Europa
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Zygmunt Bauman. Europa
Danksagungen
INHALT
VORWORT
1. EIN ABENTEUER NAMENS „EUROPA“
2. IM SCHATTEN DES IMPERIUMS
3. VOM SOZIALSTAAT ZUM SICHERHEITSSTAAT
4. UNTERWEGS ZU EINER EUROPAFREUNDLICHEN WELT
ANMERKUNGEN
ULRICH BECKSinn und Wahnsinn der Moderne
Отрывок из книги
Für das Denken Zygmunt Baumans sind Gesellschaftsgeschichte, Soziologie und Theorie der Moderne aufs Engste miteinander verknüpft. Das zeichnet auch sein erstmals 2004 in England erschienenes Buch „Europa. Ein unvollendetes Abenteuer“ aus. Mit seinen tief in der europäischen Geistesgeschichte verwurzelten Essays plädiert er für ein Festhalten am Projekt Europa.
Zygmunt Bauman lehrte an den Universitäten Warschau (bis 1968), Tel Aviv (bis 1971) und Leeds (bis 1999). Zahlreiche Veröffentlichungen, viele liegen auf Deutsch vor u.a.: „Flüchtige Moderne“, „Vom Nutzen der Soziologie“. Eines seiner Hauptwerke ist „Dialektik der Ordnung. Die Moderne und der Holocaust“ (eva taschenbuch).
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Einige formell souveräne Einheiten, ja eine wachsende Anzahl von ihnen, sind in der Praxis auf den Rang von lokalen Polizeirevieren herabgesunken, die sich bemühen, ein Quäntchen an Recht und Ordnung zu sichern, das notwendig ist für den Verkehr, dessen Kommen und Gehen sie weder beabsichtigen noch kontrollieren können. Wie groß auch immer die Distanz zwischen ihrer Souveränität de jure und ihrer Souveränität de facto sein mag – gleichwohl sind sie alle gezwungen, lokale Lösungen für global erzeugte Problemen zu finden – eine Aufgabe, die weit über die Fähigkeit aller hinausgeht, vielleicht mit Ausnahme einer Handvoll der reichsten und erfinderischsten unter ihnen.
Die Europäer, wie die meisten anderen Bewohner des Planeten, sehen sich gegenwärtig der Krise der „Politik, wie wir sie kennen“, gegenüber, während sie mit aller Kraft versuchen, lokale Lösungen für globale Herausforderungen zu finden oder zu suchen. Sie finden, dass die gegenwärtig entwickelten Methoden, Dinge zu tun, nicht wirklich funktionieren, während alternative und effektive Weisen, Dinge zu erledigen, noch nirgends in Sicht sind (eine Situation, die von dem großen italienischen Philosophen Antonio Gramsci als Zustand des „Interregnums“ bezeichnet worden ist – das heißt, einer Zeit, in der das Alte schon tot ist oder im Sterben liegt, das Neue aber noch nicht geboren ist). Ihre Regierungen, wie so viele andere außerhalb Europas, befinden sich in einer „Doppelbindung“. Freilich anders als im Fall der meisten anderen Bewohner des Planeten ist die Welt der Europäer ein drei-, nicht ein zweistöckiges Gebäude. Zwischen den globalen Mächten und der nationalen Politik gibt es die Europäische Union. Dieses Eindringen eines „vermittelnden Gliedes“ in die Kette der Abhängigkeiten trübt die ansonsten klare Trennung vom Typ „wir-und-sie“. Auf welcher Seite steht die Europäische Union? Ist sie Teil „unserer“ (autonomen) Politik oder „ihrer“ (heteronomen) Macht? Von einer Seite aus gesehen erscheint diese Union als Schutzschild, der das Aggregat individueller Staaten, von denen viele zu schwach und zu winzig sind, als dass sie davon träumen könnten, den strengen Anforderungen an eine souveräne Existenz zu genügen, vor den schlimmsten Exzessen der ungezügelten und skrupellosen globalen Mächte schützt. Von der anderen Seite aus gesehen erscheint die Union als eine Art Fünfter Kolonne ebenderselben globalen Mächte, als ein Satrap fremder Eindringlinge, „ein innerer Feind“ – und alles in allem als eine Vorhut von Kräften, die sich verschworen haben, die Chancen der Nation wie des Staates auf Souveränität zu untergraben und letztlich null und nichtig zu machen: eine Wahrnehmung, die von den Sirenenstimmen der Neonationalisten ebenso skrupellos wie doppelzüngig als Heilung für die Krankheiten ausgebeutet wird, zu deren Ursachen ihre Realität gehört.
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