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4 - Von Lieferservices und Klopapier

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Gohrlack war nun also wieder auf seiner Reise und machte tatsächlich Fortschritte, was ihn doch im großen Maße überraschte. Aber er hatte seine Ausrüstung ja nun auch verbessert, mit einer Metallstange als Gehstock und einem Korb voller leckerer Tomaten. Er lief jedoch in Bälde in ein Problem, das er hätte kommen sehen müssen, denn Gohrlack war ein Vielfraß, was auch der Grund für Thimthims Lauchigkeit war. Und zwar aß er dermaßen gerne und viel, dass für den Ärmsten meist nur wenig übrigblieb.

Da halfen ihm jetzt auch 20 köstliche Fossetus-Tomaten nicht für lange.

Als es also langsam Abend wurde war Gohrlack zwar froh, nicht viel Außergewöhnliches erlebt zu haben, lediglich das, was man auch zu erwarten hatte: Ein paar kleine Überfälle am Straßenrand von irgendwelchen Idioten, die nicht wussten, dass man, wenn man zu einem Gebüsch geht, um sich zu erleichtern, man sich für Räuber zu einem leichten Opfer macht, einige schäbige Drogenverkäufer aus Leton, die ihm eine Weile folgten, bevor sie sich mit ihrem eigenen Stoff zuballern mussten, da ihre Ausdauer das Äquivalent der eines Amerikaners in unserer Welt ist, aber er war verdammt hungrig.

Gohrlack entschloss sich also dazu, beim einzigen Lieferservice, den er kannte und der auch bis hierhin liefern würde, zu bestellen: Pizza Time. Das war Gohrlacks Lieblingssushi-Laden. Und als er da so anrief hoffte er nur, das Barap nicht gerade Schicht hatte.

„Allo, werisda?“, Baraps Stimme ertönte.

„Es ist-“, wieder einmal wurde unser armer Held unterbrochen, warum der Autor nur so einen Fetisch dafür hat, ist uns allen unerklärbar.

„GO‘LAK“, Barap brüllte beinahe vor Freude.

Danach hörte Gohrlack eine Weile lang nur Rascheln und leises Flüstern. Er konnte jedoch erkennen, dass Barap einen Mitarbeiter zu fragen schien, ob seine Frisur richtig sitzen würde.

„Barap, ich kann dich nicht sehen“, erinnerte ihn Gohrlack mit genervter Stimme

„A, Ja. Also dann, wa wolle Se aben?“

„Ich nehme zweimal die Nummer 9, einmal die Nummer 9 in groß, einmal die Nummer 6 mit extra Dip, und zweimal die Nummer 47, einmal mit Käse, und einmal mit einem großen Natriumoxydjuice.“

Nach dieser doch recht präzisen und ausführlichen Bestellung war Schweigen für eine Zeitspanne von ungefähr einer Minute präsent.

„Wi verkaufe hier Esse, mein Herr.“

„Was war daran denn bitte unverständlich?“

„Wie merke Se sich überhaup die ganze Menüs, wenn Se habe keine Karte um nachzugucke?“

„Woher wollen Sie das denn wissen?“

„I guck durch meine Krista-kugel hier, so finde wi immer wo is Kunde im Momen, Sie verstehe?“

„...“

„Das is übrigens schöne Gehstock, dass Sie da habe.“

Gohrlack legte auf und zeigte eine Weile lang seine Mittelfinger hoch in den Abendhimmel. Er wusste leider nicht, dass er nur während des Telefonates beobachtet werden konnte und verschwendete daher seine Zeit mit dieser belanglosen Aktivität.

Als er dann weiterging, hielt er seine Augen nach Restaurants offen, wurde aber nicht fündig. Irgendwann jedoch nahm sein Hunger überhand und er dachte allen Ernstes darüber nach, jemanden zu überfallen.

Er erreichte bald ein Haus, das einsam und alleine am Straßenrand stand. Eine Silhouette erschien an einem der Fenster, sie drehte sich genau in Gohrlacks Richtung, der nun immer weiter auf das Haus zuging. Die Silhouette rannte plötzlich vom Fenster fort, und es war ein lautes Poltern zu hören. Gohrlacks Schritte verlangsamten sich, und er dachte schon darüber nach, das Haus zu meiden, doch es war bereits zu spät. Ein Mann, mit einer sauerstoffjuicegetränkten Nase erschien in der Tür und rief ihm zu, er solle doch bitte herkommen. Gohrlack hatte nicht viel zu verlieren also befolgte er die Bitte.

Als er dann also vor dem nun besser erkennbaren Mann, der immer noch am Türrahmen lehnte und versuchte möglichst lässig zu wirken, stand, konnte er ihn um einiges besser erkennen.

Der Herr schien bereits älter zu sein, er hatte ein äußerst faltiges Gesicht. Zudem aber, hatte er einige Beulen und blaue Flecken im Gesicht, so wie eine doch offensichtlich gebrochene Nase.

Kein Zweifel, er war eine Treppe runtergefallen, dachte Gohrlack.

„Sind Sie an Klopapier interessiert?“ waren die ersten Worte, die den Mund des Mannes im Türrahmen verließen, als Gohrlack ihn erreicht hatte.

„Sollten wir uns nicht erst einmal einander vorstellen?“ fragte Gohrlack ein wenig stutzig zurück.

„Ähh, klar. Hallo, ich bin Älre, sind Sie an Klopapier interessiert?“

Gohrlack rollte auf diese Antwort hin mit seinen Augen und antwortete:

„Ich bin Gohrlack und bin vielmehr an etwas Nahrung interessiert.“

Älre musterte ihn kurz und sagte dann, dass Gohrlack ruhig reinkommen könnte, um mit ihm Abendbrot zu essen.

Selbstverständlich stimmte Gohrlack zu.

Das Abendessen war grade fertig geworden und roch sehr seltsam. Als Älre es dann jedoch auftischte war Gohrlack auf eine Art und Weise schockiert, auf die er noch nie schockiert gewesen war. Es gab gewürztes und in Wasser gekochtes Klopapier, niemandes Leibspeise.

„Guten Appetit“ sagte Älre.

Obwohl es sehr abnormal wirkte, füllte Gohrlack sich jedoch etwas davon auf und probierte es; es war zwar nicht fürchterlich lecker, jedoch mundete es Gohrlack, besonders in seinem derartig hungrigen Zustand genug, um fünf Teller davon zu essen.

Nachdem er also fertig war, fragte ihn Älre, ob er denn, da er doch schon so viel davon gegessen hatte, an etwas Klopapier interessiert wäre.

Gohrlack erklärte ihm daraufhin, dass er im Moment ein Reisender war, der zwar durchaus seine Geschäfte verrichten musste aber nicht sonderlich angetan von der Idee war, die gesamte Zeit Klopapier mit sich rumzuschleppen.

Älres Mine war zwar unverändert, ein offensichtlich falsches und ein wenig unangenehmes Lächeln, aber er schien von Grund auf andere Emotionen zu fühlen, was er dadurch zeigte, dass er die Worte sprach

„Du fetter Sack frisst mir hier mein gesamtes Abendessen auf und sagst mir trotzdem, dass du mir kein Klopapier abkaufen möchtest, da du nicht mehr schleppen möchtest als es deinem abscheulichen Körper gerecht ist?“

Gohrlack stand schon auf um zu gehen aber Ärle stand, irgendwie, bereits vor der Tür und versperrte ihm so den Fluchtweg.

„So, so...“ fing Älre an zu sprechen. „ich habe die letzten vier Jahre versucht dieses Klopapier zu verkaufen und habe kaum Profit gemacht, mein gesamtes Haus ist schon voll damit! Beinahe jedes Zimmer, von dem meines Kindes, bis zur letzten Ecke meines Dachbodens! Ich habe meine Frau seit 3 Jahren nicht gesehen, und da wo sie zuletzt war, ist nun Klopapier!“

Der Mann schnappte panisch nach Luft und lief dabei rot an. Währenddessen dachte Gohrlack darüber nach, wie er jetzt am besten abhauen könnte, seine Gedanken wurden aber von Älres lauter Stimme unterbrochen.

„Ich lasse Sie bestimmt nicht einfach so gehen, oh nein!“

Auf einmal zückte Älre seine vielen Schlüssel und suchte nach dem richtigen, um seine Haustür abzuschließen.

„Einen Moment bitte“, sagte er dann, seine Stimme war wieder überraschend bescheiden.

Gohrlack dachte darüber nach ihn, während er so verwundbar war, aufs Brutalste zusammenzuschlagen, allerdings lag ihm das Essen schwer im Magen, und so entschied er sich lieber für ein Nickerchen auf Älres Couch.

Als er wieder aufwachte war es früh am nächsten Morgen. Was aber viel interessanter war, war das Geräusch, dass ihn zum Aufwachen gebracht hat. Es war ein lautes plumps und dazu das Geräusch von metallenen Alltagsgegenständen, welche zu Boden fielen. Gohrlack blickte zur Tür und sah, dass Älre vor Erschöpfung eingeschlafen sein musste, seine Schlüssel lagen direkt vor ihm.

Erst jetzt konnte Gohrlack erkennen, wie viele Schlüssel tatsächlich an Älres Klopapier-Schlüsselbund befestigt waren, es mussten gut mehrere Hundert gewesen sein.

Er versuchte die Tür zu öffnen - vergebens.

Wie es schien, hatte Älre vor seinem akuten Einschlafen die Tür doch noch abschließen können. Da er keine Lust hatte selber noch einmal alle Schlüssel auszuprobieren, entschied Gohrlack sich dazu, das Haus mal ein wenig zu erkunden, mit dem Ziel, sich frisch zu machen.

Er fand das Bad, nahm eine heiße Dusche, putzte sich die Zähne mit einer fremden Zahnbürste, pfui, und ging auf Klo.

Es musste nun also eine gute Stunde vergangen sein, aber Älre war immer noch nicht erwacht. Gohrlack fühlte sich aber alleine beim Gedanken daran, ihn jetzt, nach all dem was er sich in seinem Haus erlaubt hatte, dazu zu zwingen seine eigene Haustür zu öffnen schäbig.

Er entschloss sich also dazu, Investigation zu betreiben, um herauszufinden, ob es tatsächlich so viel Klopapier in diesem Haus gab, wie Älre erzählt hatte.

In jedem anderen Zimmer schien Älres Aussage durchaus zutreffend zu sein, denn Klopapier vom Boden bis zu Decke war in jedem einzelnen Raum zu finden, den Gohrlack betrat.

Also waren nur das Badezimmer und die Wohnzimmerküche nicht voll damit, dachte Gohrlack für einige Sekunden auf seinem Weg zurück zur Haustür. Dabei rutschte er jedoch auf etwas Klopapier aus und krachte durch den Boden, was bei seinem Körpergewicht einigermaßen plausibel erschien.

Er fand sich nun also in einer Art Keller wieder, der, wie es schien, nur durch eine externe Tür betreten werden konnte, oder in den man wie Gohrlack durch den Boden des Hauses stürzte.

Er sah sich kurz um, entdeckte jedoch etwas in einer der Ecken des Kellers: eine ballförmige Kreatur mit menschlicher Haut, ohne Augen aber dafür mit einem riesigen Mund, welche, sobald sie vernahm, dass etwas woanders im Raum stand, sofort 25 Rollen Klopapier auskotzte.

Es bestand kein Zweifel mehr, dies musste Mojje sein.

Mojje war einer der Tiefen, welcher aufgrund seiner Völlerei dazu verbannt wurde, jedem Menschen, der ihn mit einer Socke bewarf, für immer ein bestimmtes Objekt auszuwürgen, das dieser Mensch sich von ihm wünschte. Diese Objekte materialisierten sich einfach so in ihm, es gab keine logische Erklärung dafür. Er konnte nur wieder befreit werden, wenn jemand ihm in den Mund spuckte.

Das einzige Problem daran war, dass Gohrlack nicht wusste was, außer Essen, er von Mojje verlangen konnte und wie er ihn dazu bringen konnte, Gohrlack zu folgen, was die eigene Versklavung von Mojje dezent dämlich machte.

Also entschloss er sich, obwohl er so eine gute Gelegenheit dazu hatte, auf die Dienste von Mojje zu verzichten, und wollte ihm einfach so in den Mund spucken.

Allerdings, genau als er vor Mojje stand, der inzwischen bemerkt hatte, dass Gohrlack nicht der war, der ihn versklavt hatte, vermutlich durch den Geruch, wodurch er sein Klopapier-Gespucke eingestellt hatte, warf sich Älre, der anscheinend inzwischen wieder aufgewacht war, auf ihn.

„Du machst meinen Boden nach alle dem hier kaputt?!“ brüllte der inzwischen auf Gohrlack liegende Älre ihm ins Gesicht.

Gohrlack war zwar in der Lage, Älre von sich wegzustoßen, dieser stellte jedoch seine Aggressivität um keinen Deut ab und schlug sofort - nachdem beide wieder standen - nach Gohrlack, der mit einem Schritt zur Seite auswich, was darin resultierte, dass Älre in Mojjes immer offenen Mund stürzte und in das Vakuum darin gezogen wurde.

Alles war still.

Mojje wirkte glücklich darüber, dass er nun keinen Meister mehr hatte, er konnte nämlich auf eine perfekte sogar individuelle Genauigkeit erkennen, was seinen Mund betrat.

Zwar brauchte Gohrlack einige Minuten um sich mental wieder auf seine Reise einzustellen, er spuckte Mojje aber trotzdem nach kurzem Überlegen in den Mund.

Mojje rollte daraufhin so dermaßen hart gegen die Kellertür, dass das gesamte Haus anfing zu bröckeln.

Da die Tür aber offenstand, rannte Gohrlack davon, um nicht durch den bevorstehenden Zusammensturz des Hauses begraben zu werden.

Er ging also wieder seiner Wege, ganz normal, und entschied sich dafür, die eben geschehenen Ereignisse einfach zu vergessen, was sich bald als schwierige Aufgabe herausstellen sollte, da etwas aus dem Haus ihm Schritt für Schritt folgte und Gohrlack schon bald den wahren Horror von Klopapier erkennen sollte.

Gohrlack

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