aufweisen müssen

Zeigt ein AC-Teilnehmer bei der Kontaktfähigkeit ein IST-Profil bei E-rechts, so ist dieses IST-Profil seine persönliche Stärke. Stellt man aber das Anforderungsprofil mit E-/D-links diesem gegenüber, zeigt sich, dass der Teilnehmer in dieser Position seine Stärke nicht einsetzen bzw. nutzen kann. Im Gegenteil, seine Stärke wird angesichts des Anforderungsprofils zum massiven Problem. Also empfiehlt es sich, dem Teilnehmer eine andere Position anzubieten, die seiner Stärke besser entspricht. Das Feedback-Gespräch gestaltet sich unter Zuhilfenahme der Krinner-Skala recht einfach. Hier ein Beispiel zur Position aktiver Verkäufer: Beispiel: Im Anschluss an ein Zwei-Tages-AC zu dieser Position steht das Feedback- Gespräch mit Herrn Glöde an. Herr Glöde hat bei der Kontaktfähigkeit seine Stärke eher in der Zurückhaltung. Das Ergebnis der Beobachterkonferenz zeigt, dass er auf E-rechts liegt. Das Anforderungsprofil wurde dagegen auf E-/D-links festgelegt. Das Gespräch kann etwa folgendermaßen ablaufen: Beurteiler: Herr Glöde, wie schätzen Sie sich in der Kontaktaufnahme mit eher fremden Menschen ein? Halten Sie sich eher für kontaktfähig oder zurückhaltend? Herr Glöde weiß natürlich, dass man im aktiven Verkauf kontaktfähig sein muss, und antwortet dementsprechend: Herr Glöde: Naja, ich bin natürlich kontaktfähig. Beurteiler: Woran machen Sie das fest, Herr Glöde? Herr Glöde: Ich habe guten Kontakt zu den Kollegen und Mitarbeitern. Ich gehe gerne aus, so zum Beispiel jeden Donnerstag in die Sauna oder zum Skatspielen usw. Hier sollte der Beurteiler nochmals eine kurze Definition dessen geben, was Kontaktfähigkeit bedeutet, nämlich vor allem der aktive Aufbau eines positiven Kommunikationsverhältnisses mit eher fremden Menschen. Sauna oder Skat spielen mit immer denselben Freunden gehören hier nicht dazu. Nach dieser Erläuterung wendet der Beurteiler einen rhetorischen Kniff an, in dem er auch die Negativformulierung als Verstärker dazuspielt und gleichzeitig auf die konkreten Beobachtungen eingeht. Beurteiler: Herr Glöde, im AC haben wir Sie als vorsichtigen, zurückhaltenden Menschen erlebt. Das ist Ihre Stärke und prägt Ihre Persönlichkeit. Man kann nicht behaupten, dass Sie aufdringlich (Negativformulierung!) sind. Herr Glöde: Nein, nein, aufdringlich bin ich bestimmt nicht. Wenn ich verkaufe, möchte ich das seriös tun. Der Beobachter bestätigt dies nun positiv und unterstreicht bzw. bestätigt die Einschätzung noch, indem er die Verhaltensweisen im AC wiedergibt. Quasi um auch die Einschätzung zu objektivieren. Beurteiler: Das kann ich verstehen und ich unterstütze das auch. Wir haben das auch im AC beobachtet. Sie haben sich die Situation bei der Begrüßung zunächst einmal ruhig angesehen, um dann nach einiger Zeit das Gespräch aufzunehmen. Oder erinnern Sie sich an die Gespräche beim Mittagessen. Da lief es genauso. Herr Glöde: Ja, da haben Sie wohl recht. Beurteiler: Nachdem Ihre Stärke – nach unseren Beobachtungen bei der Kontaktfähigkeit – auf E-rechts liegt, das Anforderungsprofil aber E-/D-links vorschreibt, möchte ich Ihnen die Position nicht empfehlen. Sie können dort Ihre Stärke der Zurückhaltung nicht ausspielen. Ja, Sie werden vermutlich deshalb auf dieser Position permanent frustriert sein. Mit dieser Art der Formulierung lassen sich Feedback-Gespräche sogar in Gruppen durchführen. 3 Outplacement (OP) Outplacement bedeutet – grob gesagt – einen Mitarbeiter, der – aus verschiedenen Gründen – seine Position verliert, bei einer Neuorientierung außerhalb des Unternehmens zu begleiten und ihm zu helfen. Hier entsteht ein Trennungs-Stress, in dem der Mitarbeiter häufig ein Nicht-mehr-gebraucht-werden, Überflüssigkeit, Minderwertigkeit empfindet. Hier ist es umso wichtiger, seine Wertigkeit – zumindest im Persönlichkeitsbereich – zu dokumentieren. Die Positiv-Positiv-Formulierung ist hierbei von entscheidender Bedeutung. Im Gespräch ist deshalb darzustellen, wo seine Stärken als Persönlichkeit liegen (Wertschätzung) und warum er sie in einer neuen Position besser einsetzen kann. Es ist aber auch zu diskutieren, dass sich seine Position von den Anforderungen im Persönlichkeitsbereich her durch Umstrukturierungen, Änderungen in der Unternehmensstrategie oder auch durch Wechsel von Kollegen und Führungskräften gegenüber früher geändert hat und so Konfliktsituationen, Frustrationen, Probleme usw. vorprogrammiert sind. Leider wird dieser für den Mitarbeiter so wichtige Ansatz in Deutschland im Outplacement nicht ausreichend berücksichtigt. Die arbeitsrechtliche Seite wird in der Vorgehensweise normalerweise bevorzugt. Im Vordergrund stehen dann die Abfindungshöhe, die Restverweildauer im Unternehmen usw. Ein Mitarbeiter, der im Trennungs-Stress steht, ist häufig frustriert, wird aggressiv und nimmt Rache, je nach Persönlichkeit. Seine Rache heißt meist Arbeitsgericht. Mindestens 60 % aller Prozesse gehen auf dieses Schema zurück und sind unnötig. Deshalb ist es das Sinnvollste, das Auseinanderklaffen von IST-Profil des Mitarbeiters und SOLL-Profil der Position zu erläutern und gemeinsam einen Weg zu suchen, wie die nach wie vor vorhandenen Stärken des Mitarbeiters im eigenen oder in einem anderen Unternehmen besser genutzt werden können. Ein praktischer Fall, wie ein aus der Persönlichkeit resultierender Konflikt für das Unternehmen und den Mitarbeiter optimal im Rahmen des Outplacements gelöst werden konnte: Die Ausgangssituation schien unlösbar: Herr Sewald (53 Jahre, Akademiker/BWL) ist Führungskraft, Kundenbetreuer und Key-Accounter für Top-Firmenkunden seiner Bank. Mit seinem Chef, dem Vertriebschef „Firmenkunden“ Herrn Paulus, steht er zunehmend auf Kriegsfuß in Bezug auf Strategie und Vorgehensweise. Dadurch muss Herr Sewald immer stärkere, z. T. ungerechtfertigte Kritik einstecken, unter dem Motto „der Unter wird vom Ober gestochen“. Beide Seiten denken heftig über eine Veränderung bzw. Trennung nach. Herr Paulus will Herrn Sewald helfen und gibt ein Coaching in Auftrag. Das ist wenig sinnvoll, weil das Problem, das beide aufgrund der großen Unterschiede in der Persönlichkeit haben, durch Coaching nicht lösbar ist. Diese Situation ist insofern interessant, als es hier nicht um die Unverträglichkeit zwischen Anforderungsprofil Position und IST-Profil des Mitarbeiters geht, sondern um die Unverträglichkeit der Profile von zwei Personen. Die Arbeitsleistung von Herrn Sewald spielt in diesem Konflikt bezeichnenderweise keine Rolle. In der Praxis ist eine solche Situation für den Personaler oder Coach schwierig. Denn die den Konflikt auslösende Unterschiedlichkeit zwischen zwei Personen kommt eher selten offen zur Sprache. Als Gründe für den Konflikt werden Verhaltensweisen aus dem Arbeitsprozess herangezogen, die zwar richtig benannt sein können, aber nicht die eigentlichen sind. Bevor die 3. Coaching-Runde stattfindet, steht aufgrund des versteckten Konflikts bereits die Kündigung vor der Tür. Man befasst sich jetzt bereits mit dem Outplacement, da die Situation (emotional) eskaliert ist. Herr Sewald ist verzweifelt: Er fühlt sich ungerecht behandelt, hat Existenzangst, weil er bereits 53 Jahre alt und sein Job etwas außergewöhnlich ist. Die erste Stufe in dem eingeleiteten Outplacement-Prozess war, Herrn Sewald klarzumachen, warum es zu diesem Konflikt überhaupt kommt. Und dass weder der Konflikt noch die anschließende Kündigung eine Disqualifikation darstellt. Es ist durchaus sinnvoll, die Unverträglichkeit der beiden handelnden Personen – positiv/positiv – zu besprechen. Dabei müssen aber beide das Gesicht wahren können. Der Konflikt resultiert nahezu ausschließlich aus den unterschiedlichen Persönlichkeiten der handelnden Personen, und zwar im Hinblick auf Kreativität, Organisationsfähigkeit und Entschlossenheit. Bei allen drei Persönlichkeitslinien lagen Herr Sewald und Herr Paulus extrem weit auseinander. Das Outplacement kann – oder sollte – ein Ergebnis des Coachings sein

VI Motivation und Persönlichkeitskriterien. 1 Grundsätzliches zur Motivation. Die in der Literatur getroffenen Aussagen zum Thema Motivation sind nie ganz griffig und daher diffus. Dabei ist auffallend, dass Persönlichkeitskriterien im Bereich der Motivation eine untergeordnete Rolle spielen. Sehen wir uns Handlungsabläufe unter dem Aspekt der Motivation einmal ganz allgemein an, so stellen wir fest, dass es

gibt, egal wie das Motiv aussieht und welche Motivationstheorie dahinter steht. Jeder Mensch, der sich verhält – und das tun wir dauernd – hat für dieses Verhalten einen Beweggrund, ein Motiv. Er erwartet sich bewusst oder unbewusst aus diesem Verhalten einen Erfolg. Was für den Einzelnen Erfolg bedeutet, hängt ab von seinem

Der grundsätzliche Handlungsablauf sieht also folgendermaßen aus:

Betrachtet man die Beweggründe für Verhalten, so ergeben sich drei sehr unterschiedliche Ebenen. a) Das Verhalten wird durch kaum veränderbare oder beeinflussbare Instinkte gesteuert, die aus der Urzeit des Menschen übernommen sind (Fluchtverhalten, Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung, usw.) Die Ur-Instinkte fließen kaum in das Werte-System eines Menschen ein. b) Ein Mensch verhält sich gerne so, wie es seinen Persönlichkeitsmerkmalen (Kriterien) entspricht. Ein ausgeprägt kontaktfähiger Mensch macht gerne Kontakte und fühlt sich hier wohl. Solche Situationen sind für ihn Erfolgserlebnisse. Er muss nicht eigens durch Geld, Druck u. Ä. zum Kontaktemachen motiviert werden. Im Gegenteil: Legt man diesem Verhalten Hindernisse in den Weg und steckt man ihn beispielsweise ins Archiv, wird er sich dort unwohl fühlen und einen Ausweg. suchen. Oder: Ein sparsamer Mensch findet sein Erfolgserlebnis immer dann, wenn er etwas eingespart oder preiswert organisiert hat. Dieses Verhalten verschärft sich im Alter manchmal sogar bis hin zum Geiz. Es wird also ein Verhalten und der daraus resultierende Erfolg dann als positiv erlebt, wenn es in Übereinstimmung mit den Persönlichkeitsausprägungen geschieht. c) Als Letztes sind die von der Literatur aufgegriffenen Motive zu nennen. Sie sind ein buntes Gemisch aus Hypothesen und Annahmen. Hierauf soll nur insoweit eingegangen werden als sie im Zusammenhang mit den Krinner-Linien stehen. Im Gegensatz zu den Positionierungen auf den Persönlichkeitslinien stellen die Motive die am ehesten veränderlichen Beweggründe für Verhalten und damit auch die am leichtesten veränderbaren Faktoren des Verhaltens dar. So ergibt sich folgender schematischer Zusammenhang

Interessant ist die Frage, inwieweit alle die in der Literatur genannten Motive oder Motivkategorien auch auf Persönlichkeitskriterien zurückzuführen sind. Daher ist zu überlegen, inwieweit die Bedürfniskategorie „soziale Bedürfnisse“ (Maslow) auf Instinkte (Herdentrieb) oder auf das Persönlichkeitskriterium Teamfähigkeit zurückzuführen sind. 2 Persönlichkeitskriterien als Motivationsansatz. Dass ein Persönlichkeitskriterium auch die Basis der Motivation für ein Verhalten sein kann, belegt die Beobachtung, dass ein Mensch dasjenige Verhalten am liebsten zeigt, das seinen Persönlichkeitsprägungen entspricht – und umgekehrt. Diese Aussage trifft vorwiegend auf solche Persönlichkeitskriterien zu,

Das sind normalerweise diejenigen Persönlichkeitskriterien, über die sich ein Mensch definiert. Entsprechende Verhaltensweisen sind für ihn Erfolgserlebnisse. Er fühlt sich wohl. Erfordert die Situation oder das Umfeld andere, widersprechende Verhaltensweisen, wird eine Situation für ihn zum Misserfolgserlebnis. Beispiel: Nehmen wir die Persönlichkeitslinie „Teamfähigkeit“ und nehmen wir an, die Führungskraft Dr. Straub sei von ihrer Persönlichkeitsstruktur her ein ausgeprägter Einzelkämpfer, stehe also auf. D-rechts

Dr. Straub wird sich am wohlsten fühlen, wenn er die Tür seines Büros schließen und sich ganz allein der Lösung seiner Probleme widmen kann. Hat er eine Position, z. B. als Projektleiter, in der erst die Zusammenarbeit (Teamarbeit) den Erfolg sichert, wird er sich in der Situation der echten Teamarbeit sehr unwohl fühlen. Diese Situation bringt ihm aufgrund des Gegensatzes von Anforderungsprofil der Aufgabe/IST-Profil (in dieser krassen Ausprägung) sicherlich kein Erfolgserlebnis. Herr Dr. Straub wird in dieser Situation entweder

Was einzig zu all diesen Verhaltensweisen führt, ist in diesem Beispiel das dominante Persönlichkeitskriterium „Teamfähigkeit“, das bei Herrn Dr. Straub eben auf D-rechts positioniert ist. Stellt sich die Frage, inwieweit die starke Ausprägung des Dr. Straub in Richtung Einzelkämpfer (D-rechts) umgekehrt werden kann in Richtung Teamfähigkeit (in diesem Fall auf die Position Projektleiter entsprechend E-links) Sicherlich lässt sich dies durch Training von Teamtechniken bewerkstelligen, was dazu führt, dass Dr. Straub seine 20 %, über die er noch von der linken Seite verfügt, aktiviert. Da wir jedoch davon ausgegangen sind, dass es sich bei Dr. Straub hier um eine dominante Linie handelt, wird er die trainierte Technik nur ungern anwenden, weil sie ihn auf die linke Seite zwingt, die ihm eher Unbehagen bereitet – trotz bestem Training der Technik. Und trotz Technik bleibt er als Persönlichkeit grundsätzlich auf D-rechts positioniert. So kommt es, dass er nur durch Druck, verstärkte Motivation, präzise Zielsetzung oder Kontrolle auf der linken Seite gehalten werden kann. Also ist ausschlaggebend, welches Gewicht Druck und Motivation im Werte-System des Dr. Straub haben und ob sie das Gewicht seiner D-rechts-Position aufheben oder überspielen. Dr. Straub wägt unbewusst das Gewicht von Druck/Motivation gegenüber dem Erfolgserlebnis, seine Persönlichkeit zu leben, ab, d. h. gegenüber der Aversion, sich gegenläufig zu verhalten

Die Abbildung 41 zeigt, dass der Druck bzw. die Motivation zu teamfähigem Verhalten in ihrer Gewichtung weit über 113 Punkte hinaus erhöht werden muss, um Herrn Dr. Straub zu dauerhaft teamfähigem Verhalten zu bringen. Um das derzeitige Gewicht von 58 Punkten von Druck bzw. Motivation auf Gleichstand mit dem Gewicht von 113 Punkten (Persönlichkeit) zu bringen, sind zusätzlich mindestens 55 Punkte an Motivation bzw. Druck notwendig. Dies bedeutet einen enormen Führungsaufwand, um das hohe Gewicht der Persönlichkeit (hier Teamfähigkeit D-rechts=Individualismus) auch nur auszugleichen. Grundsätzlich lassen sich folgende Rückschlüsse ableiten:

um den Menschen zu einem situations- oder aufgabengerechten Verhalten zu bringen (zwingen) Mit anderen Worten: Sucht man für eine Position diejenige Persönlichkeit heraus, deren Ausprägung der Persönlichkeits-Kriterien den Anforderungen der Position entspricht, muss man sich weniger Sorgen um deren Motivation zur verlangten Arbeit machen – soweit sie aus dieser Persönlichkeitspositionierung entsteht. Exkurs für Berater: Ein Bewerber muss nicht nur dem Anforderungsprofil laut Aufgabenstellung/Stellenbeschreibung entsprechen. Er muss darüber hinaus auch mit seinem Umfeld (Vorgesetzte, Kollegen usw.) und der Unternehmenskultur zurechtkommen. Beispiel:

Diese Situation ist in der Praxis relativ häufig. Doch die Feinheiten einer Position durch ein solches Umfeld werden selten berücksichtigt

Natürlich gibt es auch in diesem Großunternehmen Mitarbeiter und Führungskräfte, die eine deutliche Teamfähigkeit mitbringen. Mit einer Teamfähigkeit D-/E-links wird der neue Projektleiter sowohl bei den Vorgesetzten als auch bei den Kollegen auf Widerstand stoßen. Zumal beide durch die Unternehmenskultur gedeckt sind bzw. in ihrer Haltung ins Recht gesetzt werden. Für den neuen Projektleiter wäre eine Ausprägung in der Teamfähigkeit bei B-/C-rechts relativ konfliktfrei. Diese Führungssituation kann durch andere Persönlichkeitskriterien erträglicher werden: durch ausgeprägtes Anpassungsvermögen und Flexibilität, der Voraussetzung für Teamfähigkeit sowie durch gute psychische Belastbarkeit, mit der der Projektleiter auf die Widerstände reagiert

Der neue Projektleiter wird ja nicht nur zur Betreuung des Status quo eingesetzt, sondern auch dafür, mit seiner Arbeit die Visionen umzusetzen. Um das einzuleiten, muss er in diesem Fall ein gewisses Maß an Verständnis für Teamarbeit und damit eine gute Ausprägung an Teamfähigkeit mitbringen. In etwa bei D-/E-links. Der neue Projektleiter gerät mit seiner Ausprägung von D-/E-links gehörig zwischen die Mühlsteine. Optimal ist eine Ausprägung B-/C-links. Gretchenfrage: Wie sieht der richtige Bewerber aus? Wahrscheinlich muss er auf B-links stehen. Um die Position aber wirklich bewältigen zu können, muss er sicherlich zusätzlich sehr flexibel (C-/D-links) und psychisch belastbar (D-/E-links) sein! 3 Vernetzte Persönlichkeitskriterien und Motivation. Ganz so einfach wie im beschriebenen Beispiel „Dr. Straub als Projektleiter“ wird sich das Verhalten in der Praxis nicht zeigen. Das Verhalten eines Menschen in einer bestimmten Situation unterliegt normalerweise nicht nur einer Einflussgröße, d. h. einem Persönlichkeitskriterium, sondern einem ganzen Bündel, wobei auch die allgemein genannten herkömmlichen extrinsischen Motive, die außerhalb der Persönlichkeitskriterien liegen, wie Anerkennung, Statussymbole, Geld, Herausforderungen usw., usw. eine Rolle spielen. Löst man das Bündel der Einflussfaktoren für das Verhalten des Mitarbeiters auf, klären sich auch viele Fragezeichen. Pauschalaussagen für die Motivation werden fadenscheinig. Sehen wir uns einen typischen Fall aus der Praxis an: Der Außendienst-Mitarbeiter einer Lebensversicherungsgesellschaft, Herr Oberhauser, hat die Aufgabe, ständig neue Kunden zu akquirieren, sie zu beraten und Abschlüsse zu tätigen. Für die Aufgabe der Neu-Akquise sind u. a. zwei Persönlichkeitskriterien notwendig:

Bei dem Außendienst-Mitarbeiter Oberhauser aus München lagen die Ausprägungen des IST-Profils bei den Persönlichkeitsmerkmalen auf der Gegenseite und entsprachen bei Weitem nicht dem Anforderungsprofil

Eigentlich ist der Mitarbeiter Oberhauser durch seine Persönlichkeitsausprägungen im Gegensatz zum Anforderungsprofil für den Versicherungsaußendienst zum Scheitern verurteilt. Seine Führungskraft Herr Mainzer bestätigt diese Beurteilung und ergänzt aber: Sie sehen, auf diese Kriterien kann man verzichten, da Herr Oberhauser sehr geldgierig ist! Das heißt, Herr Oberhauser verhält sich durch diese Motivation anders, als es seiner Persönlichkeitsausprägung entspricht

Beobachtet man das Verhalten in der praktischen Arbeit, so verhält sich Herr Oberhauser auf D-links, das heißt, in 80 % aller beruflichen Situationen geht er kontaktfähig auf ihm fremde Menschen zu! Woher kommt also die Verschiebung des Verhaltens von seiner Ausprägung C-/D-rechts nach D-links? Dass Herr Oberhauser die Rest-20-% von D-rechts in der beruflichen Praxis in 80 % (D-links) aller beruflichen Situationen, die Kontaktaufnahme erfordern, nutzt und einsetzt, kann auf viele Einflussfaktoren zurückzuführen sein, z. B. neben der extrinsischen Motivation „Geld“ auf andere Persönlichkeitskriterien, die solche Verschiebungen fördern. Sieht man sich alle Persönlichkeitsausprägungen von Herrn Oberhauser an, stellt man fest, dass seine Verantwortungsbereitschaft (D-links) ebenfalls ein starkes Persönlichkeitskriterium ist. Dieses Kriterium fällt bei der Beurteilung der Eignung von Herrn Oberhauser für den Außendienst leicht unter den Tisch, weil es für seine Aufgabenstellung nicht zu den Erfolgskriterien gehört. Im vorliegenden Falle steuert aber dieses Kriterium sein Verkaufsverhalten. Dieses Kriterium zwingt ihn, massiv die Verantwortung für

Herr Oberhauser wird sich also anders verhalten, als es seiner Kontaktfähigkeit mit C-/D-rechts entsprechen würde

Unter Umständen kann eine solche Verschiebung noch durch ein weiteres Kriterium verstärkt werden! Herr Oberhauser ist ein neugieriger Mensch, der vielseitig interessiert ist. Ein typisches Verhalten für Aufgeschlossenheit. Er ist nämlich bei der Aufgeschlossenheit auf D-links positioniert. Aufgeschlossenheit bedeutet, dass ein Mensch Neues gern aufnimmt und verarbeitet. Das könnte sein:

Beim Außendienst-Mitarbeiter Oberhauser ergibt sich aus seiner Persönlichkeitsstruktur folgendes tatsächliches Verhalten (D-links):

Eine weitere Einflussgröße ist zu berücksichtigen und von der Beurteilung der Persönlichkeit des Herrn Oberhauser auf der Basis seines gezeigten Verhaltens strikt zu trennen – seine Motivation (s. auch Abb. 39) Seine Führungskraft, Herr Mainzer, hat bei seiner Schilderung des Herrn Oberhauser darauf hingewiesen: „… da Herr Oberhauser sehr geldgierig ist.“ Die Geldgier scheint ein sehr starkes Motiv zu sein und motiviert ihn zusätzlich dazu, aktiv Kontakte mit fremden Kunden anzubahnen, um Geschäfte abzuschließen und Provision zu verdienen. Herr Oberhauser zeigt in seinem Arbeitsverhalten ausgeprägte Kontaktfähigkeit. Dieses Verhalten wird bei ihm durch zwei Persönlichkeitskriterien mit starker Ausprägung (Verantwortungsbereitschaft=D-links und Aufgeschlossenheit=D- links) und einem zusätzlichen extrinsischen Motiv (Geldgier) massiv gesteuert. Dieses beobachtete Verhalten täuscht aber über seine eigentliche Ausprägung der Kontaktfähigkeit hinweg. Herr Oberhauser ist trotz des gezeigten Verhaltens eher zurückhaltend (Kontaktfähigkeit C-/D-rechts). Im privaten Bereich wird Herr Oberhauser deutlich zurückhaltender, da die Einflussfaktoren aus dem beruflichen Bereich wegfallen. Inwieweit es zu welcher Verschiebung des Verhaltens in der Praxis kommt, ist individuell sehr unterschiedlich und hängt auch von den Ausprägungen des Werte-Systems bzw. der Motive ab. Bei der Diskussion der Beurteilung des Herrn Oberhauser mit dessen Führungskraft, Herrn Mainzer, reagiert dieser sehr praxisnah mit der Äußerung: „Mir sind diese Vernetzungen und das Werte-System eigentlich egal. Wichtig ist für mich, dass der Mitarbeiter Oberhauser sich kontaktfähig verhält und deshalb gute Umsätze macht.“ Diese Aussage ist zwar typisch, greift aber zu kurz. Das Motiv „Geldgier“ kann an Gewicht im Leben des Herrn Oberhauser verlieren, sodass dieser Einflussfaktor für kontaktfähiges Verhalten irgendwann wegfallen kann. Die Persönlichkeitskriterien „Verantwortungsbereitschaft“ und „Aufgeschlossenheit“ treiben Herrn Oberhauser in einen Konflikt. Sie zwingen ihn dazu, etwas zu tun, nämlich ständig neue Kontakte mit Fremden herzustellen, was seiner Persönlichkeit nicht entspricht. 4 Motivationsgrad, Konflikt und Frustration in der Vernetzung. a) Motivationsgrad. Inwieweit es tatsächlich zu einer Verschiebung in den Verhaltensweisen kommt und wie weit diese geht, hängt vom individuellen Werte-System bzw. den Motiven des Herrn Oberhauser ab. Und von der Stärke der beeinflussenden anderen Persönlichkeitskriterien. Die folgende Darstellung lässt sich zwar in der Praxis so nicht rechnerisch nachvollziehen, stellt hier aber ein gutes Erklärungsmodell dar. Es stehen sich konkurrierend gegenüber:

Gehen wir nun davon aus, dass Herr Oberhauser (ganz unbewusst) für sich gewichtet. (Dabei bedeutet 1: fällt überhaupt nicht ins Gewicht … und 100: hat ein extremes Gewicht für das Verhalten.)

Es stehen sich also gegenüber

Das bedeutet bei dieser Konstellation, dass Herr Oberhauser seine immer noch vorhandenen 20 % Kontaktfähigkeit unter den Einflussgrößen Verantwortungsbereitschaft, Aufgeschlossenheit, herkömmliche Motive in der entsprechenden Verkaufssituation aktivieren wird, da deren Gewicht mit 140 Punkten gegenüber dem Gewicht, sich zurückhaltend zu verhalten, mit 95 Punkten überwiegt. b) Konflikt in der Position. Solange die Verhaltensalternativen in ihrer Gewichtung so weit wie in diesem Beispiel dargestellt auseinanderklaffen, hat Herr Oberhauser oberflächlich betrachtet zunächst keinen Konflikt. Je mehr sich die beiden Werte annähern, desto größer ist der Entscheidungskonflikt. Nehmen wir an, das Werte-System des Herrn Oberhauser würde folgendermaßen aussehen:

Das Potenzial eines permanenten Entscheidungskonflikts durch die Gleichwertigkeit wäre wesentlich größer. Liegen die Werte für zurückhaltendes Verhalten mit 95 Punkten und die Summe anderer das Verhalten beeinflussender Faktoren mit 97 Punkten so nahe beieinander, so hätte Herr Oberhauser Schwierigkeiten sich zu entscheiden. In der Praxis stellt Herr Oberhauser diese Überlegungen natürlich nicht so mathematisch genau an. Er fühlt eigentlich nur, dass er ins Schleudern kommt. Sein Gefühl ist extrem ungut. Die Führungskraft muss diesen Entscheidungsnotstand des Herrn Oberhauser erkennen und ihn aus dem Konflikt befreien. Sie kann weder den Punkt 1, die Persönlichkeitsausprägung „Kontaktfähigkeit“ C- /D-rechts, verändern, noch die Punkte 2 und 3, denn diese sind bei Herrn Oberhauser in der Persönlichkeit verankert. Es bietet sich der Führungskraft die Möglichkeit, den Punkt 4 (herkömmliche Motive) weiter zu verstärken. Eine weitere Möglichkeit ergibt sich aus folgendem Umstand: Herr Oberhauser ist in seiner Persönlichkeitsstruktur zurückhaltend. Das bedeutet einerseits, dass er die zurückhaltenden Verhaltensweisen optimal beherrscht und sich hierbei wohlfühlt. Sie entsprechen ja seiner Persönlichkeit. Andererseits beherrscht er genau aus diesen Gründen die Verhaltensweisen der Gegenseite nicht. Er beherrscht die Verhaltensweisen Kontaktfähigkeit nicht. Er will sie auch nicht beherrschen, weil sie eine unangenehme Situation verkörpern. Die Führungskraft hat vielleicht die Möglichkeit Herrn Oberhauser das Kontaktverhalten durch Training näher zu bringen. c) Frustration. All diese Möglichkeiten, die die Führungskraft wahrnimmt, um Herrn Oberhauser zu Kontakt-Verhalten zu bringen, dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass er auf dieser Persönlichkeitslinie immer auf C-/D-rechts (Zurückhaltung) positioniert bleibt. Fordert man aber von Herrn Oberhauser ständig Kontakt-Verhalten, also ein tatsächliches Verhalten auf D-links,

so wird er bei einer solch extremen Lücke nach einiger Zeit zerbrechen oder ausgebrannt sein (Burnout) oder er weicht aus und zieht sich vorwiegend auf eine Tätigkeit (mit allerlei Argumenten) zurück, bei der er seine Zurückhaltung einsetzen kann, z. B. Büroarbeiten, Computerauswertungen, Tarif-Studium usw. Man kann davon ausgehen, dass eine Differenz von 4,5 Punkten (siehe Beispiel) und mehr auf dominanten Linien problematisch wird. Erfahrungsgemäß ist eine Differenz von bis zu 3 Punkten zwischen IST-Ausprägung und gefordertem Verhalten bei dominanten Linien eher unproblematisch. Bei subdominanten Linien kann eine Differenz von bis zu 4 Punkten akzeptiert werden. d) Motivation. Die Optik des Textes täuscht. Das Thema Motivation wird hier scheinbar recht nebensächlich behandelt. In Wirklichkeit erklärt sich die Motivation aus dem Gesagten von selbst

Anhand der Abb. 38 wird deutlich, dass nicht nur das Werte-System bzw. die Motivationslage das Verhalten steuern, sondern massiv auch die Persönlichkeitsausprägungen. Die einzelnen Persönlichkeitskriterien können durchaus ein deutlicher Beweggrund für das Verhalten eines Mitarbeiters sein. Aus den bisherigen Erläuterungen wird deutlich, dass ein entscheidender Einflussfaktor für menschliches Verhalten die Ausprägungen einzelner Persönlichkeitskriterien sind. Ein Mensch fühlt sich dann wohl, wenn er seinen Persönlichkeitsausprägungen entsprechend handeln kann. Er wird immer entsprechende Situationen suchen. Das bedeutet, dass er von außen gar nicht zu einem solchen Verhalten motiviert werden muss, wenn es seiner Persönlichkeitsausprägung entspricht. In der beruflichen Praxis hat das ganz einfache Auswirkungen:

VII Burnout. Burnout wird immer stärker zum Thema. Es ist meist ein deutliches Zeichen für Führungsfehler, die aus Mangel an Sozialkompetenz entstehen. Denn die Ursache für Burnout ist häufig die eindeutige Fehlbesetzung von Positionen mit Mitarbeitern, die von den IST-Profilen her massiv nicht dem Anforderungsprofil der Position entsprechen. Private Einflussfaktoren bleiben hier außer acht. Das Grundschema, aus dem sich der Burnoutprozess entwickelt, ist einfach. Dabei ist zu betonen, dass es sich um einen (Entwicklungs-)Prozess handelt. Gehen wir zurück auf die Abb. 38 und erweitern wir das Bild

Der Mitarbeiter knüpft an jedes Verhalten die Erwartung, Erfolg zu haben. Der Erfolg kann die unterschiedlichsten Formen haben, z. B. Anerkennung der Leistung, eingebunden im Team sein, Herausforderungen bestehen usw. Tritt der (erwartete) Erfolg nicht ein oder führt das Verhalten des Mitarbeiters aus dessen Sicht zu einem erheblichen Misserfolg wie Überforderung, die Unmöglichkeit seine Fähigkeit einzubringen (z. B. wenn ein kreativer Mitarbeiter in der Buchhaltung sitzt), unangenehme Kollegen usw., wird die Arbeitssituation zum Misserfolg und in der Folge zu Stress bzw. der Mitarbeiter ist frustriert. Zwei Drittel der Entwicklungsprozesse zum Burnout sind psychologischer Natur und gehen u. U. ins Psychosomatische über. Erst im letzten Drittel geht der Prozess in ein medizinisches Krankheitsbild über. Dann nämlich schädigt der Dauerstress den Kreislauf, Körperfunktionen wie die Verdauung und über die Ausschüttung von Gencorticoiden das Gehirn. Dadurch wird die Fähigkeit der Bewältigung von Stress und Aggression empfindlich eingeschränkt, sodass eine Eskalationsspirale entsteht. Der Großteil des Prozesses „Burnout“ ist im Zusammenhang mit der Persönlichkeitsausprägung eines Menschen zu sehen. 1 Burnout (Aufgabenstellung/Position) Sehen wir uns folgende Arbeitssituation an: Herr Alt ist Chefredakteur einer Monatszeitschrift im hochwertigen Modebereich. Einmal im Monat ist Redaktionskonferenz mit 13 Redakteuren. Die Redakteure sind höchst unterschiedliche Menschen, sodass es bei diesen Konferenzen reichlich chaotisch zugeht, weil jeder Teilnehmer seine eigene –zum Teil extreme – Meinung hat und diese lautstark vertritt. Normalerweise müsste im Anforderungsprofil des Chefredakteurs eine starke Ausprägung der Teamfähigkeit verzeichnet sein. Aber in dieser einzelnen Situation ist zusätzlich deutliches Durchsetzungsvermögen mit D-links gefragt

Herr Alt ist aber eine sanfte, außerordentlich kompromissbereite Führungskraft, also E-rechts. Er ist damit – rein rechnerisch – 6 Punkte vom Anforderungsprofil entfernt. Damit ist jede Redaktionskonferenz für ihn eine reine Horrorveranstaltung, in der alle über seinen Kopf hinweg diskutieren, Entscheidungen verabreden, Themen festlegen und im Grunde jeder macht, was er will. Für Herrn Alt ist eine Redaktionskonferenz eine deutlich frustrierende Situation. Er weiß, dass er sich durchsetzen muss. Aber er kann nicht, obwohl auch der Geschäftsführer dauernd darauf hinweist, dass er sich durchsetzen und die Fäden in der Hand halten muss. Auch spricht sich das Konferenz-Chaos im Haus herum. Er wird belächelt und nicht ernst genommen. So gerät er unter Dauerstress und ist alleine aus der Differenz vom Anforderungsprofil zu seinem IST-Profil massiv überfordert, zumal ihm seine Unzulänglichkeit tagtäglich vor Augen geführt wird. Inwieweit ein Mensch mit solchen Situationen fertig wird, hängt darüber hinaus noch von einem anderen Persönlichkeitskriterium ab: der psychologischen Belastbarkeit. Herr Alt ist ein sehr sensibler Mensch (E-rechts). Misserfolgserlebnisse kann er schlecht verarbeiten. Er ist sehr dünnhäutig und hat Schwierigkeiten, mit einer solchen Situation umzugehen

Gerade in solchen Situationen ist aber eine gewisse Dickhäutigkeit bzw. psychische Belastbarkeit(E-links) dringend erforderlich. Hier bahnt sich die nächste Stress-Situation an. In beiden Persönlichkeitskriterien ist Herr Alt so weit vom Anforderungsprofil entfernt, dass er seine Aufgaben als Chefredakteur – trotz Kreativität, Erfahrung und Fachwissen – nicht erfüllen kann. Burnout ist vorprogrammiert. Er brennt aus und zeigt Krankheitssymptome, die aus seiner Stellung als Chefredakteur mit seinen entsprechenden Aufgaben entstehen. Für diese Fehlbesetzung ist eindeutig die handelnde Führungskraft verantwortlich. 2 Burnout (soziales Umfeld) Es wird häufig übersehen, dass auch das soziale Umfeld wie Kollegen, Führungskräfte, Unternehmenskultur zu Burnout führen kann. Je weiter zwei aufeinander treffende Menschen auf einem oder mehreren dominanten Persönlichkeitskriterien auseinander liegen, umso eher ist ein zwischenmenschlicher Konflikt möglich. Betrachten wir das Beispiel des Chefredakteurs Herrn Alt und zwar unabhängig vom Anforderungsprofil der Position, sondern in der zwischenmenschlichen Beziehung zu seiner Führungskraft Herrn Doll (Geschäftsführer), die im Gegensatz zu Herrn Alt außerordentlich durchsetzungsstark ist

VIII Veränderung der Persönlichkeit durch Training. 1 Veränderung der Persönlichkeit durch Training. Bisher ist immer wieder angeklungen, dass ein Mensch trotz aller Einflussfaktoren (Persönlichkeitsfaktoren, herkömmliche Motive, Training usw.) auf seiner ursprünglichen Ausprägung pro Persönlichkeitskriterium verharrt

Neueste Forschungen in diese Richtung haben andere Perspektiven ergeben. Ging man vor 25 bis 30 Jahren noch davon aus, dass maximal 30 % der Persönlichkeitsstruktur genetisch bedingt und 70 % durch Erziehung, Umwelteinflüsse usw. geprägt sind, so dreht sich das Verhältnis langsam, aber sicher um. Der Verhaltensgenetiker Robert Plomin, Vizedirektor des Social, Genetic and Developmental Psychiatry Research Centre, London, spricht davon, dass der Effekt der Gene sehr groß ist, größer als wir alle vermuten, und zwar bei der Persönlichkeit und bei kognitiven Fähigkeiten. Und: Wir werden die einzelnen Gene finden, selbst bei komplexen Charaktereigenschaften, die von mehreren Genen beeinflusst sind. Steven Hyman, Direktor des National Institute of Mental Health, Washington meint: … leisten Gene ihren Beitrag zum Aufbau der neuronalen Schaltkreise im Gehirn. Schaltkreise, die unser Verhalten regulieren, sind nicht das Produkt von ein oder zwei oder zehn Genen, sondern von einer sehr großen Zahl. Die Feinregulierung bedarf der Umwelteinwirkung. Genforscher haben bislang etwa 5.000 der 100.000 menschlichen Erbanlagen identifiziert. Der Forschungsschwerpunkt lag dabei allerdings vorwiegend bei den Krankheitsgenen, also im medizinischen Bereich. Immerhin vermutet die Genetikerin Gillian Turner, dass viele Gene für Intelligenz auf den X-Chromosomen liegen. 1996 wurde das Gen DRD4 auf dem Chromosom 11 mit den Persönlichkeitskriterien Neugierde, Impulsivität oder auch Hyperaktivität in Verbindung gebracht. Das würde nach den hier getroffenen Definitionen der Aufgeschlossenheit entsprechen. Die Schwierigkeit, bestimmtes Verhalten einem Gen zuzuordnen, besteht nach neuesten Forschungen darin, dass die Kombination verschiedener Gene für eine Hormonausschüttung sorgt, die – grob gesprochen – das Verhalten steuert. Ähnliches gilt auch für das Gedächtnis, das, u. a. über das limbische System, Informationen positiv oder negativ bewertet (siehe Motivation). Auch hier gilt das zentrale Dogma der Molekularbiologie: DNA macht (Messenger-)RNA, und RNA macht Protein, wobei das Protein das Gedächtnis bzw. die Beurteilung der Information und das entsprechende Verhalten steuert. Vieles ist noch Spekulation, die erst wissenschaftlich verifiziert werden muss. Die immer wieder zu beobachtenden scheinbaren Persönlichkeitsveränderungen gegenüber der eigentlichen Persönlichkeitsausprägung, die bei der Beobachtung des Verhaltens festgestellt werden, sind mit den Krinner-Linien aber durchaus erklärbar. Die Erklärung steht in keinem Gegensatz zu den neuesten Forschungen der Humangenetiker, Neurologen und Psychologen, die besagen, dass die Persönlichkeitsausprägungen eines Menschen. relativ unveränderbar sind. Um diesen Phänomenen auf den Grund zu gehen, muss man Seite 22/23, Abb. 7/8 heranziehen

Aus dieser Abbildung wird deutlich, dass es wenig Menschen gibt, die ausschließlich kontaktfähig sind (F-links-Position) oder ausschließlich zurückhaltend (F-rechts-Position). Viele Menschen können sich je nach Situation flexibel kontaktfähig, aber auch zurückhaltend verhalten. Aber die meisten Menschen haben eine deutliche Tendenz. Angesichts der Tatsache, dass die Persönlichkeitsausprägungen eines Menschen (relativ) unveränderbar sind, sind Aussagen wie: „Durch Training machen wir den Mitarbeiter kontaktfähig und zu einem guten Verkäufer“, sehr fragwürdig. Dies gilt auch für die Ziele von Persönlichkeitsentwicklungsseminaren, sofern sie auf Persönlichkeitsveränderungen ausgerichtet sind. Durch Training kann also im Normalfall ein Persönlichkeitskriterium nicht verändert werden. Aber durch Training kann man einem Mitarbeiter zeigen, wie das noch vorhandene Potential auf der Gegenseite gezielt genutzt werden kann. Beispiel: Der Verkäufer Max Aaron ist zwar fleißig. Aber vom Persönlichkeitskriterium „Kontaktfähigkeit“ her entspricht er mit C-rechts nicht unbedingt dem Anforderungsprofil des Verkäufers mit C-links. Mit C-rechts hat er die Kontaktfähigkeit mit 30 % jedoch noch drauf. Diese 30 % gilt es durch Training zu aktivieren und zu unterstützen. Ohne eine Unterstützung neigt er dazu, der Kontaktaufnahme mit Fremden auszuweichen und nach rechts zu driften, weil dies seiner Persönlichkeit entspricht und für ihn die angenehmere Situation ist. Was ist bei Herrn Aaron im Training zu berücksichtigen? Er hat bei der Kontaktaufnahme Probleme mit dem Gesprächseinstieg. Also wird dies im Training im Vordergrund stehen. Es werden von ihm die Einstiegsformulierungen für ein Gespräch, d. h. die ersten 3 bis 4 Sätze, schriftlich entwickelt und festgehalten. 5 bis 6 Formulierungen reichen aus. Diese Formulierungen werden in Kurzrollenspielen solange praktisch geübt, bis Herr Aaron damit automatisch umgehen kann. Dadurch gewinnt Herr Aaron Sicherheit und verliert seine Scheu. Deswegen ist er aber auf dieser Persönlichkeitslinie nicht kontaktfähiger – er steht immer noch auf C-rechts –, hat aber gelernt, seine 30 % links zu nutzen. Er verhält sich nur kontaktfähiger. Das bedeutet, dass man sich vor einem Training die Adressaten genau ansehen muss, um den Trainingsbedarf richtig zu erfassen und auf die Adressaten eingehen zu können

Diese Vorgehensweise erscheint zunächst als kleinkariert, schulmeisterlich oder bürokratisch. Denn man hat es mit intelligenten Seminarteilnehmern zu tun, die die Trainingsinhalte sofort verstehen, ja sogar motiviert sind. Das mag richtig sein, aber warum werden die verstandenen Seminarinhalte häufig nicht 1:1 oder wenigstens teilweise umgesetzt? Schon Konrad Lorenz hat formuliert: 1. Gedacht ist nicht gesagt. 2. Gesagt ist noch nicht verstanden. 3. Verstanden ist nicht gewollt. 4. Gewollt ist nicht gekonnt. 5. Gekonnt ist nicht beibehalten. In Anlehnung an Konrad Lorenz. Vor allem Punkt 4 unterstreicht das oben Erläuterte. Hier kommt noch ein anderes Phänomen ins Spiel. Verhalten, Entscheidungen, Kommunikation usw. von einem Menschen laufen auf zwei Ebenen ab, nämlich auf der Sach- und auf der Emotions-Ebene (Eisberg-Modell)

Man ist früher davon ausgegangen, dass das Verhalten, die Entscheidungen, die Kommunikation usw. eines Menschen großteils von der Sach-Ebene, also von der Logik gesteuert wird. Heute ist man eher der Ansicht, dass die emotionale Ebene das Verhalten überwiegend steuert. Über die Gewichtung kann man unterschiedlicher Meinung sein. Die Aussagen der Psychologen usw. pendeln sich in etwa bei 15 % Sach-Ebene und 85 % Emotions-Ebene ein. Dies mag unwahrscheinlich klingen. Aber sieht man sich die Entscheidungen z. B. einer Führungskraft Demeter an und stellt sich die Frage: „Warum verhält sich diese Führungskraft in dieser Weise?“, kommt man häufig auf Gründe, die der Emotions- Ebene zuzuordnen sind. Fragt man aber die Führungskraft Demeter nach ihren Gründen, wird diese normalerweise mit Argumenten aus der Sach-Ebene antworten, sie rationalisiert ihre emotionalen Entscheidungen. Ein kleines Beispiel hierzu: Herr Demeter möchte die Mitarbeiterin Rubik loswerden. Er mag sie nicht. Sie ist ihm zu initiativ, zu analytisch, zu kontaktfähig usw. Herr Demeter kommt mit ihr nicht zurecht, weil er von den Persönlichkeitskriterien her massiv auf der anderen Seite steht. Fragt man Herrn Demeter, warum er Frau Rubik aus seinem Bereich entfernen will, wird er kaum die Emotionen ins Feld führen, sondern Fakten aus der Arbeit, also aus der Sach-Ebene, die hier wenig Bedeutung haben. Je weiter ein Mitarbeiter nach F tendiert, desto unangenehmer empfindet er die Verhaltensweisen auf der Gegenseite (Stress-Situation) und die Verhaltensänderung in diese Richtung, umso stärker ist sein Widerstand gegen die (antrainierte) Veränderung. Und umso stärker tendiert er zurück zu der Seite, auf welcher er seine Ausprägung hat. Und umso deutlicher und enger muss der Mitarbeiter kontrolliert werden, damit er auf der Gegenseite tätig bleibt. Grundsätzlich bedeutet ein Mitarbeiter, je weiter er vom Anforderungsprofil entfernt ist, für die Führungskraft verstärkt permanenten Führungsaufwand mit Zielvorgaben für Verhalten, langes Training und intensive Kontrolle. Ein Mensch wird also gegen das trainierte Verhalten Widerstand leisten. Und: Er wird den Widerstand mit Scheinargumenten rationalisieren. So z. B.: „Das habe ich alles schon probiert“, oder: „Der Kunde will das nicht“, oder: „Hierzu brauche ich andere Tools.“ Das letzte Argument ist problematisch, denn wird das andere Tool zur Verfügung gestellt, wird ein erneuter Bedarf nach weiteren Tools nachgeschoben. Ein weiteres Beispiel aus dem Trainingsbereich: Herr Kreutz ist in der Betriebsorganisation tätig und hat als Aufgaben, die Projektplanungen zu erstellen und die Umsetzung, Termineinhaltungen und die eingebundenen Mitarbeiter zu kontrollieren, Nachbesserungen der Ursprungsplanung zu ergänzen usw. Maßgebend für die Aufgabenerfüllung ist natürlich das Persönlichkeitskriterium „Arbeitssystematik“ mit E-links

Leider ist Herr Kreutz – so seine Führungskraft – ein Chaot. Die notwendigen Kontrollen vergisst er z. T. oder führt sie zu spät oder unvollständig durch, die Kollegen und Mitarbeiter werden nicht, zu spät oder unvollständig informiert, vor allem über die Nachbesserungen. Da Herr Kreutz über ausgezeichnetes Fachwissen, auch über die EDV-gestützte Planerstellung verfügt, schickt die Führungskraft Herrn Kreutz auf ein Intensiv-Seminar „Zeitmanagement“. Herr Kreutz freut sich, weil er dies einerseits als Anerkennung empfindet und weil er andererseits das Problem seiner chaotischen Arbeitsweise erkennt. Herr Kreutz kommt etwas zwiegespalten vom Seminar zurück. Das Zeitmanagement-Buch mit allen Unterkapiteln findet er außerordentlich hilfreich. Er hat auch einige Ideen aus dem Seminar mitgenommen, die er umsetzen will. Vieles war aber recht theoretisch und in der Praxis nicht umsetzbar. Herr Kreutz hat natürlich die Trainingsinhalte und deren Sinn logisch ohne Weiteres erfasst. Weil das Zeitmanagement seiner Persönlichkeit widerspricht, meldet er rationale Bedenken an. Er versichert aber seiner Führungskraft, dass sich ab sofort seine Arbeitssystematik deutlich verbessern wird. Herr Kreutz ist angesichts des Seminars auch davon überzeugt. In der täglichen Arbeitsroutine fällt Herr Kreutz aber Stück für Stück in seine alten Verhaltensweisen zurück. Seine ursprüngliche Persönlichkeitsausprägung E-rechts holt ihn wieder ein. Seine Führungskraft hat versäumt, die Umsetzung der Seminarinhalte in der Praxis zu unterstützen und zu kontrollieren. Das Zeitmanagement-Buch verstaubt in der hintersten Ecke. 2 Gezielter Umgang mit der eigenen Persönlichkeit. Wie schon erläutert, können die einzelnen Persönlichkeitskriterien eines Menschen in ihrer Positionierung kaum geändert werden

Wenn ein Mensch beispielsweise auf D-rechts bei Kontaktfähigkeit positioniert ist, wird er dort auch bleiben. Das heißt, er wird im Normalfall immer eher zur Zurückhaltung neigen. Es ist sinnvoll, sich dies bewusst zu machen, es sogar als persönliche Stärke zu betrachten und zu lernen damit umzugehen. Gerät ein Mensch mit einer solchen Ausprägung (D-rechts) in eine Situation, die als situationsbezogene Anforderung z. B. C-links erfordert, muss er wissen, dass diese Situation nicht seiner Persönlichkeitsausprägung D-rechts entspricht, er mithin mit dieser Situation seine Schwierigkeiten hat. Wie kann er also trotz seiner Persönlichkeitsausprägung diese Situation beherrschen? Grundsätzlich gilt: Je weiter das IST-Profil (D-rechts) vom Anforderungsprofil (C-links) entfernt ist, desto detaillierter und präziser muss er sich eigene Verhaltensziele vornehmen und umso konsequenter muss er die Erreichung seiner Verhaltensziele kontrollieren bzw. kontrollieren lassen. Beispiel: Herr Kumpf ist Mitarbeiter am Schalter einer Bank. Als er eingestellt wurde, waren seine Aufgaben, den Kunden zu bedienen, die Abwicklung der Überweisungen, Einzahlungen usw. zu gewährleisten und fachlich entsprechend Fragen der Kunden zu beantworten. Im Bereich der Kontaktfähigkeit hat er die Ausprägung bei der Zurückhaltung mit D-rechts. Das hat für die damaligen Aufgaben vollauf genügt. In den letzten Jahren hat sich das Aufgabenfeld hin zum aktiven Verkauf verändert. Das Anforderungsprofil hat sich bei der Kontaktfähigkeit auf C-links verschoben. Herr Kumpf ist mit dieser Situation zunächst überfordert. Was kann er tun, um sich in dieser Lage besser zu behaupten? Hier gilt folgender Grundsatz:

1. Schritt für Herrn Kumpf ist, sich darüber klar zu werden, wo seine Persönlichkeitsausprägung genau liegt. Hier hat er mehrere Möglichkeiten: Er kann mit seiner Führungskraft seine Mitarbeiterbeurteilung durchsprechen und analysieren. Dabei sollte er möglichst auf die Begründungen (s. Abb. 17 + 42) achten. Er kann sich auch mit einem vertrauten Kollegen austauschen. Die Fragestellung könnte sein: „Wie siehst du mich und warum?“ oder: „Welches Arbeitsverhalten könnte deiner Meinung nach verbessert werden?“ 2. Schritt für Herrn Kumpf sollte sein, sich sowohl für 3 bis 5 typische Verhaltensweisen sehr präzise Verhaltensziele zu überlegen als auch konkrete Situationen, in denen er diese Ziele umsetzen kann. Es reicht nicht, zu sagen: „In Zukunft werde ich mich kontaktfähiger verhalten.“ In unserem Beispiel muss es heißen: „Ich werde die ersten 10 Kunden, die an den Schalter kommen, mit den vorbereiteten(!) Fragen, ansprechen. Er kann sich aber auch vornehmen (konkrete Situation), bei seiner täglichen Zugfahrt zur Arbeit sein fremdes Gegenüber ins Gespräch zu ziehen, quasi als Übung. 3. Schritt: Er muss sich die jeweilige Einstiegsformulierung für ein Gespräch wortwörtlich zurechtlegen. „Ich bin jetzt froh, in Urlaub gehen zu können.“ „Haben Sie Ihren Urlaub schon hinter sich? Wo? Wie war’s?“, usw. Im Kundenkontakt muss er sich die Frage stellen:

Auch hier muss er etwas tun, was für einen Kontaktfähigen völlig selbstverständlich ist: Er muss sich Schritt für Schritt die Kontaktaufnahme überlegen und sich zu etwas zwingen, was er nur ungern macht

IX Sprachanalyse. 1 Einführung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das System der Krinner-Linien auch zur raschen Erkennung der Persönlichkeit aus der verwendeten Sprache bzw. Formulierung verwendet werden. Dabei müssen allerdings einige Punkte berücksichtigt werden: a) Es können vorwiegend Ausprägungen im E- und F-Bereich bei dominanten Linien erkannt werden. Diese Ausprägungen beeinflussen aber die Gesamt-Persönlichkeit und damit das Verhalten dieses Menschen deutlich. b) Voraussetzung ist, dass man die semantische Bedeutung der verwendeten Wörter und sogar eine möglicherweise alternative Bedeutung kennt. Notfalls muss die eigentliche Bedeutung eines Wortes für den Gesprächspartner hinterfragt werden. c) Um die Möglichkeiten der Sprachanalyse nutzen zu können, muss man extrem genau zuhören können. Bei der Sprachanalyse verwenden wir eine relativ alte psychologische Erkenntnis: die selektive Wahrnehmung. Wir gehen dabei von der Aussage aus, dass jene Informationen bevorzugt (selektiv) wahrgenommen werden, die in dem individuellen Werte-System und durch die Ausprägung eines Persönlichkeitskriteriums. positiv beurteilt werden (s. Abb. 56, linke Hälfte)

Dreht man diese allgemeingültige Erkenntnis um, so bedeutet das, dass ein Mensch bevorzugt diejenigen Formulierungen von sich gibt, die seinem Werte-System oder seiner Persönlichkeitsausprägung stark positiv oder stark negativ entsprechen (im Bild rechts) Diese Aussage unterstreicht, dass der Zusammenhang nur für dominante, d. h. deutliche Persönlichkeitslinien auf einer E-/F-Position gilt. Haben wir bisher nur von einer Positiv-Positiv-Ausprägung oder -For­mulierung gesprochen, so müssen wir für die Sprachanalyse auch die Überziehung in den negativen Bereich in Betracht ziehen und die Negativ-Negativ-Formulierungen mit berücksichtigen. 2 Grundsätzliches zur Sprachanalyse. Gehen wir von der Linie Kontaktfähigkeit aus, so haben wir bisher folgende Formulierung verwendet

Die Wörter Kontaktfähigkeit und Zurückhaltung sind positiv formuliert, reichen aber nicht aus, um einen Menschen über die Krinner-Linien mit Hilfe der Sprachanalyse rasch beurteilen zu können. Kein Mensch wird für Kontaktsituationen ausschließlich das Wort Kontaktfähigkeit verwenden. Normalerweise verwendet man im Sprachgebrauch eine Unzahl von Wörtern, die Synonyme zum Wort Kontaktfähigkeit sind, z. B. mit anderen reden, sich für andere interessieren, auf andere zugehen, extrovertiert usw. Deshalb ist es wichtig, die möglichen und gebräuchlichen positiven Formulierungen für Kontaktsituationen im Ohr zu haben. Man benötigt also als Diagnose-Instrumentarium ein breites Formulierungsspektrum pro Linie. Im Positiv-Positiv-Bereich könnte dies also folgendermaßen aussehen:

Folgen wir den bisher gemachten Aussagen, so können wir davon ausgehen, dass die meisten Menschen über diejenigen Situationen, die ihrer Persönlichkeitsausprägung entsprechen, gerne und positiv sprechen. Das bedeutet, dass sie für diese Situationen verwenden

Mit anderen Worten: Wenn jemand häufig positive Wörter und Formulierungen wie „man muss mit den Menschen reden“ oder „auf andere zugehen“ oder „sich für andere interessieren“ für Kontaktsituationen verwendet, kann man davon ausgehen, dass er im Bereich der Kontaktfähigkeit auf der Position E- oder F-links liegt, also dieses Persönlichkeitskriterium stark ausgeprägt ist. Allerdings muss immer überprüft werden, ob die Wörter oder Formulierungen überhaupt im Sinne der Kontaktfähigkeit verwendet worden sind. So kann z. B. die Formulierung „gern unter Menschen sein“ ein Hinweis auf Teamfähigkeit sein. Oder die Formulierung „sich für andere interessieren“ für Aufgeschlossenheit. Dies muss hinterfragt werden. Die Beurteilung nach Wörtern und Formulierungen im positiven Bereich kann noch durch eine zweite Beobachtungsvariante unterstützt werden. Liegt ein Mensch bei der Kontaktfähigkeit auf E- oder F-links und ist diese Linie für ihn dominant, so empfindet, spricht und verwendet er für Kontaktsituationen positive Formulierungen und Wörter. Es ist für ihn eine Erfolgs-Situation, also positiv. Andererseits hat er für Zurückhaltung normalerweise wenig Verständnis. Er mag solche Situationen und Menschen nicht. Aus diesem Grunde wird er eine solche Situation eher negativ zum Ausdruck bringen, also mit negativen Wörtern oder Situationsschilderungen. Es lässt sich also zusammenfassen: Bei einer dominanten Linie und einer E- oder F-Positionierung (links oder rechts) wird ein Mensch für die Position, auf der er selbst steht, positive Wörter/Formulierungen verwenden und für die Gegenseite eher negative Wörter/Formulierungen. Bei der Sprachanalyse ist es daher wichtig, sich auch mit den Negativ-Formulierungen zu beschäftigen, damit man auch diese negative Wortwahl im Gespräch hört und in der Sprachanalyse berücksichtigen kann

In der Abb. 59 liegt der Gesprächspartner von der Persönlichkeit her auf E-/F-links. Er wird also für Kontaktsituationen positive Wörter finden. Die Gegenseite liegt ihm nicht. Hierfür wird er vorwiegend negative Formulierungen verwenden. Menschen, die auf der rechten Seite positioniert sind, wird er negativ beschreiben, wie z. B. als scheu, introvertiert usw. Bei der Sprachanalyse muss man also sowohl auf die positive als auch auf die negative Wortwahl im Gespräch achten. Ein Beobachter muss sich nicht nur einen Wortschatz für Kontaktfähigkeit/Zurückhaltung in der positiven Formulierung zulegen, sondern auch im negativen Bereich

Die Einschätzung der Persönlichkeit kann also auf zweierlei Art erfolgen. Verwendet der Gesprächspartner für eine Situation eine positive Formulierung, deutet dies darauf hin, dass er auf dieser Seite steht und eine deutliche Ausprägung hat, denn dies ist die Seite, auf der er sich wohl fühlt. Verwendet er negative Formulierungen oder Situationsschilderungen, steht er vermutlich auf der Gegenseite. Die negative Wortwahl zeigt, dass er sich nicht wohl fühlt. Beispiel: Man betrachte den folgenden Gesprächsausschnitt und die sich anschließende Beurteilung: Herr Hölles (32 Jahre) erzählt vom ersten Tag in seiner neuen Position als Gruppenleiter Innendienst im Vertrieb einer Versicherung: „Nach meiner Begrüßung durch den Abteilungsleiter Kießling in dessen Büro habe ich mich erst mal in meinem Büro umgesehen, um ein bisschen das Ablage-System in diesem Hause kennen zu lernen. Danach sollte ich mich mit meinen neuen Mitarbeitern und Kollegen austauschen, um ein paar Fragen abzuklären. Aber ich wollte mir Zeit lassen.  Aber weit gefehlt. Plötzlich  standen 11 Leute unter meiner Tür mit einem Tablett, auf dem 12 Schnapsgläser standen. Zu meiner Begrüßung! Ich war ganz verdattert, denn ich wollte die Sache langsam  angehen lassen. Und Schnaps am Vormittag ist nicht so meine Sache. Ich bin von den neuen Kollegen richtig ausgefragt  worden. Eine neugierige Bande.  Es war aber dann doch noch ganz nett. Aber dennoch musste ich mich mit der Materie vertraut machen. Obwohl man als Branchenkenner den Außendienst der Konkurrenz kennt, war ich erstaunt, wie aufdringlich  hier die Außendienst-Mitarbeiter vorgehen. Und dass nichts von der Zentrale dagegen getan wird. Es wird ein hartes Stück Arbeit, den Außendienst auf mehr Seriosität  zu bringen. Am ersten Tag war nicht viel drin mit Arbeit. Ich wurde im Hause förmlich herumgereicht.  Zum Teil bin ich Leuten vorgestellt worden, mit denen ich nichts zu tun habe. Da ist natürlich Zeit verloren gegangen. Aber das lässt sich – zumindest von meiner Seite aus – erheblich straffen. Ich war richtig froh, als ich die Tür hinter mir zumachen  und mich endlich mit meiner Arbeit befassen konnte.“ Mögliche Analyse: Bei dieser Analyse muss in Betracht gezogen werden, dass die Gesprächsmodulation, verschiedene Motive und individuelle semantische Inhalte der Wörter/Formulierungen weder hinterfragt werden können noch eindeutig erkennbar sind. Grundsätzlich bietet die folgende Analyse Hinweise, die durch entsprechendes Hinterfragen weiter abgesichert werden müssen. Geht man von der Wahl der einzelnen Wörter/Formulierungen aus, so können sich folgende Ansätze für Kontaktfähigkeit ergeben:

Geht man von den verwendeten Wörtern und Formulierungen aus, so ergibt sich folgendes Bild:

Hier ist die Beurteilung, ob eine Formulierung positiv oder negativ ist, relativ einfach. Es gibt aber viele Formulierungen, die von unterschiedlichen Menschen unterschiedlich empfunden werden. Es wird deutlich, dass die Wörter u. U. auf andere Persönlichkeitskriterien hinweisen könnten. Das herauszuhören, erfordert ein exaktes Zuhören. Die hier beispielhaften Wörter, die im Zusammenhang mit Kontaktfähigkeit verwendet werden, können unter Umständen auch auf völlig andere Linien hinweisen

Ist man sich über die Beurteilung in einem Gespräch nicht sicher, sollte man dies nochmals hinterfragen. Fasst man die geäußerten Wörter/Formulierungen positiv und negativ zusammen, ergibt sich unter Berücksichtigung der Ausdrucksschärfe ein eindeutiger Hinweis auf die Positionierung des Herrn Hölles

Es ist weder ein Positiv-Wort für Kontaktfähigkeit noch ein Negativ-Wort gegen Zurückhaltung gefallen. Herr Hölles dürfte angesichts der negativen bzw. positiven Formulierungen aus dem Bereich „Kontaktfähigkeit“ deutlich auf E-rechts liegen. Offensichtlich handelt es sich bei der Linie Kontaktfähigkeit um eine dominante Linie des Herrn Hölles, sonst hätte er in seiner Erzählung andere Situationen, Wörter und Formulierungen gewählt und Kontaktsituationen nicht bevorzugt formuliert. Selbstverständlich sollte man in einem solchen Gespräch nicht nur auf die Wörter achten, sondern auch darauf, welche Situationen der Gesprächspartner als Erfolgserlebnis oder Misserfolgserlebnis sieht. Natürlich unter Berücksichtigung verschiedener Motive. Das Schema „Sprachanalyse“ ist in der Praxis treffsicher und zuverlässig, da Menschen von ihrer Seite eher positiv sprechen. Weil sie eben dort stehen und sich wohl fühlen. Die Gegenseite ist eher das Feindbild, der Mensch lehnt die Gegenseite ab. Es gibt eine Ausnahme: Wenn ein Mensch erkennt, dass die Seite, auf der er positioniert ist – z. B. Kontaktfähigkeit E-rechts –, zwar seine Stärke ist, ihm aber manchmal Probleme bereitet. Oder wenn er akzeptiert, dass der kontaktfähige Mensch, der an sich eher sein „Feindbild“ ist, etwas hat, was er selbst nicht hat, die Kontaktfähigkeit. Dann wird er die Gegenseite nur bedingt negativ formulieren. Denn er hätte auch gerne etwas von dieser ihm eigentlich fremden Gegenseite. Allerdings hört man im Gespräch deutlich heraus, dass diese Positiv-Formulierung einem Wunsch entspringt. 3 Anwendung der Sprachanalyse. Die Sprachanalyse kann in der beruflichen Praxis als Hilfsmittel vorwiegend. a) in der Bewerberbeurteilung, im Bewerbungsgespräch, b) im Verkaufsgespräch, c) bei Verhandlungen. verwendet werden. Also in Gesprächen, wo es gilt, möglichst rasch zu einer Beurteilung der Persönlichkeitsausprägung eines eher fremden Gesprächspartners zu kommen. Selbstverständlich eignet sich die Sprachanalyse auch für Mitarbeitergespräche, Diskussionen mit Freunden usw. Meist sind aber bei solchen Gesprächen die Partner hinlänglich bekannt. Man hat in solchen Fällen aus einer Vielzahl von Situationen beobachtetes Verhalten, das – bei richtiger Beobachtung – eine sehr viel differenziertere Beurteilung zulässt. a) Bewerbungsgespräch. Im Bewerbungsgespräch gibt es zwei Interview-Ansätze, um zu einer Beurteilung zu kommen: das unstrukturierte Interview. das strukturierte Interview. Das unstrukturierte Interview hat keine vorgegebene Struktur. Der Beurteiler stellt Fragen, hört die Antworten des Bewerbers, bewertet diese und geht mit weiteren Fragen möglichst in die Tiefe. Mit einer solchen Interview-Technik erhält man ein sehr breites Spektrum an Aussagen zu Persönlichkeitskriterien, die unter Umständen nicht nur positionsrelevant sind. Bei einem unstrukturierten Interview kommt der Sprachanalyse eine wesentliche Bedeutung zu. Denn vorwiegend über die Sprachanalyse lassen sich Persönlichkeitslinien und Persönlichkeitsausprägungen im E-/F-Bereich rasch erkennen und vertiefend hinterfragen. Im unstrukturierten Interview ist die Sprachanalyse relativ schwierig und nur von absoluten Profis anzuwenden, denn der Interviewer

Es liegt auf der Hand, dass nur eine in der Sprachanalyse sehr geübte Führungskraft in einem unstrukturierten Interview annähernd alle berufsrelevanten Persönlichkeitsausprägungen deutlich erkennen und unterscheiden kann. Die Erfahrung zeigt, dass das Erkennen solcher Informationen im Rahmen eines Bewerbungsgesprächs und der Sprachanalyse nie 100%ig gelingt

Diese Schätzung scheint zunächst unrealistisch. Sie wird verifiziert, wenn man die Interview-Praxis näher betrachtet: Viele Interviewer hören die vom Bewerber gegebenen Informationen selektiv und sehr selten in der komplett möglichen Bandbreite. Je nach Information, die selektiv herausgepickt wird, wundert sich der Zuhörer, was der Interviewer alles hört und mangels ausreichender Informationen hineininterpretiert. Das unstrukturierte Interview eignet sich auch für Gespräche, die eine breite Informationsbasis haben müssen, wie Eheberatung, Berufsberatung, psychotherapeutische Gespräche usw. Das strukturierte Interview ist wesentlich einfacher zu handhaben und dadurch für die Praxis geeignet. Die Struktur eines solchen Interviews ist vorgegeben durch die Persönlichkeitskriterien, die man mittels Interview beurteilen möchte. Der Interviewer kann sich auf ein aufgaben- oder berufsrelevantes Anforderungsprofil mit ca. 10 bis 12 Persönlichkeitslinien beschränken. Unter diesem Aspekt beherrscht der Interviewer leichter die dazugehörigen Definitionen mit dem entsprechenden Wortschatz und den gezielten Fragen bzw. Frageansätzen. Außerdem ist die Vorbereitung eines strukturierten Interviews einfacher. Der Interviewer kennt die zu überprüfenden Persönlichkeitskriterien und die dazugehörigen Definitionen. Aus diesen Definitionen gehen deutlich die für die jeweils linke und rechte Seite der für die Persönlichkeitslinie typischen Situationen, Verhaltensweisen oder der möglicherweise verwendete Wortschatz hervor. Auf dieser Basis können Fragen vorbereitet werden, die Antworten bezüglich der typischen Situationen/Verhaltensweisen ergeben. Außerdem ist das Gespräch über die gezielte Fragetechnik besser (der Struktur entsprechend) zu steuern. Eine offene Frage, auch wenn sie gezielt ist, ergibt meist mehrere Informationen, die für eine Beurteilung Erkenntnisse bringen. Beispiel: Ein Interviewer möchte die psychische Belastbarkeit prüfen und stellt im Bewerbungsgespräch die offene Frage: „Warum wollen Sie wechseln?“ So könnte sich folgender Ablauf ergeben

Abgesehen davon, dass jeder Bewerber auf solche Fragen wartet und die Antworten vorbereitet hat, ergeben sich doch verwertbare Informationen, wenn man tiefer hinterfragt. Am deutlichsten weist die Antwort 3 auf das Kriterium psychische Belastbarkeit hin. Da aber noch Zweifel bestehen, muss diese Antwort weiter hinterfragt werden, um festzustellen, ob der Bewerber auch wirklich die psychische Belastbarkeit meint. Das heißt, der Interviewer hinterfragt die Antwort 3, bis er endgültig sicher ist. Der Bewerber hat aber noch Hinweise auf mögliche andere Kriterien (Durchsetzungsvermögen, Teamfähigkeit, Initiative, Aufgeschlossenheit) durchblicken lassen. Der Interviewer kann jetzt auf die Antworten 1 und 2 zurückgreifen, wenn sie entsprechend dem Anforderungsprofil von Interesse sind, und weiter hinterfragen. Ansonsten ignoriert er diese Informationen. Ein Profi wird allerdings auch Persönlichkeitskriterien außerhalb des Anforderungsprofils prüfen. Voraussetzung ist, dass die Informationen deutlich genug formuliert werden, also auf eine starke Ausprägung hinweisen, und dass sie die zukünftigen Aufgaben des Bewerbers tangieren. Beispiel: Im Folgenden ist auszugsweise das Protokoll eines unstrukturierten Bewerber-Interviews wiedergegeben. Zwei Persönlichkeitskriterien treten hier sehr deutlich und relativ eindeutig zutage. Die Frage ist: Um welche Kriterien handelt es sich und für welche Position ist Herr Marquedant mit diesen Ausprägungen ideal geeignet? Auszug aus dem Protokoll eines Bewerbungsgesprächs. Interviewer: „Zu Ihrem Lebenslauf habe ich noch eine Frage, Herr Marquedant. Was hat Sie veranlasst, 2007 Ihre Position bei der Firma HORCH aufzugeben? Wie ist das denn gelaufen?“ Herr Marquedant: „Das ist also eigentlich ganz interessant  gelaufen. Im Grunde genommen habe ich an keine Neuorientierung gedacht, denn ich war gerade mit einem neuen Projekt  beschäftigt, mit dem ich großen Spaß  hatte. Außerdem stand meine Teilnahme an einem dreitägigen Kongress vor der Tür, wo ich auch als Redner bei der Podiumsdiskussion vorgesehen war. Kurz und gut,  ich hatte dann auf dem Flug Zürich–Frankfurt eine äußerst interessante Diskussion mit dem Personal-Mann meines derzeitigen Arbeitgebers, an deren Ende der Termin für einen weiteren Kontakt stand, und daraus entwickelte sich ein Angebot, das ich kurz entschlossen  angenommen habe.“ Interviewer: „Und was sagte Ihr damaliger Chef bei HORCH zu dieser Entwicklung?“ Herr Marquedant: „Ach wissen Sie, obwohl die mich gerne gehalten hätten, haben die zu lange rumdiskutiert,  ohne dass dabei ein fundiertes Ergebnis herausgekommen wäre.“ Interviewer: „Und bereuen Sie den Schritt aus heutiger Sicht?“ Herr Marquedant: „Nein, eigentlich nicht. Das Betriebsklima, das Einkommen und die Kollegen waren bei HORCH in Ordnung. Aber die neue Position war eine starke Herausforderung,  vor allem, weil es doch eine ganz andere Branche ist. Auch glaube ich, dass dieser Wechsel meinem beruflichen Fortkommen nützt. Sicher hatte ich auch bei HORCH gute Chancen, aber die Entwicklungsmöglichkeiten im fachlichen Bereich sind in der derzeitigen Position weitaus interessanter.“ Interviewer: „Und was veranlasst Sie, sich heute nach einer anderen Position umzusehen?“ Herr Marquedant: „Schauen Sie, als Marketing-Mann ist man eher im kreativen Bereich angesiedelt, d. h., man ist in diesem Beruf stark auf Ideen, auf Anregungen angewiesen . Und die erhält man vor allem dann, wenn man immer neue Aufgabenstellungen annimmt. Auch der Erfahrungsschatz erweitert  sich enorm. Und die Systeme und Techniken lassen sich ja von einer Branche auf die andere übertragen.“ Interviewer: „Haben Sie sonst noch Gründe, eine neue Aufgabe zu übernehmen?“ Herr Marquedant: „Naja, ich möchte auch von der Entwicklung und dem Einkommen her weiterkommen.“ Interviewer: „Was haben Sie bisher in dieser Richtung unternommen?“ Herr Marquedant: „Zunächst habe ich das Studium so angelegt, dass es möglichst breit gefächert L und interessant war: Dann habe ich einen Arbeitgeber in einer progressiven Branche gesucht, bei dem ich möglichst viel Neues M lernen konnte. Ich hatte dort relativ viele unterschiedliche Arbeiten in mehreren Abteilungen über vier Jahre hinweg. Dann habe ich mich in der Firma TABOS etwas spezialisiert. Und zwar habe ich mit einer Projektgruppe ein neues Verkaufsförderungs-System entwickelt und in der Durchführung geplant. Mein nächster Schritt in meiner beruflichen Planung war dann HORCH, weil HORCH einen guten Ruf in der Marketingplanung hat …“ Abgesehen von weiteren auswertbaren Formulierungen treten bei Herrn Marquedant zwei Persönlichkeitskriterien in den Vordergrund:  kurz und gut  kurz entschlossen  lange rumdiskutieren

Diese Formulierungen deuten auf eine starke Ausprägung bei Entschlossenheit in Richtung D-/E-links hin. Dabei zeigt die Formulierung  „lange rumdiskutieren“ eine Situation, die Herr Marquedant als unangenehm empfindet und die darauf hindeutet, dass er deutlich auf der linken Seite steht  großer Spaß am neuen Projekt  weitaus interessanter  Erfahrungsschatz erweitern. und die Punkte , , ,  und L, M deuten auf ein zweites Kriterium hin: Aufgeschlossenheit mit D-/E-links

Herr Marquedant ist aufgrund seiner Persönlichkeitsausprägung – entschlossen und aufgeschlossen – auf diesen Linien sicher nicht für eine Position geeignet, die auf Kontinuität, auf langsames Entwickeln, auf gründliches Überprüfen von Entscheidungen setzt. Die Persönlichkeitsausprägungen können für Positionen in der Personalverwaltung, in langfristigen Förderprojekten, Unternehmensplanung usw. problematisch werden. Positionen im Bereich Marketing, Touristik-Projekte, Training, Verkaufsförderung usw. scheinen für Herrn Marquedant besser geeignet. b) Verkaufsgespräch. Bei den meisten Verkaufsgesprächen wird mit komplizierter Verkaufstechnik darauf geachtet, richtige Fragen zu stellen, Einwände erfolgreich zu behandeln, optimale Argumente zum Produkt oder der Dienstleistung zu liefern. Dabei geht man nicht nur auf die sachlich-logischen Vorteile ein, sondern u. U. auch auf eine ganze Reihe von in der Literatur gängigen Motiven. Soweit ist das alles schön und gut. Was aber häufig neben den rationalen Argumenten und den üblichen Motiven eine Rolle spielt, sind ausgeprägte Persönlichkeitskriterien des Kunden, die allerdings auch häufig in der Nähe der Motive liegen (s. Abb. 52) In einem Verkaufsgespräch ist es von entscheidender Bedeutung, derartige Persönlichkeitsausprägungen zu erkennen und sich als Verkäufer entsprechend in der Argumentation, Demonstration, Einwandbehandlung usw. zu verhalten. Denn je stärker der Verkäufer auf der entgegengesetzten Seite des Kunden steht, handelt und argumentiert, desto eher wird die Situation für den Kunden zu einem Misserfolgserlebnis und der Verkäufer zum Feind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch Produkte durch Werbung emotional aufgeladen sind. „Geiz ist geil“ trifft eher auf Kunden mit der Persönlichkeitslinie sparsam/großzügig, Automarken haben bestimmte Zielgruppen (BMW, Mercedes) usw. Einfache Beispiele aus der Praxis belegen das. 1. Beispiel: Beim Verkauf von Lebensversicherungen wird häufig mit der Vorsorge für die Familie argumentiert. Hiermit spricht man das Persönlichkeitskriterium Verantwortungsbereitschaft an. Steht der Kunde aber stark auf der Seite der Unbeschwertheit, zeigt er nur ein marginales Verständnis für die entsprechende Argumentation des Verkäufers. Er sieht in ihm etwas Gluckenhaftes, Verkrampftes, einen Moralapostel usw. 2. Beispiel: Banken argumentieren häufig mit Zins-Vorteilen, Performance usw. und stellen Prozentvorteile, wo sich erst nach dem Komma Unterschiede ergeben, in den Vordergrund. Die Bankberater setzen hier auf die Persönlichkeitsausprägung Sparsamkeit. Der Kunde, der großzügig ist, legt aber auf solche Kleinigkeiten keinen Wert, bezeichnet den Berater als Pfennigfuchser, kleinkariert und stellt sich nur widerwillig der Diskussion. Er nimmt unter diesen Umständen eine ablehnende Haltung ein. Gleiches gilt für kostenlose Kontenführung, niedrige Depotgebühren usw. Im Folgenden haben wir eine typische Beratungssituation aufgezeichnet, in der der Anlageberater die Persönlichkeit des Kunden völlig verkennt und Schiffbruch erleidet. Frage ist hier: Wo liegt der Fehler? Was hätte der Berater erkennen können? Protokoll eines Beratungsgesprächs. Herr Gander, Anlageberater im renommierten Bankhaus H + B, ist es letzte Woche gelungen, für heute, Mittwochmorgen, 10.00 Uhr, einen ersten Kontakttermin mit Herrn Dr. Neubert zu machen. Herr Gander weiß über Herrn Dr. Neubert nicht allzu viel, eigentlich nur, dass Herr Dr. Neubert Mehrheitsaktionär und Vorstandsvorsitzender der F.S. Riepolt AG, Nahrungsmittel ist. Die offengelegten Gewinne des Unternehmens steigen – ebenso wie der Umsatz – von Jahr zu Jahr. Die Produktpalette wird ständig aktualisiert und lässt eine erfolgreiche Nischenpolitik erkennen. Herr Dr. Neubert scheint – nach dem, was man so weiß – sein Vermögen vor allem in Immobilien angelegt zu haben und er gehört angeblich zu den reichsten Männern der Stadt. Nachdem Herr Gander 10 Minuten gewartet hat, wird er zu Herrn Dr. Neubert ins Büro gebeten. Nach der Begrüßung entwickelte sich folgendes Gespräch: Herr Gander: „Sicher kennen Sie unser Haus …“ Herr Dr. Neubert: „Naja, eigentlich nur vom Hörensagen.“ Herr Gander: „Dann erlauben Sie bitte, dass ich Ihnen unser Haus vorstelle, damit wir im Anschluss daran über Anlagemöglichkeiten diskutieren können.“ Herr Dr. Neubert: „Aber ich mache Sie gleich darauf aufmerksam, dass meine Zeit heute sehr knapp  bemessen ist, sodass das sicher nicht für einen detaillierten  Informationsaustausch reichen wird. (Herr Dr. Neubert sieht stirnrunzelnd auf seine Uhr.) Sie können sich vorstellen, dass ich viele Angebote und Informationen von Banken erhalte, die leider nicht immer fundiert  sind. Außerdem bin ich im Großen und Ganzen mit meiner Bankverbindung sehr zufrieden.“ Herr Gander: „Es freut mich, dass Sie mit Ihrer Bank zufrieden sind. Damit ich Ihre Zeit nicht überstrapaziere, möchte ich Ihnen unser Konzept anhand dieser Unterlagen darlegen.“ (Herr Gander beginnt mit der ersten Seite des Konzepts …) Herr Dr. Neubert hakt bei der weltwirtschaftlichen Aussicht und den Prognosen ein: „Aber gerade die derzeitige Währungssituation im Zusammenhang mit der Finanzkrise hat gezeigt, dass die Analysen viel zu oberflächlich  waren. Alle Welt ist von der Entwicklung überrascht worden. Das Risiko ist doch aus solchen Imponderabilien bei internationalen Anlagen sehr hoch. Da nützt auch der MSCI Weltindex nicht viel weiter.“ Herr Gander: „Oh, Sie kennen sich ja gut aus im Portfoliomanagement.“ Herr Dr. Neubert: „Ach wissen Sie, Herr Gander, wenn Sie Geld im größeren Umfang anzulegen haben, muss man sich auch mit den Analyseverfahren  der Portfolio-Manager auseinandersetzen. Einmal werden bei der Methodengläubigkeit  dieser Leute immer wieder Kleinigkeiten,  die aber wesentlich sind, übersehen. Zum anderen muss ich sowohl meiner Familie gegenüber als auch als verantwortlicher  Finanzvorstand meine Entscheidungen bis ins Detail  vertreten können.“ Herr Gander: „Interessant. Und um welche Beträge geht es bei Ihren Anlageentscheidungen?“ Herr Dr. Neubert: „Dazu kommen wir vielleicht später, aber fahren Sie in Ihren Darstellungen einmal fort, damit wir zügig L. weiter­kommen.“ Herr Gander fährt fort, jede Seite des Konzepts seiner Bank ausführlich zu erläutern. Anschließend versucht er, das Gespräch mit einer Situationsfrage an sich zu ziehen. Herr Gander: „Wie viele Mitarbeiter haben Sie, Herr Dr. Neubert, in Ihrem Unternehmen eigentlich?“ Herr Dr. Neubert: „Das kann ich Ihnen genau sagen, da ich gerade die Personalstatistik erhalten habe: 82 leitende Angestellte, 498 angestellte Mitarbeiter und 319 gewerbliche Mitarbeiter. Aber inwiefern ist das für unser Gespräch wichtig?“ Herr Gander: „Ich möchte mir einen Überblick über die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit verschaffen. Herr Dr. Neubert: „Ja gut. Aber zunächst noch eine Frage von mir. Sie sagen, Sie bieten mir verwertbare detaillierte M Informationen im Rahmen der aktiven N Anlageberatung an. Gehen Sie einmal davon aus, dass ich ein Konglomerat von verschiedenen Papieren im Depot bei Ihnen hätte; sagen wir einmal in Euro 1,6 Mio. Nestlé, 450.000 Farben Bayer, ca. 700.000 TRAVENOL und 1,2 Mio. BMW. Welche Informationen hätten Sie mir in den letzten zwei Monaten gegeben und wie hätten Sie das organisiert?“ O. Herr Gander: „Nun ja, da müsste ich – wie schon gesagt – Ihr Anlageziel, d. h. Ihren Informationsbedarf, wissen. Dann hätte ich Ihnen ein Dossier zu den Papieren gesandt, bei denen Veränderungen zu erwarten sind. Wir hätten dann Umschichtungsmaßnahmen besprochen und Ihre Aufträge weisungsgemäß umgesetzt.“ Herr Dr. Neubert: „Tja, das ist auch ein vernünftiger Weg. Momentan habe ich keinen Handlungsbedarf. Ich sagte ja schon, dass ich mit meiner Bank zufrieden bin. Leider habe ich jetzt gleich einen Termin, sodass ich abbrechen muss. Ich danke Ihnen für das interessante Gespräch und werde mich wieder melden. Vielen Dank nochmals.“ Einige Minuten nachdem Herr Gander gegangen ist, sagt Herr Dr. Neubert zu seiner Sekretärin: „Der wird bestimmt nach 2 bis 3 Wochen wieder anrufen. Ich kenne diese Typen. Ich bin dann immer in einer Besprechung. Oder besser: Sie sagen, es hätte sich noch keine Veränderung ergeben. Ich würde zurückrufen.“ Aus dem Gespräch wird deutlich, dass verschiedene Persönlichkeitskriterien in diesem Gespräch wichtig sind. Dr. Neubert hat vermutlich folgende Ausprägungen, die von der Sprachanalyse her deutlich werden und im Beratungsgespräch berücksichtigt werden müssen

Der Fehler des Herrn Gander ist, dass er die Bank oberflächlich, aber zu ausführlich (contra Entschlossenheit) erläutert und bei Fachfragen, die Herrn Dr. Neubert interessieren, nicht tief genug ins Detail (contra analytisches Denken) geht. Selbstverständlich ist die Situation nicht immer so deutlich und schwerwiegend. Aber in ca. 60 % der Verkaufsgespräche lohnt es sich, auch auf die Persönlichkeit des Kunden zu achten und dementsprechend zu agieren und zu argumentieren. Der Verkäufer macht leider immer wieder den Fehler, aus der eigenen Persönlichkeit heraus zu argumentieren und zu handeln. Bei Kunden, die in etwa seiner Persönlichkeit entsprechen, erzeugt er Sympathie, bei anderen im Extremfall aber Antipathie. c) Verhandlungen. Beobachtet man Diskussionen und Verhandlungen zu einem Thema, erkennt man mehr oder weniger deutlich, dass neben der Sachlichkeit ein gerüttelt Maß an Emotionen und Persönlichkeitskriterien mitspielt. Auch hier beeinflussen Emotionen die Kommunikation eher im Hintergrund und werden rationalisiert bzw. mit sachlichen Argumenten versehen. Es ist sehr zielführend, in einer Verhandlung die emotionale Ebene des Gesprächspartners in der Gesprächsführung zu berücksichtigen. Einerseits werden je nach Thema und Faktenlage solche Gespräche sicher sachlicher geführt werden als im privaten Alltag. Andererseits spielt die Emotions-Ebene eine größere Rolle als man gemeinhin annimmt. Das heißt, man sollte den Aufbau des Gesprächs und die Argumentation auch an der Emotionslage des Gegenübers ausrichten. Berücksichtigt man dies nicht, kann es passieren, dass sich persönliche Aversionen aufbauen, weil man nicht die gleiche emotionale Ebene findet (Sympathie/Antipathie). Damit entstehen gegenläufige und sich verschärfende Einstellungen und Argumentationsketten. Wenn man sich in der Diktion nicht auf sein Gegenüber und dessen Persönlichkeit einstellt, kann sich eine Konfliktsituation aufbauen. Bei Verhandlungen und Diskussionen ist noch ein anderer Punkt zu berücksichtigen: Der Verhandlungsgegenstand, das Konzept, also die Maßnahmenplanung und die zur Diskussion stehende Vorgehensweise, sollte so präsentiert werden, dass es mit den Persönlichkeitslinien des Gesprächspartners oder Entscheiders konform geht. Natürlich nur soweit dies möglich ist und das angestrebte Ziel nicht unterlaufen wird. Beispiel: Dr. Geiß, Marketingleiter einer Versicherung, stellt in der Runde der Ressortleiter sein neuestes 5-Jahres-Konzept vor. Unter ihnen sind u. a. die Ressortleiter Recht (Dr. Frasler), Finanzen (Herr Reimer) sowie die Chefs der Sparten „Leben“ (Dr. Manhardt) und „Industrieversicherungen“ (Herr Vogel), beide Mathematiker. Herr Dr. Geiß startet seine 1,5-stündige Präsentation. Mit vollem Engagement stellt er das Marktziel des Konzepts dar, die außergewöhnlichen, kreativen Ansätze, mit denen er die Ziele realisieren möchte, die Kosten des Gesamtkonzepts (Euro 11,3 Mio.) und geht dann auf einige Highlights aus der geplanten Werbekampagne und des Internetauftritts ein. Unter Marketingprofis wäre das vorgelegte Konzept das Musterbeispiel einer Top-Arbeit. Dr. Geiß fällt aber aus allen Wolken, als er in die skeptischen, ablehnenden Gesichter seiner Zuhörer blickt. Bei der aufkeimenden, sehr negativen Diskussion verteidigt Dr. Geiß seine Werbeideen, das Budget (das wahrscheinlich sehr eng kalkuliert ist) und sein Gesamtkonzept. Nachdem die Diskussion ins Abseits führt, wird eine Entscheidung über das Konzept vertagt. Herr Dr. Geiß hat das mulmige Gefühl, dass bei der nächsten Diskussion nicht viel von seinem Konzept übrig bleibt. Sehen wir uns dieses Beispiel etwas näher an: Das Konzept des Herrn Dr. Geiß mag sachlich exzellent sein. Allerdings hat er bei seiner Präsentation die Persönlichkeitslinien seiner Zuhörer nicht berücksichtigt und hat eine Negativ-Einstellung aufgebaut. Das mittelfristige, kreative Marketingkonzept hat in diesem Fall fünf typische Persönlichkeits-Komponenten: Arbeitssystematik (mittelfristige Planung), Kreativität, Aufgeschlossenheit (Akzeptanz neuer Ansätze). Hinzu kommen noch die Persönlichkeitslinien „Umgang mit Ressourcen“ (sparsam gegen großzügig) und vermutlich „analytisches Denken“. Das heißt, dass ein Marketingkonzept am ehesten von Menschen akzeptiert wird, die von der Persönlichkeit her Verständnis für die Persönlichkeits-Komponenten, die in diesem Marketingkonzept liegen, haben. Die erforderlichen Ausprägungen auf den folgenden Persönlichkeitslinien, mit denen das Konzept positiv aufgenommen wird, könnten folgendermaßen aussehen:

Begründung: Ein grundlegendes Konzept erfordert viel Aufgeschlossenheit, um sich mit diesen Ansätzen zu beschäftigen, sie zu durchdenken und eine Realisierung ins Auge zu fassen – also D-links (Kreuz)

Begründung: Mittelfristige Marketingkonzepte können nicht im Detail exakt auf 5 Jahre durchgeplant werden, sodass der Faktor „Improvisation“ eine große Rolle spielt – also D-rechts (Kreuz)

Begründung: Um außergewöhnlich kreative Ansätze zu akzeptieren, ist E-links unabdingbar. Die rechte Seite hat für solche Spinnereien nichts übrig – also E-links (Kreuz)

ad 1) Der Unternehmenskultur entsprechend setzen alle Teilnehmer eher auf die Erfahrung, auf das Bewährte, sind also alles andere als aufgeschlossen. Motto: Das haben wir ja noch nie gemacht. Positionierung der Teilnehmer: Aufgeschlossenheit D-rechts (Kreis). Herr Dr. Frasler (Recht) rationalisiert sein Unbehagen mit erheblichen rechtlichen Bedenken. Adäquates Vorgehen von Herrn Dr. Geiß:

ad 2) Sowohl Herr Reimer als auch die Sparten-Chefs Dr. Manhardt und Herr Vogel sind recht systematische, strukturierte Menschen – man könnte fast sagen kleinkariert – und kommen mit dem im Detail unpräzisen Konzept nicht zurecht. Positionierung der Teilnehmer: Arbeitssystematik D-links (Kreis) Adäquates Vorgehen:

ad 3) Positionsbezogen muss keiner der Teilnehmer kreativ sein und ist es auch nicht. Ihre Einstellung, vor allem zur Werbung, ist dementsprechend negativ. Motto: Was sollen die Spinnereien? Wir sind ein seriöses Unternehmen. Bis hin zu: Das ist geschmacklos. Positionierung der Teilnehmer: Kreativität D-rechts (Kreis) Adäquates Vorgehen:

ad 4) Alle Teilnehmer sind es gewöhnt, sehr analytisch zu denken, vor allem Recht und die beiden Mathematiker. Die zwangsweise oberflächliche Darstellung von Dr. Geiß irritiert die Teilnehmer und sie unterstellen ihm schlampiges Vorgehen. Positionierung der Teilnehmer: analytisches Denken E-links (Kreis) Adäquates Vorgehen:

ad 5) Zumindest Herr Reimer (Finanzen) schluckt bei dem Investitionsbetrag von Euro 11,3 Mio. und wird deutlich seine Bedenken anmelden. Die anderen Teilnehmer werden auf den Zug aufspringen, da sie damit ihr Unbehagen aus den Punkten 1 bis 4 rationalisieren können. Positionierung Herr Reimer: Sparsamkeit C-/D-links (Kreis) Adäquates Vorgehen:

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