Читать книгу Titaneion Titanenschlacht - Episoda 3: Tartarusgetümmel - Bastian Brinkmann - Страница 5

ERSTER GESANG - Der Menschen Gericht

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Dunkle Gasse in Paphos. Nacht. Heftiger Regen.

EINIGE WACHEN patrouillieren.

ERSTE WACHE (die Umgebung absuchend).

Bei diesem Wetter wagt es unser König also,

uns hinauszuhetzen in die Nacht

und Kälte und Regen auszusetzen die,

die für die Sicherheit zu garantieren haben.

Allein aus Rache könnte ich fast raten,

mich nicht in seine Nähe fürderhin zu lassen -

ich könnte mich vergessen.

ZWEITE WACHE (mit beiden Händen am Speer die Umgebung absuchend).

Dieser Schinder!

So hockt er selbst bei Wein und Jüngling,

während wir uns hier den Tod einholen.

Was ist die Welt doch schlecht zu dem,

der auf der falschen Seit des Lebens steht.

Die Götter meinen es nicht gut

mit armen Männern.

DRITTE WACHE. So sei er lieber froh,

überhaupt in Diensten stehn zu dürfen.

Nicht wenige wärn froh,

jetzt hier bei Nacht und Regen

durch die Gassen kalt zu wandern,

statt zu verhungern,

zu verdursten

oder sich den Lebensunterhalt

an jedem Tag erneut zu betteln.

(Sie erblickt etwas in einiger Entfernung am Boden liegend.)

(Mit dem Speer dorthin zeigend:)

So wie dieser da.

HAUPTMANN (die Wache beiseite schiebend).

Was schwatzen sie und sind nicht wert den Sold,

den ich ihnen zu zahlen habe?

Oh, hätt ich was zu sagen hier,

nur Schweine würdet hüten ihr,

mit Schweinespießen denn mit Piken ausgerüstet.

Es ist ein Elend!

So,

was meint er denn,

gesehn zu haben?

ERSTE WACHE (den Speer in Vorhalte nehmend).

Jetzt seh ich's auch!

ZWEITE WACHE (sich an den Speer klammernd).

Da liegt etwas.

HAUPTMANN. Lasst mich sehn.

(Er nimmt der dritten Wache die Lanze ab.)

Mir nach!

Und seid stets still.

Wer weiß,

in welchen Hinterhalt wir hier geraten?

Welch schlimme Tat wir hier vereiteln?

Heut Nacht soll dieser Raubmord hier

verhindert sein.

(Er gibt Handzeichen. Die Wachen schwärmen in die Schatten aus. Das leise Singen eines gezogenen Schwertes ertönt.)

So gehe ich voran und gebe mich

als einzelner Verirrter.

(Er stapft auf das am Boden Liegende zu.)

(Übertrieben laut:)

Dacht ich's mir doch:

Ein Toter oder Trunkener,

halb Verhungerter oder sonstwie Ermatteter.

(Er wartet ab, beobachtet die Schatten der Wachen im Schatten der Häuserwände.)

(Zu sich selbst:)

Kein Hinterhalt.

So dacht ich's doch.

(Er gibt seinen Männern Handzeichen.)

(Sie treten aus den Schatten und versammeln sich um den Hauptmann und den am Boden Liegenden.)

ERSTE WACHE (auf den Boden blickend).

Lebt er noch?

HAUPTMANN. Wohl kaum:

Seht nur, was im Leib ihm steckt.

(Bolzen ragen aus dem Leib heraus, Spitzen als auch Schäfte.)

Von allen Seiten wurde dieser scheint's

mit Armbrustbolzen perforiert.

(Er setzt den Schaft seiner Lanze an dem leblosen Körper an.)

So helft mir, ihn herumzudrehen.

Mit bloßen Händen möcht ich diesen hier nicht greifen.

(Die beiden anderen treten hinzu und setzen ihre Lanzen an. Gemeinsam drehen sie den leblosen Leib auf den Rücken.)

DRITTE WACHE (auf den Toten herabblickend).

Bolzen, nichts als Bolzen seh ich,

die ihm in alle Richtung ragen.

ERSTE WACHE. So scheint's, von allen Seiten

wurde dieser hier gemeuchelt,

was bedeutet ...

HAUPTMANN. Zusammen!

Wer weiß, ob nicht die Meuchler

noch immer in den Ecken hocken

und sich dort verstecken

mit frischen Bolzen, schussbereit?

(Sie stellen sich mit geübter Disziplin Rücken an Rücken, die Lanzen nach vorne gerichtet.)

ERSTE WACHE (mit zusammengekniffenen Augen).

Nichts seh ich in Ecken kauern,

das uns hier erschießen könnte.

ZWEITE WACHE (ebenfalls die Umgebung absuchend).

Ebenfalls seh ich hier nichts,

das als Gefahr mir scheint für uns.

DRITTE WACHE (mit gezogenem Schwert).

Nichts.

HAUPTMANN (noch einen Moment innehaltend).

Auch ich seh nichts.

Herunter mit den Waffen.

Widmen wir uns diesem wieder.

(Sie wenden sich wieder dem Toten zu.)

ERSTE WACHE. Komisch ...

(Sie geht in die Hocke.)

Seht, was dieser unter sich verbarg:

(Sie hebt ein zerrissenes Säcklein auf. Es klirrt und klimpert leise.)

Ein Säcklein!

Und etwas scheint mir noch darinnen.

(Sie schüttelt es leicht. Wieder klirrt es metallisch. Sie greift hinein, zieht ein paar Münzen hervor.)

HAUPTMANN (die Stirn runzelnd).

Seltsam ...

So haben wir's mit Raub hier nicht zu tun ...

ZWEITE WACHE (etwas abseits).

Hier liegen noch mehr.

(Sie geht in die Hocke.)

DRITTE WACHE (aus einiger Entfernung).

Selbst hier liegt eine einzelne.

ERSTE WACHE. Ob wir die Räuber überraschten?

HAUPTMANN. Wohl kaum:

Ich sehe keine Spuren.

Zumindest auf den ersten Blick.

ZWEITE WACHE. So suchen wir genauer.

HAUPTMANN (nickend).

In der Tat.

Ausschwärmen!

So suchen wir die Gegend ab,

doch entfernen uns nicht allzu weit.

(Sie schwärmen aus.)

Ein WINZIGER, SCHWACH LEUCHTENDER BLAUER PUNKT kommt aus dem Boden und schwebt dem Schirm einer Pusteblume gleich unbemerkt von den Wachen auf den Toten zu.

ERSTE WACHE (den Boden absuchend und den anderen zurufend).

Nichts.

Die Münzen verteilen sich nur dort.

DRITTE WACHE. Und hier nur eine einzelne.

HAUPTMANN (überlegend).

Als hätt er's Säcklein schlicht zerrissen,

und sie nur von sich fortgeschleudert ...

DRITTE WACHE. Wie kommt dann hier die eine hin?

Ein ganz besondres Münzlein scheint's zu sein,

so wie's hier liegt,

so ganz allein ...

HAUPTMANN (sich neben die dritte Wache stellend).

Sammeln wir sie ein

und dann zurück zum König.

Er hatte wieder recht, als er uns bat,

die Gassen zu durchforsten,

weil es heißt,

mit rechten Dingen geht es nicht mehr zu

in Paphos.

(Er geht in die Hocke, hebt die einzelne Münze auf und mustert sie im Mondlicht.)

(Die Münze betrachtend:)

Was ist dein Geheimnis?

(Nebenbei an die Wachen gewandt:)

Und nehmt den Toten mit,

dann wird's euch warm in diesem Wetter.

ERSTE WACHE. Äh,

verzeiht, mein Herr ...

HAUPTMANN (sich zu ihr umdrehend).

Was ist?

ZWEITE WACHE (kreidebleich).

(Sie schweigt.)

DRITTE WACHE (mit weit aufgerissenen Augen).

Er ist weg ...

HAUPTMANN (die leere Stelle mit ungläubigem Blick betrachtend).

Das ist nicht ...

(Er reißt seine Lanze hoch.)

Zusammen!

(Alle vier nehmen Aufstellung.)

ERSTE WACHE. Beim Tartarus,

was ist hier los?

(Sie blicken sich mit gezogenen Waffen in alle Richtungen um. Bis auf das Prasseln des Regens ist alles still.)

HAUPTMANN. Bericht!

Irgendwas zu sehen?

ZWEITE WACHE. Nichts!

DRITTE WACHE. Nichts!

ERSTE WACHE (sich umblickend).

(Sie schweigt.)

HAUPTMANN. Erste Wache!

Erste Wache!

Irgendwas zu sehen?

ERSTE WACHE (mit weit aufgerissenen Augen).

(Sie schweigt.)

ZWEITE WACHE (in Blickrichtung der ersten Wache zeigend).

Seht ...

dort ...

(Es dauert einen Moment, bis sich etwas im Schatten einer winzigen Nebengasse abzeichnet. Im gleichen Moment ist ein seltsames Murmeln zu vernehmen.)

Ein SCHEMEN steht in einer Nebengasse und bewegt sich nicht. Ein unverständliches Gebrabbel kommt aus seiner Richtung.

HAUPTMANN (den Speer auf den Schemen gerichtet).

Kommt heraus,

wer immer Ihr auch seid!

(Auch die übrigen Wachen richten ihre Waffen auf den Schemen.)

SCHEMEN (ohne sich zu rühren).

(Er brabbelt unverständlich vor sich her.)

HAUPTMANN. Kommt heraus!

Wir stechen zu,

verpassen Euch noch ein paar Löcher

zwischen Eure schönen Bolzen!

SCHEMEN (ohne sich zu rühren).

(Er brabbelt unverständlich vor sich her.)

ZWEITE WACHE. Sollen wir Verstärkung rufen?

HAUPTMANN. Für diesen einen?

Pah!

(An den Schemen gewandt:)

Kommt heraus,

wir schlagen Euch in Bande!

(Der Schemen reagiert nicht.)

Vorrücken!

Wir schlagen zu.

So zwingt er uns,

stecht ihn nur nieder.

(Die Wachen rücken vor, die Waffen auf den Schemen gerichtet. Als sie ihn fast erreicht haben, dreht der Schemen sich um und tritt ins Mondlicht. Die Wachen bleiben stehen.)

SCHEMEN (sich umblickend, als könnte er es selbst nicht fassen).

Ich ...

Ich will ...

... sie führen.

HAUPTMANN (an den Schemen gewandt).

Was hat er uns zu sagen?

SCHEMEN (wieder in sein unverständliches Gebrabbel verfallend).

(Er schweigt.)

HAUPTMANN (an seine Männer gewandt).

Ergreift ihn!

(Zweite und dritte Wache werfen sich einen unschlüssigen Blick zu. Schließlich senken sie ihre Waffen und treten auf den Schemen zu.)

SCHEMEN (in seinen Augen leuchtet es kurz blau auf).

(Die Wachen bleiben stehen.)

Dein ist der Menschen Gericht ...

(Er stürzt sich mit bloßen Zähnen auf die zweite Wache. Todesschreie gehen im Prasseln des Regens unter.)

Thronsaal zu Paphos.

PYGMALION mit Hammer und Meißel einen noch unförmigen Marmorblock behauend. DIVERSE BEDIENSTETE im Hintergrund. OSTREOS betritt den Saal.

OSTREOS (sich verneigend).

Euer Hoheit haben gerufen?

(Der König ignoriert ihn zunächst. Immer lauter hallen seine Hammerschläge durch den Saal. Schließlich wirft er Hammer und Meißel von sich und watschelt zu seinem Thron hinüber.)

PYGMALION (seinen Kelch ergreifend und einen langen Zug nehmend).

Was muss ich Schlimmes hören

aus den nachts verwaisten Gassen,

die den Friedhof meiner Stadt

bei Dunkelheit ganz still umschließen

und bei Tag lebendig werden?

OSTREOS (eine Weile überlegend).

Ich verstehe nicht,

von was Ihr sprecht.

PYGMALION (einen weiteren Zug nehmend).

Dann tut's mir leid für meinen Höchsten,

dass er scheint's schlecht nur informiert.

(Er hält einem Bediensteten in seiner Nähe den Krug hin. Der Diener tritt heran und füllt ihn nach.)

Es ist bereits ein Thema hier

in allen gutbewohnten Gassen

und das einfach Volk bewundert

jeden Morgen stets

die neuen Toten,

welche ihre Straßen zieren.

OSTREOS. So ist was dran an der Verschwörung

gegen Euer Hoheit?

PYGMALION (nickend).

(Er setzt den Kelch erneut an.)

OSTREOS. Ich hielt es schlicht

für leer Geschwätz.

Berichtet mir,

was Ihr von wisst,

und lasst mich nicht so harren

voller Durste nach der Antwort.

PYGMALION. Nun,

ich schickte jemand aus,

um aufzudecken die Verschwörung,

die in meiner Stadt hier tobt.

Und wenn ich ehrlich sprechen darf:

Ich hielt's für mehr als nur 'ne einzelne,

ging fast von aus,

das Opfer mehrerer Verschwörungen zu sein.

Und alle eint das gleiche Ziel:

Mich,

den König,

abzusetzen!

OSTREOS. Und?

Was hat dieser Jemand erfahren?

PYGMALION (aufspringend).

Nichts!

Das ist es ja,

was mich so wurmt!

(Er wirft den Becher von sich und watschelt zu seinem Steinblock zurück.)

Man stelle sich mal vor!

Wachen werden hingemetzelt,

hier ein Dutzend, dort ein paar,

und andren wird des Nachts bei der Patrouille,

die Kehle einfach durchgebissen.

Und hinter all dem steckt:

Nichts!

Das ist alles,

was mein Jemand hat herausgefunden.

Und ich hock hier

und soll's ihm glauben.

Hammer!

Meißel!

(Mehrere Bedienstete stürmen vor, stolpern fast übereinander, sammeln Hammer und Meißel auf und reichen sie dem König.)

Es ist zum Haareraufen.

(Er schweigt und betrachtet den Steinblock.)

OSTREOS. Und gehe ich recht in der Annahme,

dass dieser Jemand

auf den Namen Askrinos hört?

PYGMALION (noch immer den Steinblock betrachtend).

Das dürft Ihr.

Wie habt Ihr's erfahren?

OSTREOS. Ihr habt es selbst mir erst erzählt.

PYGMALION (den Zeigefinger auf die Lippen legend).

So, hab ich das?

Ich hab zur Zeit so viel um meine Ohren,

ich bin schon ganz nervös

und schlafe immer schlecht.

OSTREOS. Tut mir leid,

das zu hören, Hoheit.

PYGMALION (sein Blick verliert sich).

Soso ...

Tut es das, ja?

(Einen Moment lang sagt keiner der beiden etwas. Kurz darauf hallen Schritte hinter der Tür zum Thronsaal.)

Ah, da ist er schon.

Die Türflügel schwingen auf. ASKRINOS DER FREIE betritt den Saal.

ASKRINOS. Zeus zum Gruße, Hoheit!

(Er geht zu einem Tisch mit einer Karaffe darauf und schenkt sich ein.)

PYGMALION (ihn ignorierend).

(Er schweigt.)

OSTREOS (den Askrinos betrachtend).

(Er schweigt.)

ASKRINOS (den Ostreos musternd).

Was hat's den beiden hier

die Sprache so verschlagen?

(Er nimmt einen tiefen Zug aus seinem Becher.)

OSTREOS. So lang es ihm noch schmeckt ...

ASKRINOS (sich mit dem Handrücken den Mund abwischend).

Wenigstens das.

Was blicken sie so finster drein

an diesem schönen Tage?

OSTREOS. Vielleicht hat's mit Verschwörungen zu tun,

die er so fleißig aufgedeckt

- oder auch nicht.

ASKRINOS (den Becher abstellend).

Daher weht das Lüftchen ...

Ist er etwa neidisch,

dass der König mich

statt seiner hier bedachte,

die Verschwörer aufzuspüren?

OSTREOS. Mitnichten.

Wen haben Eure Quellen uns

als Schuldigen verraten?

ASKRINOS. Niemanden,

weil's keinen gibt,

den sie benennen könnten.

Und dafür verlangen sie dann auch noch Gold,

die hoffnungslosen Laffen.

Ein funkelnd, kleines Säckchen,

grad genug, sich zu berauschen

und danach noch auszuschlafen

in der allerbesten Kammer.

Ein Vermögen für den Mann,

der sich all Tage plagt,

um sich ein Scherflein abzusparen

von dem leeren Maule.

Die Wirte werden sich freuen,

einen Becher auszuschenken an den Edlen,

welchen des Askrinos Münze fand.

Jedoch: Was kümmert's uns?

Die Stadt ist sicher.

Und noch viel wichtiger:

Euer Hoheit brauchen sich

keine Sorgen mehr zu machen.

Keine Dolche in der Nacht,

die hinter Eurem Rücken funkeln

und Euch dann heimlich grob durchbohren.

PYGMALION (seinen Steinblock betrachtend).

Keine Dolche ...

So hoffen wir's ...

ASKRINOS. Ihr glaubt mir etwa nicht?

PYGMALION. Ich weiß es nicht.

Kann ich Euch trauen?

Ein König hat so viele Feinde

und nicht alle zeigen sich.

ASKRINOS. Dieser Feind bestimmt nicht,

gibt es ihn doch nicht.

PYGMALION. Das sagt Ihr.

Doch wer sagt mir,

dass Ihr ihn gefunden hättet,

sollt er existieren?

ASKRINOS. Ihr zweifelt an der Kompetenz?

PYGMALION. Ganz richtig.

ASKRINOS (ein Münzbeutelchen hervorholend und damit klimpernd).

Was braucht es mehr an Kompetenz,

als mit dem funkelnd Münzstück

vor verhungert Aug' zu funkeln?

PYGMALION. Wenn Ihr glaubt,

sämtliche Probleme

durch Euer Geld lösen zu können,

so muss ich Euch enttäuschen:

Auch die Kammern Eures Königs sind gefüllt,

doch kalter Hass lässt sich nicht kaufen.

Hassen sie Euch mehr als ihren Tod,

ist's um Euch geschehen.

Ihr wäret nicht der erste reiche Mann,

und auch nicht der letzte,

der dies am eignen Leib erfährt.

ASKRINOS. Dann sagt mir,

was ich tun muss,

um Euch fest zu überzeugen.

PYGMALION. Bringt mir Köpfe,

dann will ich Euch glauben.

(Er lässt Hammer und Meißel zu Boden fallen.)

Ich fühle mich ermattet,

bringt mich auf die Kammer.

(Ein Bediensteter eilt herbei und führt ihn durch eine Seitentür. Pygmalion ab.)

ASKRINOS (seinen Becher ergreifend und einen großen Schluck nehmend).

Köpfe!

Wie soll man es vollbringen,

wenn's keine Köpfe abzuschlagen gibt?

OSTREOS (den Askrinos betrachtend).

(Er schweigt.)

ASKRINOS. Was ist?

Was kriegt Ihr's Maul nicht auf,

wo Ihr sonst so schwatzt und brabbelt,

als gäbe es kein Ende?

OSTREOS. Was habt Ihr denn erwartet,

von dem König heut zu hören?

ASKRINOS. Ein Lob,

ein Wort,

ein Dank vielleicht.

OSTREOS. Da muss ich Euch enttäuschen.

Pygmalion bezahlte Euch für Namen,

nicht für falsche Sicherheit.

ASKRINOS. Falsche Sicherheit?

Aber es gibt niemanden,

der dem König schaden will!

OSTREOS. Ich bitte Euch,

hört Euch nur mal reden!

Ein Regent,

der keine Dolch' im Rücken hat,

macht genauso etwas falsch

wie der erstochne.

Es kann nicht sein,

dass niemanden Ihr findet,

der Eurem König schaden will.

Ihr sucht nur nicht genug

und wollt es nicht begreifen.

ASKRINOS. Ich wurde ausgesandt,

um rauszufinden,

wer die Wachen unsres Königs meuchelt!

Und das hab ich getan!

Es gibt in Paphos keine Banden,

Mörder,

Meucheltöter,

die die Wachen niedermachten.

Und ich gestehe:

Das ist ja grad das Schlimme!

(Sein Blick verliert sich für einen Moment.)

OSTREOS. Ihr habt nichts herausgefunden?

Wirklich nichts?

ASKRINOS (kopfschüttelnd).

Wie ich ihm bereits sagte:

Man hatte mir nichts zu verraten,

obwohl ich gleich die besten Männer sandte.

OSTREOS. Dann ist es also wirklich so,

dass Monster durch die Straßen wandeln

und sich holn,

was sie begehrn.

ASKRINOS. Aber das kann doch gar nicht sein,

ich bitte Euch!

OSTREOS (in Gedanken versunken).

Ihr wisst nicht,

was ich weiß ...

ASKRINOS (den Ostreos eine Weile anstarrend).

Und wieder wird gesprochen von den Dingen,

die ich mir nicht zusammenreimen kann.

Was habt Ihr gesehen,

das Euch nicht mehr dran zweifeln lässt,

dass Monster in der Stadt umwandeln?

OSTREOS (ins Nichts starrend, als hätte er ihn nicht gehört).

Sucht weiter, Askrinos,

doch haltet Euch stets fern von dem,

was so abscheulich tötet.

ASKRINOS. Was sprecht Ihr stets in Rätseln

und sendet Schauer mir den Rücken runter?

(Er wendet sich zum Gehen.)

OSTREOS. Wartet!

Nur eines sollt Ihr wissen noch:

Heut Nacht gab's wieder Tote.

ASKRINOS. Tote?

Ich weiß.

Jedoch nur einen.

OSTREOS. Nur einer?

Nein.

Ich spreche von den Wachen,

die am Morgen man gefunden

mit aufgerissnen Kehlen,

zerfetzt trotz aller Rüstung,

besiegt trotz aller Waffen.

(Er mustert den Askrinos.)

So wisst Ihr wirklich nichts davon?

ASKRINOS (schulterzuckend).

Wie könnte ich?

Warum hat's der Regent mir nicht verraten,

als er mich nach den Resultaten meiner Suche fragte?

OSTREOS. Unser König traut Euch nicht.

ASKRINOS (noch immer mit dem Rücken zu ihm).

(Er verharrt einen kurzen Moment und verlässt den Raum durch die Türflügel. Askrinos ab.)

Wald vor den zerstörten Mauern der Stadt Paphos.

URANUS. THEMIS.

URANUS (den Waldboden absuchend).

Hier muss es gewesen sein,

wo wir im Gang verschwanden.

Doch find ich nichts,

nicht einmal die ...

(Er verharrt einen Moment lang.)

Hier ist es!

THEMIS (aus einiger Entfernung zu ihm herübersehend).

Dort ist was?

URANUS. Die Wurzel.

(Er tritt auf etwas am Boden. In der Böschung vor ihm öffnet sich eine Luke.)

Hier hat Pan uns abserviert,

als er uns in das Dunkel neckte.

(Er sieht sich um.)

Wo ist er, dieser Schuft?

THEMIS (zu ihm herüberkommend).

Jedenfalls nicht hier,

so wie ich's sehe.

(Sie lauscht einen Moment.)

Und auch vom Flötenspiel

ist nichts mehr zu vernehmen.

URANUS. Er wird wieder bei Kronos sein,

diesem Krummen.

THEMIS. Suchen wir weiter,

eh wir noch mehr an Zeit verdaddeln

auf der Suche nach der Rache

an dem Bocksmann.

URANUS (flüsternd zu sich selbst).

Wie gern hätt ich ...

(Themis geht zu einer zugewachsenen Steinskulptur hinüber.)

THEMIS. Und hier steht noch der Bestienmann.

Aus Stein, wie wir ihn fanden,

und kann sich nicht mehr rühren.

URANUS. Hoffen wir,

dass es so bleibt.

Wenn ich den Himmel mir betrachte ...

(Er reckt den Kopf nach oben.)

Es dräut die Nacht bereits am Firmamente,

drum heißt es,

schnell die Gaia finden.

(An die Themis gewandt:)

Kann sie nicht in die Zukunft sehn

und uns sagen,

wo wir sie finden werden?

THEMIS. Die Zukunft ist hier tot

und will mir nicht erscheinen.

Kein Wunder,

bei den ganzen Dingen,

die ich im Rücken mir vermute.

(Dem Uranus zuflüsternd:)

Ich glaube fast,

dass man uns hier beobachtet.

URANUS (zurückflüsternd).

Sie glaubt,

der Pan hockt in den Bäumen?

THEMIS. Ich will es nicht ausschließen,

vielleicht ist's auch was anderes ...

URANUS. Was anderes?

Eine weitere Partei,

die diesen Wald für sich beansprucht?

THEMIS. Nur eine Vermutung ...

(Sie sucht die Gegend um sich herum nach etwas Verdächtigem ab.)

URANUS. Ich finde und ich sehe nichts.

THEMIS. Ich fühl es mehr als noch zuvor,

doch sehe auch ich nichts.

URANUS. Dann lasse sie uns weiterhin

die Spur verfolgen,

die uns zu der Gaia führt.

Wir wollen dabei achten

nur auf unsre Rücken,

auf dass nichts uns von hinten

tötend schlimm bestürmt.

THEMIS (noch immer zwischen den Bäumen suchend).

So wollen wir es tun,

geh er nur schon voran.

(Der Uranus mustert sie eine Weile. Schließlich setzt er seine Suche fort, während Themis weiterhin zwischen den Bäumen nach einer verdächtigen Bewegung sucht.)

URANUS (sich vor einer Böschung bückend).

Ich glaub, die Spur,

sie endet hier.

Hier hinter muss es sein,

wo Gaia und der Perdix und der wahre Ikas

schnell verschwanden,

als der Stein-Ikas sie jagte.

Man müsst es nur zu öffnen wissen ...

(Er sucht die Gegend nach einem verborgenen Mechanismus ab.)

THEMIS (aus einiger Distanz).

So wenn er keine Wurzel findet,

suche er nach etwas anderem.

Einem Stein vielleicht,

einem Ast,

einem Strauch,

überall könnt's sein,

das, was den Weg uns öffnet.

URANUS (sich bückend).

Ah, da ist etwas:

Ein Stein, ganz frei von Moos

im Gegensatz zu all den anderen.

(Er tritt mit dem Fuß dagegen. Im selben Moment öffnet sich ein Loch im Boden.)

Und auch so einfach zu bedienen.

Kein Wunder, konnt der Perdix flüchten

mit dem echten Ikas auf den Armen,

hat er im Vorübergehen

den Stein schlicht angestoßen.

(Auf das Loch zeigend:)

Komme sie,

hier liegt unser Weg.

THEMIS (sich noch eine Weile umsehend).

Was immer uns belauscht und lauert,

soll wissen, dass wir es hier spürten.

(In den Wald gewandt:)

Wag's bloß nicht,

uns zu folgen,

solltest du in finstrer Absicht handeln.

Wir werden uns sonst furchtbar rächen.

Doch solltest du

auf unsre Seit dich schlagen wollen,

so trete nur hervor und zeige dich,

und hast nichts Schlimmes hier

von uns zu fürchten.

(Sie beobachtet die Bäume.)

URANUS (ihr zurufend).

Kommt sie noch oder will sie ewig warten,

bis die Bäume sich zu rühren wagen?

Bedenke sie den Stein-Koloss,

der neben ihr so stumme schlummert.

THEMIS (einen letzten Blick zwischen die Bäume werfend).

So zeigt sich's nicht,

was immer's ist.

Ich gebe auf,

doch will den Rücken mir gut decken.

(Sie wendet sich zum Gehen und hält auf den Uranus zu.)

URANUS. Was hat's so lang gedauert,

bis sie zum Gehen sich entschied?

Hat sie was entdecken können

oder war's nur Zeitverschwendung?

THEMIS. Irgendwas war da

und ist es noch.

Für diese Überzeugung würd ich töten.

(Nickend:)

Ich spüre es, der Wald hat Augen.

Und sie sind nicht des Panes ...

URANUS. Eine neue Macht

oder Gestalt?

THEMIS. Irgendwas Großes schlummert hier,

ich weiß nicht mal,

wo ich es suchen soll.

Ob in der Luft in Baumeskronen,

auf der Erde leichten Schrittes wohlbemoost

oder im Grunde, wo es knorrend und umborkt

auf seine neuen Opfer wartet.

URANUS. So denkt sie wirklich,

dass sich's um etwas Böses handelt?

THEMIS. Ich weiß es nicht.

Was hält es sich verborgen

und zeigt sich nicht,

als ich es darum bat?

URANUS. Wie's auch sei.

Los, gehen wir,

die Tiefe hier erwartet uns.

(Er zeigt in den Gang hinter dem Loch. Eine stark abfallende Schräge liegt dahinter und führt tiefer in das Erdreich.)

THEMIS. Wie's aussieht,

können wir hinunterrutschen.

URANUS. Irgendwelche letzten Worte?

THEMIS. Wieso?

Ist's der Tod, der darin haust?

URANUS. Wer weiß?

Wir werden's bald erfahren.

THEMIS. So geh er vor,

ich lass ihm gern den Vortritt.

(Sie verneigt sich gekünstelt.)

URANUS. Wie sie meint.

Eher kommen wir hier doch nicht fort.

So stürze ich mich todesmutig in das Dunkel,

das hier aus diesem Boden klafft.

(Er springt in das Loch und rutscht hinunter. Uranus ab.)

THEMIS (schulterzuckend).

Was bleibt mir andres übrig?

(Sie springt hinterher und rutscht in die Finsternis. Im selben Moment schließt sich die Luke und lässt den Waldboden aussehen, als wäre nichts geschehen. Themis ab.)

Finsternis.

URANUS. THEMIS. Beide gleiten schnell hinunter in die Dunkelheit.

URANUS (rutschend und zu der Themis hochrufend. Wurzeln und Äste rasen peitschend an ihm vorbei).

Ich hoffe, sie ist hinter mir

und hat den Weg hinab gefunden!

(Etwas peitscht ihm durchs Gesicht.)

Au! Vermaledeit!

Ich hoff, es war das letzte Mal,

die Striemen brennen mir schon auf den Wangen.

THEMIS (rutschend und in die Finsternis unter sich rufend).

Mache er sich keine Sorgen!

Ich schieße hinter ihm schon her,

auch wenn ich ihn nicht sehe!

URANUS (von vorbeirasenden Wurzeln gepeinigt).

Fühlt sie sich so schlimm gequält wie ich?

Ich durchrase kaum 'nen Meter,

ohne dass mich etwas peitscht!

THEMIS. Von peitschend Wurzeln keine Spur,

er scheint sie alle vor mir zu entschärfen!

URANUS. Ich hoff,

sie weiß es gut zu schätzen!

THEMIS. Mein Dank,

er gilt dem alten Herrn!

URANUS. Das will ich auch ...

(Er gerät in freien Fall.)

Was beim ...

(Er schlägt dumpf auf.)

Umpf!

THEMIS. Was hat ...

(Sie fällt ...)

(... und schlägt ebenfalls auf. Wenn auch etwas weicher.)

Uff!

Nanu,

was liegt dort unter mir?

(Sie betastet etwas unter sich.)

URANUS. Der Himmel selbst ist's.

Wer sonst soll's sein,

der ihren Sturz so weich hier bremste

und desto mehr an Schmerzen leidet?

THEMIS. Es gebührt ihm wohl mein Dank.

Wenn's ihn tröstet:

Der Sturz war trotzdem nicht sehr angenehm.

Ich leide mit ihm.

URANUS. Ihr Mitleid hier in allen Ehren,

doch bitte gehe sie von mir herunter.

Einen besseren Gefallen gibt es nicht.

THEMIS (von ihm herunterrollend).

Verzeiht,

ich musste erst ermitteln,

wo oben und wo unten ist.

Ich glaub,

ich hab's herausgefunden.

(Sie rappelt sich auf. Um sie herum ist alles schwarz.)

URANUS (sich aufrappelnd).

Jetzt bin fast ich's,

der sich bedanken muss dafür,

dass sie die Last von mir genommen.

THEMIS. Heb er den Dank sich nur für später auf,

es gilt, die Finsternis zu meistern.

(Kaltes Entsetzen mischt sich in ihre Stimme.)

Schnell, bevor ich den Verstand verlier!

URANUS. Ist's etwa wieder schon so weit?

Beim letzten Mal schafft' sie noch ein paar Meter,

ehe sie in Angst verfiel.

THEMIS. Ja, das war beim letzten Mal.

Doch hab ich diesen Schock

noch immer nicht verwunden.

Gib er mir die Hand und untersteh sich,

mit dem Reden aufzuhören.

So kann ich's überleben.

URANUS. Mache sie sich nicht verrückter,

als sie ist,

es ist noch kaum ein Mensch

vor Angst gestorben.

THEMIS. Ein Mensch vielleicht nicht,

aber eine Titanin:

Mit großer Macht rast schon heran

die lebensdrohend Schreckvision.

Schnell voran,

ich halt's kaum aus!

URANUS. Wenn ich den Raume hier betaste,

so scheint es mir,

als ob's nur eine Richtung gibt.

THEMIS. Das kann jetzt gut oder schlecht sein.

URANUS. Es nimmt uns ab die Qual der Wahl.

(Er schlägt eine Richtung ein und zieht Themis mit sich.)

Auf,

nur schnell hier diesen Weg voran!

THEMIS. Rede er mit mir,

ich seh schon die Gesichte.

(Schildwälle kommen ihr entgegen, sie rennt hindurch. Geistspeere fliegen über ihren Kopf hinweg, rasen auf sie zu und durch sie hindurch. Von allen Seiten rast das Geschrei kämpfender und sterbender Männer auf sie zu. Das Einzige, was sie an die wahre Welt erinnert, ist der feste Griff des Uranus und das Gefühl, unaufhaltsam durch die Todesvisionen gezogen zu werden. Uranus bekommt von alledem nichts mit.)

Was wird's mir übel,

wie er mich durch die Bilder zieht!

URANUS. Fast hab ich das Gefühl,

die Hand wird kälter,

die ich so fest umschließe.

THEMIS. Eile er sich,

mir schwinden schon die Knie.

(Ihre Schritte werden wackliger und wackliger.)

URANUS. Jetzt spür ich sie schon torkeln.

Soll ich sie nehmen auf die Arme?

(Die verzerrte Fratze des Kronos fliegt auf sie zu. Er lacht. Ein schwarzer Koloss erhebt sich über ein Heer aus Köpfen und trampelt alles nieder. Die Riesengestalt der Gaia stellt sich ihm entgegen und fällt schließlich – unsichtbar getroffen – zu Boden. Uranus steht auf einem Berge und breitet die Arme aus. Sturm und Regen gehen auf ein Heer aus Dämonen nieder, ebben ab, als ein riesiger Speer den Protogenos durchbohrt.)

THEMIS (schwankend).

Sie ...

Sie ...

Sie gehen alle unter ...

(Sie fällt.)

URANUS (sie auffangend).

Diese hier geht keinen Meter mehr,

so komme sie auf meine Arme,

damit ich trage sie von dannen.

(Er sieht sich im Dunkel um.)

Keinen Meter weit kann ich hier was erkennen,

was gäb ich für die Fertigkeit,

im Dunkeln gut zu sehen!

Doch hilft hier alles Jammern nicht,

ich muss den Weg vollenden.

Hoffen wir,

dass ich nicht in die Falle laufe!

(Er tastet sich - so gut es ihm mit der Themis auf den Armen möglich ist - an der Wand entlang.)

Es kann nicht allzu weit mehr sein,

wenn Perdix hier die Gaia führte

durch die Finsternis

und hatte noch den Ikas auf den Armen.

(Er stößt gegen eine Wand.)

Nanu?

Hab ich das Ende schon erreicht,

wo ich soeben erst von sprach?

(Er betastet die vor ihm liegende Wand.)

Ist's etwa nur 'ne Biegung,

um die herum ich muss mich winden?

Verzeih sie mir,

sonst geht's nicht weiter.

(Er legt die Themis vor sich ab.)

(Die Wände weiter befühlend:)

Nein, nichts dergleichen.

Der Gang, er hört hier einfach auf,

als wär das Ende eines Stollens hier erreicht.

(Er überlegt einen Moment lang.)

Doch wenn ich's recht bedenke,

so kann's nur eins bedeuten:

Hier irgendwo ist ein verborgner Mechanismus.

Jetzt gilt's noch, ihn herauszufinden.

So suche ich nach Wurzel und nach Steine,

irgendwas, das ich kann rühren.

(Er sucht die Umgebung nach irgendetwas zum Bewegen ab.)

Ich gebe auf, ich finde nichts,

so bleibt mir nur noch grob Gewalt.

Hoffen wir,

dass unser Perdix ist zu Haus!

(Er holt aus und schlägt mehrmals mit der Faust gegen die Wand aus Erde. Seine Schläge bringen den Gang zum Erzittern.)

Zwecklos scheint's,

wo kräftig Schläge hier versanden

in der Finsternis

und zeigen schlicht so gut wie keine Wirkung.

Hier ist wohl der ganz' Titan gefragt.

(Er macht ein paar Schritte zurück.)

Dann werfe ich mit voller Macht

mich selber halt entgegen

in der festen Absicht,

diesen Weg zu öffnen.

Voran!

(Er stürmt los und wirft sich gegen die Wand. Der harte Aufprall wirft ihn zurück.)

Was schmerzt und sticht's mich in der Schulter!

Welch Narretei ich hier beging!

Sich hinzuschmeißen voller Kraft

und von der Wand zurückgeworfen ...

Uranus, du tumber Narr!

So half Gewalt nicht weiter,

will mit Rufen ich's versuchen

in der Hoffnung,

vom Perdix hinter dieser Wand

gehört zu werden.

(Er legt die offenen Hände um den Mund.)

Perdix!

Perdix!

Öffne mir!

Dein Freund,

der Uranus,

ist hier!

Und bei ihm liegt die Themis!

Perdix!

Perdix!

(Er verharrt und lauscht eine Weile in Richtung der Wand.)

Hm, wie lange soll ich warten,

wo sich hier nichts regt?

(Er verharrt einen weiteren Moment und lauscht.)

Fast glaube ich, ich sollte gehn.

Wer weiß schon,

was dahinter schlummert,

insofern ich meine Zeit nicht sowieso

mit Anrufung verschwende ...

Ich sollte gehn.

Die Themis,

sie kommt mit mir.

(Er bückt sich und hebt die Themis vom Boden auf.)

Verschwinden wir von hier,

eh wir noch ewig warten.

Ich hoffe nur,

der Aufstieg durch das Loch

ist nicht so schlimm,

wie's schnelle Rutschen dort vermuten lässt.

(Er wendet sich zum Gehen und macht ein paar Schritte in die Finsternis, aus der er kam.)

(Etwas knackt hinter ihm.)

(Herumfahrend:)

Ein Knacken hier in dieser Stille,

wo alles lag so ruhig?

Was kann das bedeuten?

(Er starrt eine Weile in die Finsternis.)

Ich sehe nichts und hab doch das Gefühl,

nicht mehr hier allein zu sein.

FREMDE STIMME. Folgt mir,

wenn Ihr leben wollt.

URANUS (zusammenfahrend).

Kerl,

was habt Ihr mich erschrocken!

Natürlich will ich leben

und die andre noch viel mehr.

So folgen wir,

geht nur voran,

zu gern möcht ich den Retter sehn.

FREMDE STIMME. Wer sagt,

dass ich Euch rette?

Vielleicht ist's nur 'ne Falle,

in die ich Euch hier locke.

URANUS. Ihr hättet mich schon längst getötet,

wenn dieses Eure Absicht wär.

So führt uns hier hinaus,

genug von der Komödie!

FREMDE STIMME. Was spricht er keck in seiner Lage,

wo die Klinge vielleicht längst

auf ihn gerichtet ist?

URANUS. Bei dem, was ich hab überlebt,

wär's wohl die blanke Ironie,

mich hier so einfach abzustechen.

Führt uns fort,

das Weib ist schwer.

FREMDE STIMME. Immer meinen Worten nach

und bald sollt Licht Ihr finden.

(Uranus folgt der sich entfernenden Stimme. Nach einigen Metern stößt er auf einen schwachen Lichtschimmer.)

URANUS (sich umsehend).

Was für ein schwaches Licht ...

So schwach,

dass ich erst jetzt hier merke,

dass ich mich schon

'ne ganze Weile drin bewege.

Was ist dies, Zauberei?

FREMDE STIMME. Ganz einfach:

Schlichte Wissenschaft.

Wer ewig forscht,

der findet viel heraus.

URANUS. Dann müsst Ihr wohl der Perdix sein,

von dem ich so viel hörte.

Wo ist unsre Gaia?

FREMDE STIMME. In Sicherheit.

Und ja: Ich bin's.

Wenn Ihr mir bitte folgen möget.

(Sein schwarzer Schemen geht voran.)

URANUS. So geht voran,

ich folge.

(Er geht ihm hinterher. Nach wenigen Metern bleiben sie stehen.)

PERDIX. Ich rate ihm, die Augen zu bedecken,

sonst wird's ihm übel widerfahren.

URANUS (einen Arm über die Augen legend).

Beeil er sich mit dem,

was immer er auch vorhat,

eh die Getragne mir zu Boden sinkt.

(Der Perdix reißt eine verborgene Tür auf. Grelles Licht flutet den Raum.)

PERDIX. Jetzt kann er versuchen,

den Arm von seinem Blick zu nehmen.

(Uranus nimmt den Arm weg. Als er sich umsieht, befindet er sich in einer riesigen, hell erleuchteten Halle.)

Hallen des Perdix.

PERDIX. URANUS, die noch immer bewusstlose THEMIS auf Armen tragend. Einige AMAZONEN in voller Rüstung und in Waffen halten sich im Hintergrund auf.

URANUS (sich umsehend).

Beim Tartarus!

Was verbirgt sich so verheimlicht

unter Paphos' Erde?

PERDIX. Nur mein winziges persönliches Labor

und ein paar letzte Weiber dieser Stadt.

URANUS. Es sind Amazonen,

wenn ich mich nicht täusche.

Was treibt ihr hier im Untergrund?

PERDIX. Forschen, Planen, Handeln.

Pygmalion ist eine Gefahr

und nicht zu unterschätzen.

Wie er ein jedes Weib verbannte,

gab's keine andre Möglichkeit,

als sich im Untergrunde neu zu ordnen.

Vielleicht hat er die Köpfe

auf den Zinnen schon gesehen.

Das passiert mit denen,

die zu verstecken sich zu können glaubten

und trotzdem doch ergriffen wurden.

URANUS. Was treibt ihn an zu diesem Wahnsinn?

PERDIX. Habt Ihr die Dirnen vor der Stadt gesehn?

Ein jedes Weib,

das sich an unsren König wagt heran,

ist ihm ein unerträglich Dorn im Auge.

Er hat's nicht so mit Frauen

oder mit Gefühlen.

Stattdessen schlägt er stundenlang

an seinen Statuetten rum.

Stattdessen bringt er alles um,

mit dem er nichts zu schaffen weiß.

Es ist eine Tragödie.

(Er nickt in Richtung einer Liege.)

Legt sie dort hinüber.

URANUS (die Themis auf die Liege legend).

Eine seltsame Stadt ist das.

Und dann der Angriff dieses

riesenschwarz Kolosses ...

PERDIX. Es gibt noch andres schlimm Geheimnis,

das unsren König schwer umgibt.

URANUS. Und das wäre?

PERDIX. Die Statuen werden nachts lebendig

und machen sich dann auf die Suche

nach dem Or'ginal, um es zu töten.

URANUS. Lebendig?

Wie soll das möglich sein?

PERDIX. Niemand weiß es

und auch ich hab's noch nicht rausgefunden.

Es muss ein Fluch auf unsrem König liegen,

anders ist es mir nicht zu erklären.

URANUS. Woher könnt dieser Fluch nur stammen?

PERDIX. Ich hoffte,

Ihr könntet es mir sagen.

Als Protogenos ...

URANUS. Ich fürchte nicht.

Er muss mit Göttern

oder einem niederen Dämonen

es sich schlimm verdorben haben.

Zu schade,

dass die Götter größtenteils

im Bauch des krummen Kronos harren.

PERDIX. Wie meint er?

URANUS. Der Kronos.

Er hat die Kroniden allesamt verschlungen.

Zumindest die,

derer er habhaft werden konnte.

Der Einzige,

den er noch nicht verschlungen,

ist im Moment der Hades.

(Er macht eine Pause, wird nachdenklich.)

Und auch dieser ist nicht mehr derselbe.

PERDIX. Was ist dem Hades widerfahren,

dass er so traurig sinnend Euch hier macht?

URANUS. Hat er es nicht gesehen an der Mauer,

als mit dem Nekromantengriffe

er den Kolosse nahm aufs Korn

und sich anschließend dann verwandelte?

PERDIX. Ich fürchte nicht.

Ich kam erst später neu hinzu.

URANUS. Die verdorbne Kraft des Kampfkolosses

ging auf unsren Hades über.

Danach war er verwandelt und verändert.

Größer, stärker, böser, finstrer,

ich finde kaum die rechten Worte.

Und plötzlich war er gegen uns

und wollt uns alle töten.

Wir wären allesamt vergangen,

hätt ein Mob uns nicht gerettet.

PERDIX. Ein Mob hat euch gerettet?

Wie soll das möglich sein,

dass selbst Titanen sich nicht retten können

vor derart üblen Gottgewalten?

URANUS. Es half alleine grob Gewalt,

den Hades dort zu Fall zu bringen.

Wir alleine hätten es

durch unsre Kräfte kaum vermocht.

Ein paar Lanzen fällten ihn,

gut geschmissen von präziser Hand.

Und dann kam dieses Steingetüm.

PERDIX. Ich hab's gesehen:

Es griff just an, als ich erschien.

URANUS. Und habt Euch vor ihm retten können.

An uns lief es vorbei, als ich grad fürchtete,

es würd uns gleich ergreifen.

PERDIX. Sonst stündet Ihr nicht hier vor mir.

Doch wollen wir uns erst um Themis kümmern,

eh wir die weitren Schritt' beraten.

URANUS. Die weiteren Schritte?

Bringt mich nur zu Gaia,

dann wollen wir's besprechen.

PERDIX (eine der Amazonen herbeiwinkend).

So gehen wir,

Echnixa wird sich um sie kümmern.

Die Amazone ECHNIXA tritt an die Themis heran.

ECHNIXA (die Themis betrachtend).

Gehet nur,

ich will sie gleich versorgen.

PERDIX (dem Uranus winkend zu folgen).

Kommt,

zur Mutter geht es hier entlang.

(Sie wenden sich zum Gehen. Perdix, Uranus ab.)

Anderer Teil des unterirdischen Labors.

PERDIX. URANUS. Die auf einem Felsen kauernde GAIA. Der auf einer Bank liegende und bewusstlose BESTIEN-IKAS.

URANUS (die Gaia erblickend und auf sie zustürzend).

Die Gattin!

Ich hoffe,

sie ist unversehrt.

(Er legt seine Arme um sie.)

GAIA. So gut, als wie man's sein kann

nach der anstrengenden Flucht.

Was rumort's mir nur im Ranzen!

(Ihr Bauch deformiert sich, sie legt eine Hand darauf.)

Fast glaub ich,

die Hekatoncheiren in mir

erneut brülln zu hören.

URANUS (sanft eine Hand auf ihren Bauch legend).

So befühle ich die Ausgeburt,

die ich ihr selbst einpflanzte.

(Einen Moment lang schweigen sie beide.)

Wie sehr ich's doch bereue ...

GAIA. Das hätte er sich früher überlegen müssen.

URANUS (eine Weile den Bauch betrachtend, dann in Richtung des Bestien-Ikas blickend).

Wie steht's mit dem?

Ist er wirklich gar so tot,

wie er mir hier erscheint?

PERDIX (zwei Finger an das Handgelenk des Bestien-Ikas legend).

Sein Puls ist da,

wenn auch nur schwach.

Ein Wunder,

dass er überhaupt noch lebt,

nachdem der Riesenkoloss

ihn so furchtbar gegen diese Mauer schmetterte.

URANUS. Ihr habt's gesehen?

PERDIX. Es war das Erste,

was ich sah,

als ich die Stadtmauern erreichte.

Es hat mir fast den Magen umgedreht.

Was hab ich ihn gewarnt,

bevor er losschlug,

doch wollt er sich nicht bremsen lassen.

(Er nickt einer der umstehenden Amazonen zu. Diese verschwindet und kehrt wenig später mit einer Schüssel heißen Wassers und einigen frischen Lappen zurück. Perdix tunkt einen Lappen ein, wringt ihn aus und wischt damit dem Ikas über die Stirn. Im selben Moment schnappen die Nattern am Haupt des Bestien-Ikas nach ihm.)

(Die Hand zurückziehend:)

Nanu!

Jetzt hätt's mich fast erwischt!

BESTIEN-IKAS (langsam die Augen öffnend).

So leb ich noch ...

und wünschte mir den Tod ...

wie ich mich fühl ...

so ...

so ganz zerschmettert ...

und am Boden ...

(Er stößt ein leises Stöhnen aus.)

Das Wasser an der Stirn,

es läuft herab und fühlt sich an,

als wär's aus Gletschereis ...

PERDIX (den Lappen in die Schüssel zurücklegend).

Es ist so heiß und dampfend,

'nen andren tät's verbrühen.

Das muss ein Fieber sein,

welches hier in diesem brütet

und jeden andren hätt versengt.

BESTIEN-IKAS (die Augen wieder schließend).

Nur Schmerz und Last ich grad empfind,

als ging's mit mir zu Ende ...

(Im nächsten Moment rührt er sich nicht mehr.)

PERDIX (den Lappen erneut auswringend).

Das überlasse er nur uns.

Vergesse er nur stets das Atmen nicht.

(Er legt dem Bestien-Ikas den Lappen auf die Stirn.)

URANUS (mit Sorgenfalten).

Wenn ich ihn mir betrachte,

bin ich - so fürcht ich - skeptisch.

Wie soll er jemals wieder

je zu Kräften kommen,

zerschmettert,

wie er vor uns liegt?

GAIA (nicht minder besorgt).

Das überlasse er der Zeit.

Der Ikas soll bekommen,

so viel er nur benötigt,

bis er ist wieder regen'riert.

(Ihr Blick ruht noch eine Weile auf dem Bestien-Ikas.)

PERDIX (an den Ikas gewandt).

So denkt er nicht,

ist jetzt der best' Moment,

die Rolle mir zu übergeben,

falls er die Augen nicht mehr öffnet?

GAIA. Was ist er gierig und so ohne Pietät!

Er sollte sich was schämen!

PERDIX. So hat sie eine bessere Idee?

Was, wenn dieser nicht mehr aufwacht?

GAIA (den Perdix mit finsterem Blick betrachtend).

(Sie schweigt.)

PERDIX (ihren Blick erwidernd).

(Er schweigt.)

(Ein Röcheln ertönt. Unregelmäßig.)

BESTIEN-IKAS (lächelnd und mit geschlossenen Augen).

Such er nur meinen Leichnam ab,

wie könnt ich ihn dran hindern?

Nur finden ...

finden wird er nichts an mir,

das ihn mit neuer Hoffnung segnet.

(Sein Lächeln wird noch etwas breiter. Im nächsten Moment liegt er wieder da wie tot.)

PERDIX (mit ungläubigem Blick).

Was will er damit sagen?

(Er beugt sich über den Ikas.)

He!

So antwortet!

(Er packt ihn am Schlafittchen.)

Rührt Euch!

(Die Nattern erheben sich zischend und schnappen nach ihm.)

Au!

Jetzt hatt's mich doch erwischt.

(Er nimmt die Hand zwischen die Lippen, saugt daran.)

URANUS. Hoffen wir,

dass es nicht giftig war.

Der Ikas wär Verlust genug.

PERDIX (in seinen Mantel greifend und eine Phiole hervorholend).

(Er zieht den Korken ab und stürzt die klare Flüssigkeit in einem runter.)

Damit sollt's erledigt sein,

wenn's Vieh war überhaupt voll Gifte.

(Er schmeißt die Phiole von sich.)

GAIA (den Bestien-Ikas betrachtend).

Er hat sie nicht mehr bei sich.

Wir hätten es uns denken müssen.

PERDIX (an den Ikas gewandt).

Ihr hattet mir versprochen,

nach dem Fluge

würdet Ihr sie geben mir.

Und dass ich hoffen sollte,

dass Ihr kehrt alsbald zurück

ganz unversehrt.

BESTIEN-IKAS (ohne sich zu rühren und mit schwacher Stimme).

Schon da hatt ich sie nicht bei mir ...

PERDIX. Das heißt ...

BESTIEN-IKAS. Pygmalion hat sie, denke ich ...

In der Schenke Thermodonion

wusst ich sie noch im Wams bei mir.

Als ich in Ketten schwer erwachte,

fand ich mich schon ganz ohne sie.

PERDIX (ihn anstarrend).

(Er wendet sich ab.)

URANUS (den Bestien-Ikas betrachtend).

(Er schweigt.)

GAIA. Dann müssen wir sie wiederholen.

Eine andre Lösung seh ich nicht.

Des Daedalus' Vermächtnis

kann den entscheidend Vorteil bringen.

Wenn's die Erfüllung seines Schaffens ist,

bedenkt, welch Macht darinnen schlummert.

PERDIX (sich in einen Stuhl fallen lassend).

Zweifellos ...

(Er wirft die Hände hinter dem Kopf zusammen.)

Ich wünscht, es wäre anders ...

GAIA (sich aufrappelnd).

Drum auf,

eh wir noch mehr an Zeit verlieren,

die wir hier kaum besitzen.

URANUS (ihr zur Hand gehend).

Bleibe sie nur sitzen!

Sie hat sich noch zu schonen!

GAIA (abwinkend).

Einen Teufel hab ich!

Helft mir gefälligst hoch, mein Gatte!

Die Amazone ECHNIXA betritt den Saal.

ECHNIXA (an den Perdix gewandt).

Die Themis ist so grad erwacht.

Es scheint ihr nichts zu fehlen.

PERDIX (ihr zunickend).

(Er schweigt.)

GAIA. Seht ihr?

Darum sollten wir uns kümmern.

Meine Themis ...

Helft mir gefälligst alle drei,

schließlich wucht ich hier 'nen Wanst herum,

der seinen Namen wohl verdient.

(Auch Echnixa und Perdix gehen der Gaia zur Hand.)

Ich danke euch!

So führt mich in den Nebenraum,

dass Themis ich erblicke.

(Sie verlassen den Raum durch die Tür ins Nebenzimmer. Gaia, Uranus, Perdix, Echnixa ab.)

Anderer Teil des unterirdischen Labors.

Die Amazone ECHNIXA, die GAIA stützend. PERDIX. URANUS. Die auf einer Liege sitzende THEMIS.

THEMIS (sich den Kopf haltend).

So waren's wieder wirr Visionen,

die mir's Bewusstsein wieder raubten.

GAIA (ihr die Hand reichend).

Was habt Ihr gesehen, Kind?

THEMIS. Nichts, worüber's sich zu schwätzen lohnt.

Waren's doch wie jedes Mal

der Übel nur der schlimmsten.

Was hat es hier Bewandtnis,

von der Zukunft keck zu fabulieren,

wenn die Bilder doch nie zeigen,

was geschieht und was passiert?

Es sind Gesichte, mehr nicht:

Sie können wahr sein,

sie können's unterlassen.

GAIA (die Hand der Themis tätschelnd).

Lasst gut sein, Kind.

Erholt Euch nur recht schnell.

THEMIS. Ich bin erholt so gut als möglich.

PERDIX. Sie kann die Zukunft sehen?

Dazu besitzt sie doch's Orakel,

dachte ich.

GAIA. Die Themis braucht's nicht wirklich,

nur sagt dies niemand' weiter.

Das Becken selbst ist nur Ergänzung.

Ihr versteht schon:

Damit es nach was aussieht,

wenn Themis ihre Worte spricht.

So ein bisschen Hokuspokus

hat noch niemandem geschadet.

Hauptsach ist, 's sieht stets nach was aus,

wenn Götter und Titanen handeln.

(Sie schenkt dem Perdix ein aufgesetztes Lächeln.)

PERDIX (zu sich selbst).

Wir Narren ...

THEMIS. Wie geht's dem Ikas Bestienmann?

Ich seh die Mutter Gaia,

doch Bestien-Ikas seh ich nicht.

GAIA. Er lebt, mein Kind.

Allein das zählt.

THEMIS (mit Besorgnis im Blick).

Steht's gar so schlimm um ihn?

Mit einem Krachen springt die Tür auf. BESTIEN-IKAS kommt herein.

BESTIEN-IKAS (sich die Schulter reibend).

Ja, schlimm, gar schlimm,

so steht's um ihn.

Ich kann kaum an mich halten,

spür schon ganz schlimm Verlangen,

mich sogleich auf Kronos neu zu stürzen.

(Die Nattern auf seinem Haupte zischen, er stellt seine Dämonenschwingen auf. Eine von beiden richtet sich nur halb auf, sinkt mit einem Knacken herab und bleibt hängen.)

Hoppla ...

(An den Perdix gewandt:)

Kann den Kram er reparieren?

PERDIX (mit offenem Mund).

Ich denke schon.

Doch ist er wirklich schon so weit,

sich gleich zurück ins Kämpfen reinzustürzen?

Soeben lag er tot noch auf der Bahre

und hier steht er vor mir voll Tatendrang.

BESTIEN-IKAS (sich locker machend).

In der Tat,

das tue ich ...

GAIA (den Bestien-Ikas musternd).

Das muss die Regen'ration der Bestien sein,

die diesen hier so schnell belebt.

Wie's scheint, ist der Verbündete

noch mächtiger,

als ich zuvor es schon vermutet.

(Sie tritt näher an Bestien-Ikas heran.)

Seht mir in die Augen.

(Die Nattern beginnen zu zischen, als sie sich nähert.)

(Sie dreht den Kopf leicht nach links, leicht nach rechts. Der Blick des Ikas folgt ihr.)

Ein schwacher Schimmer liegt auf diesen Augen.

Fast fühl ich mich,

als blickt ich in Gorgonen-Augen.

(Sie wendet sich ab.)

Der Ikas bleibt hier,

der Perdix wird ihn flicken.

BESTIEN-IKAS (aufhorchend mit Zorn in den Augen).

Was?

PERDIX (aufhorchend).

Was?

GAIA. Das ist mein letztes Wort.

Der Rest mit mir,

es geht nach Paphos.

THEMIS. Auch ich?

GAIA. Auch Ihr.

THEMIS. Was haben wir in Paphos denn zu schaffen,

dass wir nicht warten können,

als bis der Ikas wieder auskuriert?

GAIA. Er trägt die Rolle nicht mehr bei sich, Kind.

Die Rolle unsres Daedalus.

Sie scheint mir hier in diesem Spiel zu wichtig,

als dass wir drauf verzichten könnten.

URANUS. So glaubt die Gattin wirklich,

Themis ist hier wichtiger denn Ikas?

GAIA. So glaubt die Gattin wirklich, ja.

Der Ikas ist uns nur von Nutzen,

wenn er wieder bei Kräften.

Die Bestie taugt fürs Grobe,

niemals nicht fürs Feine

- und es ist feines Werken nötig,

wo's gilt,

die Rolle aus der Burg zu holen.

Dazu ist sie zu unbeherrscht,

die Bestie,

wie er mir sicher eingesteht.

URANUS (den Ikas betrachtend und nickend).

Ich fürchte ja.

Tut mir leid.

BESTIEN-IKAS (dem Uranus einen finsteren Blick zuwerfend).

(Er schweigt.)

Titaneion Titanenschlacht - Episoda 3: Tartarusgetümmel

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