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Kapitel 1

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Was ist Perfektionismus denn genau?

Wenn jemand alles hundertprozentig - besser noch hundertzwanzigprozentig - erledigen will und super penibel ist, einen Ordnungsfimmel hat und er Schweißausbrüche bekommt, wenn die Tischdecke eine Falte hat, dann gehen Sie mal davon aus, dass Sie es mit einem Perfektionisten zu tun haben – ein Pedant, wie er im Buche steht. Solche Menschen leiden darunter, wenn ihnen etwas gegen den Strich läuft und nicht stromlinienförmig ist. Alles muss sitzen. Diese Menschen sind verbissen ehrgeizig, was anstrengend und nervenkräfteaufreibend ist. Denken Sie vielleicht auch immer so? Alles, was ich tue, ist nicht wirklich gut genug, nicht schnell genug und schon mal überhaupt nicht genug und gut schon mal gar nicht. Vielleicht wissen Sie ja es noch nicht genau: Dann fragen Sie sich doch mal: Könnte ich vielleicht ein Perfektionist sein? Sagen Ihre Freunde öfter mal, Sie seien ein Perfektionist oder Pedant. Das haben Sie dann wahrscheinlich erst einmal heftig bestritten oder sogar als Kompliment oder als Kritik gesehen.


Wo liegen die Ursachen?

In Ihrem Leben – meistens in der Kindheit – haben Sie öfters mal die Erfahrung gemacht, dass Sie nur dann Zuwendung und Anerkennung bekommen, wenn Sie perfekt sind, funktionieren, gewisse Standards erfüllen und den Erwartungen Ihrer Eltern, Lehrer oder Freunde entsprechen. Ihr Perfektionismus ist der Schlüssel zur Anerkennung und um eben Tadel, Kritik und Ablehnung zu vermeiden. Vielleicht erwarten Sie auch, durch Ihren Perfektionismus unangreifbar zu werden. Perfektionisten fühlen sich auch von anderen bedroht, die in manchen Dingen besser zu sein scheinen. Sie sehen dann gleich Konkurrenten. Sie fürchten sich davor, dann keine Anerkennung mehr zu bekommen, ja sie werden sogar süchtig nach Anerkennung von anderen und Bestätigung durch sie. Denn es steckt dahinter, dass sie sich selbst diese nicht geben können. Sie können sich nicht eingestehen, mal etwas wirklich klasse erledigt zu haben. Die Angst vor Fehlern nährt doch nur den Drang zum Perfektionismus. Man möchte durch perfektes Arbeiten verhindern, dass man mit der Angst in Kontakt kommt. Es ist nicht in Ordnung, Fehler zu machen, weil man sich dann minderwertig fühlen muss. Die erstrebenswerte Fehlerlosigkeit macht einen erst akzeptabel. Verantwortlich für den Perfektionismus sind ein geringes Selbstwertgefühl und die daraus hervorgehende Angst, nicht gut genug zu sein und die Angst vor Ablehnung.


Machen Sie doch den Perfektionismus-Test

Machen Sie doch einfach mal einen Selbsttest – den Perfektionismus-Test. Mit diesem Psychotest können Sie nämlich herausfinden, ob und wie stark Ihr Leben bereits vom Streben nach Perfektion bestimmt wird. Der geht so. Wenn Sie folgende Feststellungen mit „trifft häufig zu“ oder „trifft manchmal zu“ überwiegend beantworten, dann sind Sie ein Perfektionist oder auf dem besten Weg dorthin:

• Wenn ich eine nur durchschnittliche Leistung erbringe, empfinde ich das schon als Versagen.

• In meinem Elternhaus musste ich einfach immer nur funktionieren.

• Für mich muss alles seine Ordnung und seinen Platz haben, sonst fühle ich mich überhaupt nicht wohl.

• Anderen gegenüber ist es mir sehr wichtig, eine gute Figur abzugeben.

• Ich verurteile mich immer selbst für kleine Fehler.

• Freunde halten mich sogar schon für einen Perfektionisten.

• Ich bin von anderen Menschen oft enttäuscht, weil sie nicht so handeln, wie ich es tun würde.

• Regelmäßig vergleiche ich mich mit anderen und dann fühle ich mich ihnen unterlegen.

• Noch tagelang denke ich über kleine Missgeschicke nach.

• Ich lasse doch eine Aufgabe eher liegen, als dass ich sie nur durchschnittlich bewerkstelligen kann.

• Ich ärgere mich ständig über meinen Partner/meine Partnerin, weil er/sie es mir nicht Recht machen.

• Meine Eltern haben immer hohe Erwartungen an mich gestellt.

• Ich denke immer in Schwarz-Weiß-Kategorien, denn für jede Aufgabe gibt es einen richtigen und einen falschen Weg, sie zu erledigen.

• Ich arbeite lieber noch viel härter und länger, als dass ich Aufgaben an andere delegieren würde.

• Fehler sind für mich unerträglich, denn sie beweisen doch nur meine Unfähigkeit.

• Kritisieren mich andere, dann fühle ich mich schnell persönlich angegriffen.

• Andere können mich zwar für meine Arbeit loben, doch dann sehe ich immer noch einiges, was ich trotzdem verbessern könnte.

• Ich habe ein Problem damit, mehr auf meine Misserfolge zu schauen als auf meine Erfolge.

• Bereits vor der Lösung einer Aufgabe mache ich mir Gedanken, wie sie perfekt aussehen könnte.

• Ich bin schnell ungeduldig und ärgerlich darüber, wenn ich sehe, wie andere eine Aufgabe angehen.

• Mit Mittelmaß kann ich mich nicht zufrieden geben, weshalb ich hohe Ansprüche an mich selbst habe.

• Strenge ich mich nur durchschnittlich an, kann ich keine perfekte Leistung abliefern.

• Ich brauche lange, um Entscheidungen zu treffen.

• Ich fühle mich oft angespannt und voller innerer Unruhe.

• Ich fürchte Ablehnung durch andere, wenn ich eine schlechte Leistung abliefere.

• Ich erwarte von mir selbst, dass ich bei allem, was ich erarbeite, immer das Optimum abliefere.

• Ich ärgere mich über mich selbst, wenn ich nicht alles so erledige, wie es meinen eigenen Vorstellungen entspricht.

• Ich neige zum Aufschieben, denn ich gehe meine Aufgaben immer wieder durch, um sie doch perfekt zu erledigen.


Nun prüfen Sie sich selbst und finden heraus, wo Sie stehen. Die Selbsterkenntnis ist bekanntlich der erste Weg zur Einsicht und Besserung.


Ist Perfektionismus unbedingt schlecht?

Wenn man perfektionistisch veranlagt ist, kann man ja oft selbst nichts dafür. Kinder von Eltern mit Perfektion sind ja so erzogen und kennen nichts Anderes. Grundsätzlich ist es nicht schlecht, denn manche Berufe verlangen ja auch akribisches Arbeiten. Sie kommen dort nur voran, wenn Sie absolute Qualität liefern und immer nach Perfektion streben.

Sprichwörtlich müssen Sie die deutschen Tugenden von Korrektheit, Disziplin, Akkuratesse, Pflichtbewusstsein und -Erfüllung sowie Ehrgeiz und Gewissenhaftigkeit beherrschen. Es sind Jobs, bei denen es auf Millimeter und Sekunden ankommt. Man mag abschätzig von Korinthen-Kackern reden, aber manchmal muss es das eben sein.

Oder nehmen Sie Spitzenköche: Warum haben manche einige Michelin-Sterne? Eben weil sie immer perfekte Leistung abliefern, möglichst jeden Tag. Und sich darauf einfach auszuruhen, ist tödlich. Dann ist man auch schnell wieder weg vom Fenster. Also einmal perfekt, immer perfekt.

Und dann gibt es auch Berufe, in denen man ein Leben lang lernen muss. Ein japanischer Sushi-Koch behauptet nie von sich selbst, perfekt zu sein oder jemals ausgelernt zu haben. Er und seine Technik wird er bis an sein Lebensende verbessern wollen. Diesen Ehrgeiz muss er haben, um erfolgreich zu sein und zu bleiben. Ein erfolgreicher Sushi-Meister macht genau das – bis an sein Lebensende akribisch und perfektionistisch. Auch ein Journalist hört nie auf zu lernen, sonst könnte er nicht täglich neue Geschichten schreiben und immer wieder interessante Gesprächspartner kennenlernen.

Auch das Streben nach Perfektion ist grundsätzlich nicht schlecht, denn es bedeutet ja auch, dass man Ziele hat und etwas erreichen will. Daher ist eine Portion Ehrgeiz gefragt. Mittelmaß reicht hier nicht aus. Jeder muss für sich entscheiden, was er will – lieber bequem oder was erreichen? Aber achten Sie immer auf die Grenze zwischen gesund und schädlich. Perfektionismus darf nicht zum eigenen Schaden werden. Das ist nämlich dann der Fall, wenn wir unsere Selbstachtung und unser Selbstwertgefühl von dem Erfolg abhängig machen.


Perfektionismus ablegen und endlich glücklich werden

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