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Ross und Mei Chen beeilten sich, aus dem Thunderbird zu kommen. Auf dem kurzen Weg zum Strandhaus fingerte der kleine Mann in seinen Taschen nervös nach dem Schlüssel.

Das Haus war im Stil einer spanischen Hazienda gebaut. Die Wände waren weiß getüncht, die arkadenartigen Vorbauten spendeten viel Schatten, während sich die Balkone gierig dem bereits schwächer werdenden Sonnenlicht entgegenreckten.

Montague Ross stieß aufgeregt den Schlüssel ins Schloss.

Gleich darauf stürmte er mit seiner chinesischen Freundin ins Haus.

„Schließ die Tür, Mei Chen!“, keuchte er. Er lief durch die mit Tigerfellen dekorierte Halle. Über den Fellen kreuzten sich alte Schwerter und Helebarden, Schilder von Rittern, Helme, Musketen und eiserne Gesichtsmasken vervollständigten diese mittelalterliche Sammlung.

Ross riss die Schiebetür zur Seite und hastete in sein Arbeitszimmer.

„Die Reisetasche, Mei Chen!“, rief Ross. „Bring bitte die Reisetasche vom Abstellraum!"

Die Chinesin wandte sich rasch um und lief davon.

Drei Minuten später trat sie mit einer riesigen gelben Schweinslederreisetasche ins Arbeitszimmer. Die Tasche reichte dem Mädchen bis an die Hüften, und da sie größer als Montague Ross war, würde sie diesem sicher bis an die Brustwarzen reichen.

„Stell sie hierhin!“, ordnete Ross schwitzend an. Er stieß einen Stuhl mit dem Fuß beiseite und wies mit der Hand auf die Stelle, wo er die Tasche haben wollte.

Dann fasste er ächzend in die Tasche, holte ein großes weißes Taschentuch hervor und wischte sich mit vor Aufregung zitternden Fingern über die nasse Stirn.

„Heute wär’s beinahe schiefgegangen, was?“, sagte er und versuchte ein Lächeln. Es wurde nicht viel daraus, sah gekünstelt und unehrlich aus. „Ich finde, wir sollten aufhören, Mei Chen.“ Die Chinesin zuckte die Achseln. „Ganz, wie du meinst, Mon“, sagte sie gefügig.

„Neunhundertfünfzigtausend Dollar sind eine Menge Geld, Mei Chen. Nachdem Tyrrell nun mal schon unsere Zelte mit einer Bombe abgebrochen hat, sollten wir nicht auf stur schalten. Wir sollten den Wink des gütigen Schicksals nicht übersehen. Wenn Tyrrell die Stadt allein haben will, soll er sie haben. Es hat keinen Sinn, sich andauernd selbst zu zerfleischen. Wir werden woanders hingehen, Mei Chen. Werden neu anfangen. Genügend Startkapital haben wir dank Tyrrell ja.“

Ross trat an den Wandsafe. Er spielte eine Weile mit der Zahlenkombination herum und öffnete dann das Stahlfach.

„An welche Gegend denkst du, Mon?“, fragte die Chinesin.

Ross grinste. „Das überlasse ich ganz dir. Wir fahren hin, wohin du willst, Darling. Wir beide fühlen uns überall wohl, nicht wahr?“

„Auf die Bahamas vielleicht?“, fragte Mei Chen, denn auf den Bahamas zu wohnen war schon immer ihr Traum gewesen.

„Meinetwegen auf die Bahamas“, nickte Montague Ross. „Immer nur Sonne — stell’ ich mir herrlich vor.“

„Wir hätten uns gleich dort niederlassen sollen, Mon“, sagte die Chinesin. „Wir hätten um Chicago einen Bogen machen sollen. Chicago hat uns kein Glück gebracht.“

„Dafür werden die Bahamas uns Glück bringen, Baby“, lachte Ross optimistisch. Er fasste mit beiden Händen in den Safe und begann den bis obenhin mit Banknotenbündeln vollgestopften Stahlschrank zu plündern.

Mei Chen hielt die gelbe Reisetasche weit auf, damit Ross die Bündel besser verstauen konnte.

Ross hielt mitten in der Arbeit keuchend inne. Er blickte auf seine goldene Armbanduhr und überlegte rasch.

„Wenn ich mich recht besinne, geht in einer Stunde eine Maschine. Wenn wir schnell machen, könnten wir sie noch erreichen. Ruf doch mal an und bestelle zwei Tickets für Mr. und Mrs. Pinkerton.“

Während Mei Chen ans Telefon ging, stopfte Ross weiter Bündel für Bündel in die Reisetasche.

Als Mei Chen erledigt hatte, was er ihr aufgetragen hatte, war er mit seiner Arbeit ebenfalls schon beinahe fertig.

Zuletzt fiel ihm noch seine wertvolle Münzensammlung in die Hände. Davon wollte er sich selbstverständlich auch nicht trennen. Sie wanderte zu den Banknoten in die Tasche. Dann zog er mit einem schnellen Ruck den Reißverschluss zu und stieß erleichtert aus: „Fertig, Mrs. Pinkerton. Dem Start in ein neues Leben steht nichts mehr im Wege.“

Da irrte Montague Ross aber gewaltig.

Als er nach der prallgefüllten, schweren Reisetasche griff und sich umwandte, wusste er das sofort.

Ein ganz in Schwarz gekleideter Chinese stand in der Tür. Mei Chen und Ross hatten ihn nicht eintreten gehört. Als sie ihn nun bemerkten, erschraken sie bis in die Knochen, denn der schweigsame Unbekannte hielt einen Revolver mit aufgeschraubtem Schalldämpfer in der behandschuhten Rechten.

Montague Ross fasste sich als erster wieder.

„Was — was wollen Sie?“, fragte er stockend. Sein Hirn arbeitete fieberhaft. Er hatte in seinem Jackett einen kleinen Derringer stecken. Aber wie sollte er an ihn herankommen? Der Kerl würde bestimmt bei der geringsten verdächtigen Bewegung abdrücken.

Der Chinese wies mit seinem Revolver nach der Reisetasche.

Montague Ross ließ sie mit einem weinerlichen Gesichtsausdruck fallen.

„Hören Sie, das können Sie doch nicht machen!“, schrie er mit überkippender Stimme. „Das Geld, das sich in dieser Tasche befindet, gehört mir.“

Der Chinese hob stumm die Waffe. Er richtete sie auf Mei Chen und drückte ab.

Ross’ Freundin hatte entsetzt die Augen aufgerissen, als sie die Waffe auf sich gerichtet sah. Doch sie hatte bis zuletzt gehofft, der Unbekannte würde nicht abdrücken. Sie hatte gehofft, er würde Ross und sie nur einschüchtern wollen.

Sie war schrecklich überrascht, als die Kugel in ihre Stirn schlug. Der Ausdruck in ihrem toten Gesicht zeigte grenzenloses Erstaunen, als sie dann im Bruchteil einer Sekunde vor Montague Ross’ Füßen lag.

Ross dachte, er würde den Verstand verlieren. Er sank neben seiner toten Freundin auf die Knie.

Er dachte überhaupt nicht mehr an den Chinesen und die tödliche Gefahr. Er blickte auf das wächserne Gesicht seiner Freundin. Tränen traten plötzlich in seine Augen. Er hatte schon viele Tote gesehen, hatte selbst Menschen getötet, aber Mei Chens Ende traf ihn so hart wie nie.

Schluchzend hielt der Gangster die Tote in den Armen.

Und dann kam ihm wieder zu Bewusstsein, dass der Chinese immer noch vor ihm stand. Der Mörder seiner Freundin.

Wie in Trance legte Ross Mei Chens starren Körper sanft zu Boden. Dann blickte er auf.

Der Chinese stand wie eine Statue vor ihm. Er sagte immer noch kein Wort.

„Sie ist tot", murmelte Ross. „Sie ... haben sie umgebracht. Warum...?“ Seine Stimme zitterte. Aus tränennassen Augen starrte er auf den Chinesen.

Der hob die Hand mit dem Revolver.

Er hatte immer noch kein Wort gesagt.

Nun trieb die Todesangst Schweißperlen auf Ross’ Stirn.

„Hören Sie“, stammelte er. „Sie — Sie dürfen mich nicht abknallen. Ich — ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich gebe Ihnen die Hälfte von dem Geld, das sich hier in der Tasche befindet.“

Der Chinese schwieg.

„Oder... drei Viertel“, keuchte Montague Ross. „Lassen... Sie mich am Leben.“

Der Chinese wollte das ganze Geld.

Die Kugel verließ den Lauf der Waffe beinahe lautlos. Sie riss Ross heftig zurück, schleuderte ihn gegen die offenstehende Tür des Wandsafes und warf ihn schließlich zu Boden.

Er stieß einen leisen Seufzer aus und verlor gleich darauf das Bewusstsein.

Der Chinese ließ den Revolver im Jackett verschwinden. Er machte vier schnelle Schritte auf die Reisetasche zu, nahm sie hoch und schleppte sie aus dem Raum.

In diesem Moment zuckte er irritiert herum.

Er hatte einen Wagen vorfahren gehört.

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