Читать книгу "Chemin Neuf" in kirchenrechtlicher Sicht - Andreas Friedel - Страница 7

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EINLEITUNG

Ob bei Weltjugendtagen, internationalen Wallfahrten, Papstreisen, Katholikentagen oder anderen kirchlichen Großveranstaltungen – „in den letzten Jahren drängen Gruppen ins Rampenlicht, die in der Kirche unübersehbar an Bedeutung gewinnen: die neuen geistlichen Gemeinschaften und Bewegungen.“1 Der wachsende Einfluss dieser Gruppen wird aber auch in den Pfarreien, den klassischen Verbänden und den Ordensgemeinschaften spürbar.2 Die Geister scheiden sich, ob diese Entwicklung zu begrüßen oder abzulehnen ist. Faktenkenntnisse über solche Gemeinschaften und Hintergründe sind nötig, um sich ein fundiertes Urteil bilden zu können.

Diese Arbeit stellt eine in Deutschland weitgehend unbekannte französische Gemeinschaft vor, die international aber zu den mitgliederstarken und pastoral hoch engagierten Gruppen gehört – die Kommunität Chemin Neuf.3 Diese Gemeinschaft hat ihre Wurzeln in einem charismatischen Gebetskreis. Im Jahr 1973 gründeten sieben Mitglieder dieses Gebetskreises in Lyon eine Lebensgemeinschaft unter der Führung des Jesuiten Laurent Fabre. Heute zählt die Gemeinschaft 2.000 Vollmitglieder und etwa 12.000 Weggefährten, die das Charisma der Kommunität leben und auf je unterschiedliche Weise an den Zielsetzungen der Gemeinschaft mitarbeiten. Chemin Neuf ist international in über 30 Ländern vertreten.4 In Deutschland hat Chemin Neuf in den Städten Berlin und Bonn Niederlassungen gegründet. Die Begegnung mit Chemin Neuf in deren Haus in Bonn, an der Remigius-Kirche, gab den Anstoß, diese Kommunität aus kirchenrechtlicher Sicht in den Blick zu nehmen.

Die vorliegende Untersuchung verfolgt ein doppeltes Ziel. Zum einen soll Chemin Neuf vorgestellt werden. Zum anderen werden am Beispiel dieser Gemeinschaft kirchenrechtliche Fragen in den Blick genommen. Mit der Darstellung der Kommunität wird Neuland betreten. Über Chemin Neuf liegen keine monographischen Werke vor. Das Gesamtbild ist aus einer Vielzahl oft sehr kleinteiliger Mosaiksteinchen zusammengesetzt. Dazu zählen Zeitschriftenartikel, Broschüren, Flyer und Internetseiten. Um verbleibende Lücken zu füllen, wurden Interviews mit Bonner Kommunitätsmitgliedern geführt. Etliche fremdsprachige Veröffentlichungen, vor allem aus dem Französischen, wurden herangezogen. Die Übersetzungen sind in der Verantwortung des Autors mit sprachkundiger Hilfe erfolgt. In dieser Arbeit wird die Kommunität in den Kapiteln 1 bis 4 unter verschiedenen Aspekten vorgestellt: die Gründungsgeschichte, die Spiritualität, der organisatorische Aufbau und das Apostolat. Eine kirchenrechtliche Analyse erfolgt in den Kapiteln 5 bis 12. Es werden kanonistische Probleme in den Blick genommen, die sich durch experimentelle Neuerungen der Kommunität ergeben, wie etwa durch die Mitgliedschaft von Christen anderer Konfessionen, eine Adaption des Rätelebens, neue Arten geistlicher Begleitung und Menschenführung oder ungewohnte Leitungsstrukturen. Dabei weisen die anhand von Chemin Neuf gewonnenen Einsichten über diese geistliche Gemeinschaft hinaus. Ein verbandstypisches Charisma gibt der Kommunität zweifelsohne ein eigenes unverwechselbares Profil. Jedoch sind viele der zu besprechenden Neuheiten auch in anderen geistlichen Gemeinschaften zu finden.

„Die neuen geistlichen Bewegungen sind zahlenmäßig stark, die mit ihrem Wachsen und Agieren verbundenen Chancen und Probleme sind groß. Ihre Gruppen entziehen sich teils zu Recht, teils zu Unrecht, teils willentlich, teils unbewusst den kirchamtlichen Strukturen. Einerseits lassen sie sich nicht ins bestehende kirchliche System einordnen, sie sind zu neu und selbst zu unfertig“5.

In Anbetracht der Neuerungen und Herausforderungen wird die Befürchtung laut: „Das Kirchenrecht als solches versagt.“6 Diese Arbeit will einen Beitrag leisten, die Chancen und Probleme, welche die geistlichen Gemeinschaften mit sich bringen, darzustellen. Dabei soll überprüft werden, inwieweit das Kirchenrecht versagt oder doch brauchbare Lösungen anbieten kann.

1 NIENTIEDT, Aufbrüche, 428.

2 Vgl. ebd., 428–429.

3 Für den vollen Namen „CCN“ wird in dieser Arbeit die Abkürzung CCN verwendet. Dieses Kürzel aus drei Buchstaben wird auch im Direktorium des PCL benutzt. In manchen Veröffentlichungen findet sich die Buchstabenkombination CN, die für „Chemin Neuf“ steht.

4 Vgl. GEMEINSCHAFT CHEMIN NEUF (Hg.), Vorstellungsbroschüre, 2; ERZBISCHÖFLICHES GENERALVIKARIAT KÖLN. HAUPTABTEILUNG SEELSORGE (Hg.), Gemeinschaften, 18–19.

5 SCHICK, Bewegung, 250–251.

6 Ebd., 251.



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