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1. Kapitel

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Wind toste in meiner rabenschwarzen Mähne. Um meine schlanke Taille lagen die hellhäutigen Hände einer Sirene, befreit vor den Invasoren der Ostküste. Ängstlich klammerte sie sich hinter mir fest und es waren nicht nur die Schrecken des Krieges, die sie zittern ließen.

Gemeinsam ritten wir dem Scharlachroten Tempel entgegen, dem Domizil meiner Mutter, der Königin und Gebieterin über diesen Landstrich, so weit ich blicken konnte.

Genau genommen ritten wir nicht sondern flogen über den Himmel, wenngleich ein Beobachter uns auf einem großen Ross sitzend erblickt hätte. Doch aus Mähne, Schweif und Fesseln des Rosses stoben Flammen des Abgrundes. Ein Geschöpf des Abyss, meiner Heimat. Und das konnte durch seine angeborenen, abgründigen Kräfte fliegen.

Gargarhaykal war ein Egniaygir, ein stolzer Hengst und durch thaumaturgische Kräfte seelisch mit mir verbunden. Davon abgesehen war ich in seinen Augen ein hübsches Weibchen, wenngleich keine Stute, dafür aber begattenswert.

Das schwarze Fell des Hengstes passte sehr gut zu meiner sonnengebräunten Haut. Mit den langen Beinen hielt ich mich mühelos auf seinen Rücken, Sattel und Zaumzeug benötigte ich nicht. Diese hätten auch feuerfest sein müssen.

Unser beider dämonisches Blut ermöglichte den Austausch von Gedanken und so brauchte ich mein Reittier nicht mit Schenkeldruck oder Zügelhilfen anzutreiben.

›Sachte, Gargarhaykal, wir sind nicht auf der Flucht und haben wertvolle Fracht‹, sandte ich ihm in Gedanken zu.

›Ja, Krisheena, genau diese Fracht zittert sich noch zu Tode. Wenn sie mein Feuer nicht schrecken würde, könnte sie sich daran wärmen. Jetzt hat sie nur dich. Dahingehend würde ich gerne mit ihr tauschen‹, wieherte sein Gedankenblitz. Für ihn war die Nennung meines wahren Namens selbstverständlich. Für andere hieß ich Crish.

›Na, na, und auf Jiulie reiten wäre wohl ebenfalls nach deinem Geschmack. Untersteh dich! Feuer und Wasser ergeben keine gute Verbindung.‹ Manchmal dachte ich, seine Männlichkeit würde durch mich erst recht angestachelt. Als Sukkubus war ich ein Wesen der Verführung, der ungezügelten Leidenschaft und hemmungsloser Begierde. Aber es gab natürliche Grenzen, zumindest hier auf der materiellen Ebene, der Welt der Verlorenen Reiche.

Natürlich gab es auch Magie und göttliche Kräfte, und diese machten vieles möglich.

»Sind wir bald da, Crish?«, hörte ich eine zarte Stimme hinter mir, dem Klang einer hellen Glocke ähnlich. Einer zittrigen Glocke.

Der Wind wehte einzelne blonde Haarsträhnen in meine Sicht. Ich sah über meine Schulter in die blauen Augen der Sirene. Wie hell ihre Iris doch war, die Farbe reinsten Wassers. So ganz anders als meine violett leuchtenden Augen, in denen rote Glutspritzer glommen. Sie wirkte kühl, unnahbar, verletzlich.

»Bald, Jiulie, bald. Ich glaube, die Dächer der Tempelanlage bereits am Horizont ausgemacht zu haben«, bekundete ich beruhigend.

Um meine eigene Aussage zu überprüfen, hob ich eine Hand an meine dunkel geschwungenen Augenbrauen und blickte in die Ferne. Tatsächlich, die ersten roten Dächer glitzerten im Sonnenlicht. Mehr und mehr Dächer folgten. Der Scharlachrote Tempel umfasste eine ganze Stadt mit Außenmauer, mehrstöckigen, miteinander verbundenen Gebäuden, schlanken Türmen mit phallusförmiger Spitze, ausgedehnten Parkanlagen, Stallungen, Badehäusern, Tavernen und Geschäften für alles nur Erdenkliche. Oder Unvorstellbare.

Hier kreuzten sich mehrere wichtige Handelsstraßen. Reisende aus allen Ländern machten hier Halt. Einige, um sich für die Weiterreise zu stärken. Andere, um Entspannung oder Befriedigung zu erfahren. Durch wen oder was auch immer.

Nicht weit von meinem eigenen Trakt entfernt befand sich der Marstall, den Reittieren des Königinnenhauses vorbehalten. Das war mein Ziel.

Problemlos ließ mich die Garde passieren. Meine Rückkehr wurde gemeldet. Das nahm mir zwar die Überraschung, meine Freude über die für mich als Prinzessin wohlig hergerichteten Unterkünfte wog jedoch schwerer.

Erleichtert atmete Jiulie aus, als sie von Gargarhaykal abstieg. Ich entließ mein Reittier in die Hände des grobschlächtigen Stallknechts. Dieser musste einst recht hübsch gewesen sein, doch nach mehreren Bissen der außerweltlichen Wesen war das Gesicht von Narben entstellt.

An der Hand führte ich meinen Fang in sein neues Heim. Vom Balkon aus sah eine Frau in der von Silberfäden durchzogenen Robe einer Magierin zu uns herab. Ich hob freudig winkend eine Hand und ein zauberte ein Lächeln auf das Gesicht der schwarzhaarigen Schönheit. Nicht nur sie kann zaubern, lachte ich in mich hinein.

»Wer ist das?«, fragte meine Begleiterin.

»Das ist Yana, Magierin des Königinnenhauses. Und meine Geliebte.«

»Aber, ich dachte, ich … wir haben doch …«, ein verwirrtes Glitzern stahl sich in ihre Augen. Ich legte meine Finger auf ihre schmalen Lippen.

»Was wir teilten war wundervoll, Jiulie. Und ich freue mich schon auf unser nächstes, ungestörtes Beisammensein. Doch ich bin ein Sukkubus, geschaffen um für Viele erotische Freuden zu bereiten. Yana weiß das.« Nach meinen beruhigenden Worten fügte ich heiter hinzu: »Und ich teile dich gerne mit ihr.«

»Oh«, sie kicherte verstehend und drehte den Spieß um, »vielleicht teile ich sie aber nicht mit dir!«

Lachend passierten wir Marmorstatuen sich liebender Schönheiten, durchschritten eine goldverzierte Flügeltüre und traten in das von bunten Butzengläsern farbenfroh ausgeleuchtete Foyer. Geschwungene Treppen führten hinauf in die Privatgemächer.

Die Sirene verdrehte den Kopf nach diversen Wandteppichen oder Mosaiken, die Szenen des Bades oder eines Liebesaktes zeigten. Einige rührten sie zu glockenhellem Kichern, andere bescherten ihr große Augen.

In mir staute sich die Aufregung des Wiedersehens mit meiner Liebsten, daher zog ich den Blondschopf ungeduldig hinter mir her.

Endlich erreichte ich die Wohnstube, wo mich Yana mit einer innigen Umarmung in Empfang nahm. Schmachtend tauschte ich mit ihr einen langen Zungenkuss, bevor ich meiner Begleiterin durch eine melodische Folge von Pfeiftönen wieder gewahr wurde.

Jiulie war eine freudige Überraschung. Sie bereicherte unser Zusammentreffen mit Witz und dem harmonischen Klang ihrer Stimme. Irgendwie flirtete mir mein Mitbringsel dann doch zu sehr mit Yana. Ich nutzte das Gebot der Gastfreundschaft und brachte sie in einem luftigen Gemach innerhalb meines Traktes unter, direkt neben dem Schwimmbad.

Dort sang die Sirene gerne bis tief in die Nacht. Anmutig lauschten wir den harmonischen Klängen und ich berichtete Yana von meiner Reise an die Ostküste. Wir blieben erst einmal lange im Bett, eng aneinander gekuschelt. Dabei konnten unsere Hände nicht von dem Körper der anderen lassen. Schmatzend hallten unsere Küsse durch das Gemach.

»Ich habe dich vermisst, Liebling«, beichtete ich mit Tränen in den Augen, »deine Nähe, deine Liebe.« Zitternd küsste ich die Magierin und schmeckte das Salz meiner Traurigkeit.

»Gelangweilt hast du dich sicherlich nicht«, merkte sie schnippisch an. »Und neue Eroberungen hast du auch mitgebracht.«

»Welch Nächte ich auch ein Bett mit anderen teilte, nur du bist mir von Bedeutung. Jetzt sei nicht eifersüchtig«, neckisch schlug ich auf ihren Schenkel, »und wenn du mir nicht glaubst, dann überprüfe doch den Inhalt dieser Phiole!« Ich reckte mich zu meinem Bündel neben dem Bett und zog das schmale Gefäß heraus. Bedeutungsvoll zeigte ich es ihr. »Hier sind genug Tränen der Sehnsucht für ein Dutzend Chaostränke drin! Und es ist die Sehnsucht nach dir, meiner süßesten Begierde.« Mein Blick wurde eindringlicher und meine Stimme wurde rauchig. »Ich will dich nicht länger missen. Zu lange habe ich mich nach dir verzehrt. Diese Nacht gehört nur uns. Uns allein!«

Zärtlich schob ich eine Strähne aus ihrem Antlitz und stupste ihre breite Nasenspitze. Stundenlang hätte ich Yana betrachten können. Hohe Wangenknochen und ein spitz zulaufendes Kinn zogen ihr Gesicht in die Länge. Ich schätzte ihr Wissen, das sich hinter der hohen Stirn verbarg. Volle, geschwungene Lippen lockten zum Kuss. Ihre samtweiche, goldbraun getönte Haut erweckte in mir die Sehnsucht nach Berührung. In ihren dunkelbraunen Augen glomm noch ein letzter Funke Groll, dann berührten sich unsere Nasenspitzen. Ihr Ärger verflog und machte dem Gefühl vertrauter Zärtlichkeit Platz. Unsere Lippen berührten sich nicht, und dennoch spürten wir uns, hauchten einander an und vereinten die Spitzen unserer Zungen, bevor wir im Kuss vereint der Leidenschaft nachgaben.

Am nächsten Morgen kam Luzius vorbei.

»Hallo Luzius«, zwischen den seidigen Laken liegend grüßte ich meinen Bruder. Yana schlief an mich gekuschelt und ich spielte in ihrem dichten Haar. Irgendwo zwischen unseren Füßen lag ihr schwarzer Kater und ich war sicher, das Gewicht auf meiner rechten Brust stammte von Imphraziel. Der kleine Dämon blieb unsichtbar und war ausnahmsweise still. Wegen seiner ständigen Schmähungen und Beschwerden bereute ich seine Beschwörung. Doch ich brauchte ihn für die Herstellung des Chaostrankes, ein wichtiges und mächtiges Magiegebräu.

»Ich habe die Sterne befragen lassen und die Karten gelegt«, sagte der blond gelockte Adonis mit belegter Stimme. Er trug wie immer ausgewählte Kleidung, edel und doch praktisch, dem höfischen Müßiggang angemessen. »Sie berichten von keiner guten Kunde.« Eine längere Pause entstand. »Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass es besser für deine weiteren Aufgaben ist, wenn Permeyah befreit wird.«

»Das ist auch meine Meinung«, gähnte ich, »aber Mutter und Nephtis haben mir jegliche Aktionen untersagt. Es sei zu gefährlich, wenn ich mit dem Pascha in Verhandlungen treten würde.«

Die Nachtelbin gehörte zu einer Gruppe Abenteurern, die von Banndespoten gefangen und versklavt wurden. Auch der Gefährte der schlangenleibigen Nagkhalyi gehörte dazu.

»Ich bin da anderer Meinung«, entgegnete Luzius und ein kleines Grübchen stahl sich für den Moment eines Lidschlags auf seine Wange. »Außerdem muss unsere Mutter ja nichts davon erfahren.«

Der Scharlachroten Königin entging so gut wie nichts. Ich hatte Bedenken. Unsere Mutter konnte sehr wütend werden. Schmerzhaft wütend.

»Mutter geht davon aus, dass Permeyah an jemanden verkauft wird und sich von dort selbst befreien kann.«

»So viel Zeit haben wir nicht. Wir sollten der Käufer sein.«

»Aber dafür brauchen wir eine entsprechende Summe, immerhin hat sie sich nicht gerade beliebt beim Pascha gemacht, und ich verfüge kaum über die geeigneten Ressourcen, ohne Mutter darum zu bitten.«

»Oh, ich denke ich besitze mehr als genug Gold.« Süffisant zwinkerte er mir zu. »Ich werde die notwendige Summe vorstrecken. Du solltest aber nicht allein reisen. Nimm einen Söldner mit aus den Tavernen. Jemanden, der ehrlich genug ist, uns nicht zu betrügen, wenn du so viel Geld mit dir herum schleppst.«

Sehr zögerlich verließ ich das warme Bett, warf noch einen Blick auf meine samtige Geliebte und zog mir die Reisekleidung an. Ich wählte eine der von Durchreisenden bevorzugten Tavernen aus, wo nicht viele Fragen gestellt wurden und die Gäste nur kurz verweilten. Die dortige Wirtin trug eine Augenklappe und war sehr kräftig. In früheren Jahren war sie als Kriegerin durch die Lande gestreift, und ich war mir sicher, dass sie immer noch eine Waffe zu führen wusste. Nun führte sie das Gasthaus mit strenger Hand.

Gemütlich setzte ich mich an den Tresen und zog mit einer Geste die Aufmerksamkeit der Wirtin auf mich.

»Einen süßen Rotwein«, bestellte ich, der auch umgehend vor mir abgestellt wurde. Ich benetzte meine Lippen und sah mich nach Reisenden um, die allein an ihrem Tisch saßen.

Von seinem großen Met glotzte ein Ork zu mir hinüber und leckte seine dreckigen Zähne. In einer Ecke konnte ich, etwas vom Schatten verdunkelt, einen in weite Lederkleidung gehüllten Mann erkennen, der auf mich den Eindruck eines Schurken machte. Viel interessanter war ein schlanker Elf, dessen Gesichtszüge edel und freundlich wirkten. Auch wenn er sich über sein Abendmahl beugte, konnte ich grüne Augen aufblitzen sehen. Einen Bissen spülte er mit einem Schluck Rotwein hinunter und warf eine lange, blauschwarze Haarsträhne nach hinten. Seine Reisekleidung hatte einen ungewöhnlich eleganten Stil, der mich zur Vermutung führte, seine Reisen dienten ihm als Unterhalt für ein gepflegtes Leben. An einem breiten Gürtel trug er ein Langschwert und ein Kurzschwert. Davon ließ ich mich aber nicht täuschen, denn sein ganzes Wesen strahlte eine innere Kraft aus, die für mich nur ein Magiekundiger besitzen konnte. Ich hatte meine Wahl getroffen.

Mit dem Weinglas in der Hand näherte ich mich ihm, schnippte im Gehen gegen das Glas und überdeckte mit dem hellen Geräusch das Summen der psionischen Kraft, die ich wirkte, um den Gefühlen eine positivere Wirkung zu geben.

Er sah zu mir hin und war ganz von meinen schwingenden Hüften eingenommen. Sofort stand er auf und zog einen Stuhl zurück.

»Bitte, setzt Euch doch zu mir«, bot er mir galant an.

»Danke, die Einladung nehme ich gerne an.« Geschmeidig setzte ich mich auf den angebotenen Stuhl und wartete, bis er ihn an den Tisch heranrückte. Dann setzte auch er sich.

»Ich bin überrascht«, lächelte ich ihn an, »hier einen Gast zu treffen, der sich einer Frau gegenüber zu verhalten weiß.«

Er neigte dankend den Kopf.

»Mit wem habe ich das Vergnügen?«, zwinkerte ich ihm zu.

»Mein Name ist Kyriel.«

»Angenehm, ich bin Crish.« Ich hob mein Weinglas, wir stießen miteinander an und nahmen beide einen kleinen Schluck. Um seinen Blick weiter auf mich zu bannen, schleckte ich bedeutungsvoll einen Tropfen Rotwein von meiner Oberlippe.

»Wollt Ihr länger im Scharlachroten Tempel verweilen?«, begann ich meine Erkundigungen.

»Nein, ich bin auf der Durchreise.« Er hatte offenbar keinen Grund, mir Hoffnungen auf ein baldiges Wiedersehen zu machen, und diese Ehrlichkeit gefiel mir.

»Und woher stammt Ihr?«, setzte ich meine lockere Befragung fort.

»Ich komme aus dem Flüsterwald.« Wie nahezu alle Elfen heller Haut, dachte ich mir sofort. Aber nur wenige reisten in die Reiche des Ostens.

»Dann liegt ein weiter Weg hinter Euch.« Wir nickten gemeinsam. »Habt Ihr schon ein weiteres Ziel für Eure Reise?«

»Nein«, er zuckte mit den Schultern, »ich habe mir noch keine weiteren Gedanken gemacht.«

»Vielleicht habe ich dann einen interessanten Vorschlag, der auch Eure Reisekasse aufbessern könnte.«

»Um was geht es denn?« Interesse schwang in seiner Stimme mit.

»Oh, ich möchte einer Freundin helfen«, erklärte ich in beiläufigem Ton, »die seit einiger Zeit aus dem Tempel verschwunden ist, und dafür bräuchte ich jemanden, der mich auf meinem Weg begleitet.«

»Sieht sie denn auch so hübsch aus wie Ihr?«, schmeichelte er.

»Das fasse ich als Kompliment auf«, zwinkerte ich ihm zu, »und um die Frage zu beantworten …«, ich machte eine kleine Pause, »… sie braucht sich nicht zu verstecken.«

»Das hört sich alles sehr gut an. Wann soll es denn losgehen?«

»Besitzt Ihr ein Reittier?«

Er lächelte. »Ja, das besitze ich.«

»Bis wann könnt Ihr denn reisefertig sein?«

»Wenn ich den Wein auf getrunken habe, bin ich reisefertig.« Bestärkend hob er sein noch zur Hälfte gefülltes Glas.

»Das ist gut, dann leert Euer Glas, aber gebt mir noch etwas Vorbereitungszeit. Ich muss meine Ausrüstung noch holen. Wartet hier, ich bin bald wieder zurück.«

Er stand mit mir auf und ich verließ das Gasthaus, um zur Unterkunft zu gehen. Schon nach wenigen Schritten näherte sich eine von vier kräftigen Sklaven getragene Sänfte. Ich wartete, und sie hielten neben mir an. Vorsichtig schob ich den samtenen Vorhang zu Seite. Luzius blaue Augen begrüßten mich.

»Schon etwas gefunden?«, erkundigte er sich und stieg aus.

»Ich denke, ich habe einen brauchbaren Begleiter gefunden, einen Elfen mit guten Manieren, der aber auch ein Schwert zu führen weiß und über innere Kräfte verfügt.«

»Was ist sein Sold?«

»Oh, wir haben noch nicht über den Preis geredet, zumindest nicht, welche Bezahlung er will«, glitzerte ich mit meinen Augen.

»Ich will ihn mir ansehen.«

»Kein Problem, er wartet im Gasthaus. Komm mit.«

Gemeinsam kehrten wir in den Schankraum ein und hielten auf den Elfen zu.

»Darf ich dir Kyriel vorstellen?«, sagte ich an Luzius gewandt.

Der Elf verbeugte sich.

Luzius sah sich kurz um und erklärte mit lauter Stimme: »Es ist geschlossen!«

Die Wirtin zuckte nur mit den Achseln, sorgte schnell dafür, dass die Gäste den Raum verließen, und erhielt noch einen klimpernden Beutel aus der Hand meines Bruders und wir waren allein. Luzius hatte offensichtlich seine Zeit im Tempel gut genutzt, um seinen Einfluss geltend zu machen.

Die Augen des Elfen hatten sich geweitet. Ehrfürchtig richtete er sein Wort an Luzius. »Und wer seid Ihr, wenn ich fragen darf?«

»Ich bin Luzius, ein Prinz dieser Stadt.«

»Eure Gefährtin …«, der Elf stockte, »… Schwester … sucht jemanden …« Offensichtlich war Kyriel verwirrt durch unseren Auftritt und die Ähnlichkeit unseres Wesens, aber er erhielt keinen Hinweis, welche Beziehung wir nun zueinander hatten. Genau genommen hatte er mit beiden Vermutungen Recht.

»Wir suchen nicht, wir wissen wo sich Permeyah aufhält.« Luzius betonte seine Worte nachdrücklich. »Eure Aufgabe wird es sein, Crish sicher dort hin zu geleiten und sicher wieder mit Permeyah zurückzukommen.«

»Nun, wenn Ihr so viel Einfluss in der Stadt habt«, folgerte Kyriel, »wofür braucht Ihr dann mich?«

»Wenn einer aus dem Tempel Crish begleitet, könnte das zu politischen Verwicklungen führen, die ich vermeiden möchte«, erklärte Luzius.

»Die Reise wird nicht zu Eurem Nachteil sein«, warf ich ein.

»Sprechen wir über Euren Preis«, ergänzte mein Bruder.

Der Elf spitzte die Lippen, wagte aber nicht, einen Betrag zu nennen.

»Die Reise«, begann Luzius, »wird hin und zurück etwa zwölf Tage in Anspruch nehmen und vielleicht einen Tag Aufenthalt am Ort, das wären dreizehn.« Er ließ die Worte wirken. »Ich bin bereit, Euch für zwanzig Tage zu bezahlen, falls es zu Komplikationen kommt. Und eine Summe von zweihundert Goldmünzen pro Tag.«

Der Elf nickte bedächtig. »Ihr habt eine fürstliche Belohnung geboten. Wo befindet sich denn die besagte Person?«

»Sie befindet sich im Besitz des Paschas.« An den kurzfristig geweiteten Pupillen des Elfen erkannte ich, dass ihm der Banndespot ein Begriff war.

»Keine Sorge«, beruhigte ich ihn, »wir wollen Permeyah nicht stehlen, sondern freikaufen.«

»Die Spesen übernehme ich«, erklärte Luzius großzügig und lächelte, »das Gold gibt es natürlich erst bei der Rückkehr.«

Aus seinem edlen Gewand zog Luzius drei gesiegelte Briefe und hielt sie mir hin. Ich nahm sie entgegen und wartete auf eine Erklärung.

»Das sind Schatzbriefe im Wert von zwanzig, dreißig und fünfzigtausend Goldmünzen. Allerdings sind sie nur bei meinem Schatzmeister einzulösen, ein Stehlen daher nutzlos.« Er sprach betont genug, damit der Hinweis vom Elfen verstanden wurde. Ich steckte die Umschläge zwischen meine Brüste.

»Wo treffen wir uns zur Abreise?«, wandte ich mich an den Elfen. »Am Südtor?«

»Gut, ich werde dort warten«, verkündete er.

Ich holte meine noch vom letzten Ausflug gepackte Ausrüstung und verabschiedete mich von Yana. Meine Liebste kannte diese spontanen Ereignisse.

»Bleib nicht so lange weg«, drohte sie, »sonst muss ich mich nach einem Ersatz umsehen!«

»Ersatz?«, tat ich erschrocken. »Für mich? Den gibt es doch gar nicht! Und, außerdem, ich vermisse dich jetzt schon.«

»Dann bleib bei mir«, zwinkerte sie, rückte nahe an mich heran und küsste mich auf die Weise, die Sehnsucht schmerzhaft werden lässt.

Seufzend löste ich mich, zog meinen Reisemantel über und ging begleitet von Wiedersehenswünschen zum Stall.

Gargarhaykal hatte sich ein großzügiges Mahl gegönnt. Frisches Blut klebte noch an seinem Maul.

›Wir reiten wieder‹, grüßte ich ihn. Er schnaufte freudig.

Im kurzen Spurt durchquerten wir den Hof und ritten durch das Südtor, von wo aus wir den Elfen schon warten sahen. Allein. In einer Wolke aus Rauch, Feuer und Staub hielt ich neben ihm an.

»Wo ist Euer Reittier?«, wollte ich wissen.

Er musste sich noch von meinem Anblick auf dem Egniaygir erholen, bevor er antwortete.

»Wartet einen Augenblick.« Er drehte sich zur Seite und begann mit komplizierten Gesten und mir unverständlichen, arkanen Worten einen Zauber zu wirken. Allmählich bildete sich in der Luft ein grauer Wirbel, und nach mehreren Minuten verdichtete sich alles zu einem geisterhaften Ross, das er mühelos bestieg. Anhand der magischen Struktur erkannte ich die große Stärke der Magie des Elfen.

»Ich habe mich in Euch nicht geirrt«, bekundete ich ihm und wir erhoben uns gemeinsam in die Luft.

Gargarhaykal hatte keine Chance, dem schnellen Geisterross zu folgen, daher wartete Kyriel immer wieder auf uns.

Nach einigen Tagen ereignisloser Reise überquerten wir ausgedehnte Sumpflandschaften. Auf einem schmalen Damm konnten wir eine Karawane ausmachen, die aus vier von Ochsen gezogenen, vergitterten Sklavenwagen bestand. Vier kugelförmige Banndespoten mit ihren zweiunddreißig Wächtern unterschiedlicher, humider Rassen führten den Tross.

Ich deutete meinem Begleiter an, vor ihnen zu landen.

»Werden sie nicht ihr antimagisches Auge benutzen?«, rief er besorgt zu mir hinüber.

»Nicht, wenn wir uns freundlich verhalten«, sagte ich unbekümmert. »Ich habe nicht vor, ihnen einen Grund zu geben, und es wäre nicht sehr freundlich von ihnen, mögliche Kunden zu vergraulen. Es sind Händler, also werden wir handeln.«

Ein gutes Stück vor ihnen landeten wir. Ich gab mich als Händlerin zu erkennen und wartete.

Die Karawane hielt an und ein Banndespot löste sich mit vier Wachen aus der Gruppe. Er schwebte heran und schloss sein zentrales Auge, dafür bewegten sich die kleinen Stielaugen auf seinem Kugelkopf noch emsiger. Die vier Wachmänner verteilten sich um ihn, schienen mir jedoch keinem eigenen Willen zu folgen sondern unter seiner geistigen Kontrolle zu stehen.

»Warum versperrt Ihr unsere Straße?«, fragte der Kugelkopf in scharfem Ton.

Ich verbeugte mich lächelnd.

»Weder ist es unsere Absicht, die Straße zu versperren, noch Euch an der weiteren Reise zu hindern. Wir wollen lediglich in Verhandlung mit Eurer Gilde treten. Darum bitte ich, mit Euch zu reisen bis zu dem Ort, wo sich Euer Pascha aufhält. Es geht um eine Ware, die wir begehren.«

»Gut. Begebt Euch in die Mitte der Karawane«, wies er uns an.

Freundlich nickte ich, sah zu Kyriel hinüber und winkte mit dem Kopf.

»Weiter!«, befahl der anführende Banndespot der Karawane und sie setzte sich langsam in Bewegung.

Der Weg schlängelte sich durch den Sumpf. Wie ich erfuhr, befanden wir uns auf dem Knüppeldamm. Nach mehreren Stunden stießen wir auf einen großen See mitten im Sumpfgebiet, in dem sich eine kleine und eine große Insel befanden. Über Brücken gelangten wir zunächst auf die kleinere Insel und passierten mehrere Wachtposten. Dann trotteten wir auf die große Insel zu, auf der ich neben weiteren Wachen die Ruinen eines ehemals prächtigen Gebäudes ausmachen konnte. Mehrere Banndespoten schwebten hier umher und beäugten uns.

Der Karawanenführer verließ mit einem zweiten Banndespoten die Wagen und verschwand in einem Gebäude. Zahlreiche Helfer kamen unter der Knute der Banndespoten heran und begannen, die neue Ware zu verladen. Keiner nahm sich unser an und so hielt ich mich an einen Aufseher in meiner Nähe.

»Entschuldigt, wir sind mit der Karawane angereist, um mit dem Pascha zu reden. An wen muss ich mich wenden, um eine Audienz zu erhalten?«

»Danach wird soeben gefragt«, schnarrte der Angesprochene geschäftig. »Wartet hier.«

»Habt dank«, neigte ich lächelnd meinen Kopf und trat an die Seite von Kyriel.

»Es wird wohl etwas dauern. Entspannt Euch«, erklärte ich ihm und hatte bereits mein Auge auf andere Objekte gerichtet.

Inmitten der zahlreichen Sklaven fiel mir eine sehr ansehnliche Sklavin auf, die sich in einem äußerlich hervorragenden Zustand befand. Um ihre anmutig weichen Hüften hatte sie weiße Stoffbänder geschlungen. Ihre rotbraunen Haare waren leicht gelockt und fielen in sanften Wellen bis zum Ansatz ihrer Brüste, die sich unter dem engen Stoff anregend hervorhoben. Sie war schlank, aber keineswegs mager, sondern elegant gerundet. Auch auf die Entfernung hin konnte ich ihre leuchtend blauen Augen erkennen und zahlreiche kleine Sommersprossen, die ihr ein mädchenhaftes Wesen gaben. Was mir besonders gefiel, war ihr edles, harmonisches Gesicht, das hier völlig fehl am Platze wirkte. Ich konnte sie mir gut als Zofe vorstellen und hatte große Lust, ihre rosigen Lippen zu küssen. Ein nettes Einkaufsobjekt für einen späteren Besuch.

In meine träumerischen Gedanken kehrte der große Karawanenführer zurück und lenkte mich wieder auf den eigentlichen Grund meines Besuches.

»Folgt mir!«, verlangte er und schwebte auf einen großen Ruinenkomplex zu.

Geistig wandte ich mich an Gargarhaykal.

›Warte hier und pass auf das Geisterross auf.‹ Er schnaufte zustimmend.

Über eine breite Treppe betraten wir die Tempelanlagen und ich erkannte schnell einige der ziemlich zerfallenen Symbole. Kettenglieder und die liegende Acht, aus Ketten geformt, waren ein deutliches Zeichen für die frühere Bestimmung dieses Ortes. Er war Kachus geweiht, was auch der Elf erkannte und für ein kurzes Gebet verweilte. Der Gott über Ketten und Verließe wurde in dem Magierkrieg vor etwa dreitausend Jahren verraten und besiegt.

»Ihr betet Kachus an?«, fragte ich ihn offen.

»Nein, ich bin ein Anhänger von Algonthir Eldrian, aber dieser Ort hier wurde entweiht und dient nicht länger rechtmäßig Verurteilten bis zur Tilgung ihrer Schuld, sondern Sklavenhändlern zur Verwahrung ihrer unrechtmäßig Gefangenen.« In seiner Stimme lag Verbitterung. Er legte offensichtlich viel Wert auf Ordnung. Ich zuckte nur die Schultern.

»Lassen wir den Pascha nicht warten«, schlug ich vor.

Auf unserem Weg ins Innere bemerkte ich eine Klimaveränderung. Die Luft war trockener als im Sumpf, auch wenn sich am Boden Wasser sammelte.

Wir erreichten eine gewaltige Halle, die durch Rundbögen und Podeste geprägt war. In ihrer Mitte befand sich ein von Wasser umgebenes, sehr großes Podest, über dem in fünf Schritt Höhe der gewaltigste Banndespot schwebte, den ich mir überhaupt vorstellen konnte. Die dicken Augenstiele waren geschmackvoll und zugleich schützend mit Metallringen versetzt. Das Maul hätte mich mit einem Biss verschlingen können. Allein das zentrale Auge war so groß wie ein normaler Banndespot und leuchtete dunkelgrün. Beeindruckt zog ich eine Augenbraue hoch.

Vier Rampen führten über Kreuz zu dem Podest, doch ich hatte nicht vor, besonders nahe heran zu gehen und blieb in Rufweite stehen. Meine Verbeugung fiel sehr tief aus. Mit klarer, lauter Stimme brachte ich mein Ansinnen vor.

»Seid gegrüßt, ehrenwerter Pascha. Mein Name ist Crish und ich bin in Begleitung von Kyriel«, meine Hand deutete auf den Elfen, »zu Euch gereist, um zu unterhandeln.«

Er lachte wie aus tiefer Kehle, durch seine schiere Größe dunkel und beherrschend.

»Eine Tochter aus dem Tempel der Scharlachroten Königin kommt für Verhandlungen.« Seine Feststellung freute ihn.

»Ich bin an einer ganz besonderen Ware interessiert«, begann ich ohne Umschweife, »die sicherlich zu Eurem Besitz gehört. Elfischen Ursprungs, aber dunkel wie die Nacht.«

»Die Nachtelbin ist nicht zu verkaufen«, grollte der Pascha. Er wusste genau, von wem ich sprach.

Lächelnd fuhr ich fort. »Natürlich verstehe ich Euren Unmut, aber es existiert sicherlich ein Preis, der Euch die Ereignisse vergessen lässt und wohlwollend stimmt, den Handel abzuschließen.«

»Was bietet Ihr mir?«, forderte er dröhnend.

»Für die Nachtelbin bin ich bereit, dreißigtausend Goldmünzen zu bezahlen«, verkündete ich mein erstes Angebot. »Und ich möchte die Ware vorher sehen.«

Sein tiefes Lachen grollte über mich hinweg.

»Bringt die Nachtelbin her«, befahl er seinen Lakaien.

Wir warteten schweigsam.

Nach einiger Zeit wurde Permeyah herangebracht. Sie war sehr schwach. Mir fielen breite Bänder an Hals und Gelenken auf, die sicherlich jegliche Magie unterdrückten. Und somit auch ihr magisches Knochengerüst. Ihr schlaffer Körper schwebte langsam bis vor den Pascha. Von ihren stumpfen, silbernen Haaren tropfte Wasser auf den Boden. Ihr äußerer Zustand hatte in den Monaten gelitten, aber ich konnte keine Blessuren erkennen. Auch ihr künstlicher rechter Arm aus Adamant schien unversehrt. Ihm fehlte der Glanz, er wirkte unrein, wie auch die alabasterschwarze Haut.

Mühsam öffnete sie ihre Augen.

›Kein Ton!‹, sandte ich ihr in Gedanken zu.

»Ich fordere das Doppelte.« Der Pascha war aufgebracht. »Sie ist für den Tod eines meiner Kinder verantwortlich und trägt eine Mitschuld am Tod von zwei weiteren.«

»Wenn mit dieser Summe auch ihre Ausrüstung, mit der sie diesen Ort betreten hat, überreicht wird, bin ich einverstanden.«

Erneut lachte er.

»Da müsst Ihr schon etwas drauflegen«, forderte er blasiert.

»Achtzigtausend Goldmünzen sollten reichen, den Verlust auszugleichen«, bekundete ich.

»Warum interessiert sich der Scharlachrote Tempel für diese Nachtelbin?«, fragte der Pascha nach.

»Vielleicht ist es nicht der Tempel, der ein starkes Interesse an ihr hat.« Ich wollte auf keinen Fall den wahren Grund verraten, noch war ich mir sicher, unbemerkt eine Lüge aufzutischen. »Sie ist meine Geliebte.«

Ein zartes Lächeln huschte über Permeyahs Wangen.

»Und da ist sie Euch nicht mehr wert?«, wunderte er sich mit einem Mal interessiert.

»So gut ist sie nun auch wieder nicht!«, grummelte ich.

Der Pascha blieb stur. »Na, dann könnt Ihr ja ohne sie gehen.«

Ich schnaufte zornig, war allerdings weiterer Spiele leid. Gerne hätte ich diesem aufgeblasenen Patriarchen das große Auge herausgekratzt, doch seine Macht war spürbar und nicht zu unterschätzen. »Ich biete einhunderttausend Goldmünzen, aber das ist mein letztes Angebot. Und es schließt die Ausrüstung mit ein.«

»So sei es«, akzeptierte er den Handel.

Aufseher trugen die Ausrüstung in einem Korb herein. Ich zückte die Wechsel, der Pascha levitierte sie unter sich, wo sie in der Säule aus der Sicht verschwanden. Kyriel durfte die Ausrüstung tragen. Permeyah wurde in einen anderen Raum des Komplexes gebracht, wo ihr die Fesseln abgenommen wurden. Magisch wieder erstarkt fiel sie mir in die Arme. Ich drückte sie vorsichtig, da sie sicherlich von der Gefangenschaft ausgelaugt und erschöpft war.

»Es wird Zeit, dass du ein Bad bekommst«, merkte ich Nase rümpfend an. »Das ist übrigens Kyriel, er begleitet mich auf dieser Reise.«

Ohne den Elfen weiter zu beachten nahm Permeyah ihre Ausrüstung entgegen und zog sich an. Ihre bisherige Kleidung war stark zerschlissen. Sie brauchte dringend eine neue Garderobe.

Gemeinsam traten wir ins Freie hinaus.

»Wenn du Gargarhaykal nett bittest, nimmt er dich vielleicht mit auf seinen Rücken«, erklärte ich Permeyah.

Vorsichtig lächelnd tätschelte sie den Egniaygir. Der Hengst schnaufte. Ich stieg auf und zog die Nachtelbin hoch. Zusammen mit dem Elfenmagier erhoben wir uns in die Luft.

»Zu viele Banndespoten hier, lasst uns schnell von hier verschwinden«, meinte ich zu beiden.

Wir flogen in die Nacht hinein. Ich wollte den Sumpf noch an diesem Tage verlassen, und so reisten wir weiter, bis wir mitten in der Nacht auf einem grasbewachsenen Hügel direkt hinter dem Sumpfgebiet landeten und uns für eine Rast vorbereiteten. Das Geisterross löste sich auf, die Magie war verbraucht.

»Du warst ganz schön teuer«, warf ich Permeyah vor, »du kannst dich bei Luzius bedanken.«

»Luzius? Ja, das könnte ich machen«, nickte sie.

Ich baute ein kleines Lager auf. Kyriel ging erfolglos Feuerholz suchen, während ich schon ein kleines Feuer anzündete und Permeyah Wegzehrung gab.

»Wo hast du denn deinen schmucken Begleiter aufgetrieben?«, erkundigte sich die Nachtelbin. Der Angesprochene horchte auf.

»Ich habe ihn in einer Gaststätte des Tempels angeheuert. Kyriel kann dir selbst erzählen, wohin er unterwegs ist, jetzt, wo er seiner Belohnung sicher sein kann.« Mein Lächeln war vieldeutig.

Permeyah bedrängte den Elfen mit ihren Fragen und wollte mehr über ihn erfahren. Dabei entging mir nicht ihr abschätziger Blick dem hellhäutigen Elfen gegenüber.

»Woher ich komme?«, begann der Elf, »ich stamme aus dem Flüsterwald und möchte gerne meine Familie wiedersehen. Meine Reisen führten mich mal hier hin, mal dort hin.«

Viel mehr hatte Kyriel nicht über sich zu sagen.

»Wenn ich eine Anmerkung machen darf«, bat der Elf und sah vorsichtig zu mir hinüber, »war es nicht von Vorteil, dem Pascha zu sagen, dass Permeyah Eure Geliebte ist. Das hat den Preis nur erhöht.«

»Dafür hat es den Pascha von weiteren Fragen abgehalten, die weit unangenehmere Antworten erfordert hätten«, erläuterte ich meine Entscheidung.

»Ist ja nicht mein Geld«, kommentierte er und stocherte im Feuer.

»Oh, meines auch nicht«, lachte ich und Permeyah fiel zustimmend darin ein. In ihren Gedanken konnte ich ihre Phantasien lesen, wie intensiv das Liebesspiel zwischen einem Sukkubus, also mir, und einem Inkubus, in diesem Fall Luzius, ausfallen konnte, um eine Schuld zu begleichen. Sie war noch weit von der Wahrheit entfernt.

»Ich werde die erste Wache übernehmen«, erklärte Kyriel.

»Das ist gut. Ich muss mich etwas ausruhen«, gähnte ich.

»Wir können uns ja gemeinsam hinlegen«, schmachtete Permeyah. Ich spielte an ihrem Bauch und griente.

»Woran hat meine süße Permeyah denn da gedacht?«, neckte ich sie und steigerte mit zarten Berührungen ihr Verlangen.

Eifrig packte sie ihren Schlafsack aus, schlüpfte hinein und warf ihre wenigen Stofffetzen heraus.

»Kommst du mit in meinen Schlafsack? Er bietet genug Platz für uns beide«, bot sie mir an und schlug eine Seite auf.

»Gern, dann ist es schön warm.« Ich zog meine Kleidung aus und krabbelte zu ihr. Ihre Haut war kühl und hitzig zugleich, wie immer eine Sünde, allein die Berührung alle Mühen wert. Ich schmiegte mich an sie und wartete, genoss ihr aufgeregtes Zittern und hielt sie ein wenig hin. Sie war sehr bedürftig und ich forderte sie mit Blicken auf, den Anfang zu machen, doch sie war aus der Übung und drängte zu sehr – sie konnte sich nicht beherrschen. An ihren Fingern knabbernd heizte ich ihr weiter ein.

Kyriel begab sich derweil auf den Hügel und schaute sich dort um, dabei konnte er unser lustvolles Spiel nicht überhören.

Mit meinen geistigen Kräften verstärkte ich Permeyahs Bedürfnis nach meiner Zunge. Sie wehrte sich nicht gegen meine Kräfte, ergab sich mir und bettelte um Befriedigung. Die lange Einzelhaft hatte sie ausgehungert. Ich hatte Vergnügen an ihrem Leiden, ihrer Sehnsucht nach meiner Berührung, ihrem hörigen Schmachten. Dann gab ich ihr die Befriedigung, die sie brauchte, und sie verging an meiner Hand. Ihr Unterleib war nass und willig, zuckte erwartungsvoll. Mit zwei Fingern tauchte ich in ihre Scheide ein, mein Handballen kreiste über ihren Kitzler. Eifrig wie ein kleines Baby saugte ich an ihren harten Brustwarzen, knetete mit der zweiten Hand ihre kleinen, festen Titten.

»Oh, Crish, ja«, Permeyah entlud ihr aufgestautes Verlangen in kehligem Stöhnen.

Dann brüllte Gargarhaykal schmerzhaft auf.

Ich sprang hoch. ›Was ist los?‹, fragten meine Gedanken.

Erneut ein schmerzhaftes Wiehern.

›Ich habe Schmerzen!‹, presste er panisch hervor.

›Verschwinde von hier, wechsle auf die Ätherebene!‹, und sein Körper verblasste.

Dann wurde ich von einem Pfeil in den rechten Arm getroffen. Noch während ich schmerzhaft aufschrie, wirkte ich dämonische Dunkelheit um mich herum. Ich versetzte meinen Blick und suchte nach dem Angreifer. Weitere Pfeile schwirrten heran, zu nah für jemanden, der mich in der Dunkelheit nicht sehen sollte. Permeyah schlich mit dem Bogen in der Hand aus der Dunkelheit. Auf der Grasfläche sah ich niedergedrückte Halme, dort musste sich jemand befinden, auch wenn dieser nicht sichtbar war. Ich sammelte meine geistigen Energien und schleuderte sie in Form einer heißen Plasmakugel auf die Stelle. Als sie zerplatzte, wurde eine humanoide Form im Feuerschein sichtbar. Dann verschwand auch sie in Dunkelheit, diesmal offenbar von der Nachtelbin selbst gewirkt.

Kyriel konnte ich nur erahnen. Auch er hatte sich unsichtbar gemacht und befand sich im Nahkampf mit einem zweiten Angreifer. Ein Klappern war zu hören, als sein Stahl auf etwas traf. Ich feuerte weiter auf die Grasfläche. Permeyah reichte das kurze Aufblitzen der Gestalt und sie gab mehrere Schüsse mit ihrem Bogen in die Dunkelheit ab. Ihre zielsuchenden Pfeile trafen den erkannten Gegner und entfalteten ihre magische Wirkung. Mein dritter Glutball flog, Permeyah hob die Dunkelheit auf und gab drei weitere Pfeile in schneller Folge ab, von denen ein Treffer das Ziel in Eis verwandelte und mit Blitzen überzog. Ich hörte ein lautes Knacken und das sichtbar gewordene Skelett zerbarst in Tausend Stücke.

Von Kyriel war immer noch nichts zu sehen, aber anhand der Geräusche konnten wir seinen Standort ausmachen. Permeyah nutze die natürliche Kraft ihres Volkes und legte Feenfeuer über die Unsichtbaren, wodurch ihre Umrisse blau aufleuchteten und sie so für uns sichtbar wurden.

Meine geöffneten Handflächen richtete ich auf das Skelett, das einen Knochenbogen führte. Sengendes Licht ging von meinen Händen aus und traf die bleichen Gebeine. Permeyah hatte ein neues Ziel, was ein schnelles Ende für das Gerippe bedeutete.

Ich kannte unsere Angreifer und musste erschrocken feststellen, dass sich der Pfeil ziemlich tief in meinen Muskel gebohrt hatte. Auch Gargarhaykal mussten mindestens zwei Pfeilen getroffen haben. Sorgenvoll biss ich auf meine Unterlippe. Auch Permeyah hatte das Problem erkannt.

»Hast du eine normale, nicht verzauberte Waffe? Mit einer Schneide?«, fragte ich die Nachtelbin und sah den Elfen nahen. Seine Haut hatte einen gräulichen Ton, ich sah keine Verletzung an ihm.

»Wurdet Ihr von einem Pfeil getroffen?«, erkundigte ich mich bei ihm.

»Nein, wieso?«, fragte er verwirrt.

»Könnt Ihr Untote vertreiben?«, hakte ich nach.

»Nein, aber was ist denn los?« Er wurde nervös.

»Bei den Pfeilen handelt es sich nicht um normale Pfeile. Es sind Untote«, erläuterte ich.

»Na, dann zieht sie doch heraus«, schlug er vor.

»Das nützt nichts«, erklärte Permeyah, »dann bricht der Kopf ab und gräbt sich bis zum Herzen durch, was den Tod bedeutet.«

»Im Tempel gibt es Kleriker«, folgerte ich, »aber ich kann nicht schnell genug wieder hier sein. Wir müssen den Pfeil komplett herausschneiden. Ich brauche einen großen Dolch.«

Kyriel reichte mir sein Kurzschwert. Permeyah half mir, den Arm ruhig zu halten. Vorsichtig schnitt ich in das Fleisch, vertraute auf meine körperliche Resistenz, und löste schmerzhaft den kompletten Pfeil mit viel Fleisch heraus. Dunkles Dämonenblut und allzu menschliche Tränen tropften zu Boden. Auch meine Lippen bluteten, so sehr hatte ich darauf gebissen.

Trotzig wischte ich die Tränen mit einem Handrücken fort und prüfte, ob ich auch keinen Widerhaken vergessen hatte. Die Wunde schloss sich bereits mit der Macht des Abgrundes. Zusätzlich konzentrierte ich mich auf meine psionischen Gaben, nutzte meine geistigen Kräfte zur Heilung. Die Haut sah nun frisch aus, ohne die Spur einer Narbe.

In Gedanken nahm ich Kontakt zu Gargarhaykal auf und rief ihn aus dem Ätherraum zurück auf unsere materielle Ebene. Als er im fahlen Licht erschien, kniff ich meine Lippen zusammen. Aus seiner Flanke ragten zwei Pfeile.

›Wir werden die Pfeile herausschneiden müssen‹, erklärte ich meinem Vertrauten.

›Na, dann leg mal los mit dem kleinen Dolch‹, scherzte er.

Das Kurzschwert konnte dem großen Egniaygir nicht wirklich viel anhaben, aber die Verletzung, die ich ihm zufügen musste, um die beiden Pfeile zu lösen, war ernst zu nehmen. Ich berührte die kaum unter seinem schwarzen Fell erkennbaren Tätowierungen und aktivierte ihre heilende Wirkung. Zum Glück hatte ich diese zuvor bei ihm eingebracht und mit psionischen Kräften gestärkt. Auch meinen Körper zierte dieser nützliche und ansehnliche Hautschmuck.

Die Wunden schlossen sich. Kraftvoll hob Gargarhaykal sein Bein, stampfte auf und verteilte Rauch und Funken.

Die herausgelösten Pfeile zerfielen zu Staub. Ich jagte wütend einige Flammen in die grauen Haufen.

»Das waren nur Späher«, erklärte Permeyah, »da müssen noch mehr sein.«

Ich nickte. Wenn sich andere Skelette in der Nähe aufhielten, konnten wir sie nicht sehen, und wir waren nicht geübt darin, nach Spuren zu suchen. Ich sah zu unserem Begleiter.

»Und nun zu Euch, Kyriel«, funkelte ich, »ich dachte, Ihr hieltet Nachtwache. Habt Ihr nichts bemerkt?«

»Ich habe Geräusche in der Entfernung gehört, sehr dunkel«, erzählte der Elf.

Auf meinen Fingerzeig hin wurden wir alle leise und lauschten. Ein dumpfes, entferntes Dröhnen klang seitlich vom Sumpf an mein Ohr. Dort lag der Süden, und in weiter Ferne die Ostmark.

»Ich frage mich, warum mich die Skelette sehen konnten«, rätselte Kyriel. »Jemand muss sie verzaubert haben.«

»Nein«, erklärte ich, »sie haben selbst gezaubert.« Er sah mich verständnislos an. »Bei diesen Skeletten handelt es sich um freiwillige Untote, die einem eigenen Kult dienen und besondere Kräfte von ihrem Gott erhalten. Sie dienen Xorin, und was wir dort in der Ferne grollen hören, ist eine ganze Armee aus Untoten unter der Kontrolle von Landru, auch einem freiwilligen Untoten, einem Salmagur, der zwar ein Gläubiger von Laird ist, aber nicht minder über die Untoten gebietet.

Und über eine gewaltige Armee aus Konstrukten verfügt, deren Tritte nun die Erde zum Beben bringen. Wir müssen sofort zum Tempel reiten. Los!«

Kyriel erschuf mit seinen Zauberkräften ein neues Geisterross und ich nahm Permeyah mit auf den Rücken von Gargarhaykal. Kaum dass wir über den Boden dahin flogen, sahen wir unzählige Tiere an und unter uns vorbei flüchten. Der Feind war nah.

Von dem dumpfen Dröhnen begleitet entschwanden wir in die Nacht.

Vergnügen

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