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Der Traum.

Mehr als 100 Jahre nach der Begründung der Psychoanalyse erscheint es als eine notwendige, aber keinesfalls überfällige Aufgabe, diesen Wissenszweig, unter Einbeziehung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse, einer kritischen Betrachtung zu unterziehen, dennoch nicht, um die Psychoanalyse samt allen, von ihr erbrachten Erkenntnissen und Methoden zu entwerten, sondern um die Gesamtheit des von Sigismund Freud errichteten Gebäude zu aktualisieren, d.h. auf dem neusten Stand des Wissens zu bringen, und in diesem Wissen neu zu positionieren.

Als selbstverständliche Voraussetzung der Renovierungsarbeit, die an einem alten Gebäude vorgenommen wird, gilt die Berücksichtigung des Vorhabens seines ursprünglichen Architekten. Sicherlich, haben an diesem Gebäude viele andere Personen mitgewirkt, dennoch oft nicht als seine Mitschöpfer sondern als mehr oder weniger willkommene oder eben unerwünschte Bewohner. Im Laufe der Jahre wurde das Gebäude in einzelne Quartiere aufgeteilt, und die Wissenschaft selbst wird nur durch die Außenwände zusammengehalten. Die sichtbare Intaktheit der Fassade täuscht aber über den Zusammenhalt des Gebäudes, das längst schon seinem Zweck entfremdet wurde.

Die Zweckentfremdung der Psychoanalyse äußert sich in erster Linie in der Verfälschung und mißbräuchlicher Verwendung, welche Psychoanalyse unter Fremdeinwirkung erfuhr, um das Verhalten der Menschen, die zu bloßen Untersuchungs- und Versuchsobjekten der Pseudowissenschaft degradiert wurden, zu manipulieren. Der aufklärerische Ansatz der Psychoanalyse wurde zum Werkzeug der Ermittler, um verdächtige Personen zu überwachen und denunzieren. Aus Wissenschaft wurde Geschäft und das Mittel zur Befriedigung der Egomanie seiner Betreiber. Insbesondere in Deutschland wird die Frage vermieden, inwieweit kommerzielle Nutzung der Psycho-analyse ihre Berechtigung hat, nachdem ihr Begründer von Deutschen vertrieben wurde und seine Werke ins Feuer geworfen wurden, wenn man auch die Rehabilitierung, die posthum geschah, um das Geschehene ungeschehen zu machen, berücksichtigt.

Eine weitere Entartung der Psychoanalyse, die zu einem Götzenbild, ereignete sich bei diversen Schulen, einschließlich Internationale Psychoanalytische Vereinigung (IPA). Statt die Entwicklung der Theorie in alle Richtungen voranzutreiben, begrenzte und begnügte man damit, papageienartig die von S. Freud eingeführte Begriffe nachzuplappern. Das Ergebnis dieser Bemühungen, die Tradition zu erhalten, ist das Unvermögen, die bewahrte Lehre zu erneuern und für die Aufnahme neuer Heraus-forderungen zu öffnen.

Die Aufnahmefähigkeit ist ein wichtiges Kriterium, wenn es um eine Theorie geht. Wenn diese Theorie unvollständig ist, kann sie korrigiert und ergänzt werden, ohne daß sich ihre Grundthesen als falsch erweisen und in Widerspruch zu neuen Erkenntnissen treten. Falls aber die Theorie vollkommen und abgeschlossen ist, kann sie nicht fortgeführt werden, es sei denn, in ständiger Wiederholung des Gleichen und Beteuerung der Wahrheitsansprüche trotz erwiesener Falschheit und Widersprüchlichkeit.

Wenn es um die Motive des Begründers der Psychoanalyse geht, so steht außer Zweifel: Erstens, sein Streben nach Wissen, was insbesondere für Menschen, die wissenschaftliche Neigung haben und entsprechenden Laufbahn eingeschlagen haben, charakteristisch ist, und zweitens, sein Wunsch, eine sinnvolle Verwendung für seine umfangreiche Kenntnisse zu finden. Diese Suche nach der Wahrheit und Nützlichkeit war auch doppelt erfolgreich. Dieser Erfolg zog nach sich, wie immer in solchen Fällen, das Mißgunst und war von zahlreichen Vorwürfen begleitet, er strebe nach Ruhm statt nach Sorgfalt. Und wie kann man etwas mit Sicherheit über Träume sagen, die keiner Vermessung, ja, nicht einmal einer Objektivierung zugänglich sind, deren Beschreibung spekulativ ist, deren Inhalte kaum fassbar sind und daher unglaubwürdig erscheinen, und selbst für Träumende nichts anderes sind, als bruchstückhafte Spuren, die sehr schnell nach dem Erwachen aus dem Gedächtnis verdampfen?

Wenn man eine Wissenschaft begründen möchte, ist die Unwissen-schaftlichkeit der größte mögliche Einwand dagegen (Mikkel Borch-Jacobsen, 1997; Han Israëls, 1999). Und dieser Einwand kam von der Seite derer, die an eigenen Wissenschaften bastelten, und darum wenig oder kein Verständnis für die Arbeit von S. Freud hatten, darunter Josef Breuer, der sich mit Mechanismen der Hysterie und mit der Katharsis-Theorie befasste, Jean-Martin Charcot, der Begründer der Neurologie, Emil W. G. M. Kraepelin mit seiner Psychopathologie und Psychiatrie, sowie anderer Ärzte.

Darüber, was die Medizin im 19. Jahrhundert war, gibt es zahlreiche Zeugnisse, und die Ärzteschaft war dementsprechend nichts anderes als die Schamanenzunft, deren Mitglieder überwiegend damit beschäftigt waren, böse Geister aus ihren Patienten auszutreiben und neue Mittel zu solchen Austreibungen zu finden oder zu erfinden, wobei das, womit sie beschäftigt waren, sie für echte Wissenschaft hielten, so z.B. Wilhelm Fliess aus dem Bekanntenkreis von S. Freud. In diesem Milieu glaubte man an Autoritäten, während Patienten sprachlos oder vielmehr entmündigt waren, also reine Objekte der „Wissenschaft“. Die Umkehrung dieser Verhältnisse findet bis heute nicht statt, und im 19. Jahrhundert war es daran nicht zu denken. Die Perspektive der Berichterstattung umzukehren war schwierig, nicht, weil nicht genügend Patienten zur Verfügung standen, die gebildet und redlich waren, sondern, weil dieser Umkehrung die Bedeutung eines sozialen Umsturzes beigemessen wurde. Niemand wollte Gleichheit und Brüder-lichkeit, geschweige denn, mit Personen, die verdächtig waren, nicht normal zu sein.

Fortis fortuna adiuvat - Wer wagt, gewinnt. S. Freud wagte, die Erzählperspektive des Leidens umzukehren. Warum eigentlich? Erwähnens-wert in diesem Zusammenhang seine Beschäftigung mit sozialistischen Lehren, von seiner jüdischen Identität ganz zu schweigen. Ein anderer wichtige Grund ist der Druck der Umstände. Und diese Umstände waren so, daß man keine andere Stütze hatte außer eigener Umgebung, und er war auf diese Umgebung angewiesen, aber nicht im Sinne von Verhältnissen einer beruflichen oder völkischen Sippe, sondern als Teil einer menschlichen Gemeinschaft, deren Werte nicht durch Geld oder sippenhafte Hierarchie beherrscht und verfälscht waren, und daher für ihn selbstverständlich und logisch war, dieser Gemeinschaft seine Aufmerksamkeit zu widmen. In Übereinstimmung mit milieubedingter Einstellung stand für S. Freund der Patient im Zentrum seines Interesse.

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst ! Dieses Gebot, wenn ernst genommen wird, weist auch in die andere Richtung: Erkenne dich selbst ! Das klingt plausibel, und die Psychoanalyse wäre dann nichts anderes als das Mittel der Selbsterkenntnis, weil man in analysierten Personen sich selbst wiederfindet und das reflektiert, was bei sich nur schwerlich zu finden und zu erkennen ist. Wir erkennen uns in anderen als ob sie der Spiegel wären, der die Selbsterkenntnis ermöglicht.

Die Selbstfindung ist ein schwieriges Unterfangen, weil das Meiste, was wahrgenommen wird, d.h. gesehen, gehört, geschmeckt, gespürt, von außen kommt, wobei im Strom des Gefühlten die Existenz des Selbst unerkannt bleibt und im Laufe biogenetischer Evolution erst mit der Herausbildung selbstreflexives Vermögens gelingt.

Die Psychoanalyse ermöglichte Einblick in die Zusammenhänge, die vorher unbekannt waren (über die Vorgeschichte berichteten u.a. Georges Didi-Huberman, 1982, und Peter Sloterdijk, 1985). Aber darüber hinaus, markierte die Psychoanalyse das Aufkommen einer neuen Form der Intelligenz und des Bewußtseins, das sich selbst prüfend untersucht, und in die Tiefen eigenes Universums und eigener Beschaffenheit eintaucht.

Die Geschichte der Gattung Homo ist in erster Linie die Geschichte des psychosozialen, mentalen Fortkommens, die sich durch Änderung der Selbstwahrnehmung und des Selbst- sowie Weltbildes auszeichnet. Sobald eine neue Entwicklungsstufe erreicht wird, ändert sich das Verhalten und soziale Ordnung.

Die Lehre von S. Freud, die unter der Bezeichnung Psychoanalyse bekannt geworden ist, brachte ihre Neologismen in den Umlauf, womit zum ersten Mal gelungen ist, flüchtige Zustände zu er/fassen, sie in sprachliche Formen zu überführen, psychische Funktionen und Instanzen zu definieren, für sie sprachliche Äquivalente bzw. Korrelate zu finden, die Seele einzuteilen und psychische Vorgänge zu artikulieren. Zum Anfang war es eine noch grobe Einteilung, die aber in weiterem Verlauf differenzierter und präziser wurde. Man muß bedenken, daß erst in Kürze die Entdeckung des Neurons mit seiner verzweigten Struktur von Neuriten und Dendriten erfolgte, wobei S. Freud zu dieser Entdeckung seinen Beitrag leistete, während solche Wissenszweige wie Halbleiterphysik, Kybernetik, Genetik, Molekularbiologie mit entsprechenden technischen Errungenschaften wie Computertechnik, Massenspektrometrie und Magnetresonanztomographie nicht einmal existierten. Von heutiger Sicht mögen diese erste Begriffe naiv erscheinen, damals war es aber ein großer Fortschritt.

Jeder Begriff grenzt sich von anderen durch seine Beschreibung und Bedeutung ab. Eine Theorie, die sich durch eine Fülle theorieeigener Begriffe beschreiben lässt, hat selbstverständliche Berechtigung, sich von anderen Theorien abzugrenzen.

Angesichts der Umstände, in denen die Psychoanalyse begründet wurde, waren die Maßnahmen berechtigt, welche S. Freud veranlaßte, um die Theorie von der Verfälschung zu bewahren. Es ging dabei keineswegs um die Gründung eines „Komitee zur Überwachung der Reinheit der Lehre“, wie Werner Huth (1984) sarkastisch bemerkt. Die Notwendigkeit ergab sich aus der Überlegung der Sorgfaltspflicht, was auch dringend geboten wurde, und was die Geschichte der Psychoanalyse bestätigte.

Solche ödipale Verehrung, wie z.B. Werner Huth exponiert, kommt oft vor und bedeutet eine Verachtung und Beseitigung verehrter Person, im Gegensatz zu Ehrung als Würdigung der Verdienste geehrter Person, der wahrhafter und aufrichtiger Respekt entgegengebracht wird. Die Verehrung der Kruzifix ist ein klassisches Beispiel solches Verhaltens, worüber bereits an anderer Stelle die Rede war (Poleev, 2007; 2013).

Dennoch, wenn man die Psychoanalyse so beläßt, wie sie uns von S. Freud überliefert wurde, unterliegt sie dem gleichen Schicksal wie alle heiligen Schriften: Sie verkommt zu Orthodoxie. Sicherlich war das keine Intention von S. Freud. Um zu veranschaulichen, wie orthodoxer Umgang mit der Psychoanalyse ohne Anknüpfung an andere Disziplinen in ein Kreislauf ausläuft, in dem sie erstickt bzw. ad absurdum geführt wird, verweise ich auf die Abhandlung von Judith Le Soldat (1994). Obwohl die Anfänge ihres Vorhabens unbestritten gute Ergebnisse liefern, entartet ihre Analyse in späterem Verlauf zu einem spekulativen Gequatsche, womit die oben geäußerte These bestätigt wird. In ihrer Theorie des menschlichen Unglücks kommt zur Verwechslung zwischen dem Menschlichen und dem Weiblichen, was konsequenterweise zu falschen Schlüßen führt. Es muß bezweifelt werden, daß Frauen die Empfindungen eines männlichen Körpers in gleichem Maße nachvollziehen können, wie Männer das tun, und umgekehrt, weswegen jede Psychoanalyse geschlechts- sowie altersspezifische Unterschiede berücksichtigen muß.

Die von S. Freud initiierte unendliche Analyse hatte bedeutenden erkenntnistheoretischen Ansatz, weil man durch diese Analyse die Antworten auf existenziellen Fragen zu finden hoffte: Was ist der Traum und was ist die Realität? Was ist der Ursprung des Psychischen? Was ist Kultur und wie verhält sie sich zu Religion und Tradition? Wie unterscheiden sich Instinkt und Intuition? Schließlich, was kann man wissen?

Die Bedeutung der Psychoanalyse besteht darin, daß sie nicht nur diese, für manche als sinnlos bedachten Fragen formulierte, sondern auch durch die Formulierung dieser Fragen und durch die Suche nach den Antworten das Schaffen des Wissens vorausbestimmte. Dennoch ist Psychoanalyse keine selbsterfüllende Prophezeiung: Sie ist seit ihrer Begründung zum einflußreichen wissenschaftlichen Paradigma geworden.

Travelling into deep space of human mind.

Die Psychoanalyse war eine schwere Geburt, mit viel Selbstüberwindung verbunden, d.h. mit der Aufhebung der Widerstände im Inneren und im Außen, die, wie S. Freud betont, ihm viel Zeit und Mühe kostete, und der Empfang, das bleiche und gedunsene Frauengesicht, die Furcht von geschlechtlichen Krankheiten und Infektionen, die bei jedem Empfängnis und während der Schwangerschaft zu Komplikationen und in schlimmstem Fall zu Fehlgeburt führen können, die Konsultationen mit Kollegen, sind berechtigt und erscheinen in besagtem Zusammenhang im Traum von Irmas Injektion in zahlreichen symbolischen Darstellungen.

Cherchez la femme! Am Anfang stand eine Patientin, deren Leidens-geschichte einen Traum auslöste, und die Aufgabe war, die Rätsel dieses Traums zu lösen und seine Absonderlichkeiten zu begreifen. S. Freud träumte unzweifelhaft von Anna Lichtheim-Hammerschlag, obwohl Emma Eckstein und andere Frauen sich im Traum vermischten. Das gleiche geschah mit männlichen Gestalten in diesem Traum. Der Inhalt war konfus genug, um diesen Traum für einen Alptraum zu halten und möglichst schnell zu vergessen. Der Traum wurde nur ansatzweise gelöst, seine Bedeutung nicht geklärt, aber eins ist nicht zu bestreiten: Es war dieser Traum, der im Zentrum psychoanalytischer Theorie stand und möglicherweise immer noch steht.

Andererseits ist an dieser Stelle zu vermerken, daß S. Freud in seinem Buch über die Traumdeutung die Werke von Aristoteles und Artemidoros aus Daldis zitiert, wobei sie wissenschaftlich unbedeutend und anekdotenhaft sind, aber das Werk von Philon von Alexandria mit keinem Wort erwähnt oder vielmehr verschweigt, obwohl dort alles Grundsätzliche, was später der Öffentlichkeit als Psychoanalyse präsentiert wurde, bereits vorliegt.

Was ist der Traum, was ist seine Funktion? Berücksichtigt man alles, was über Träume bekannt ist, ist es anzunehmen, daß Träume selbst keine Funktion haben, und sind Nebenprodukte psychischer Zustände wie der Schlaf, in denen nur der Abglanz der Funktion oder Funktionserfüllung sichtbar wird, sie erscheinen nach dem Prinzip der Visualisierung oder des Imaginierens dessen, was sich im Kosmos der menschlichen Seele abspielt. Der Traum gleicht einer Collage, in der solche Inhalte aus dem Assoziationskontext wiedergegeben werden, die aktualisiert, d.h. in zerebralen Kernen und Arealen prozessiert werden.

Die Metamorphose kann man als Schlaf begreifen, in dessen Verlauf die Larve über ihre zukünftige Form träumt. Nach dem Erwachen geht ihr Traum in Erfüllung und der Wunsch wird Realität.

In Anlehnung an die Vorstellungen der Antike könnte man meinen, der Schlaf ist ein kleiner Tod, was nicht stimmt, weil der Tod Nichtexistenz bedeutet, während im Schlaf die Existenz nicht aufhört. Tendenziell reiht sich der Schlaf an vorgeburtlichen Zustand, in dem der Embryo, wie die Larve, die ganzkörperlich in die Imago übergeht, von seinem zukünftigen Dasein träumt.

Der Schlaf selbst ist eine Wunscherfüllung, sich nach den Anstrengungen des Tages auszuruhen, und in dieser Hinsicht gleicht anderen Bedürfnissen d.h. physiologischen Notwendigkeiten, die befriedigt werden müssen, wie z.B. essen, trinken, ausscheiden, atmen, bewegen, sich sexuell zu betätigen. Die Impulse dafür kommen ins Bewußtsein, und sobald das Bedürfnis mit symptomatischer Ermüdung wahrgenommen wird, wird auch bewußt entschieden, zu schlafen oder der Ermüdung zu trotzen. Der Traum als die Begleiterscheinung des Schlafs unterliegt keiner bewußten Entscheidung, und somit kein willentlicher Akt: Man träumt, weil man dazu fähig ist, und nicht, weil jemand wünschte, schöne Träume zu haben.

Die Antike war ein Reich der Phantasie, in dem noch keine Grenze zwischen real und nicht real gezogen wurde, so daß Traum, Traumdeutung, Wunschvorstellung, Einbildung, Illusion und Gedanken zu gleichberechtigten und gleichbedeutenden Inhalten der Realität angehörten. Damals wurde alles in linearer Abfolge ins Bewußtsein aufgenommen, weswegen alles als Wissen galt, und was man nicht wußte, füllte mit Dichtung auf. Entsprechend diesem Zustand glich der Assoziationskomplex einem Labyrinth und begrifflicher Zusammenhang hielt sich mit ungesichertem Wissen notdürftig zusammen. Dennoch war dieser Zustand ein Anfang auf dem Weg zur Aufklärung und Selbstverständigung.

So z.B. assoziierte man den Hypnos mit der Nacht, der Ruhe, dem Tod, dem Vergessen, der Unterwelt, dem Traum, der Gestalt, dem Schrecken, der Phantasie, dem Schlafmohn, dem Asklepios. In antikem Assoziogramm des Schlafes kommen bereits wesentliche Elemente vor, die auch in heutigem Verständnis bestehen. Der wesentliche Unterschied zwischen damals und heute ist die Umwandlung der Mythologie in die Epik, in der die Götter ihrer Göttlichkeit enthoben und zum Bestand wissenschaftlicher Terminologie wurden.

»Alle Träume sind vielleicht nur Erinnerungen«, führt S. Freud die Formel von Hebbel auf. Soviel mir bekannt ist, ist Traum keine Erinnerung sondern eine Neuinszenierung, deren Ausgangspunkt eine oder mehrere Erinnerungen sein können, die auch seine Wendungen beeinflussen, aber niemals seinen Ausgang: Sonst wären wir als Zuschauer unserer Träume gelangweilt, so wie wir beim Zuschauen eines Spielfilms, beim Lesen eines Romans oder beim Hören einer Erzählung, deren Ausgang uns bekannt ist, gelangweilt sind. Die Geschichte kommt im Traum wie auch im Wachen nur als Lehrstoff vor, um daraus die Erinnerung an die Zukunft abzuleiten; nur Homo idioticus ist unfähig, die Gegenwart zu begreifen, aus der Vergangenheit zu lernen und in die Zukunft zu blicken.

Im Schlaf entspannt sich der Körper wie die Seele. Diese Dämpfung der Gefühle und Vorsätze findet im Traum ihre Entsprechung als Wunsch-erfüllung, Entstellung, Umwertung. Alles, was schlafstörend auswirkt, wird ausgeglichen und umgewertet. In dieser Hinsicht kann die Verdrängung im Wachzustand nur eine Aufschubleistung sein, im Schlaf endet der Aufschubfrist und beginnt die Verarbeitung des Verdrängten. Alles Latente, was im Wachzustand durch die Fülle der Wahrnehmung übertönt wurde, wird im Traum manifest. Unzweifelhaft erscheint, daß im Gedächtnis alles gelagert wird, was vorher eine Komprimierung und Verarbeitung erfuhr, und solange die Vorgaben für die Aufnahme nicht erfüllt sind, bleibt das Wahrgenommene ein Bestandteil des Aktuellen und darum spontan in den Träumen auftaucht. Im Prozess des Vergessens wird die Topologie des Erinnerns festgelegt. Das Vergessen ist nur die Löschung der Inhalte aus dem Aktuellen, dem operativen Gedächtnis. Der Traum ist ein Versuch, das Aktuelle zu vergessen, aber nicht vollständig zu vergessen, sondern es in den Gedächtniskontext zu integrieren, was durch die Assoziationsbildung und die Umwandlung des operativen ins langfristige Gedächtnis geschieht. Gelingt diese Integration, beruhigen sich die Störgeister (der Kampf zwischen Regung und Zensur, wie Freud es definiert), gelingt es nicht, kommt es im schlimmsten Fall zu Neurose und entsprechenden Symptomen (ein Anteil des Symptoms entspricht unbewußter Wunscherfüllung, ein anderer der Reaktionsbildung gegen dieselbe, sie verhalten zueinander wie Wirkung und Gegenwirkung), zur Stockung im Getriebe der Konversion. Die Behebung neurotischer Zustände beginnt mit der Feststellung der Ursachen und mit deren Bewußtwerdung. Weil die Lösung bestehender Konflikte im Unbewußten und im Schlaf nicht gelungen ist, werden die Symptome bewußt analysiert, bewertet, um ursachliches Problem zu identifizieren, und danach gleiche Versuche unternommen, wie im Normalfall im Schlaf. Dazu muß aber betont werden, daß, wenn die Wunscherfüllung und die Befriedigung der Bedürfnisse nicht möglich ist - und daß kann meistens nicht an der Person, sondern an ihre Umgebung liegen, kann die Umwertung in eine Verleugnung resultieren - weit schlimmeren Zustand als vorher. So flüchten ganze Völker in das Reich der Phantasie und der Dichtung, und das Erwachen aus diesem kollektiven Tag/Traum wird später schwer.

Die Abenteuer, welche das Ich im Traum erlebt oder erleidet, sind die Widerspiegelung der Betroffenheit dieser Instanz angesichts des Tagesgeschehens sowie seines Eingebundenseins in die Flüße und Prozesse, die sich im Inneren ablaufen, wobei nicht zu vergessen ist, daß alle Akteure und Dekorationen, die im Traum vorkommen, die Abkömmlinge des Ichs und Bestandteile des Gedächtnisapparats sind, und ihr Erscheinen und Zusammenspiel nur der Abglanz körpereigener, eigenständiger Funktionen sind. Der Traum visualisiert diese Prozesse und Funktionen in entstellter, befremdlicher Form, wobei es keine Gestalt und Anschauungsform des Traumes gibt, die nicht vorher im Bewußtsein kreiert wurde. Obwohl Chimären, die im Traum auftauchen, befremdlich aussehen, dennoch werden sie aus Elementen zusammengesetzt, die an sich nichts Unbekanntes darstellen. Die Bilder, die wir im Wachen sowie im Traum sehen, enthalten nur bekannte, im Bewußtsein bereits vorhandene Elemente, und die Neuaufnahme des noch Unbekannten geschieht unter dem Einbeziehen der Instanzen, die solche Objekte vor der Aufnahme einer eingehender vergleichenden Analyse unterziehen und sie für die Aufnahme bewilligen oder verwerfen.

Die bereits vorhandene Information ist die Voraussetzung für die Neuaufnahme, wobei im Prozess der Prüfung die Bewertung und Einordnung (Indizierung) stattfinden, damit spätere Identifizierung, Abgrenzung und Verwertung möglich wird.

Die im Gedächtnis gespeicherte Informationseinheit ist aber keine Konstante, sondern Variable, und unterliegt Editierung und Aktualisierung im Verlauf des Lebens, womit sie kontextuell an dem Zusammenhang angepasst wird. Wäre das nicht der Fall, wäre uns der Sinnzusammenhang der Information, die in unserem Gedächtnis aufbewahrt wird, längst entgangen, wie das oft in pathologischen Fällen geschieht.

Offensichtlich widmet sich der Hirn im Schlafzustand, d.h. im Zustand körperlicher Entspannung, in zunehmendem Maß der Aufgabe, die Gedächtnisinhalte zu aktualisieren, wie auch neurobiologische Forschung bestätigt. Während im Wachen ständiger Eingang äußerer Einwirkungen und entsprechender Empfindungen sowie die Prozessierung ganzkörperlicher Neupositionierung, was notwendig ist, um die Bewegungen und Betätigungen zu meistern, für korrekte Ausführung der Aufgabe der Aktualisierung hinderlich sind, summieren sich diese Aufgaben zu einem Tagesrest, der im Schlaf in sinnlich-topologischen Zusammenhang eingebunden wird, wobei die prägendsten Eindrücke der Vergangenheit entsprechend ihrer Aktualität in Träumen erscheinen. Entsprechende neuronale Strukturen, die im Wachen die Sinneseindrücke speichern, um sie im Schlaf einzuordnen, arbeiten auf analoge Weise wie Akkumulatoren.

Im Traum werden nicht nur symbolisch-repräsentative Inhalte des mentalen Raumes erneuert, es findet auch die Erneuerung des gesamtkörperlichen Zusammenhangs, d.h. der Körper wird neu hergestellt im Verlauf regenerativer Prozesse.

Aufgrund der Zunahme der Information, die im Verlauf des Lebens gesammelt wird, besteht die Aufgabe der Aktualisierung nicht nur darin, frühere Inhalte zu erneuern sondern vielmehr sie mit neuen Inhalten zu ergänzen. Diese Erneuerung und Ergänzung des Gedächtnisses erfordert Wachstum, das nur in räumlich begrenztem Raum stattfinden kann, und das nur aufgrund fraktaler Organisationsstruktur des Mediums, in dem dieses Wachstum erfolgt, zustande kommt. Offensichtlich geschieht auch Selektion im Prozess der Erweiterung der Erfahrung, die zu einer Erfahrung wird, wenn ihre Inhalte im Gedächtnis angemessen positioniert und indiziert werden.

Warum veraltete Inhalte weiterhin repliziert werden und eine Aktualisierung entkommen, ist erkenntnistheoretische Fragestellung, die in wissen-schaftlicher Literatur, die selbst ein Phänomen der Auslagerung mentaler Inhalte darstellt, selten behandelt wird, obwohl diese Fragestellung bedeutsam ist angesichts eines rasanten Wachstums wissenschaftlicher Produktion, das im Gedächtnis sowie außerhalb des Gedächtnisses in diversen Informationsträger festgehalten wird, infolge dessen mentale Kapazitäten der Wissenschaftler überfordert sind und sie nicht imstande sind, die Fülle der Information, die sie gemeinschaftlich produzieren, zu erfassen und einzuordnen, wobei maschinelle Kapazitäten in dieser Hinsicht nur begrenzte Hilfestellung leisten. Wie diese reflexive Arbeit geschieht, illustriert der Aufsatz von Schurr (2014), der sich mit einem Aspekt der Aktualisierungsaufgabe befasst.

Anstrengung, Entspannung, Olympia.

Die für körperliche Entspannung optimale Position, in der sich alle Körperteile auf einer Ebene befinden, kann wahrscheinlich nur vom Zustand der Schwerelosigkeit übertroffen werden, die allerdings die Überwindung viel größerer Widerstände erfordert (womit die Erdschwerkraft und technische Realisation ihrer Überwindung gemeint sind). In diesem Wechselspiel von Spannung und Entspannung vollzieht sich die Existenz. Die Helden altgriechischer Sagen vollbringen ihre Taten so, als ob sie süchtig nach der Betätigung wären, und im Sinn hätten, die Götter in allem zu übertreffen. Heros leitet sich von Eros ab. Die Besteigung von Olymp war in diesen Zeiten noch nicht realisierbar, aber schon vorstellbar und dem wurde symbolisch die Gleichstellung mit den dort lebenden Götter beigemessen. In Vorbereitung auf diese Hochleistung übte man schon fleißig in Olympiaden, die aber de facto nicht dem Zweck dienten, das Niveau der Götter zu erreichen, sondern die Elitesoldaten zu produzieren, und die meiste Kraft, die in solchen Wettkämpfen erprobt wurde, verschwendete man später in kriegerischen Handlungen.

Heutzutage wird diese Tradition der Kräfteverschwendung fortgeführt, wobei statt Wettbewerb übt man sich in Spielsucht. Nicht viel anders als in der Antike, werden Olympische Spiele zur Befriedigung der Tobsucht der Massen abgehalten, um deren Gehorsam und bodenständige Dummheit mit Brot und Spielen zu erkaufen. Die selbsternannten Götter, die diese Unterschiebung veranlassen, führen ihr unbetrübtes Dasein in den Hochhäuser im Luxus, der für Olympische Götter unerschwinglich und undenkbar wäre. Der narzisstische Pandemie, von der sowohl die Eliten als auch die Massen befallen sind, scheint ihnen nicht weiter zu stören, obwohl gerade sie die Ursache fortschreitender Selbst- sowie Umweltzerstörung ist. In der Beziehung zwischen Führer und Geführten (oder besser gesagt, Verführten und Getriebenen) findet gegenseitige narzisstische Bestätigung statt, und wer sich außerhalb dieser Bestätigung positioniert, wird in narzisstischen Sozietäten abgesondert oder er verweigert selbst die Teilnahme an dem Geschehen. Eine ausgezeichnete Analyse psychosozialer Kausalität in besagtem Zusammenhang lieferte Herbert Jäger (1967).

In einem ihrer Werke beschreibt Anna Freud (1936) einen Jungen, der seine mäßige Erfolge auf dem Fußballfeld einsieht, infolge dessen er sich über Nacht vom Fußballspiel abwendet und der Literatur zuwendet. In geschildertem Fall ist eine Intellektualisierung stattgefunden, man kann sich aber umgekehrten Fall vorstellen: die Abkehrung von der Literatur aus Unwillen, intellektuelle Leistungen hervorzubringen, und die Zuwendung dem Fußballspiel infolge der Regression, was offensichtlich häufiger geschieht als eine Intellektualisierung.

Die positive Bilanz menschlicher Anstrengung und Betätigung kann dennoch nicht übersehen werden; sie bleibt aber kein ausreichender Gegengewicht zur Massendummheit. Zu seiner Zeit konnte S. Freud die Dummheit nicht aufhalten, dennoch leistete er einen wertvoller Beitrag und sein Unternehmen war, trotz Mißerfolg am Ende seines Lebens, erfolgreich, was sich in der Zukunft sicherlich noch bestätigt.

Der Traumdeutung ist die Erforschung der Wirkung von Cocain vorausgegangen, worüber S. Freud in mehreren Publikationen berichtete, und wodurch ihm möglich geworden ist, die Zusammenhänge zwischen Traum und Cocaineinwirkung herzustellen.

Wie auch spätere Forschung bestätigte, entsteht der Traum unter Einwirkung endogener narkotisierender Substanzen wie z.B. Endorphine, die auch halluzinogen auswirken. Für diese Hypothese sprechen mehrere Indizien: Deutliche Unterscheidung der Wahrnehmungsinhalte im Traum von denen im Wachzustand; Ähnlichkeit zwischen Trauminhalten und Visionen, die von verschiedenen Drogen ausgelöst werden; häufige Verletzung sinnlich-topologischer Zuordnung, was sich in der Bildung von Chimären äußert; Imaginieren kinetischer Zustände in Atonie als Ersatz- bzw. Wunschvorstellung für Fortbewegung; Tagträume, die mit akinetischen, atonischen Zuständen verbunden sind (Meditation, Gebet, Hypnose); je tiefer der Schlaf, desto weniger sind die Trauminhalte für das Bewußtsein zugänglich; Realitätsflucht in die Phantasie. Das bedeutet, daß der Traum einen Zustand begleitet, in dem das Bewußtsein zwischen Aktivität und Inaktivität schwebt. Vermutlich, können in diesem Schwebezustand einige Aufgaben besser gemeistert und die Funktionen optimal erfüllt werden, so z.B. das Integrieren und Indizieren der Tagesreste. Unter Bedingungen körperlicher Stilllegung und umfangreicher Reduktion der Einwirkung prädominanter Sinnesorgane wendet sich das schwebende Bewußtsein innerkörperlichen Empfindungen zu, was seine Entsprechung in manifesten Trauminhalten findet. In Übereinstimmung mit solcher Wendung von außen nach innen haben latente Trauminhalte ihren Ursprung immer in den Sinneseindrücken des vergangenen Tages (Tagesreste) sowie in Erinnerungen, die mehr oder weniger einen Bezug zum aktuellen Geschehen haben, wie S. Freud in Traumdeutung darlegte. In diesem schwebenden Zustand des Bewußtseins fallen äußere und manche innere Taktgeber, die unsere Wahrnehmung im Wachzustand bestimmen und strukturieren, weg, weswegen innere Arbeit und innere Impulse wie z.B. Erfüllungswünsche sichtbar und wahrnehmbar werden. Es ist angebracht, in diesem Zusammenhang eine Metapher zu verwenden, die allerdings auch im analogen Sinn treffend ist: So wie der Mond beim Tageslicht unsichtbar wird, und in der Nacht hell scheint, so sind die Inhalte, die im Traum erscheinen, im Wachsein vom Tagesgeschehen überdeckt.

Obwohl Traum keine eigenständige physiologische Rolle spielt, die Reflexion und Intellektualisierung seiner Inhalte, was infolge Selbstanalyse oder exogener Traumdeutung geschieht, trägt dazu bei, daß seine Rolle an Bedeutung gewinnt und, statt die Quelle abergläubischer Vorstellungen zu sein, kann der Traum in analytisch-diagnostischen Verfahren verwertet werden, um Erkrankungen zu erkennen und vorzubeugen.

Daß im Schlaf nicht nur körperliche und geistige Entspannung geschieht, sondern auch die Selbstfindung, d.h. die Wiederherstellung des Selbst und der Selbstidentität durch die Zuordnung neuer Sinneseindrücke, was in wissenschaftlicher Literatur als Gedächtniskonsolidierung bezeichnet wird, und daß die Psychoanalyse an diesen mentalen Prozess anknüpft und ihn nachbildet, beweist mein Traum vom 6.09.2016, dessen Inhalte, obwohl in etwas reduzierter Form, sich in nachfolgendem Traum am 13.10.2016 wiederholten. In beiden Fällen gab es Interferenz zwischen Erinnerungen an traumatische Erlebnisse und aktuellen Aufgaben der Zuordnung beim Verfassen dieses Manuskripts.

Die Traumdeutung wie auch die Psychoanalyse insgesamt werden von vielen Personen, die sich mit exponierter Überheblichkeit als Wissenschaftler offerieren, als unwissenschaftlich abgetan, wobei solche abwertende Haltung als eine der Folgeerscheinung des Ödipuskomplexes interpretiert werden kann. Darüber hinaus, können solche komplexe Zusammenhänge, wie sie die Psychoanalyse aufdeckt, gar nicht mit gegenwärtigem Instrumentarium erfasst werden, und die Vorwürfe der Unwissenschaftlichkeit ist demnach übereilt, was in wissenschaftlichem Hochleistungsbetrieb mit chronischer Regelmäßigkeit passiert, weil man sich oft die Zeit und Mühe spart, um nachzudenken. Anstelle von Rekonstruktion der Abfolge psychogenetischer Ereignisse durch Befragung auf einer Liege werden Patienten in die Maschinen geschoben, und ihnen die Aufgaben delegiert, deren Lösungen nur in Interaktion gleichwertiger Organisationsformen gefunden werden können. Was kann ferner der Intention der Psychoanalyse liegen? Eine berechtigte Frage, die auch Gregory A. Miller (2010) stellt.

Angesichts unklarer Interpretierbarkeit der Daten, die z.B. mit dem BOLD-Verfahren gewonnen werden, erscheint auch der Wert dieser Daten für psychoanalytische Zwecke fragwürdig, obwohl damit unzweifelhaft psychische Korrelate registriert werden, wenn man ursprünglichen Sinn des Wortes bedenkt (Tozzi et al., 2016; Johnston and Parens, 2014; Tong and Frederick, 2010; Boubela et al., 2015).

Gleichfalls erscheint es unsinnig, die Psychoanalyse mit der Neurobiologie zu vermischen und daraus neuropsychoanalytische Chimäre zu kreieren (Ruby, 2011), weil metasprachliche Konstruktion keine Reduktion zuläßt. Obwohl aufgrund neurobiologischer Erkenntnisse stochastische Modelle des Verhaltens erstellt werden können, wäre es unangebracht, psychische Phänomene in solchen Schemen zu beschreiben oder mit Patienten über ihre Neurobiologie zu sprechen. Die Betrachtung eines Bildes mit Mikroskop vermittelt keine Vorstellung über abgebildete Inhalte, dafür bedarf es angemessenen Abstand, um das Bild zu überblicken. Wie neurobiologische Erkenntnisse strukturiert werden können, veranschaulichen Benítez-Burraco und Murphy (2016).

Die Unzugänglichkeit unbewußter Inhalte für die Betroffenen und die Schwierigkeit der Aufgabe, sie zu analysieren und zu interpretieren, erklärt sich durch ihre Multikausalität. Außer Übung bedarf es umfangreiche Kenntnisse, um psychoanalytische Aufklärung zu meistern. Selten gibt es einfache Erklärung für die Symptome oder Trauminhalte, weil das zu erforschende Problem delokalisiert ist, über ganzes Hirn verteilt, weswegen dieses oder jenes Problem zu fassen eine eingehende Untersuchung erfordert. Die psychoanalytische Methode ist eine Detektivarbeit, die darin besteht, eine Reihe von Indizien zu sammeln, und aufgrund der Assoziationen zumindest ein Teil mentaler Komplexität zu rekonstruieren, was zur Ergreifung der „Täter“ führen kann. Erst wenn die Zusammenhänge zwischen manifest und latent verstanden werden, können Rückschlüße auf evidente Ursachen gezogen werden. Was natürlich nicht funktioniert, wenn man statt Intellekt dieses oder jenes Instrument einsetzt.

Opponieren heißt nicht, alles zu bezweifeln und zu verwerfen, es sei denn, das, dem opponiert wird, ist generalüberholt und kann nicht in Teilen gebessert werden. Eine Theorie mit beträchtlichem empirischen Gehalt wie die Psychoanalyse zu verwerfen, bedeutet, daß der Opponent sich keine Mühe gab, mit theoretischen Inhalten vertraut zu machen, oder er sie nicht verstanden hat, und handelt entsprechend seinen ödipalen Regungen in der Hoffnung, alte Autoritäten umzustürzen und sich an deren Stelle zu positionieren.

Die Aufgabe der Theorie besteht darin, die Realität, reale Verhältnisse, wahrheitsgetreu nachzubilden und in die Sprache zu überführen. Wenn Theorie beginnt, die Realität mit dem Abbild der Realität zu verwechseln (und in BOLD-Verfahren werden Korrelate psychischer Funktion detektiert), dann wird sie zur Verblendung, zum Realitätsverlust.

Die Psychoanalyse wurde zu einem Prüfstein, zu einer Möglichkeit, den Wahrheitsgehalt und die Wissenschaftlichkeit anderer Lehren zu überprüfen. Nichts zufällig finden in Traumdeutung die Prüfungsträume eine Erwähnung, wobei die Theorie des Traumes selbst in der Traumdeutung einer Prüfung unterzogen wurde und sie offensichtlich bestand.

Obwohl S. Freud sich gegen jegliche Parteilichkeit der Psychoanalyse sträubte (mit Ausnahme der Parteinahme für behandelte Patienten), selbst hatte er umfangreiches politisches Programm, dessen Ziele mit klassischen aufklärerischen Ansatz erreicht werden sollten.

Die Anhänger der Psychoanalyse trugen zur Entwicklung und Verbreitung neuer Wissenschaft bei, womit die Voraussetzungen für die Einflußnahme psychoanalytisches Denkens geschaffen wurden. Aus dieser Anlage ist zwar psychoanalytische Gemeinde entstanden, dennoch wurden die Erwartungen allen Anstrengungen zum Trotz nicht erfüllt, und politische Ziele, wie die Abschaffung der Barbarei und die Übernahme politischer Macht bzw. wirkungsvolle Positionierung im Prozess politischer Entscheidungen, nicht erreicht, worüber u.a. Alexander Etkind berichtet (1993).

Einerseits lag das daran, daß die Psychoanalyse im Entstehen begriffen war, ihre logische Konstruktion noch lose und unvollständig in der Luft hing, und konnte deswegen nicht am Baum der Erkenntnis positioniert werden und fruchten. Unwiderlegbare Fakten, Daten und Querverbindungen zu anderen Wissenschaften fehlten noch.

Andererseits ließ sich die Psychoanalyse nur bis zu einem bestimmten Grad popularisieren, weil die Verwicklung ihrer Begriffe und komplizierte Zusammenhänge ihrer Phänomene nur schwer vermittelbar waren außerhalb des engen Kreis der Auserwählten.

Im Gegensatz zu Auslegungen von Karl Marx, die einen klaren Adressat hatten, waren die Botschaften der Psychoanalyse nur an elitäres Publikum gerichtet, während alle anderen, bedingt durch ihren ungenügenden Bildungsgrad oder wegen ihres fehlenden Interesse aus den Reihen der Empfänger psychoanalytischer Botschaften ausgeschlossen waren.

Nicht zuletzt spielten rassistische und andere Vorurteile eine Rolle.

Alle diese Faktoren trugen dazu bei, daß die Psychoanalyse, ungeachtet unbestrittener Erfolge und ihres Erkenntnispotenzials, nicht imstande war, die Barbarei aufzuhalten, so daß S. Freud am Ende seines Lebens selbst von diesem Mißerfolg betroffen war und ins Exil gehen mußte.

So wurde das 20. Jahrhundert zum Jahrhundert von Adolf Hitler, und aus „Mein Kampf“ und Tausendjährigem Reich „Unser Jahrhundert“ (Schmidt und Stern, 2009).

Nichts anderes war von der Demokratie, in der das Mittelmaß höchste Autorität hat, zu erwarten. Alle andere Mißstände demokratischer Desorganisation leiten sich von diesem Mißverhältnis ab.

Genauso wie Marxismus eine Rebellion gegen zeitgenössische Heuchelei darstellte, rebellierte auch S.Freud gegen die Scheinheiligkeit seiner Zeitgenossen, die ihre Geilheit hinter der Fassade der Keuschheit verbargen. Dennoch wird das Verhalten von äußeren Umständen bestimmt, und, obwohl der geniale S. Freud perspektivische Revolution veranstaltete, war auch der Veranstalter dieser Revolution nicht imstande, sich von den Zwängen seiner Umgebung zu lösen.

Obwohl sich S. Freud (1921) in gleiche Zeit wie auch W. M. Bechterew (1921) mit der Analyse psychischer Massenphänomene befasste, entging er selbst nicht solcher Beeinflussung, was sich u.a. in seiner Parteilichkeit am Beginn des 1. Weltkrieges äußerte und mit der Beteiligung seiner Söhne an den Kriegshandlungen bestätigte. Interpretiert man nachträglich solche Symptome im Sinne psychoanalytischer Theorie, erkennt man darin unschwer die Äußerung ödipaler Regungen unter induktiver Einflußnahme der Umgebung, d.h. Suggestionen und Nachahmungsmuster, die daraus ausgingen.

Gleichfalls konnte er sich nicht von seiner jüdischen Identität lösen, oder auch sein Suchtverhalten unter Kontrolle bringen.

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Metaanalysis of psychoanalysis

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