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Don Carusos Würde

© Andreas Ireland

Inhaltsverzeichnis

I. Der Morgen danach.........................................................................3

II. DIE ANDERE SEITE......................................................................5

III. Ein trauriges Frühstück..................................................................8

IV. Der Galaabend............................................................................13

V. Die Hüterin der Chroniken...........................................................................................21

VI. Das Geheimnis der Chroniken...........................................................................................31

VII. Der Plan.......................................................................................40

VIII. Letzte Vorbereitung......................................................................................46

IX. Die Reise zu Anderen Seite....................................................................................................53

X. Reise in die Höhle des Löwen.................................................................................................60

XI. Paris..............................................................................................68

XII. Die goldene Stimme von Kronja..................................................................................................77

XIII. Ein Stadtbummel mit Folgen.................................................................................................85

XIV. Ein Gefangenenchor erkältet sich......................................................................................................94

XV. Ein geschäftiger Morgen..............................................................................................104

XVI. Das Vorsingen.........................................................................................112

XVII. Unerwarteter Zuwachs.........................................................124

XVIII. Die erste Schlacht............................................................................................134

XIX. Ein gewagter Plan...................................................................................................142

XX. Die Generalprobe...................................................................................155

XXI. Die Flucht................................................................................................166

XXII. Eine liebendwürdige Entführung........................................................................................179

XXIII. Endlich wieder Zuhause...........................................................................................192

XXIV. Das Geheimnis von Kronja...............................................................................................199

I. Kapitel: Der Morgen danach

„Guten Morgen! Einen noch schöneren guten Morgen als gestern und vorges-tern, eure Göttliche Hoheit. Ich hoffe, der Schlaf hat euer hochwohlgeborenes Gemüt erquickt und Euch für die Lasten der schwierigen Regierungsgeschäfte gestärkt.“

Puuuhhh...., war das ein Satz! Makkaroni versah diesen wortgewaltigen und blumenreichen Weckdienst schon seit vielen Jahren mit dem gast immer selben Wortlaut. Der treue leidenschaftliche Diener Seiner Majestät, König Fisematentos dem IV., war sich sehr wohl bewusst, dass die Ironie der Schalk, der ihm im Nacken saß, auch für den bisweilen etwas einfältigen Fisimatento durchaus herauszuhören war. Aber Makkaroni war beileibe nicht nur Lakai sondern auch geschätzter Unterhalter, närrischer Satzvirtuose und persönlicher Berater Seiner Majestät und durfte sich fast alles erlauben.

Mit eifrigen, schnellen Schritten haspelte er durch den verdunkelten Raum, in dem sein geliebter Herr, allzu oft Opfer seines Schabernackes, zu ruhen pflegte. Die großen, schweren, kostbaren Brokatvorhänge zu öffnen, war ihm schon immer schwer gefallen, denn er war nicht von großer Gestalt, sondern eher gedrungen und dazu noch kugelrund. Das kam von seiner beinahe unstill-baren Leidenschaft für italienische Nudelgerichte, die ihm auch den Namen Makkaroni eingebracht hatten. Wie er einmal wirklich geheißen hatte, war ihm entfallen, oder er tat wenigstens so. Seine beträchtliche Leibesfülleverstecke er unter prachtvollen weiten Gewändern, die ähnlich aussahen wie die indische Saris, und er trug sie mit absoluter Würde. Den Spott, den er öfter zu ertragen hatte, Sätze wie „Ach, da kommt Madame Makkaroni,“ standen in keinem Verhältnis zu den Vorteilen der weiten Gewänder. So konnte er seinem liebsten Steckenpferd, dem Verschlingen von italienischer Pasta nachgehen, ohne dass ein Gürtel oder ein zu enger Hosenbund drückte, und ihn zum Aufhören zwang.

Aber Trotz der Mühe, die es dem kugeligen Diener bereitete, ließ er sich nie von einem anderen Bediensteten helfen, die prächtigen Vorhänge mittels einer Schnur langsam und feierlich aufzuziehen.

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Die Sonne warf ihr mildes Morgenlicht durch die Scheiben in das pompöse Schlafzimmer ,ach was Schlafzimmer, in das riesige Schlafgemach. Überall kostbare Möbel und Teppiche, Decken und Deckchen und nicht zu vergessen die vielen Gemälde an den Wänden.

Einige Strahlen kitzelten auch die zusammengerollte Gestalt in dem großem, mit goldfarbenem Baldachin ausgestatteten und mit Unmengen von Bordüren und Troddeln in allen Farben geschmückten Bett und weckten den Schlum-mernden.

„Gu gu gu guahhh, guten Morgen lieber Makkaroni. Meine Güte, was für eine Nacht!“

Langsam schob sich das zerzauste Haupt König Fisematentos zwischen einem Berg wunderschöner Kissen hervor. Was das hereinfallende Tageslicht da beleuchtete, war alles andere als göttlich, hoheitsvoll oder königlich. Ja, noch nicht einmal ehrwürdig sah dieser glühende Kopf aus. Eher konnte man an-nehmen, ein großer, reifer Kürbis wäre geplatzt und hätte seine Kerne auf sich selbst verteilt. Rot und geschwollen, mit linsengroßen, braunen Flecken, war das Gesicht übersäht, sogar die kleine Stirnglatze war nicht verschont. „Makkaroni, lieber Makkaroni! Sage mir, dass es nur ein Alptraum war!

Es ist nicht wirklich passiert!“ Während er sprach standen seine Hände still, unablässig betastete er sein Gesicht, drückte und knatschte es.

„Mein Gesicht! Es ist genau wie damals als meine unselige Verlobung mir Gräfin Melissia in die Brüche ging!“

„Gott sei es gedankt“, dachte Makkaroni, „dass er diese Xantippe losgeworden ist.“ Dies sagte er natürlich nicht, sondern stattdessen: „Ihr habt recht, damals als die teure Mellisia Euch so vor den Kopf gestoßen hat, es macht mich heute noch traurig, ist auch dieser unsägliche Erbfluch über euch gekommen, der Eure Familie schon seit vielen Generationen verfolgt. Es ist diese schreckliche Aufregung. Immer wenn ihr Euch so sehr erregt, sucht Euch dieser furchtbare Ausschlag heim. Damals bei Melissia hat es den ganzen Herbst gedauert. Ihr habt sogar das Erntedankfest versäumt und die halbe Ballsaison.“

Fisimatento verzog das Gesicht, denn an sein erfolgloses Weben um die schöne, einzigartige Melissia wurde er nicht gerne erinnert. Dieses untreue, undankbare Weib! Mit einem Theaterschauspieler war sie weggelaufen und hatte ihn kurz darauf geheiratet.

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Tiefe leidvolle Seufzer kamen aus dem Mund Seiner Majestät und das eh schon entstellte Gesicht des Armen schlug jetzt auch noch tiefe Kummerfal-ten. Makkaroni musste sich mit aller Kraft das Lachen verbeissen, obwohl der Auslöser des entstellenden Ausschlages, das heisst die Aufregung die ihn verursacht hatte, alles andere als zum Lachen war.

„Liebe Majestät! Das ganze Leben auf unserer ANDEREN SEITE ist gefähr-det! Nichts wird mehr so sein wie es einmal war.“

„ich weiß Makkaroni, ich weis. Und ich bin schuld. Ich ganz alleine. Oh mein armes Volk, meine geschätzten Untertanen!“ bei diesen Worten brach der arme Kerl in lautes Schluchzen aus. Aus seinen verquollenen Augen strömten Sturzbäche von Tränen.

Makkaroni verging das Lachen sehr schnell, denn er konnte seinen König nicht leiden sehen. „Oh hätte Fisimatento nur nicht diese unsägliche Idee gehabt, einen von der ANDEREN SEITE zu seinem großen Geburtstagsfest einzuladen.

Es hätte eine Überraschung für die Untertanen werden sollen; denn kaum einer von ihnen hatte jemals mit der ANDEREN SEITE Kontakt gehabt.

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II. Kapitel: DIE ANDERE SEITE

Vor unsäglich vielen Jahren lebten alle in einer einzigen Welt, bis eines Tages durch ein Missgeschick im großen weiten Raum neben der normalen, uns allen wohlbekannten Welt, eine parallele, andere Welt entstanden war. beide sprachen voneinander nur von der ANDEREN SEITE und man muss aufpassen, dass es einem nicht verwirrte.

In der normalen Welt ging alles seinen althergebrachten geregelten Lauf. Die Menschen gingen zur Arbeit und waren ihr ganzes Leben an einem festen Zeitplan gebunden. Alles war festgelegt vom großen Zeitmangel der über die Menschen gebreitet war.

Ganz anders auf der ANDEREN SEITE. Begriffe wie „morgen“ konnten einen ganzen Monat bedeuten, „nachher“ ein halbes Jahr. Man richtete sich nur nach dem Sonnenaufgang und dem Sonnenuntergang. Stunden, Minuten und Sekunden spielten überhaupt keine Rolle. Auch nicht Wochen, Monate oder Jahre. Man arbeitete wie es gerade passte oder wie man lustig war. Geburtstage feierten die Bewohner der ANDEREN SEITE, wann immer sie Lust hatten, oder man liebe Verwandte oder Bekannte sehen wol te um mit diesen ein Fest zu feiern, zu schlemmen und zu singen. Das soll nicht heissen, dass die Bewohner der ANDEREN SEITE faule Kerle waren. Die kamen alle gut zurecht, bauten Häuser, pflügten Felder, versorgten ihre Kranken und Alten und lebten in wunderbarer Eintracht. Es hab alle Arten von Geschäften und Betrieben: Bank- und Handelsgeschäfte, gastronomische Betriebe, Supermärkte, „Tante Emma“-Lädchen, Kioske, Tankstellen und Fabriken, eben alle lebensnotwen-digen Einrichtungen, nur eben etwas anders ohne den geringsten Zeitdruck.

Alles war irgendwie freundlicher und wärmer. Genauer gesagt zufriedener. Die Kinder besuchten Kindergärten, Schulen und Universitäten und waren recht erfolgreich, denn niemand zwang sie zur Eile. Nur wenn ein Kind im Kinder-garten begann die Kindergärtnerin zu überragen, legte man den Eltern nahe, sich doch mal um eine Schule für das „Riesenbaby“ zu kümmern. Studenten mit langen weißen Bärten waren an der Tagesordnung, und oft wusste man nicht genau, wer der Schüler und wer der Professor war.

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Aber alle fanden es so in Ordnung. Es Gab auch keine Mode- und Zeittrends.

Jeder kleidete sich, wie er wollte. Manchéiner trug zum Spaziergang mittelalterliche Roben oder sogar eine Rüstung. Manch einer kam zum Abendessen im Astronautenanzug oder in einer Kombination aus Jogginganzug und Hen-kerkostüm. Der Karneval war aus diesem Grund auch etwas schwierig, denn für viele war dann ein ganz normaler Staßenanzug mit weißem Hemd und Krawatte die absolute Verkleidung.

Ähnlich verhielt es sich auch mit den Fortbewegungsmitteln. In den Straßen fuhren hochmoderne Sportrennwagen in Eintracht mit uralten Ochsenkarren.

Hochfahrräder trödelten neben Inlineskatern und verchromten Motorrädern durchs Verkehrsgewühl und jeder nahm auf den anderen Rücksicht; denn wie gesagt, Zeitdruck gab es nicht und das Wort Stress tauchte höchstens mal bei Liebeskummer auf. Auch Junge und Alte lebten in absoluter Harmonie nebeneinander.

Die beiden Welten hielten nicht viel voneinander. Als die Menschen sich damals bei der Entstehung für eine Seite entschlossen, war man von Generation zu Generation bei einer Seite geblieben. Ab und zu wurde eine große Welt-konferenz abgehalten, zu der sich Vertreter der jeweiligen ANDEREN SEITE

trafen, um über Raumfahrprogramme, Schutz gegenüber Außerirdischen oder gegen Kometen zu sprechen. Beide Seiten hatten hervorragende Wissenschaft-ler und natürlich auch große Zaubermeister. Ein Thema war auch die Handha-bung von Zaubereien, vor allem, wenn sie die jeweiligen ANDEREN SEITEN

betrafen. Einer der bösen Zauberminister der alten Welt soll auch seine Hände im Spiel gehabt haben, als ein Missgeschick im großen weiten Raum die zweite Welt entstehen lies.

Aber auch in den ältesten Chroniken war nichts darüber zu finden, oder zumindest der Öffentlichkeit nicht bekannt.

Die reale Welt (in der es natürlich auch Kriege, Habgier und Verschlagenheit gab) hatte gute und böse Zaubermeister wogegen auf der ANDREREN SEITE

niemand die Bösen brauchte. Kriege waren ihnen unbekannt un ausser bei Lie-besdingen gab es keine Eifersüchteleien und Neid. Wozu hätte man also böse Zaubermeister brauchen sollen?

Im Laufe der vielen, vielen Jahre sprach man auf der jeweiligen Seite kaum über die anderen.

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Obgleich es relativ einfach war, Kontakt aufzunehmen oder einen Besuch zu machen auf der jeweiligen ANDEREN SEITE wollte dies niemand. Bis auf die besagten gemeinsamen Konferenzen war die ANDERE SEITE tabu. Es gab sogar ein großes Ministerium mit einem Minister für andere-Seiten-Angelegenheiten. Es war ein eindrucksvolles Gebäude in der Hauptstadt Messca-lion. Man musste einen Antrag stellen für einen Kontakt oder einen Besuchs-schein und dieser wurde auch immer gewährt. Vom Ministerium aus konnte man auch mit der realen ANDEREN SEITE telefonieren. Aber wie gesagt, das Interesse war mehr als gering. Vielleicht überwogen auch Angst und Aberglau-be vor der Neugier.

Bei der realen Seite war es Zeitmangel und Verächtlichkeit, die die Einwohner davon abhielten, mit dem Volk Fisematentos Kontakt aufzunehmen, war dessen Welt und Königreich doch weitaus kleiner und unbedeutender als ihr mächtiger Planet. In der realen Welt konnte es sich niemand erlauben, sich mit etwas unbedeutenden abzugeben und was man nicht sehen konnte, hatte auch nicht zu existieren. Das lernten dort die Kinder schon in der Schule. Und was konnten das schon für Leute sein, die die bei ihnen allmächtige Zeit nicht richtig ernst nahmen. Nur Unbedeutende.

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III. Kapitel: Ein trauriges Frühstück

König Fisematento war aufgestanden. Er stand vor einem der großen reich verzierten Kristallspiegel seines Schlafzimmers. „das seiht noch schlimmer aus als beim letzten Mal. Als mich dieser ekelhafte Ausschlag anlässlich Melissias Boshaftigkeit befallen hat, war wenigstens meine Halbglatze nicht betroffen. Aber sie leuchtet besonders schauderhaft und die Pusteln sind doppelt so groß. Alle meine Hausärzte müssen angeschleppt werden und natürlich Hefax der Hofzauberer. Vielleicht können sie mir dieses Mal helfen.“ Während er sprach, raufte er sich abwechselnd die Haare und drückte unappetitlich an den großen Pickeln herum.

„Eure Majestät, bitte regt euch nicht weiter auf! Es wird dadurch nur noch schlimmer. Hier, nehmt diesen Seidenschal und bedeckt damit Euren Kopf und Euer Gesicht. Dann noch eine Sonnenbrille und Ihr seht aus wie ein erhabener Scheich. Keiner wird es bemerken, sondern man wird Euch zu dieser kreativen Bekleidung nur beglückwünschen.“

Makkaroni wuselte geschäftig um den entstellten König herum, zupfte hier am Tuch, schon es da noch ein wenig tiefer in die Stirn und ließ die Sonnenbrille dauernd auf den Boden fallen.

Es war nicht nur die Situation, die den dicken Diener so aus der Fassung brachte, sondern man war auch schon längst über die übliche gemeinsame Frühstückszeit hinaus und sein Magen, die einzige wirkliche Uhr im Königreich, knurrte bedenklich. Hunger war für ihn die schlimmste aller Katastrophen, die er sich vorstellen konnte.

„Kommt Eure Majestät, legt Eure Kleidung an, je schneller Ihr etwas früh-stückt, umso eher sieht die ganze Sache nicht mehr so schlimm aus.“

„Wenn du meinst, lieber Makkaroni,“ kam es kläglich aus dem königlichen Mund, der jetzt von einem Schal verborgen war. “Es sieht ja ganz interessant aus ein bisschen verwegen.

Aber nach Essen ist mir gar nicht so zumute.“ Als er sah wie Makkaronis Mundwinkel herabsanken und sein Gesichtsausdruck „ich verhungere“ zu schreien schien, gab sich Fisimatento einen Ruck.

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„Du hast recht, ausserdem ist die andere Sache viel, viel schlimmer als meine Gesichtsbeulen.“

Blitzschnell sauste Makkaroni zum Ankleideschrank und brachte Fisimatento die notwendigen Kleidungsstücke um den Scheichsanzug zu vervollständigen.

„Ihr werdet sehen Eure geschwollene Hoheit, nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird; und wer sagt denn, dass dieser singende, bösartige Zaubermeister wirklich Macht auf unsere Seite hat“

„Wenn du nur Recht hättest Makkaroni. Warum habe ich nur diese verhäng-nisvolle Idee gehabt, diesen Don Caruso zu uns einzuladen? Und überhaupt warum ist mein Volk so unmusikalisch. Als ich Minister Pasparo gebeten habe einen großen Sänger von der ANDEREN SEITE anlässlich meiner Geburtstagsfeier zu besorgen, habe ich nicht einen singenden Zaubergroßmeister bestellt der ausgerechnet der bösen Zunft angehört. Zum Unglück auch noch den Besten. Du weißt, was man sich in den Legenden erzählt. Dieser Don Caruso soll ein direkter Nachfahre des Zaubermeisters sein, der an der Weltenteilung beteiligt war, und ich bin mir ganz sicher, dass an den Geschichten etwas Wahres dran ist.“

„Euer Hochwohlgeboren, ich möchte Euren Redefluss nicht unterbrechen, aber das Frühstück! Denkt an die heissen Pfannkuchen, den Honig, der Mozarella mit Kräutern, die Paninis, die Reste der gestrigen Pasta und all die anderen Sachen.“

Makkaroni hatte sich in ein wahres Hochgefühl geredet. Es kam ihm so vor, als habe er eine Ewigkeit nichts mehr gegessen. Ungeduldig zog er Seine Majestät am Ärmel weg vom Spiegel, zur Tür hinaus auf den großzügigen Flur. Dicke Läufer dämpften ihre Schritte. Auf dem Weg zum kleinen Früh-stückssaal – es gab natürlich noch einen großen, wenn Gäste im Schloss waren

- ,kamen sie an der Ahnengalerie vorbei. In schweren Goldrahmen hingen da Portraits an der Wand, die alle Personen darstellten – unserem Fisimatento wie aus dem Gesicht geschnitten. Da waren welche mit Vollbärten, mit Schnäu-zern, mit Glatzen, dicken Gesichtern, Rotweinbacken und –nasenm Schwind-süchtige, Mitleiderregende, Traurige und Fröhliche. Aber alle hatten feine manchmal auch grobe Narben über das ganze Gesicht verteilt, als hätten sie an einer entsetzlich starken Akne oder Pocken gelitten. Über Jahrhunderte verfolgte schon dieser wüste Ausschalg die Familie in allen Zweigen. Fisimatento 10

mochte gar nicht hinschauen. Nein er wollte nicht auch diese Narben haben!

Aber je länger die Aufregungen dauerten, umso mehr fraßen sie sich in die Haut. Er beschleunigte seinen Schritt, was Makkaroni nur entgegen kam.

„Wie ich bemerke hat Euch der Appetit nun auch gepackt. Gut gegessen ist halb gewonnen und vertreibt die Sorgen. Das hat schon meine Großmutter immer gesagt und sie war eine kluge Frau“, bemerkte der hungrige Diener.

Sie hatten ein blaues Portal erreicht mit Doppeltüren. Makkaroni öffnete beide Seiten und machte Platz, das Seine Majestät vor ihm eintreten konnte. Der kleine Frühstückssalon war ein geräumiges, helles und freundliches Zimmer, das mehr Fenster als Wände hatte. Alles war in grünem Pastell gehalten und ein Meer von Pflanzen sorgte für gute Luft und die schönste Atmosphäre, die man sich zum Frühstück wünschen konnte. Leise Musik aus versteckten Lautsprechern rundete die freundliche Stimmung des schmucken Raumes ab.

Ein großer, ovaler Tisch war liebevoll für 2 Personen gedeckt und eine goldene Klingel stand parat, um das Frühstückspersonal zu rufen. Bei Tisch musste Makkaroni nicht als Diener auftreten sondern er saß Seiner Hoheit gegenüber und durfte sich auch bedienen lassen. Ein duftender Blumenstrauß in der Mitte der Tafel ließ beinahe alle Sorgen verschwinden, hätte König Fisimatento in diesem Moment nicht laut geseufzt. Der Seufzer wäre noch lauter und länger ausgefallen, hätte sich nicht das Tuch - das er natürlich noch trug – in seinen Mund gesaugt. So wurde daraus eher ein ersticktes Geräusch. Angewidert zupfte Fisimatento das Tuch zurecht und murmelte gerade hörbar für Makkaroni: „Wir müssen etwas unternehmen. Stell dir vor, der Fluch tritt ein.

Mein Volk wird mich nicht mehr akzeptieren, sie werden mich abwählen, sie werden das elende Leben der anderen Seite führen. Sie werden heimtückische Zeitraffer. Das ist kein Platz für einen gütigen, lieben König. Er hat gesagt es wird schleichen über uns kommen, langsam und unheimlich. Oh Makkaroni, ich habe Angst.“

„Eure Majestät ich habe auch Angst, aber könnt Ihr mir bitte die Frühstücks-glocke reichen, ich habe nämlich Angst, dass ich verhungere. Mit leerem Magen kann ich nicht denken und Euch in keiner Weise behilflich sein und wie ihr wisst sind meine Ratschläge meist ganz trefflich.“

Mit einer fahrigen Bewegung schob Fisimatento seinem Lieblingsdiener die goldene Glocke zu. Dieser klingelte dreimal ganz heftig und gleich noch 11

dreimal. „Damit man es auch hört“ murmelte er entschuldigend.

Die Tür wurde aufgestoßen und zwei Lakaien in bunter Uniform und weissen Perücken schoben einen großen Frühstückswagen in den Salon. Sofort breitete sich der Duft von frisch gebrühtem Kaffee und backofenfrischen Hörnchen im ganzen Raum aus. Der Geruch von der aufgewärmten Pasta des Vortages, die extra für Makkaroni bereitet wurde. Gleich hinter den beiden Lakaien betrat Luigi, der Koch – natürlich vom Pastafreund Makkaroni ausgewählt – das Frühstückszimmer. Wie immer die Kochmütze leicht schief auf dem Kopf, den Schnurrbart hochgezwirbelt, fast wie einer italienischen Operette entsprungen.

Weisse Jacke und rotes Halstuch machten das Bild komplett.

„Guten Morgen, die Herren, wieso werde ich nicht informiert, wenn Besuch zum Frühstück da ist und wo ist denn Seine Hoheit?“ Luigi war immer so unwirsch, kurz angebunden und machte keinen Hehl daraus, dass er verärgert war.

„Aber ich bin doch hier!“, kam es aus dem Mund des verschleierten Scheichs.

„Seine Majestät will in nächster Zeit ein bisschen orientalisch wirken. Er findet es langweilig immer in der traditionellen Königskleidung. Überhaupt geht dich das gar nichts an, sorge lieber dafür, dass aufgetragen wird“, fügte Makkaroni ungeduldig hinzu. „Fast hätte er noch ein „Hopp! Hopp! Ein bisschen plötzlich“ hinzugefügt, aber er verschluckte den Satz in letzter Sekunde. Ja, er wusste überhaupt nicht, woher ihm diese Worte in den Sinn gekommen waren.

Makkaroni wollte es gar nicht wissen, denn ein furchtbarer Gedanke ließ ihn erschaudern. Zu allem Überfluss sagte Luigi in sein Grübeln hinein „sogleich, sogleich. Aber ihr seid heute auch reichlich spät, wenn mir die Bemerkung erlaubt sein darf.“

Dieser Satz traf Makkaroni wie ein Dolchstoss. Die schlimmsten Befürchtun-gen schienen sich zu bewahrheiten. „Zu spät“, Luigi hatte wirklich „zu spät“

gesagt.

„Eure Majestät, habt ihr gehört?“, flüsterte er Fisimatento zu. „Hallo, so nehmt doch mal das Tuch etwas von den Ohren. Habt Ihr das gehört? Luigi hat gesagt, wir wären zu spät! Es fängt schon an. Oh du meine Güte es fängt wirklich an!“

„Natürlich habe ich es gehört, ich glaube meine Pickel und Pusteln haben sich verdoppelt. Wir dürfen uns nichts anmerken lassen. Bitte Makkaroni 12

frühstücke, im selben Unmaß wie sonst auch. Am besten für mich mit, ich kann nichts zu mir nehmen vor Aufregung.“

König Fisimatento hatte ganz leise gesprochen, damit die Diener, die ihre Teller füllten und den Kaffee einschenkten nichts hören konnten, aber er fühlte sich zum ersten Mal in seinem Leben belauert und bespitzelt. Luigi und die beiden Lakaien beobachteten ihn und Makkaroni. Das spürte er, oder er bildete es sich auch nur ein.

Den gesegneten Appetit hatte der Diener nicht verloren, aber der Spass am Essen war ihm abhanden gekommen. Es war die lustloseste und traurigste Mahlzeit, die er jemals in diesem freundlichen Raum zu sich genommen hatte.

„Eure Hoheit, Ihr müsst eine Konferenz einberufen. Am besten Ihr lasst Minister Pasparo und den Hofzauberer Hefax rufen, damit wir ihnen reinen Wein einschenken können. Vielleicht wissen die beiden einen Rat, wie wir das Kommende aufhalten können.“

„Ja, du hast Recht. Wir müssen vor allem kühlen Kopf bewahren. Aber was soll Hefax einfallen? Ich glaube, seine Zauberkünste beschränken sich mittlerweile auf das Wiederfinden von verlorenen Kleinigkeiten oder irgendwelche Liebestränke.“, erwiderte der mehr als geknickte König. Die beiden beende-ten das Frühstück so früh wie noch nie und die beiden Lakaien bekamen den Auftrag, Minister Pasparo und den Hofzauberer Hefax in das königliche Arbeitszimmer zu bitten. Auch Luigi durfte den Raum verlassen ohne wie sonst das Mittagsmenue mit Makkaroni zu besprechen. Luigi verließ unter leichtem Verbeugen den Raum, nicht ohne ein verwundertes Stirnrunzeln und dachte, dass Makkaroni sich nun doch endlich einmal den Magen verdorben hatte und aus diesem Grund keine Lust hatte über das Mittagessen zu sprechen.

König Fisimatento im Scheichsgewand und sein kugeliger Diener machten sich auf den Weg ins Arbeitszimmer, um dort Hefax und Pasparo zu erwarten und es war beiden nicht wohl zu mute.

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IV. Kapitel: Der Galaabend

Das Arbeitszimmer war gleichzeitig Konferenzraum und normalerweise mit einer Vielzahl von Teilnehmern besetzt. Dann brannten die großen Kristalllüster und beleuchteten die warme Mahagonitäflung, Lakaien standen bereit, um Wünsche zu erfüllen und auf dem großen polierten Holztisch standen Erfrischungen und bunte Blumensträuße. Der ganze Raum war erfüllt von Gemurmel und leisem Gelächter der Konferenzteilnehmer; denn es gab eigentlich immer nur erfreuliches zu besprechen oder zu beschließen.

Heute war das ganz anders. Das königliche Arbeitszimmer war kalt und dunkel, nur eine kleine Lampe brannte und Fisimatento nebst seinem treuen Makkaroni saßen doch recht verloren am Ende des großen Konferenztisches.

Verloren und sprachlos warteten sie darauf, den Hofzaubermeister und Minister Pasparo ins Vertrauen zu ziehen. Selbst dem sonst so geschwätzigen Diener schien die Petersilie verhagelt. Der Minister wohnte in der Hauptstadt Mescallion und es würde etwas länger dauern, bis er im Schloss eintraf. So betrat als erster Hefax den Raum; das heißt zwei Lakaien öffneten die Doppeltür und der Hofzaubermeister hatte seinen üblichen theatralischen Auftritt. Gemessenen Schrittes, mit hoch erhobenen Haupt näherte er sich den Beiden. Sein graues Haupthaar trug er zu einem dicken Zopf gebunden und auf dem schwarzen Jackett glänzte einen mächtige Goldkette. Mit der rechten Hand hob er leicht den goldfarbenen Umhang an, der ihm wie eine Schleppe von den Schultern hing. Das ganze hatte schon etwas Gönnerhaftes und Erhabenes. Hefax deute eine knappe Verbeugung an in Richtung Seiner Majestät und für Makkaroni hatte er ein kleines Nicken übrig.

„Ihr braucht nichts zu sagen Eure Majestät, das Halstuch, das Euerer Gesicht bedeckt spricht Bände. Der Ausschlag ist wieder da. Was ist passiert? Ist Melissa wieder aufgetaucht oder gibt es etwa eine neue Auserwählte?“

Seine Worte unterstrich Hefax, wie immer mit theatralischen Gebärden.

„Ja, ich habe wieder den Fisimatentoausschlag, aber das ist nur das geringer Übel. Der eigentliche Grund warum ich dich rufen ließ, ist eine völlig anderer und weitaus schwerwiegender.

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Er betrifft uns alle, das ganze Reich. Wenn Minister Pasparo eintrifft, werde ich eich alles erzählen. Bis dahin mache dir bitte ein paar Gedanken, um mein ekelhaftes Problem.“ Antwortete Fisimatento sehr bestimmt und ernst.

„Das letzte Mal warst du ja keine große Hilfe, Hefax. Deine Salben und Tränke, die du unserem König verabreicht hast, waren total wirkungslos. Und deine Zaubersprüche haben nur ein paar Mücken verenden lassen, eine Maus war auch dabei, die ich vom Teppich kehren musste. Hoffentlich fällt dir dieses Mal etwas Besseres ein.“, warf Makkaroni angriffslustig dazwischen, den er hielt nicht sehr viel von Hefaxs Zauberkünsten. Vor allem weil dieser nie bereit war, etwas seiner Magie in die Dienste der von Makkaroni geplanten Streiche zu stellen.

„Sei nicht so vorlaut Makkaroni, sonst wird dir gleich wieder eine Maus vom Teppich zu kehren sein. Eine besonders dicke Maus und Seine Majestät muss sich einen neuen Diener suchen. Lasst mich lieber einmal das Malheur mit Eurem Gesicht sehen Eure Hoheit,“ erwiderte der Zauberer mit bedrohlichem Stirnrunzeln und wand sich Fisimatento zu.

Makkaroni holte schon Luft, um seinerseits dem Zaubermeister ein paar passende Nettigkeiten zu sagen, wurde aber von König Fisimatento gestoppt.

„Ein andermal mein Lieber! Ich weiß eure Kappeleien unter normalen unter normalen Umständen sehr zu schätzen und es amüsiert mich auch immer, aber in unsere Situation ist es nicht angebracht.“

Er nahm den Schal von Gesicht und Stirn und wand sich Hefax zu.

„Oh ja, das sieht böse aus und vor Vollmond wird da auch nichts zu machen sein.

Nur am ersten Vollmondtag, kann ich Euch Linderung

versprechen…“

Hefax wurde unterbrochen. Ein Lakai hatte die Tür geöffnet und kündigte den erlauchten Minister Pasparo an.

Der Minister war erstaunt, als er die drei am Ende des Tisches sah. Der König, der Diener und der Zauberer, das war schon eine komische Konferenz. Der mittelgroße Regierungsbeamte im besten Mannesalter, gekleidet in einen eleganten Nadelstreifenanzug, gesellte sich mit raschen, energischen Schritten zu den Anwesenden und begrüßte Seine Majestät natürlich zuerst, wobei er takt-voll kein Wort über dessen Aussehen verlor. Seinem vertrauensvollen Gesicht 15

war nichts anzumerken. Der wahre Diplomat eben.

„Ich bin sogleich gekommen Eure Hoheit. Ein so schöner Tag und doch scheint es Anlass zur Sorge zu geben, sonst hätten Ihr mich nicht so dringend gebeten. Was ist geschehen?“

Pasparo reichte Hefax die Hand und winkte Makkaroni freundlich zu, dann sprach er weiter.

„Nur Euer engster Vertrauter und Eure Hofzaubermeister? Sollte es am Ende um eine Geheimsache gehen?“

Eine Geheimsache hatte es noch nie gegeben, seit er im amt war, abgesehen von der eher langweiligen königlichen Ausschlägen und der fand den Gedanken daran absolut aufregend.

„Ihr seid ein kluger Mann mein lieber Pasparo, sonst wärt ihr ja auch nicht mein Minister für Angelegenheit der ANDEREN SEITE. Ihr habt es genau getroffen, aber ich weiß nicht wie lange es geheim bleiben wird. Setzt euch zu uns, mein Diener Makkaroni soll euch und Hefax die ganze Geschichte er-zählen. Ich würde mich dabei noch mehr aufregen und das würde mein armes Gesicht nicht aushalten.“

Müde und erschöpft lehnte sich Fisimatento zurück und Hefax sowohl auch der Minister nahmen Platz, um sich anzuhören, was Makkaroni zu erzählen hatte.

Der Diener wand sich Pasparo und dem Zauberer zu und begann,

„Wie ihr ja wisst, wollte unser König Seine Hoheit Fisimatento, anlässlich seines Geburtstages seinem Volk einen besondere Kunstgenuss zuteil werden lassen. Wir haben im ganzen Reich keinen vortrefflichen Sänger und auch ihr, lieber Minister, fandet die Idee hervorragend, als Seine Majestät euch bat uns einen guten Sänger von der ANDEREN SEITE zu besorgen, um eine große Gesangsgala zu veranstalten. Wenn möglich den Besten.“

„Ja, natürlich erinnere ich mich,“ antworte Pasparo, „ und ich habe mich auch sehr bemüht. Meinem Kollegen, Sir Millton, von der ANDEREN SEITE bin ich ganz schön auf die Nerven gegangen. Ihr wisst ja, außer zu den Sicher-heitskonferenzen, will man eigentlich keinen Kontakt zu uns. Umso erstaunter war ich, wie schnell er mir schon kurz darauf den Besuch eines Sägers und zwar des Besten versprochen konnte.

Millton sagt, dass dieser Don Caruso alle Opernhäuser und Konzertsäle seiner 16

Welt füllte und es eine große Ehre für unser unbedeutendes Reich sei, dass sich der Maestro Don Caruso bereit erkläre für uns einen Liederabend zu geben und man sollte ihn ja möglichst würdevoll behandeln; denn er sei äußerst empfindlich und nachtragend.“

„Aber fahrt nur fort, Makkaroni.“, forderte der Minister den Diner auf und auch Hefax lauschte gespannt.

„Ja und dann kam der große Abend. Unser Odeon in Mescallion war bis zum letzten Platz gefüllt, die Untertanen trugen ihre schönsten und fantasievollsten Garderoben. Auf dem großen Straßenbüfett, das sich durch die ganze Innenstadt zog, hatten alle nach Herzenslust gegessen und getrunken und seine Majestät wurde bei seiner Ansprache auf dem großen Festplatz frenetisch umju-belt. Auch ich war wirklich elegant; denn Seine Hoheit hatte mir aufgetragen, die Darbietung anzusagen. Also trat ich vor den noch geschlossenen Vorhang.

Ich war etwas zu spät, aber das ist mir erst aufgefallen, schon wieder dieses erschreckende „zu spät“.“

An dieser Stelle wurde Makkaroni von Pasparo unterbrochen, „Es ist sehr merkwürdig, aber bis heute hatte ich noch nie den Eindruck, darauf achten zu müssen nicht zu spät zu kommen, aber als ihr mich ins Schloss rufen ließet, ging ich wie unter Zwang an meinen Schriebtisch uns steckte ein Geschenk in die Jackentasche, dass mir mein Kollege Millton von der ANDEREN SEITE

anlässlich eines unsere Treffen machte. Ich hatte bis heute nicht nachgesehen was sich in dem kleinen Samtbeutelchen befindet. Hier ist es!“ Mit diesen Worten legte der Minister eine goldene Taschenuhr auf den Tisch.

Keiner sprach ein Wort, aber eine Gänsehaut schien einem wie dem anderen den Rücken hinauf zu kriechen.

„Mein Gott, eine Uhr! Eine wirklich Uhr! Das ist Hexenwerk! Wie könnt ihr so etwas mit hier herbringen?“ Hefax, der Zaubermeister war außer sich. Fast schreiend hatte er dies ausgestoßen, um mit fast lautlosem Flüstern zu enden.

Die goldene Uhr schien sie höhnisch anzugrinsen und obwohl sie nicht aufge-klappt war, hörten die vier wie Hammerschläge so laut “Tick, Tick, Tick...“

„Lasst Makkaroni weiter erzählen und ihr werdet alle Zusammenhänge schnell begreifen“, unterbrach König Fisimatento die aufkommende Unruhe.

„Je eher ihr alles wisst, umso schneller können wir reagieren, wenn es nicht wirklich schon zu spät ist.“

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Mit einer Handbewegung forderte er seinen Diener auf weiter zu sprechen.

Sie waren dichter zusammengerückt und Makkaroni fuhr mit leiser verschwö-

rerischer Stimme fort.

„Also wie gesagt, ich hatte die Ehre den großen Don Caruso anzusagen. Nach meiner wunderbar ausgearbeiteten Ansage, öffnete sich der Vorhang unter lautem Jubel und da stand er. Auf einem Podest, umrahmt von unserem Staatsor-chester, in einem blütenweißen Smoking stand da die beeindruckenste Gestalt, die jemals auf einer unsere Bühnen aufgetreten war. Mit einer recht herrischen Geste beider Hände stoppte er den Beifall und Jubel. Dann hob er sein von weißen Locken umrahmtes Haupt und sagte mit einer sonoren tiefen Stimme

„Ich bin mir sicher, sie alle werden dies Abend nie mehr vergessen, den ich Don Caruso, die größte Stimme aller Zeiten, ihnen bereiten werde.“

Dann drehte er sich kurz zum Dirigenten und gab ihm Anweisung zu beginnen. Die Musik begann äußerst lieblich und bis hierher war auch noch alles in Ordnung.

Dann ertönte die allgewaltige Stimme des großen Meisters:

„Die Zeit holt alle Menschen ein

Keiner kann sich ihr entziehen,

sie bestimmt unser Leben

bis zum letzten Atembeben.“

Welch ein Text hier auf unserer ANDEREN SEITE. Was hatte sich dieser Mann dabei gedacht? Fast alle Strophen des ersten Vortrages waren ähnlich.

Eine einzige Provokation. In den Logen und im Parkett entstand leise Unruhe und Nervosität“

Diesmal wurde Makkaroni von Minister Pasparo unterbrochen. „Aber wissen das doch alles. Wir waren doch alle im Opernhaus und haben die Unverschämtheiten dieses Don Carusos mit angehört. Das ist doch alles kein Geheimnis.“

„Nun geduldet euch noch ein wenig, ich komme gleich zur Sache!“ ergriff Makkaroni wieder das Wort. „Also, Don Caruso verzog keine Miene, als sein erster Vortrag kaum Applaus bekam und sang unbeirrt weiter. Sein nächstes 18

Lied hatte wieder eine wunderbare Melodie und seine Stimme schwoll wieder so gewaltig an, wie ich es noch nie gehört habe, über mehrere Oktaven, als würde er von einer wilden außerirdischen Kraft getragen. Das Odeon schien zu zittern. Es war ein Stück über den Frevel, die Zeit zu missachten; und ich erinnere mich an den Refrain:

„Wer die Zeit als höchsten Gott nicht achtet

Sekunden und Minuten kaum beachtet

Zollt ihr nicht Respekt und Ehrerbietung

Wird in ihr verloren sein in Ewigkeit“

Sein Anblick hatte nichts mehr menschliches, als die letzte Silbe verklingen war.

Die ersten (Buh Buh) Buhrufe erschallten aus dem Zuschauerraum und dann fingen einzelne an zu lachen. Und immer mehr stimmten in das Gelächter ein, bis das ganze große Odeon ein großes einstimmiges Gejauchze war. „Geh nach Hause, du Zeitprophet,“ riefen einige. „Ja, verschwinde, du verdirbst unser schönes Fest, des Geburtstag unseren schönen Königs.“

Wie auf Kommando verließen die enttäuschten Leute ihre Plätze und strebten den Ausgängen zu.

Auch der große Don Caruso verließ die Bühne Richtung Garderobenräume.

Dies war der Moment als Ihr, Eure Majestät, mich am Arm nahmt und sagtet:

„Kommt Makkaroni, wir müssen in die Garderobe. So habe ich mir die Gesangsgala wirklich nicht vorgestellt. Man weiß halt nie, was in den Köpfen von Künstlern so vor sich geht. Aber er ist wirklich zu weit gegangen.“

„Lasst mich jetzt weiter erzählen, mein Lieber!“, ergriff Fisimatento selbst das Wort.

„Ab hier habt ihr, mein werter Pasparo und Hefax, nicht mehr mitbekommen, was sich ereignet hat. Haltet eich fest und hört, was sich in der Garderobe zutrug.“

„Eurer Majestät, ich muss mich schon die ganze Zeit festhalten, ein fast un-

überwindlicher Drang überkommt mich andauernd auf diese goldenen Uhr zu schauen um zu sehen welche Stunde sie zeigt.“

19

Man sah es Hefax an, dass er die Wahrheit sprach. „Verzeiht mir bitte Eure Majestät, es geht schon wieder, bitte erzählt.“

„Nun gut, wir verließen die Königsloge und hasteten durch die Gänge in die Künstlergarderoben. An der Größten war die Tür nur angelehnt und da drinnen war der reinste Teufel los. Der große vornehme Don Caruso tobte und schrie, was das Zeug hielt. Man konnte es wirklich mit der Angst bekommen.

Aber schließlich bin ich ja der König und dieser Herr hatte sich ungebührlich verhalten gegenüber meinem Volk. Also öffneten wir die Tür und betreten die Garderobe, das Heißt, was von ihr übrig geblieben war. Der feine Herr Sänger hatte sich nicht nur verbal ausgetobt, sondern auch die ganze Einrichtung zer-trümmert. Bevor ich ein Wort an ihn richten konnte, fuhr er herum und starrte uns an, dass einem das Blut in den Adern gefrieren konnte.

„Da seid ihr ja, Ihr Anführer eines Banausenvolkes. Ihr, die Ihr die schlimmsten aller Sünden begeht. Zeit und Kunst zu verachten, sie zu verlachen anstatt sie anzubeten.“

Der große Maestro sprach leise ganz leise, aber seine Stimme schien sich in unser beider Gehirn zu bohren.

„Ihr Würmer habt gedacht, über mich den großen einmaligen Don Caruso habt Ihr gewagt zu höhnen und zu lachen. Meine Ehre, ja meine Würde, die Würde eines Mannes von dem ihr Armseligen keine Ahnung habt, wer er wirklich ist, habt Ihr blind verletzt. Das sollt Ihr Büßen.“

„Bei diesen Worten war der Zornige fast auf Tuchfühlung an uns herangetreten und ich möchte schwören, seine Gestalt strömte eine unheimliche Hitze aus und der Raum schien zu glühen.“

Hefax und Pasparo waren ganz dicht zusammengerückt und lauschten fast atemlos der Erzählung des Königs. Auch Makkaroni erlebte in Gedanken noch einmal die Situation mit und unterdrückte ein Aufstöhnen.

„Ich verfluche Euch kleiner König, Euch und Euer Banausenvolk. Der große Mantel der Zeit soll sich über euch legen und euer Land umklammern mit aller Macht und auf alle Zeiten. Es wird langsam kommen wie eine bösartige Krankheit und die Wirkung wird verheerend sein. Dies ist meine Rache, die Rache des großen Don Caruso!“ Und dann war er verschwunden. Ja er war einfach weg, eben noch diese verzerrte, geifernde Fratze zum Greifen nahe und dann puff, war er weg. Und ich schwöre euch, lieber Minister und lieber 20

Hefax, ihr könnt getrost Makkaroni fragen, ein Hauch von Schwefelgeruch lag in der Luft und die Temperatur in der Garderobe war wie in einer Sauna.“

Seine Hoheit atmete tief durch um dann zu flüstern „Es war als hätten wir den Teufel persönlich gesehen. Makkaroni und ich verließen die Garderobe und eitlen aus dem leeren Odeon zu meinem Auto und noch nie war ich so froh mich in die tiefen Polster zu pressen und bei geschlossenen Türen das Gefühl zu habe, niemand könnte uns sehen und uns etwas anhaben.

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V. Kapitel: Die Hüterin der Chroniken

Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Die vier Teilnehmer der kleinen Geheimkonferenz saßen minutenlang ohne ein Wort zu sagen. Fast kein Atemzug zu vernehmen. Endlich ergriff Hefax das Wort: „Ein Zaubermeister, eindeutig ein Zaubermeister, Sie haben uns als Sänger einen ihrer bösartigen Zaubermeister geschickt. Warum haben sie das getan? Wir haben immer friedlich nebeneinander gelebt. Keiner hat sich um den anderen gekümmert und jetzt solch eine Gehässigkeit.“

„niemals hätte ich meinem Kollegen Millton zugetraut, dass er mich derart hintergeht. Welch heimtückische Gesinnung sich so etwas auszudenken.“ Pasparo war völlig außer sich und hatte große Mühe seine diplomatische Haltung zu wahren.

„Noch ein Wort zu den Ereignissen der letzten Nacht,“ setzte Fisimatento seine Erzählung fort.

„Makkaroni ging es genau so wie mir, erst als Ferstel, mein erster Chauffeur, die Wagentür öffnete und sagte „Wir sind da Eure Majestät“, bemerkten wir, dass wir am Palast angekommen waren. Die Heimfahrt war in tiefem, entsetz-tem Schweigen an uns vorbeigegangen.

Ferstel Fragte, ob wir ihn noch brauchten und ich musste mich mehrfach räuspern um ihm antworten zu können. Ich verneinte und sagte ihm er könne sich zur Ruhe begeben und Außerdem, wenn etwas wäre, hätte ich ja Makkaroni zur Seite. Makkaroni und ich begaben uns auf dem schnellsten Wege in meine Gemächer. Auf dem Weg hatte Makkaroni einen guten Einfall, denn er riet mir so rasch wie möglich Theresa von Kronja anzurufen, die älteste der weißen Frauen und Hüterin der alten Chroniken. Ich folgte seinem Rat; denn wenn jemand etwas über diesen Don Caruso wissen konnte dann sie.

Glücklicherweise schließ sie noch nicht und ich konnte ihr in groben Zügen erklären, was passiert war und wie dringlich die Angelegenheit war. Sie meinte auch sich erinnern zu können, dass der Name Don Caruso in irgendeinem Zusammenhanf in den alten Chroniken eine Rolle gespielt habe und sie war auch fast sicher, dass dies in Verbindung mit der Entstehung unserer Seite vor 22

ewig langen Zeiten stand, aber genaueres könne sie mir erst nach eingehendem Studieren der betreffenden Chroniken mitteilen. Zuletzt lud sich mich ein so schnell wie möglich zu ihr in die Berge nach Kronja zu kommen.

Alles weiter wisst ihr und das Resultat der ganzen Aufregung steht mir mehr als deutlich ins Gesicht geschrieben.“

„Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte Eure Majestät,“ sagte Makkaroni,

„ich lasse von Luigi eine großes Lunchpaket herrichten, wobei es mir in den Fingern juckt ihn zur Eile anzutreiben und ich bestelle Ferstel mit der Groß-

raumlimousine zum Portal. Laut dieser Uhr hier auf dem Tisch sollten wir in spätestens einer Stunde abreisebereit sein nach Kronja.“

„Ich bin schon einwenig gekränkt Eure Majestät, dass Ihr nicht zuerst meine Meinung hören wolltet; denn schließlich bin ich nicht umsonst Hofzaubermeister,“ bemerkte Hefax und es schien ihm Mühe zu bereiten einen gelassen Tonfall anzuschlagen „aber Theresa von Kronja steht als Expertin für die Chroniken natürlich außer Frage. Man sollte allerdings bedenken, dass viele Aufzeichnungen nur auf Legenden beruhen. Was mich am meisten beunruhigt, ist allerdings dieses Gefühl, ich müsste mir dringest einen Terminkalender kaufen. Früher wusste ich noch nicht einmal, was man mit so einem Ding macht. Auf alle Fälle bin ich dabei. Wie Ihr wisst, bin ich mit Theresa, wenn auch entfernt verwand.“

„Was ist mit euch, lieber Pasparo, werdet ihr uns auch begleiten?“

„Aber selbstverständlich Eure Majestät, schon immer wollte ich einmal ein Abenteuer erleben, Natürlich nicht gleich eines das die gesamte Lebensform unserer Seite betrifft, aber zum Aussuchen ist es jetzt wohl zu spät.“, antwortete der Minister.

„Gut meine Herren, dann sind wir uns also einig und bitte zu Niemanden eine Wort!

Bitte Makkaroni, sage in der Küche bescheid und informiere Ferstel von der bevorstehenden Reise.“ Bei diesen Worten erhob sich Fisimatento und been-dete damit die Konferenz. Er schien mit den Aufgaben zu wachsen und wollte sich mit aller Energie für seine Untertanen und der Erhaltung ihrer gemütlichen, unbeschwerten Lebensweise einsetzten. Wie es sich eben für einen guten König gehörte. Jetzt war Makkaroni in seinem Element. Anweisungen zu geben bedeutete ihm fast so viel, wie gut zu speisen.

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Einige Lakaien wurden beauftragt Übernachtungsgepäck zusammenzustellen; denn nach Kronja in den Bergen war eine weite Fahrt und die Rückfahrt aus diesem Grund auf den Tag zu verschieben. Dann informierte er Ferstel von der großen Reise und zu guter Letzt Luigi.

„Wie lange soll den die Reise dauern bei diesen Proviantmengen, die du da bestellst, Makkaroni? Wie viele Personen seid ihr, zwanzig? Und warum diese plötzliche Reise? Wo fahrt ihr hin?“, Luigis Neugier war kaum zu bremsen.

„Du willst doch sicher Hofküchenmeister bleiben, oder? Dann rate ich dir, kümmere sich um deine Saucen, Pasteten und Küchenmädchen, aber nicht um die Angelegenheiten der wichtigsten Person in diesem Schloss. Und jetzt lass bitte Speisen und Getränke in die königliche Limousine schaffen.“ Und diesmal sagte er wirklich „aber dalli dalli.“

Luigi war sichtlich beeindruckt und stauchte einige seiner Untergebenen zusammen und hielt sie zur Eile an. Überhaupt schien die bisherige Ruhe und Gemütlichkeit aus dem Schloss verbannt zu sein. Alles wurde lauter, hektischer und nervenaufreibender erledigt als sonst und das Schlimmste war, die Zufriedenheit in den Gesichtern der Schlossbediensteten war verschwunden und hatte einer Art Verbissenheit Platz gemacht.

Schließlich war es geschafft. Gepäck und Proviant hatten ihren Platz in der großen königlichen Limousine gefunden und auch die vier Reisenden hatten sich in den weichen, komfortablen Sitzen bequem gemacht. Ferstel startet den schweren Wagen und fuhr die lange Auffahrt des Schlosses hinunter. Sie passierten das schwere Eisenportal und ordneten sich in den fließenden Verkehr ein.

„Ach du meine Güte, was ist den heute los? Soviel Gehupe habe ich noch nie gehört. Und warum rasen alle so? Oh, da fährt aber einer dicht auf. Was soll das nur?“

Ferstel war gänzlich außer Fassung und die vier Insassen, die wohl wussten woher diese Durcheinander kam, hüteten ihre Zungen.

„Bestimmt haben viele Leute die Grippe und das bringt sie etwas durcheinander.“ Sagte Minister Pasparo zu dem braven Fahrer. „Macht euch keine Gedanken, wir sind ja gleich aus dem dichten Verkehr heraus“

„Aber schaut, jetzt zeigen sich auch noch einige gegenseitig den Vogel und das kommt alles von der Grippe?“

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Ferstel beruhigte sich erst wieder, als sie auf der Landstraße Richtung Berge abgebogen waren.

Dreimal hielten sie unterwegs an, um zu Essen und zu Trinken. Man vertrat sich etwas die Beine und ging anderen dringenden Bedürfnissen nach. Gesprochen wurde nur über Belanglosigkeiten. König Fisimatento hatte den lästigen Schal schon lange abgelegt, denn er war ja unter Freunden und die hatten sich schon an den Anblick gewöhnt und keinem wäre es eingefallen zu spotten oder Bemerkungen darüber zu machen. Auf den letzten zweihundert Kilometer kam ihnen kein Fahrzeug mehr entgegen und sie schraubten sich immer höher die Serpentinen hinauf. Der Wald stand dunkel und mächtig und die untergehende Sonne zwang Ferstel die Lichter und Strahler des Wagens anzuschalten. Als sie um die nächste spitze Kehre bogen, fiel das Strahlerlicht auf die imposanten Mauern des ehemaligen Klosters Kronja. Düster und unheimlich lag es da in der Dämmerung und die Insassen waren einerseits erleichtert ihr Ziel erreicht zu haben, andererseits fragten sie sich, welches Geheimnis sie in diesen bedrückenden Mauern erfahren würden. Nur Ferstel machte sich diese Gedanken nicht, sondern er dachte eher an ein gemütliches Bett oder einen kleinen Plausch mit dem Küchenpersonal am offenen Feuer.

Das Tor war geöffnet und sie konnten bis vor das Hauptgebäude fahren. Der Innenhof war großzügig und wie ein kleiner Park angelegt. Ein Standstein-brunnen und mehrere eindrucksvolle Moosbewachsene Skulpturen warfen ihre Schatten. Die Skulpturen stellten einige der früheren Bewohner dar.

Alle trugen lange Bärte und Mönchskutten. Es waren die jeweiligen Äbte des ehemaligen Bruderordens der Kronjaner. Heute lebten die Vertreter des Ordens in modernen Gebäuden, nahe bei den Städten, um den Einwohnern zur Seite zu stehen, oder sie unterhielten Ordensschulen für Kinder. Irgendwann wat einer aus der Vorfahrensreihe Fisimatentos auf die Idee gekommen, die riesige Sammlung der Chroniken in diesen Gemäuern unterzubringen. Und so war es bis heute geblieben. Zur Leiterin von Kronja wurde die jeweils älteste und edelste der weisen Frauen bestimmt. Seit ewiger Zeit war dies nun schon Theresa von Kronja und sie hatte gleichzeitig eine Schule mit Internat für el-ternlose Mädchen daraus gemacht. Sie wurde im ganzen Land verehrt wie eine Heilige. Einige glaubten allerdings sie sei die einzige weibliche Zaubermeiste-rin, die in sich mehr Macht vereinigte als alle männlichen Zauberer.

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Aber wer weiß das schon so genau. Nicht einmal Hefax wusste darüber bestimmtes zu sagen.

Die kleine Gruppe war ausgestiegen und reckte und streckte sich nach dem langen Sitzen. Nur eine kleine Lampe über der Eingangstür beleuchtete das Gezappel.

„Gott sein Dank, wir haben es geschafft! Ich dachte schon diese ewigen Kur-ven hören nie auf. Außerdem habe ich zuviel gegessen und alles drückt.“ Makkaroni tätschelte dabei seinen Kugelbauch und machte ein leidendes Gesicht.

Ferstel hatte begonnen die Gepäckstücke aus dem Kofferraum zu laden und fragte:

„Wenn ich das Gepäck versorgt habe, kann ich mich dann zurückziehen, Eure Majestät? Es war eine anstrengende Fahrt und ich bin doch recht müde.“

Minister Pasparo antwortete für seine Hoheit, der gerade die königlichen Hüften kreisen ließ. „Aber natürlich, wir werden alle selbst mit Hand anlegen, um das Gepäck hinein zu bringen. Nicht wahr Makkaroni, Hefax?“

In diesem Moment wurde die Eingangspforte geöffnet. „So viel Besuch um diese Stunde und auch noch so hoher Besuch.“ Vier nein fünf, sechs junge Damen und einer graublauen Tracht und Blütenweißen Häubchen drängten dich durch die Tür, lachend und kichern, als wollten sie ausdrücken, dies ist alles andere als ein düsteres oder trauriges Haus.

„Wir wünschen den hohen Herren einen schönen guten Abend, Frau Theresa von Kronja erwartet euch schon. Wir werden uns um euer Gepäck kümmern und um euer Fahrzeug.

Ich bin Luisa, die rechte Hand von Frau Theresa. Bitte folgt mir ins Haus.“

„Wir wünschen den hohen Herren einen schönen guten Abend, Frau Theresa von Kronja erwartet euch schon. Wir werden uns um euer Gepäck kümmern und um euer Fahrzeug.

Ich bin Luisa, die rechte Hand von Frau Theresa. Bitte folgt mir ins Haus.“

Eine wirklich adrette Erscheinung, vielleicht Mitte zwanzig und sehr selbst-bewusst nahm Minister Pasparo am Arm und die anderen folgten im Gän-semarsch nach. Sie folgten der reizenden jungen Dame die Stufen hinauf.

Derweil die anderen Mädchen zusammen mit Ferstel das Gepäck übernahmen.

Als sie die großzügige Eingangshalle betraten, kamen Fisimatento und seine Begleiter aus dem Stauen nicht mehr heraus. Wie ganz anders stellte sich 26

das Innere des ehemaligen Klosters dar! Alle Wände waren in hellen Farben getüncht oder mit pastellfarbenen Stoffen bezogen.

Freundliche Aquarelle lockerten den Raum auf und überall standen Vasen mit Blumengebinden, die ihren zarten Duft verbreiteten. Leichte helle Webteppi-che verdeckten den schweren Steinboden und zwei Zimmerbrunnen sorgten für angenehm beruhigende Stimmung. Mehrere venezianische Deckenlampen in Blütenkelchform rundeten das gelungene Ambiente ab und sorgten für angenehmes Licht.

„Meine Herren, sie schauen so erstaunt. Bestimmt haben sie gedacht, wir leben hier in mittelalterlicher Umgebung aber die hat unsere Frau Theresa schon lange abgeschafft. Das ganze Anwesen ist ein absolutes Kleinod der Harmonie und des Glückes. Alle, die wir hier lernen und wohnen dürfen, genießen jeden Augenblick. Bitte nehmt Platz. Ich werde Frau Theresa von Kronja eure Ankunft melden und derweil für ein leichtes Abendbrot sorgen.“

Sie hatte die Gruppe zu einem Salontisch geführt, der von einigen bequemen Ledersesselchen eingerahmt in der Nähe eines offenen Kamins stand, der angenehme wohlige Wärme verbreitete. Dann nickte sie allen freundlich zu und ging die breite Treppe hinauf, die von der Eingangshalle in die oberen Stock-werke führte.

„Habt ihr das gewusste Eure Majestät, wie schön es heute in Kronja aussieht?

Ich kenne das Kloster von Fotografien und da hätte ich keine Nacht verbringen wollen.“ Wand sich Makkaroni an Seine Hoheit.

„Leider war ich auch schon lange Zeit nicht mehr hier, das letzte Mal als mein seliger Vater noch lebte. Damals muss Frau Theresa gerade die Leitung des Hauses übernommen haben. Es ist komisch, ich fühle mich so leicht und beschwingt, gerade so als wäre nicht all das Schreckliche passiert,“ erwiderte König Fisimatento und kuschelte sich ganz entspannt in seinen Sessel.

„Wenn Ihr gestatte Eure Majestät, werde ich nach einem Telefon fragen um meine Familie anzurufen. Ich bin so schnell Eurer dringlichen Nachricht gefolgt, dass ich keinem mitgeteilt habe, wohin ich gegangen bin. Auch im Ministerium muss ich einige Anweisungen hinterlassen. Keiner von uns weiß, wohin uns diese unsägliche Geschichte noch führt.“ Pasparo sagte dies aber keineswegs besorgt, sondern eher aufgeregt und beschwingt. Damit wand er sich an eines der Mädchen, die mittlerweile nach Erledigung des Gepäcks 27

damit begonnen hatte, den Tisch mit feinem Porzellangeschirr zu decken, um nach einer Telefonmöglichkeit zu fragen.

Hefax hatte sich neben Makkaroni bequem gemacht und wollte seinen Augen nicht trauen.

„Eure Majestät, es ist kaum zu glauben aber Euer Ausschlag…“

„Ach Hefax, gerade habe ich nicht mehr an diese üble Verunstaltung gedacht und jetzt müsst ihr mich daran erinnern. Vor Vollmond möchte ich nichts mehr von euch darüber hören.“ Fisimatento klang sichtlich verärgert, was bei ihm eigentlich sonst so gut wie gar nicht vorkam.

„Aber nein, aber nein, nicht was Ihr denkt. Er ist fast weg. Er ist kaum noch zu sehen. Euer Gesicht sieht fast schon wieder normal aus.“

„Das stimmt Eure Hoheit.“, mischte sich Makkaroni ein, „So gut wie weg.“

„Habt ihr einen Spiegel schönes Kind?“, wand sich Makkaroni an das Mädchen, das gerade eine Kanne mit herrlichem duftendem Blütentee vor ihn stellte.

„Einen Moment, hier der kleine Wandspiegel, den kann ich abhängen.“

Die junge Frau nahm einen zierlichen Spiegel, der über einer Konsole hing, ab und reichte ihn Makkaroni.

„Seht Eure Hoheit, dass wir euch nicht auf den Arm nehmen, seht selbst.“

„Aber das ist ja ganz unglaublich, viel zu schön um wahr zu sein. So schnell ist es noch nie verschwunden. Sag, mein lieber Hefax, wie hast du das gemacht. sicher war es nur ein Scherz, dass ich bis Vollmond warten muss. Wie kann ich dir meine Dankbarkeit zeigen. Und bitte verrate mir diesen Zauber.“

Fisimatento war ganz aus dem Häuschen. Er hätte Hefax niemals zugetraut, dass der ihn so schnell von seinem Leiden erlösen konnte.

„Eure Majestät, es ist mir eine große Ehre, wenn meine bescheidene Kräfte dazu beigetragen haben sollten euch von diesem Übel zu befreien.“

Hefax hatte sich erhoben und fummelte nervös an seinem grauen Haarzopf.

Einerseits wusste er nur zu gut, dass er noch gar keine Kräfte eingesetzt hatte, anderseits würde es seinem Ansehen als Hofzaubermeister nur gut tun, wenn dieser Erfolg in einschlägigen Kreisen bekannt wurde. Vielleicht wollte dann auch keiner mehr versuchen ihn in seinem Amt bei Hofe abzulösen.

„Mein lieber Großneffe Hefax, überlege dir genau ob du in meinem Haus eine Unwahrheit aussprechen willst.

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Das einzig Wahre sind deine bescheidenen Kräfte.“

Mit klarer fester Stimme, der man einen leichten belustigten Unterton entneh-men konnte, kam dieser Einwand von der Treppe. Theresa von Kronja stand am Treppenansatz, eingehakt bei Luisa, ihrer Assistentin und winkte grüßend der kleinen Gruppe zu.

„Meine lieben Herren, ich wollte euer Gespräch nicht belauschen, es war Zufall, dass ich die kleiner Aufschneiderei meines Großneffen mit anhörte.“

Bei diesen Worten war die Herrin Kronja die letzten Stufen herabgestiegen und kam mit ausgestreckten Armen auf die Verdutzen zu. Trotz ihres hohen Alters war sie immer noch eine schöne Frau. Groß, mit kerzengerader stolzer Haltung und feinen, aristokratischen Gesichtszügen, auf den Wangen ein Hauch von Rouge und die blenden weißen Zähne zu einem herzlichen Lächeln leicht geöffnet, wirkte sie weitaus majestätischer als seine Hoheit, König Fisimatento, der IV. Das weiße Haar wurde von einem schlichten Reif gehalten und eine mehrfach geschlungene Perlenkette zierte das Oberteil ihres langen tiefblauen Kleides.

FIsimatento war als erster aufgesprungen, um sie mit einer tiefen Verbeugung begrüßen.

„Meine verehrte gnädige Frau, es ist an uns um Verzeihung zu bitten, dass wir eure Ruhe zu so später Stunde gestört haben, aber wie ihr wisst ist die Angelegenheit von äußerster Wichtigkeit, dass sie keinen Aufschub duldet.“

Minister Pasparo, der sich nach seinem Telefonat gerade auch wieder einge-funden hatte, war sogleich von der Ausstrahlung der Hausherrin gefangen.

„Leider wurde ich ihnen noch nie vorgestellt, aber es ist mir eine große Ehre und ein lang gehegter Wunsch euch kennen zu lernen, wird mir heute erfüllt.

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass mich ein Großteil der Schuld am Geschehenen trifft, da ich mich gutgläubig auf die Empfehlung meines Minis-terkollegen von der anderen Seite verlassen habe. Ich mach mir darüber große Vorwürfe und überlege, ob es nicht das Beste wäre zurückzutreten.“

„Aber, aber, nicht so zerknirscht. Ihr habt lange Zeit die beste Arbeit im Kontakt mit der anderen Seite geleistet und schließlich treffen wir uns heute um den entstandenen Schaden gemeinsam von uns abzuwenden,“ erwidere Theresa von Kronja in freundlichem aber bestimmten Ton.

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„und ihr, mein Lieber, seit bestimmt Makkaroni, der treu sorgende Diner Seiner Majestät. Seid mir auch herzlich willkommen.“

Makkaroni strahlte über beide Backen, über diese Begrüßung und schickte mehrere tiefe Bücklinge in die Richtung der edlen Dame.

„Nun zu dir, Hefax, du hast dich schon lange nicht mehr sehen lassen, vielleicht wäre es deiner Stellung als Hofzaubermeister zuträglich gewesen, wenn du ab und zu Rat bei mir gesucht hättest. Diese tiefe Röte in deinem Gesicht ist das nun auch ein Zauber, oder ist es Scham, weil du im Hause deiner Groß-

tante den netten König Fisimatento beschwindelst?“. Dies alles war von Theresa von Kronja eher schmunzelnd als verärgert an ihren Großneffen gerichtet.

„Bitte, Luisa sagen sie den Herren, warum der Ausschlag Seiner Majestät verschwunden ist. Ich möchte jetzt er einmal eine Tasse des wunderbaren Tees genießen,“ erteilte die Hausherrin das Wort ihrer hübschen Assistentin.

„Nun die Lösung ist ganz einfach. Dieses ist ein geweihtes und heiliges Haus.

Unantastbar von unnatürlichen Einflüssen die von Außen kommen. Kein Fluch und sei auch noch so mächtig, keine Verwünschung sei sie auch so stark, die Außerhalb der Mauern von Kronja ausgesprochen wurde hat hier drinnen Bestand. Nur Krankheit oder auch das Schicksal des Sterbens, das uns Menschen auf natürlichem Wege ereilt, trifft uns hier drinnen genau wie draußen.

Sehen sie, vor vielen Generationen muss einer eurer Vorfahren einen Feind unter den Großmeistern der Zauberer gehabt haben. Dieser muss ihn und alle folgenden eurer Reihe verflucht haben, bei großer Aufregung ekelhafte Ausschläge zu bekommen. Da das ganze außerhalb von Kronja passiert ist, seid ihr hier drinnen von diesem Übel gefreit. Also kein Zauberspruch eures Hofzaubermeisters.“

Glockenhell und charmant hielt das Mädchen diesen kleinen Vortrag unter beifälligem Nicken ihrer verehrten Hausherrin.

„Dieses Mädchen wird eines Tages meine Nachfolge in Kronja antreten und ist heute schon in alle Dinge eingeweiht und damit meine ich nicht nur die Verwaltung und den ganzen kaufmännischen Teil sondern auch alle die Geheimnisse, die Erkenntnisse aus den alten Chroniken und alle mystischen Zauberangelegenheiten. Sie wird eines Tages mein Werk zum Wohle unserer Seite fortsetzen, wenn ich mich zum ewigen Schlaf lege.

Aber nun lasst uns gemeinsam speisen und uns stärken, bevor wir hinunter 30

steigen in die Kellergruft, wo die alten Chroniken lagern. Ich meine die ganz alten, denn nur die können uns in diesem Fall weiterhelfen.“

Theresa von Kronja klatschte nach diesen Worten in die Hände und die Mädchen in den weißen Häubchen begannen ein köstliches Abendessen zu servieren, sehr zur Freude von Makkaroni.

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VI. Kapitel: Das Geheimnis der Chroniken

„Sie steht. Ja mein Gott, sie ist wirklich stehen geblieben, seit wir Kronja betreten haben!“ Minister Pasparo hatte ungeachtet von den anderen die goldenen Uhr hervorgeholt, denn er wollte genau wissen, ob sich die Wirkung des heiligen Ortes nicht nur auf Fisimatentos körperlichen Beschwerden bemerkbar machte.

„Tatsächlich, auch der Zauber, der Zauber dieses Don Caruso hat hier keine Macht.“

Pasparo hatte sich erhoben und zeigte das Zifferblatt der Taschenuhr in die Runde.

„Ihr habt doch nicht etwa an meinen Worten gezweifelt,“ drohte Frau Theresa scherzend mit dem Finger. „ich sagte euch doch, kein Einfluss von außen bedroht diese heile Welt.“

„Fast wäre mir der Bissen im Hals stecken geblieben, dann hätte ich das meiste dieser köstlichen Mahlzeit nicht mehr genießen können. Ihr dürft einen armen Diener nicht so sehr erschrecken. Bitte packt doch dieses Ding wieder weg.“

Makkaroni sagte dies halb im Scherz und halb im Ernst.

Nachdem sich die kurze Aufregung gelegt hatte, widmete sich die kleine Gesellschaft ganz dem leckeren Abendessen.

„Euer Chauffeur hat bereits in der Küche gegessen und sitzt jetzt bei einem Glas Wien mit der Köchin zusammen, ich hoffe, es ist recht so, Eure Majestät?“, bemerkte Luisa, als man die Mahlzeit beendet hatte, und die Mädchen anfingen den Tisch abzuräumen.

„Aber natürlich Luisa, es ist mir sogar sehr recht, wenn nicht zu viele dieser bösen Angelegenheit meinem Volk zugetragen wird. Und wer nichts weiß, kann auch nichts erzählen.“

Theresa von Kronja erhob sich und sagte „Nun, wenn es allen recht ist, dann lasst uns die Tafel aufheben und in die Gruft hinabsteigen. Das ist übrigens auch ein Phänomen dieses Ortes. Normalerweise kann man keine Bücher in tief gelegenen Kellerräumen aufbewahren. Die natürliche Feuchtigkeit würde 32

sie alle in kürzester Zeit vernichten, aber hier, als wären sie von der Natur dazu vorgesehen, sind die Räume der Gruft trocken und genau richtig tempe-riert. Noch nie hat eines der Bücher gelitten.“

“Ich gehe voran, bitte folgen sie mir, der Eingang der Gruft liegt draußen im kleinen Park.“, sagt Luisa und schaltete die Außenbeleuchtung an.

Vom Licht bestrahlt hatte die Gartenanlage ihren düsteren Eindruck verloren.

Man sah jetzt überall liebevoll angelegte Blumenbeete und blühende Rosen-hecken. Der Weg war mit weißem Kies bestreut. Der leise unter den Sohlen knirschte. Der Weg führte zu einer kleinen Kapelle, wie man sie manchmal auf alten Friedhofanlagen findet. Ein Glockentürmchen, ein Altar und kaum Platz für zwanzig Leute. Diese Kapelle hatte allerdings überhaupt nichts vom traurigen Charakter einer Friedhofskapelle sonder wirkte eher beschaulich und anheimelnd. Ein Plätzchen zum Ausruhen oder um seine Gedanken nachzuhängen. Die helle Holztür war weit geöffnet und gab den Blick frei auf einen blumenbeschmückten Altar und ein wunderschön geschnitztes Kreuz.

„Tretet ein, meine Herren,“ sagte Theresa von Kronja mit einladender Handbewegung, „ es wird euch schon keiner beißen. Ich verbringe sehr oft eine halbe Stunde hier, nicht nur zum Beten sondern einfach zum Entspannen.“

Das warme Licht einer Wandleuchte schuf eine angenehme Atmosphäre um kleinen Kapelleninnern.

„Hier drüben ist der Eingang zur alten Gruft.“ Luisa war mit wenigen Schritten zu einem hellen Vorhang gegangen und zog in auf. Darunter verbarg sich eine lackierte Eisenpforte mit schlichten Beschlägen. Der Schlüssel steckte und drehte sich leicht im Schloss. Ohne Geräusch ließ sich die Pforte öffnen.

„Wir haben nur bis zum halben Weg nach ganz unten elektrisches Licht und müssen deshalb ein paar Öllämpchen mit auf den Weg nehmen.“ Ergriff Frau Theresa das Wort. „Hier Hefax, Makkaroni, aber verbrennt euch nicht die Finger beim entzünden. Herr Minister, bitte, reichen sie mir ihren Arm, die Stufen sind nach so vielen Jahren schon etwas ausgetreten. Eure Majestät, wenn ihr Luisa behilflich sein könnten, liegt dem Abstieg nichts mehr im Wege.“

„Ich hätte es mir hier viel gruseliger vorgestellt,“ meinte Makkaroni zu Hefax

„aber es gibt gar keinen Modergeruch oder Spinnweben, die einem plötzlich im Gesicht hängen.“

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„Gruselig, was ist schon gruselig? Für mich als Hofzaubermeister gibt es dieses Wort überhaupt nicht. Komm, wir müssen die Lämpchen anzünden; da unten hört die elektrische Beleuchtung auf.“

Sie stiegen immer weiter hinunter und die Türen waren seltener geworden.

„Ist es noch weit“, Fisimatento, dem es so vor kam als wären sie schon bis zum Mittelpunkt der Erde gestiegen.

„Geduld, Geduld mein lieber Fisimatento, wir haben es gleich geschafft. Nun seht ihr, warum ich gestern Nacht nicht bereit war nach den Chroniken zu schauen, als ihr mich angerufen habt. Aber wir sind da. Meine Herren, ihr seid außer Luisa die ersten, die ich zu den uralten Chroniken mitnehme. Bitte, Herr Pasparo, schließt die Tür.“

Theresa von Kronja überreichte bei diesen Worten dem Minister einen alten Schlüssel.

Hefax beleuchtete das Schlüsselloch und so war es keine Mühe für Pasparo aufzuschließen.

Die Tür war eher ein Türchen und die Männer mussten sich bücken um ein-zutreten, außer Makkaroni, der musste stattdessen den Bau einziehen soweit wie möglich und wäre doch beinahe stecken geblieben. Sie hatten ein kleines Gelass betreten, ganz aus Stein gehauen. An der einen Wand waren Steine ausgelassen und so waren natürliche Regalflächen entstanden. In diesen lagen ungefähr dreißig Bücher.

Große uralte Folianten in schwerem Leder gebunden und teilweise mit ge-hämmerten Eisenschließen versehen, hüteten hier unten die Geheimnisse der Legenden.

„Ich habe Seiner Majestät schon gestern Abend gesagt, dass ich mich nur vage an den Inhalt der einzelnen Bücher erinnere, aber die ganz alten auf die es uns ankommt sind alle handgeschriebene, richtige Kunstwerke und sehr schnell herauszufinden. Kommt helft alle mit, wir stellen die Leuchten auf diesen Mauervorsprung. Wir dürfen die Werke nicht aus diesen Räumen entfernen oder gar versuchen sie mit nach oben zu nehmen, sie könnten dabei vernichtet werden.“

Theresa von Kronja sagte dies mit leicht erregter Stimme, denn der Gedanke

, dass sie wirklich eine Verbindung herstellen konnte zwischen dem, was gestern Abend passiert war und den Vorkommnissen die zur Entstehung der 34

beiden Anderen Seiten geführt hatte ließ auch die sonst so überlegene und besonnene Frau nicht unberührt.

„Jeder nimmt sich zwei, drei Bücher und sucht nach den handschriftlichen Aufzeichnungen.“ Pasparo war es gewohnt zu delirieren und verteilte nun die Sucharbeit.

„Bitte, Eure Majestät, nehmt ihr diese hier, diese drei sind für Makkaroni, jene für Hefax, bitte schön, verehrtes Fräulein Luisa, nehmt ihr diesen Stapel.“

Der Minister für Angelegenheiten der Anderen Seite reichte Foliant um Foliant seinen Gefährten. Die letzten reichte er Theresa von Kronja mit den Worten,

„Lassen sie uns diese zusammen durchsehen, Gnädigste.“

“Aber gerne Herr Pasparo, hoffentlich sind wir erfolgreich. Vor allem wäre es von Nöten, etwaige Hinweise zu entdecken die unser Land vor dem Übel befreien könnte.“

Sie hocken oder knieten sich auf den Steinboden der überhaupt nicht so kalt war und öffneten die kunstvollen Eisenschließen.

Eine Zeitlang war nur das Rascheln und Blättern der umgeschlagenen Seiten zu hören und natürlich das angespannte Atmen.

Makkaroni war der erste, der sich meldete, „Hier, dieser Band ist ganz von Hand geschrieben und mit Zeichnungen versehen.“

„Dieser auch.“ Meldete sich Hefax und hielt ein besonders schweres Buch in die Höhe.

„Bei mir sind es zwei.“, rief Luisa mit hochrotem Kopf.

„Und eines haben wir und ich glaube, ja ich bin mir fast ganz sicher es waren genau fünf Stück. Wir haben sie und müssen jetzt nach den entscheidenden Stellen suchen. Ich bin richtig aufgeregt.“

Theresa von Kronja begann sofort Blatt um Blatt durchzulesen. Es sah schon recht seltsam aus. Fünf Erwachsene Menschen hockten auf dem Boden mit kleinen Öllämpchen und stöberten angespannt in alten Büchern.

Fisimatento hatte schon nach kurzer Zeit Kreuzschmerzen und die Knie taten ihm weh. Allerdings verkniff er sich herumzunörgeln; denn er wollte sich nicht vor den anderen blamieren. Vor allem nicht vor Frau Theresa, die sich angespannt und hochkonzentriert voranarbeitete.

Hefax konnte es sich nicht verkneifen, die Seiten durch einen einfachen Zauber sich selbst umblättern zu lassen, anstatt dies mit den Händen zu tun.

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Er hatte die Arme verschränkt und saß im Schneidersitz vor dem Foliant, aber er nahm die Aufgabe trotzdem genau so ernst wie die anderen. Die filigrane verschnörkelte Schrift war gar nicht so einfach zu lesen. Aber sie war deutlich und war überhaupt nicht verblasst oder hatte irgendwie anderweitig gelitten.

Wir für die Ewigkeit geschrieben.

Pasparo hatte große Mühe, der trotz ihres hohen Alters unheimlich schnell lesenden Hausherrin zu folgen und musste sich eingestehen, das es nun doch an der Zeit war sich eine Brille zuzulegen. Makkaroni kam überhaupt nicht voran, da er sich zu lange bei den Bildern verweilte. Besonders die Darstellung Feuer speienden Drachen hatten es ihm angetan und natürlich die tapferen Ritter, die todesmutig den Kampf eggen die Untiere aufnahmen.

„Ich, ich glaube das muss es sein, ja hier lese ich etwas von „Trennung der Welten“, seht bitte selbst Frau Theresa.“ Luisa hatte diese Worte fast geflüstert und reichte das Buch, das sie durchgesehen hatte, an Pasparo, der es vor Theresa ausbreitete.

„Lass sehen, liebes Kind, was ihr gefunden habt, Ja, ihr habt Recht, ich erinnere mich. Die Zeilen kommen mir bekannt vor. Aber wir müssen weiter vorne beginnen.“

Theresa von Kronja blätterte und vertiefte sich ganz in den Text. Ab und zu nickte sie wissend oder atmete sehr tief ein. Manchmal öffnete sie den Mund um lautlos die Worte nachzuformen. Die anderen rückten dich an sie heran und waren auf das höchste gespannt. Luisa nahm ihre Lehrmeistern fest in den Arm und es war nicht ganz gewiss, ob sie ihr damit Beistand leisten wollte oder nur sich selbst etwas von der inneren Aufregung nehmen wollte. Makkaroni hoffte, dass in dieser Situation des Schweigens nicht sein Magen zu knurren anfinge, denn eigentlich wäre es Zeit gewesen für eine kleine Zwischen-mahlzeit. Aber er hatte Glück, denn Frau Theresa brach in diesem Moment das Schwiegen.

„Ihr müsst wissen, dass ich den Text als ich sie vor langer Zeit einmal überflo-gen habe keine allzu große Bedeutung beigemessen habe. Es waren für mich eben Legenden, diverse Halbwahrheiten, die im Laufe der Zeit als historische Abläufe ihren Platz in den Chroniken gefunden haben. Da unsere Welt nie einer ernsthaften Bedrohung ausgesetzt war, gab es auch keinen Grund, sich näher damit zu beschäftigen. Ich glaube sogar, dass in vielen unserer Schulen 36

die Chroniken überhaupt keine Erwähnung mehr finden, was unter normalen Umständen auch völlig in Ordnung ist. Die Leute würden sich nur unnötige Gedanken machen, wenn sie wüssten, dass hier kein göttlicher Zufall oder ein Missgeschick die Ursache für die Schaffung unserer zweiten Welt verantwortlich war. Aber jetzt hört bitte zu, was ich vorzulesen habe.“

Die anderen schoben die Öllämpchen zusammen, so dass Frau Theresa genug Licht hatte und diese begann vorzulesen.

„Das Leben auf der Welt hatte sich gewandelt, gewandelt zum Guten. Die Menschen lebten im Einklang mit der Natur und mit sich selbst. Die Zeiten der dauernden Kriege und Feindschaften waren vorüber. Neid und Missgunst lösten sicht nicht mehr ständig ab, sondern schienen gänzlich aus dem Alltag zu verschwinden. Die Geisel der Eitelkeiten quälten die Menschen nicht mehr.

Dies missfiel natürlich den Herrschern des Finsteren und Bösen. Sie begannen ihre Macht an den Menschen zu verlieren. Nichts hassten sie mehr, als die Güte, das Verständnis und die Gelassenheit, die von der Menschenmasse ausging. Und der der Gedanke daran den Kampf gegen die erhabenen Mächte des Guten verloren zu haben, erfüllte sie mit wildem Zorn. Und so begannen sie wieder die Früchte des Unfriedens und des Hasses zu sähen und der Schlimmste der Fürsten der Finsternis sann nach einem Plan sich die ganze Welt untertan zu machen. Er wollte sie abspalten vom Firmament und sie an sich reißen ins dunkle Reich der Finsternis. Der Mond wollte er behalten, aber nicht die Sonne, die rauen böse Stürme, aber nicht den milden lauen Wind, die schlimmsten Hagelkatastrophen wollte er täglich, aber nicht den warmen Regen, der zum Spazieren und Träumen reizt. Und natürlich die Menschen unter Zeitdruck stellen, das war wohl das beste Mittel, um den alten Zustand der ewigen Unzufriedenheit wieder herzustellen. Wie besessen arbeiten die bö-

sen Geister an diesem Ziel. Der wildeste und erfindungsreichste war Carusas Diabolis, einer der ganz mächtigen und grausamen Zaubermeister.“

Hier unterbrach Theresa von Kronja aufgeregt die Lesung.

„Habt ihr gehört, der wildeste und grausamste war ein gewisser Carusas Diabolis. Carusas und Don Caruso, da könnte man schon eine Verbindung herstellen, aber vielleicht ist es ja nur Zufall. Ich werde weiter lesen. Bestimmt finden wir noch mehr Hinweise.“

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„Ja bitte fahrt fort, ich habe ein ganz schlecht Gewissen, dass ich mich nicht schon längst einmal mit den Chroniken auseinandergesetzt habe. Ich oder zumindest einer meiner Minister oder Hofzaubermeister.“ Fisimatento der IV.

sagte dies, ohne wirklich seine Mitarbeiter rügen zu wollen, denn wer hätte schon daran denken können, dass es eines Tages von Wichtigkeit sein würde etwas aus diesen alten Schinken zu wissen.

„Das ist aber wirklich nicht fair, Eure Majestät.“, riefen da auch schon Pasparo und Hefax, wie aus einem Mund. „Nie sind wir angewiesen worden uns mit der Vorgeschichte zu befassen und außerdem dachte jeder, dass diese Bücher nur Legenden oder Märchen enthielten.“

„Ihr habt das bestimmt nicht als Tadel gemeint, Eure Majestät.“ sagte in diesem Moment Luisa. „Sicher wolltet ihr nur ein bisschen scherzen und die beiden Herren auf den Arm nehmen.“

„Ja, ja ihr habt recht liebe Luisa, das war nur ein bisschen unsinniges Geplap-per und beiliebe nicht ernst zunehmen. Ernst nehmen sollten wir, was wir aus diesem Buch noch alles erfahren. Bitte, fahrt fort Theresa.“

„Wenn ich darf gerne“, sagte Frau Theresa, „und ihr aufhört mit diesen kleinli-chen Streitereien und Eitelkeiten. Also lasst und weiter lesen.

Unter der Führung des grausamen Carusas Diabolis reifte auf der Seite des Bösen ein schlimmer Plan. In einer Nacht, die wir heute die Neujahrsnacht nennen, überlisteten sie die gute Seite der erhabenen Mächte und rangen mit ihnen um die Welt. Dabei kam es zu einer Spaltung uns unsere Seite war geboren.

Die mächtigen guten Hüter der Welt kehrten alles zum Guten für unsere Seite, aber die alte Welt konnten sie nicht gar so viel tun. Sie sorgten lediglich dafür, dass Gut und Böse ausgewogen waren und nicht die ganze Welt an den Fürsten der Finsternis fiel. Was sie nicht mehr ändern konnten war die macht der schleichenden Zeit. Die Zeit ließ sich nicht mehr aufhalten, die Menschen ganz in ihren unheilvollen Bann zu reißen.

Der Henkersknecht der finsteren Mächte, Carusas Diabolis, fiel bei dem Herrn der Finsternis in Ungnade, denn zu sehr hatte man mit der Allmacht über die Menschheit gerechnet. Und jetzt, wie schon einmal und immer wieder hatten sich die Bösen blamiert vor den Guten. Schon wieder war eine Schlacht verlo 38

ren. Da war die Geschichte mit der Zeit und ihren Folgen nur ein kleiner Trost.

Carusas Diabolis wurde verbannt von der Menschenwelt. Dies war eine harte Strafe, denn es war seine größte Freude diese Menschen zu quälen. Er wurde verbannt in das unendliche Reich des Todes und sollte hier solange bleiben und niedrige Dienste verrichten, bis der mächtige Fürst der Finsternis ihn wieder brauchen würde, um der Menschheit Schaden zuzufügen. Das konnte lange dauern.

Als Carusas ins Inferno fuhr, schrie er ins weite Weltall:

„Ich werde wieder kommen und den ewigen Kampf gegen das Gute gewinnen.

Ich werde mir diese neue Welt einverleiben als mein Privatspielzeug und die alte Welt wird mit der Zeit von ganz allein reif. Ich werde alles schlucken und es als Trophäe dem Herren der Finsternis vor die Füße spucken. Das verspreche ich, ich der große Carusas.“

Und er verschwand wie ein riesiger glühender Komet in der Unendlichkeit des Bösen.

Und sollte er eines Tages wieder kommen, so hütet euch vor einem eitlen Künstler, denn dies wird seine Maske sein. Niemandem liegen die Menschen mehr zu Füßen als einem eitlen Künstler. Und keinem glaubt man lieber all die schönen Worte und erliegt seinen heimlichen Verführungen. Ruhm ist eine große Macht.“

„Ein eitler Künstler! Er ist es ganz bestimmt. Das kann kein Zufall sein und wenn ihr ihn gesehen hättet so wie ich und seine Majestät, würdet ihr mir sofort zustimmen.“

Makkaroni war aufgesprungen bei diesen Worten und fuchtelte erregt mit den Armen.

„Dieser Hass auf Menschen, diese Überheblichkeit, dieses abgrundtiefe Böse in seinen Augen, unser Don Caruso und Carusas Diabolis sind ein und derselbe. Wie eine Wiedergeburt. Oh, du meine Güte, machen diese Aufregungen hungrig, ich könnte ein ganzen Pastabuffet verschlingen und ich verspreche euch es niemanden vor die Füße zu spucken.“

Alle lachten befreit über den aufgebrachten Diener seiner Majestät.

„Ich glaube, wir genug gelesen und erfahren. Bevor unser Makkaroni verhungert, sollten wir wieder hinaufgehen, denn mir wird es hier langsam 39

ungemütlich und die Öllämpchen sind auch schon fast leer.“ sagte Theresa von Kronja und erhob sich von den Steinfliesen.

Auch die anderen waren aufgestanden und halfen Luisa die schweren Bücher in die Naturregale zurück zu räumen. Sie lagen da wieder, als hätte keine Hand an ihnen gerührt, so als wäre dies ihr Platz für immer und ewig.

„Wer hätte das gedacht, dass sich die Aufzeichnungen jemals bewahrheiten sollten? Ich wüsste zu gerne, wie weit der Zeitfluch das Leben außerhalb der Mauern von Kronja schon verändert hat.“, sagte Luisa während sie den letzten Band verstaute

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VII. Kapitel: Der Plan

Der Aufstieg aus der Gruft ging relativ schweigsam vonstatten. Alle waren froh, als sie wieder in der kleinen freundlichen Kapelle standen und die Tür nach unten wieder geschlossen war.

„Als Hofzaubermeister fällt es mir schwer zuzugeben, dass diese Geschichte mich schaudern lässt. Wie kann man seine Kräfte zu solchen fürchterlichen Dingen benutzen. Was bin ich froh, dass wir hier auf unseren Seite leben, wo es keine bösartigen Zauberer gibt und wo das Leben so friedlich und zufrieden stattfindet. Wir müssen alles dafür tun, dass unsere Seite so bleibt. Dieser Fluch muss weg und der elende Don Caruso soll wieder in deiner Verbannung verschwinden, wo er hingehört.“

Hefax hatte sich in einen ganz großen Zorn hineingeredet und man sah ihm an, dass er alles riskieren würde um zu helfen diesen Bösartigen seiner Zunft auf immer zu vernichten.

Sie standen schließlich vor der Kapelle auf dem weißen Kiesweg und schauten hinauf zu dem friedlichen Sternenbild, das nichts von dem ahnen ließ, was sich hier unten abspielte.

„Kommt ins Haus, es wird langsam kühl. Wir können drinnen bei einem Glas Wein und einem kleinen oder für manchen auch großen Imbiss besprechen, was in unserer Macht steht alles zum Guten zu wenden. Komm, Luisa gib mir deinen Arm. Es ist schon ein bisschen viel für eine Frau meines Alters, was sich heute abgespielt hat.“

„Ihr müsst nicht mit eurem Alter kokettieren gnädige Frau, ihr macht mir den Eindruck, dass euch nichts so schnell erschüttern kann. Ganz im Gegenteil ich denke, dass ihr es mit uns allen aufnehmen könntet.“, warf Pasparo galant ein und reichte Theresa von Kronja seinen Arm auf der anderen Seite.

So gingen sie gemeinsam zurück in das Haupthaus uns setzten sich wieder in den gemütlichen Salon. Luisa ließ die anderen kurz alleine, denn sie wollte sich in der Küche um den Imbiss und den Wein kümmern. Die anderen Bewohner Kronjas waren alle schon zu Bett gegangen, denn der Tag begann früh hier im Haus.

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Makkaroni bot sich an den Tisch zu decken und auch die anderen Herren gingen zur Hand. Für Fisimatento war es das erste Mal im Leben, das er so etwas machte. Aber es gefiel ihm, denn er scherzte in Richtung Makkaroni: „Na, wenn wir wieder zu Hause sind, werde ich dir ab und zu das Frühstück ans Bett bringen oder deinen Kaffeetisch decken. Aber wenn ich das selbst mache, dann brauche ich dich eigentlich gar nicht mehr. Vielleicht sollten wir doch alles beim alten lassen, wenn wir dieses einmalige Abenteuer bestanden haben.“

Da war es gesagt, ein einmaliges Abenteuer. Luisa vergaß weiter den Wein einzuschenken. Pasparo und Hefax deckten nicht weiter den Tisch ein. Makkaroni hörte auf zu kauen, denn er hatte schon etwas von Luisas Schinkenplatte stibitzt und heimlich in den Mund gesteckt. Theresa von Kronja riss weit die Augen auf, ganz undamenhaft und Seine Majestät König Fisimatento der IV.

schaute sprachlos seine Gefährten an. Ja, sie waren Gefährten im größten Abenteuer ihres Lebens. Sie hatten sich gefunden um das Böse, das ganz Böse zu bekämpfen und zu besiegen. Und es war ihnen allen bewusst, denn der Eifer an dem kommenden war viel größer als die Angst was ihnen und ihrer Welt passieren konnte oder schon passiert war.

„Lasst und die Gläser heben meine Herren und du, leibe Luisa, dass wir in Gottes Namen die Herausforderung bestehen und dieses Abenteuer für uns alle gut ausgeht.“

Nach den Worten Theresas, die ein Regisseur nicht besser hätte in ein spannendes Stück einfügen können, standen sie Sechs mit erhobenen Gläsern um den Tisch und man sah ihnen an wie feierlich und gleichzeitig gerührt ihnen zumute war.

„Das war der passende Toast, meine Liebe.“, sagte Pasparo und leerte sein Glas ganz gegen seine sonstigen Gewohnheiten mit einem Schluck und auch die anderen tranken wie zum Schwur.

Sie setzten sich und begannen ihren Mitternachtsimbiss. Der Wein und die Aufregung zauberten schnell rote Backen. Während der Mahlzeit wurde ge-scherzt und man sprach nur von anderen Dingen. Über die kleinen Misserfolge von Hefaxs Zaubereien, dem Scheichskostüm seiner Majestät, von Ferstel dem Fahrer und seiner Vorliebe für dicke Köchinnen und von anderen harmlosen Angelegenheiten. Als wollte keiner dem anderen den Appetit verderben oder die gute Laune.

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„Nun es geht dich nichts über eine leckere Mahlzeit unter Freunden. Ich hoffe, ich darf euch alle so nennen,“, sagte Pasparo und wischte sich zum letzten Mal den Mund ab.

„ich glaube nur in Freundschaft und Verbundenheit wird es uns gelingen, etwas auf die Beine zu stellen, um diesen schrecklichen Don aufzuhalten und ihn vor allem zu überlisten.“, fuhr der Minister fort.

„Ihr sprecht mir aus vollem Herzen und ich glaube, ich spreche auch im Namen meiner Vertrauten Luisa, die euch auch sichtlich ins Herz geschlossen hat. Nur die Freundschaft und die Kraft der heiligen Mauern von Kronja können uns letztlich zum Triumph verhelfen. Ich möchte persönlich Kronja nicht verlassen, aber Luisa wird euch begleiten auf eurem schweren Weg.“

„Verzeihung, welchen schweren Weg meint ihr, Gnädigste?“, fragte Makkaroni erstaunt, „Wir haben doch gar keinen Weg erwähn oder hat mich meine Leidenschaft für liebliche Genüsse Teile unseren Gespräches versäumen lassen.

Habt Ihr Eure Hoheit, etwas von einem Weg verstanden?“

Der Diener war sichtlich verwirrt.

„Aber nein, wir haben noch nicht darüber gesprochen, aber irgendwie ist mir klar, was Frau Theresa meint. Der schwere Weg ist unsere Reise nach drüben auf die andere Seite, um Don Carusas oder Don Caruso hierher zu locken, hierher in die heiligen Mauern von Kronja Nur hier wird es möglich sein ihn zu besiegen und den Fluch von uns nehmen. Dies wolltet ihr doch damit sagen, liebe Theresa.“, sagte Luisa ganz aufgeregt und Ihre Wangen glühten vor Tatendrang.

„Aber ja doch, das ist es natürlich. Wir gehen rüber auf die andere Seite und sagen, Hallo, wir sind es nur. König Fisimatento mit dem Ausschlag, mit Diner und gutmütigem Zauberer und wir wollen gerne euren oberfiesen Hauptteufel Don Caruso mitnehmen auf die andere Seite, um ihn fertigzumachen. Erlaube bitte, dass ich lache, liebe Großtante, wie soll das funktionieren?“

Hefax war bei seinen Worten aufgestanden und schaute sich um, ob die anderen nicht auch seiner Meinung waren.

„Setze dich wieder hin, du ungläubiger Thomas. Natürlich müsst ihr rüber auf die andere Seite. Aber keiner wird wissen, wer ihr seid und ihr werdet euch auch nicht zu erkennen geben, Ihr habt schließlich den besten Fachmann für die andere Seite dabei, Herrn Minister Pasparo. Er wird euch schon unerkannt 43

rüber bringen. Wenn du nur ein Bisschen was von mir hättest lieber Großneffe.

Etwas Spontaneität würde deinem langweiligen Hofzaubererleben ganz gut tun. Hat noch jemand von euch Zweifel daran, das dies der einzige Weg ist um an diesen Diabolis heranzukommen.“

„Die Erregung verjüngt euch Minütlich, Frau von Kronja und es tut mir jetzt schon leid, dass ihr uns nicht begleit um uns mit eurer Kraft beizustehen. Aber ihr habt Recht. Es wird an euch liegen diesem Burschen hier einen heißen Empfang zu bereiten. Einen höllischen Empfang, wie ich hoffe.“, bemerkte Pasparo doppeldeutig, in dem eine ungeahnte kämpferische Natur erwacht war.

„Du bist überstimmt Hefax,“ sagte auch Fisimatento, „wir gehen zusammen in diese erste Schlacht meiner Regierungszeit und Dank Gott und Selbstvertrauen werden wir sie für uns entscheiden. Dies sage ich euch als euer König. Und eurem König müsst ihr gehorchen,“, fügte er lächelnd hinzu, „sonst nennt man das, glaube ich, Hochverrat.“

„Aber wie sollen wir das anstellen? Könnt ihr uns wirklich unerkannt auf die andere Seite bringen?“, fragte Makkaroni den Minister für Angelegenheiten der Anderen Seite, auf den nun alle Augenpaare ruhten.

Pasparo räusperte sich eindrucksvoll und begann:

„Nun ja, normalerweise gibt es mich die Möglichkeit zusammen mit einer Delegation direkt vom Ministerium in die für Internationale Weltenkonferen-zen vorgesehenen Gebäudekomplexe auf der anderen Seite einzureisen. Dort finden dann natürlich große Personenkontrollen statt. Überhaupt ist der ganze Konferenzkomplex außerhalb der Zeiten für Sicherheitstagungen geschlossen.

Man könnte also gar nicht dorthin einreisen. Wisst ihr, es ist eigentlich eine ganz simple Angelegenheit. Im obersten Stock unseres Ministeriums ist die Transferbasis. Das ganze sieht aus wie ein überdimensionaler Fahrstuhl mit entsprechend vielen Schaltknöpfen. Normalerweise steigen wir ein, drücken die entsprechende Nummernkombination und in Nullkommanichts sind wir in der Transferbasis der anderen Seite. Erst wenn wir hier den entsprechenden Knopf drücken wird uns geöffnet und die Kontrollen beginnen. Aber von deren Transferbasis aus sind auch andere Ziele erreichbar.“

Pasparo unterbrach kurz um einen schluck zu trinken und um sich zu überzeugen, dass bis hierher alle verstanden hatten.

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Die anderen waren hochkonzentriert und folgten seinen Ausführungen gespannt.

„Wie ihr wisst, gibt es immer Menschen die aus kleinen persönlichen Vorteilen die Sicherheit eines Landes oder sogar einer ganzen Welt gefährden. In diesem Falle dient es natürlich zu unserem Vorteil und man muss sagen, dass es glücklicherweise so ist. Einige findige Köpfe, in den entsprechenden Positionen, haben zwei Zwischenstationen in das System einfügen lassen. Die eine Station liegt am europäischen Mittelmeer an der Amalfiküste um hier im Handum-drehen Badeferien verbringen zu können, die andere liegt am Fuße des Mont Blanc, einem Hohen Berg zwischen den Ländern Schweiz und Frankreich.

Hier lieben es die hohen Herren bis ins späte Frühjahr Ski zu fahren. Mehrmals im Jahr nutzen einige Minister und deren eingeweihten Freunde diesen Sekundenservice, um an ihre Urlaubsziele zu gelangen. Natürlich finden dort keinerlei Kontrolle statt.“

„Aber woher wisst ihr das alles, Pasparo und warum weiß ich davon nichts?“, fühlte sich Fisimatento einmal wieder übergangen.

„Ich glaube nicht, dass es euch bis zum heutigen Tage interessiert hätte, meine verehrte Majestät. Au0erdem hat es mich selbst bis heute nicht interessiert.

Mein Kollege Minister Milton hat mir an einem mehr als weinseligen Abend davon erzähl und mich sogar in die Transferbasis geschleppt, um mir zu zeigen wie das ganze funktionierte. Er war unheimlich stolz und kicherte immer wieder wie ein Schuljunge der einen Dietrich zum Lehrerzimmer besitz. Ich konnte ihn nur in letzter Sekunde davon abbringen uns mitten in der Nacht ans Meer oder noch schlimmer in eis und Schnee zu transferieren. Aber ich habe im Kopf behalten, wie man es anstellen muss die richtigen Knöpfe und Hebel zu bedienen.

Am nächsten tag wusste er überhaupt nicht mehr, dass er mir ihr kleines Geheimnis verraten hatte, denn als ich scherzhaft erwähnte zur nächsten Konferenz in Badekleidung zu erscheinen um die Pausen zu nützen, meinte er nur, dass er das Chlorwasser unseren Pools im Konferenzhotel nicht vertrü-

ge. Nie mehr hat er später etwas von den beiden Ausstiegsstationen erwähnt, geschweige denn mich zu einem Besuch dieser Orte eingeladen.“

„Das würde bedeuten wir könnten ungesehen auf die andere Seite kommen.

Aber wo sollen wir anfangen zu suchen. Es kann sein, dass wir uns auf einen 45

langen Aufenthalt gefasst machen müssen,“, unterbrach Hefax den Minister,

„wir müssen bedenken, dass man uns auch entdecken könnte und dann wir meine Zauberkraft nicht ausreichen um uns gegen einen solchen Teufel zu schützen. Wenn Theresa hier bleibt ist die einzige, die uns vielleicht retten könnte, nicht dabei. Ich sage das nicht weil ich mich fürchte oder mich drü-

cken will, aber wir müssen bedenken, dass es für uns vielleicht keine Wieder-kehr gibt.“

Minister Pasparo hatte den Einwänden von hefax aufmerksam zugehört, genau wie die anderen und antwortete:

„Suchen müssen wir in Paris. Das ist die Hauptstadt von Frankreich und gar nicht soweit entfernt von der Mont Blanc Station in den Bergen. Man nennt diese Berge übrigens die Alpen. Ich weiß dies, weil unser Don Caruso jedes Jahr große Erfolge an der Pariser Oper feiert. Und das ganze mehrmals im Jahr.

Ihr werdet lachen, ich habe das sogar schriftlich vom Ministerium der anderen Seite auf unsere Anfrage nach einem großen Gesangskünstler. Paris sei seine zweite Heimat hieß es damals in dem Antwortschreiben und er sei bestens zu empfehlen. Es fragt sich nur für was zu empfehlen. Für Unheil und Schrecken? Was haltet ihr davon, Frau Theresa, meint ihr es könnte funktionieren.“

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VIII. Kapitel: Letzte Vorbereitung

„Der Plan könnte besser nicht sein. Wenn ihr erst einmal drüben seid, glaube ich nicht, dass es große Schwierigkeiten bereiten wird diesen Teufel zu finden.

Er ist in deiner Welt eine große Berühmtheit und viele Leuten wir sein Aufenthalt bekannt sein.

Nein, nicht ihn zu finden wird ein Problem sein, aber ihn zu uns zu locken nach Kronja, das wird eure große Aufgabe sein. Es gilt für euch eine unauffällige Tarnung zu finden. Das Beste ihr reist als Familie. Wenn Seine Hoheit einverstanden ist, würde ich vorschlagen nicht als Scheich zu reisen. Nachdem sein Ausschlag außerhalb von Kronja zurückkehren wird, muss es eine andere Verkleidung geben, bei der er einen Schleier tragen kann. Wenn es euch nichts ausmacht reist am besten als verwitwete Tante von Fräulein Luisa, da könnt ihr immer einen kleinen schwarzen Schleier tragen und werdet obendrein immer zuvorkommend behandelt. Und dies meine ich nicht als schlechten Scherz, auch wenn Makkaroni sich gleich vor Lachen ausschüttet. Habt ihr einen besseren Vorschlag, Eure Hoheit? Ihr schaut überhaupt nicht begeistert.“, meinte Frau Theresa abschließend.

„Nein, nein mir ist das schon recht, ein bisschen Schauspielerei vertreibt den Ernst der Situation. Makkaroni reist als das was er ist, nämlich als Diener. Hefax wird zum Berater ernannt und Minister Pasparo zum Familienanwalt und Freund des Hauses. Es wäre natürlich schön wenn ihr uns begleiten könntet, aber soviel ich weiß gibt es auch Möglichkeiten von der einen zur anderen Seite zu telefonieren, so können wir ständig in Kontakt bleiben, meine Ver-ehrteste. Wenn Luisa mich als Tante akzeptiert bin ich Feuer und Flamme.“, antwortete Fisimatento.

„wir müssen uns auf das Beste vorbereiten. Um diese Jahreszeit gibt es in der Gegend noch sehr viel Schnee. Wir müssen uns mir Schneeschuhen versorgen, mit ein paar Schlitten für unser ganzes Gepäck und mit französischer Währung. Natürlich auch mit gefälschten Kreditkarten und Ausweisen. Wir werden uns in der Nacht an ein großes Hotel schleichen, die Schlitten und Schneeschuhe verstecken und dann so tun als wären wir eben erst angekommen. Wir 47

werden behaupten, dass wir eine Autopanne hatten und aus Angst vor Dieben unser ganzes Gepäck mitgenommen hätten. Sollte man nach unserem Auto suchen, werden wir ganz überrascht tun und behaupten es sei gestohlen. Was meint ihr dazu? So müsste es funktionieren. Alles weitere wird sich Vorort ergeben. Ach du meine Güte, so viele Jahre war ich Minister, der sich nie etwas zu Schulden kommen ließ und die einzige Abwechslung in meinem Leben waren meine verschiedenfarbigen Krawatten und jetzt plane ich eine Verschwö-

rung. Und ich muss zugeben, es bereitet mir unbändigen Spaß.“

„Pasparo, es geht uns nicht anders, die ganze Nacht könnte man zusammen-sitzen und Pläne schmieden, aber ich denke wir sollten uns jetzt alle ein paar Stunden Ruhe und Schlaf gönnen. Fräulein Luisa gähnt schon die ganze Zeit und wir haben morgen einen schweren Tag. Wir wissen überhaupt nicht, was uns bei der Rückfahrt nach Mescallion erwartet. Vielleicht herrscht im ganzen Land Chaos und keiner von uns ist den Umgang mit solchen Zeitgeschädigten gewähnt. Ich habe gar kein gutes Gefühl, wie sich alles außerhalb Kronja entwickelt.“, bremste Hefax die Europhie des Ministers und der Anderen.

Luisa nickte, „ja ich bin sehr müde und aufgeregt, denn ich war noch nie weit oder lange weg von Kronja und vor allem nicht getrennt von Frau Theresa.

Hefax hat recht, wir sollten schlafen gehen uns ausgeruht in die nächste Nacht starten, wenn wir auf die andere Seite wechseln, wer weiß, wann wir wieder so ruhig schlafen können.“

„Dann lasst uns die Tafel aufheben. Komm, Luisa, begleite mich nach oben.

Ich wünsche eich, meine Herren, eine gute Nacht in meinem Haus. Es freut mich unsäglich euch kennen gelernt zu haben und ich habe kein schlechtes Gefühl für unsere Angelegenheiten. Makkaroni ihr müsst Hefax ein bisschen aufmuntern, er ist ja ein gar zu arger Zauderer geworden.

Vielleicht hättest du besser heiraten und einem anderen das Amt als Hofzauberer überlassen sollen.“, wand sie sich an ihren Großneffen. „Nichts für ungut, mein Guter, ein wenig Vorsicht ist schon angebracht. Bis morgen früh meine Herren.“

„Ja, lasst uns alle schlafen gehen, um so eher gibt es Frühstück.“. meinte Makkaroni abschließend und die kleine Gesellschaft begab sich geschlossen in die oberen Räume um sich zur Ruhe zu begeben. Die sie dann auch schnell fanden, denn es war wirklich ein aufregender anstrengender Tag gewesen.

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Am anderen Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück und herzlichem Abschied von Frau Theresa, bei dem Luisa ihre Tränen nicht verstecken konnte, brachen sie sehr früh auf. Der Chauffeur Ferstel war erstaunt, dass ein zusätzlicher Fahrgast mit ihnen zurück fuhr, aber er hatte sich abgewöhnt irgendwelche Fragen zu stellen und nachzudenken war nicht seine große Stärke.

Als der schwere Wagen durch das Portal von Kronja fuhr, winkten alle zum Abschied und Theresa von Kronja rief ihnen nach: „Bis bald, ihr Lieben, viel Glück!“ Aber auch darüber machte sich Ferstel keine Gedanken.

Sie waren noch keine halbe Stunde unterwegs, als sich König Fisimatentos grässlicher Ausschlag wieder einstellte und die goldene Uhr in Pasparos Tasche ihr monotones Ticken hören ließ. Sie waren wieder mitten drin in der von Don Caruso verfluchten Welt. Innerhalb kürzester Zeit kamen sie an mehreren Autounfällen vorbei. Das war etwas sehr ungewöhnliches, denn normalerweise fuhr man sehr gemächlich, denn man hatte ja schließlich Zeit. Die Dörfer, durch die sie kamen, schienen weitaus belebter als am Tage zuvor. Überall hektische Betriebsamkeit.

„Ferstel, fahr einmal beim nächsten Rasthof auf den Parkplatz, wir möchten uns kurz frisch machen und einen Kaffe trinken.“, wies Fisimatento den Fahrer an.

„Wir werden bestimmt eine Stunde verlieren und bei dem Verkehr heute kann ich das bestimmt nicht mehr einholen. Aber, wie ihr wollt Eure Hoheit, es ist Eure kostbare Zeit.“ gab Ferstel zurück.

„Keiner hat euch nach eurer Meinung gefragt.“, fauchte da der hitzige Hefax zurück, eine ganze Spur zu heftig.

„Lass das, Pasparo, ihr tut mir weh, was soll das, dass ihr mich in die Hüfte zwickt.“, in diesem Moment bemerkte er, dass er sich von der Zeit und der Hektik genauso hatte einfangen lassen wie Ferstel, dem er deswegen gerade gezürnt hatte.

„Oh verflixt; man kann sich dagegen kaum wehren, es tut mir leid Pasparo.“

Ferstel hatte mittlerweile das Auto vor einen Gasthof geparkt. Normalerweise, wenn das königliche Fahrzeug, das man an der leuchtend roten Standarte gut erkenn konnte, irgendwo parkte war es immer gleich von freundlichen Menschen umringt, die ihrem König einmal Guten Tag sagen wollten, aber heute kümmerte sich keiner um sie. Jeder war mit sich selbst beschäftigt. Von der 49

Tankstelle drangen Wortfetzen zu ihnen herüber.

„Na los, geht das den nicht schneller. Zeit ist Geld. Für so eine lahme Bedie-nung, gebe ich bestimmt kein Trinkgeld. Menschenskind, diesem Tankwart kann man ja beim Laufen die Schuhe besohlen.“

Ferstel wurde angewiesen das Auto zu betanken. In der Zwischenzeit begab sich die kleine Gruppe in das Gasthaus. Hier drinnen ging es genauso zu wie an der Tankstelle. Die Kellnerinnen und Kellner wurden lauthals beschimpft; und es war eine bösartig gereizte Stimmung im Raum.

„Lasst uns nur schnell unseren Kaffee trinken und sofort wieder verschwinden.

Noch nie habe ich eine solche Stimmung bei meinen Untertanen erlebt. Dieser Don Caruso hat ganze arbeit geleistet. Am besten wir fahren den Rest in einem Stück durch und halten nirgends mehr. Es tut mir weh, mein Volk in dieser Stimmung zu sehen und auch noch schuld daran zu haben.“ König Fisimatento war sichtlich erschüttert.

„Ich glaube, ich werde mir noch ein paar belegte Brötchen machen lassen, dann können wir von mir aus fahren ohne zu hakten. Aber ein wenig Nahrung muss ich schon haben, sonst leidet noch meine Gesundheit.“

Makkaroni fragte höflich bei Fräulein Luisa an, ob sie oder die anderen ebenfalls ein Lunchparket haben wollten, aber keiner außer ihm war in Stimmung sich über Essen Gedanken zu machen. Also bestellte Makkaroni ein Fresspa-ket für drei Personen und die anderen sollten mal sehen, wo sie blieben. Er jedenfalls sollte nicht an Hunger sterben.

Sie fuhren weiter. Je näher sie Mescallion kamen umso dichter wurde der Verkehr und das Gemecker des normalerweise so ruhigen und friedlichen Ferstel wurde immer unerträglicher. Dann war gar nichts mehr von ihm zu hören.

Hefax hatte ihm kurzerhand eine Maulsperre angezaubert und sich gewundert, wie reibungslos es geklappt hatte. Luisa hatte fast die ganze Fahrt geschwiegen uns sagte jetzt kurz vor dem Ziel:

„Man kann die gereizte Stimmung der Einwohner fast körperlich spüren. Ich jedenfalls bin besonders sensibel für solche Stimmungsschwingungen und ich kann euch sagen, da braut sich ganz schön was zusammen.“

„Da vorne ist schon Mescallion. Von hier aus ist es nicht mehr weit zum kö-

niglichen Palast. Ihr werdet mich in der Stadt absetzen. Ich wohne nicht weit vom Ministerium. Am besten bleibt Hefax bei mir, denn wir müssen eine 50

ganze Menge Dinge einkaufen und zum Ministerium bringen. Ihr, liebe Luisa, könnten zusammen mit Makkaroni im Palast alle weiteren Vorbereitungen treffen. Ich werde euch dann später mit meinem Privatauto abholen.“, antwortete Minister Pasparo.

Sie waren mittlerweile im dichtesten Verkehrsgewühl von Mescallion angekommen und trotzdem kümmerte sich Niemand um das königliche Auto.

Überall hatte die Verkehrspolizei alle Hände voll zu tun.

Am Straßenrand liefen Leute mit großen Transparenten auf den stand:

Don Carusos Würde

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