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Der Tarot ist als Spiegelbild einer inneren Kosmologie die kultivierte Form einer ursprünglich intuitiv erfahrenen inneren Struktur, die sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt, und der Hohepriester, der das Verlangen darstellt, außen zu finden, was er innen sucht, ist ein Zeitreisender, der die Inkarnation einer aus der Zukunft stammenden Seele im Körper eines in der Gegenwart gefangenen und von der Sehnsucht nach Gott getriebenen Kosmonauten darstellt, d.h., er versucht seine Sehnsucht nach Gott in die Welt zu schicken, um Gott draußen zu finden und dessen Bild wieder in die Seele zurückspiegeln zu können, damit er den Menschen seine eigene Botschaft im Namen Gottes verkünden kann. Er sucht die Identifikation mit Gott, also erschafft er sich ein Bild von ihm und nimmt es in seinen Besitz. So erlangt er mit Hilfe seiner Vorstellung Macht über das Bild, das er Gott nennt - das aber im Grunde das Bild des Teufels ist (das zeigt das Bocksgehörn auf seiner Stirn). Er spürt in sich die Kraft, die Welt der Menschen mit der Heimat der Götter verbinden zu können, denn die Fragen der Menschen in Bezug auf die Herkunft und den Zweck ihres Seins sind der Nektar, aus dem ihm seine innere Souveränität erwächst. Dabei ist er sich allerdings der Basis seiner Funktion als Mittler zwischen den Unsicherheiten der Fragenden und seiner scheinbaren Sicherheit (die nur aus den Fragen der anderen erwächst) nicht wirklich bewusst, denn wie könnte er seinen eigenen Prägungen auch entfliehen, die den würfelartigen Sockel bilden, auf dem er steht. Er sieht letztlich das, was er sehen kann, durch den Filter der Sicht, wie Gesehenes auszusehen hat, damit es wahrgenommen und interpretiert werden kann. An dieser Stelle laufen zwei Energiestränge zusammen, die sich im Denken und in der Selbstdefinition des Hohepriesters nicht trennen lassen.

Zum einen kann er als Überwacher gesellschaftlicher Prägungen von einem sozialen oder religiösen System zur Kontrollierung und Sicherung kollektiver Inhalte berufen sein. Alle Antworten, die von ihm in der Ausübung dieses Amtes gegeben würden, wären dann unerheblich und inhaltlich belanglos, da es lediglich die Phrasen aus der Sichtweise einer von der Allgemeinheit geschaffenen öffentlichen Position wären, um die Menschen auf die Frage nach dem Sinn und Zweck des Lebens mit nichts sagenden Antworten abzuspeisen. In dieser Rolle verkörpert der Hohepriester eine mit der Gesellschaft verschmolzene Einheit, um die entscheidende Frage zu verhindern: Ist es möglich, dass es keine absolute Wahrheit gibt? Der reifere geistige Lehrer jedoch, wie er als Bild in den Herzen der geplagten Menschen existiert, führt sie an die Quellen des frischen Wassers: Was du suchst, ist das, was sucht! Die erhöhte Wahrnehmungsfähigkeit prädestiniert ihn als Kanal der Sehnsüchte und Nöte der Menschen. Er ist der Kenner der geheimen Worte, um die Schlösser zur Heilung des Körpers und der Seele zu öffnen. In Momenten der Kraft, wenn die Inspiration und die Übertragung des Kollektivs auf ihn wirken, vermag der Hohepriester unvorstellbare Zusammenhänge herzustellen und wirksam zu machen. Er macht sich die Fragen der Menschen zu Eigen und ist auf der Suche nach Antworten und Riten, die seine Antworten magisch unterstreichen.

Der zweite Energiestrang liegt in der Kanalisierung der Kräfte, die er bei anderen auslösen kann. Es ist die suggestive Macht, die Wünsche der Menschen an seine eigenen Ziele zu binden. Auf der Karte wird diese Wirkung durch das goldene Licht im Solarplexus und in den unteren Chakren des Hohepriesters symbolisiert. Dieser Glanz strahlt in seinen Worten ein so starkes Gefühl von Sicherheit und Wissen aus, dass man ihm nicht nur den Sendboten religiöser Inhalte, sondern auch die Rolle des Messias glaubt. Deshalb taucht die Frage auf: Ist er der Erfüllungsgehilfe des Teufels und somit der Teufel selbst, der in der Absicht des Geistes, alles wieder in die Erkenntnis des Ganzen zurückzuholen, die Menschen für das Verdrängen seiner wahren Person verspottet? Das ergäbe einen Sinn, denn solange der Hohepriester nicht merkt, dass der Teufel in ihm selbst sitzt, kann er im Namen des Teufels handeln und Erlösung predigen, und die Wahrheit, die sich im Teufel verbirgt, wird ihm so lange ein Rätsel bleiben, wie er sich selbst in ihr nicht sieht. Hier liegt fatalerweise der Ursprung imperialistischen Denkens, das in engem Zusammenhang mit der Funktion des Hohepriesters zu sehen ist. Das Verlangen nach sich selbst, als Streben im Außen nach dem Göttlichen, gibt Rückschluss auf eine mögliche Quelle des menschlichen Geistes, der sich in den Köpfen seiner Vasallen ständig an die eigene Begrenzung verliert. Die Schöpferkräfte scheinen sich selbst durch ihre Geschöpfe vernichten zu wollen. Die Geschichte ist voll von diesen schwarzen Priestern aus Politik, Religion, Wirtschaft und Wissenschaft, die den Menschen immer wieder in die Knechtschaft ihrer Vorstellung geführt haben.

Zusammenfassend könnte man sagen, das Bocksgesicht des Hohepriesters ist die Maske, hinter der feige Menschen ihre Willenskräfte erfolgreich zum Ausdruck bringen können. Er projiziert sein Empfinden durch eine Maske hindurch, um sich in der Außenwelt erfolgreich zu manifestieren, und wenn er umgekehrt lernt, sich in seinen eigenen Manifestationen zu betrachten, dann mag er sich fragen, warum er diesen schöpferischen Kräften ohne den Umweg über den Hohepriester selbst nicht traut? Es gibt keinen Gott, der eine Art höheres Ego oder höhere Existenz wäre, dem er seine eigenen Ziele unterstellen könnte, sondern es gibt nur ein Ego, das das Bild eines Gottes benutzt, um ihm seine eigenen Pläne zu oktroyieren und in seinem Namen die eigenen Ziele zu verkünden. Er spürt auch, dass er seine schöpferischen Kräfte nur dadurch verwirklichen kann, wenn er sie über die Maske des Hohepriesters in die Welt projiziert und sich dann in der Betrachtung seiner eigenen Kreationen erkennt. Indem er sich mit dieser selbst geschaffenen Energiegestalt identifiziert, wird ihm all das, was er in sich fühlt, zugänglich, und zwar unter Ausschließung der selbstzweifelnden Kräfte, sich und seinen eigenen Gedanken nicht trauen zu können. Es ist nichts anderes als die Energie des Ego, sich selbst zu erhöhen, um sich damit eine Position zu schaffen, aus der es sich selbst überhaupt zu glauben vermag. Im Grunde ist er der Narr, der nicht wahrhaben will, dass er seine eigene Schöpfung sucht, denn seine eigene Schöpfung entspricht ja der Sehnsucht, ohne das nicht leben zu können, was er immer wieder findet: einen sich im Suchen selber darstellenden Lebenssinn! Anders herum betrachtet: Er konstruiert mit Hilfe der Maske, die er kontrolliert, Modelle, denen er traut, damit er überhaupt etwas besitzt, in dem er sich bewegen kann, und deshalb zeigt der Archetypus des Hohepriesters neben dem Herrscher, der die duale Welt baut, den spirituellen Schöpfer, der der materiellen Welt gleich auch noch ein duales Bild von Spiritualität oder Lebenssinn mit dem Ziel hinterherschiebt, dass sich seine Vorgaben vor unseren Augen ständig erfüllen. Milder ausgedrückt ist er der Schöpfer der Ebene, die ihn selbst verurteilt bzw. seiner Macht berauben will. Der Hohepriester ist der Wortschöpfer der Menschen und seine Betrachtungen sind die Quelle aller Literatur. Von Anfang an war sein Auftreten dem Untergang durch die Erkenntnis geweiht, weil er einsam in den Kuppelbauten der Welt seine Gedanken über Gott spinnt. Doch keine Angst! Äonen von Inkarnationen werden ihm eines Tages auch seinen größten und letzten Wunsch, sich selbst zu vergessen, erfüllen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Der Akron Tarot

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