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In der Deutschen Nationalbibliothek

Es war im Sommer 2014. Frau H. war 99 Jahre alt. Als sie 84 war, kam ihr zweites Buch zur Zahlensymbolik heraus. Das erste, grundlegende, verfasste sie früher – nach jahrzehntelangen Vorarbeiten und individuellem Studium von griechischer und hebräischer Sprache, um die notwendigen Texte im Original lesen zu können. 1983 wurde das Buch veröffentlicht.

Bei einem unserer Gespräche im oben genannten Jahr äußerte sie den Wunsch, die neuere Literatur zu diesem Thema zur Kenntnis zu nehmen. Ihre These in beiden Büchern ist, dass es in den unterschiedlichsten Texten eine verschlüsselte Botschaft gibt, die immer gleich ist.

Grundlage dafür ist die Annahme, dass jeder Person bzw. bestimmten Personen Zahlenwerte zugeordnet werden können, die darauf basieren, dass die Schriftzeichen der griechischen und der hebräischen Sprache eine zweifache Bedeutung haben; eine als Lautzeichen und eine als Zahlzeichen.

Daraus entwickelte sie ihr System. Ich habe es noch nicht richtig verstanden. Jedenfalls ging es da um „Pythmenwerte“, „natürliche Zahlenwerte“, „die Wortbildzahl“ und „die Sarosperiode in Ilias, AT und NT“.

Alles sehr schwierig. Aber sie hatte dafür gelebt – zusätzlich zu ihren Aufgaben als Hausfrau und Mutter. Jetzt, im hohen Alter von fast 100, wollte sie sich über neue Entwicklungen informieren. Sie lebte – inzwischen verwitwet – in Preungesheim. Da konnte sie noch ganz gut laufen und wir verabredeten uns in „meiner“ Bibliothek – in der Deutschen Nationalbibliothek. Ich war dort über 25 Jahre tätig, bis 2003.

Pünktlich erschien sie zum verabredeten Termin. Sie wollte keinen Kaffee vorher trinken, sondern wir gingen gleich in den großen Lesesaal. Ich holte die zwölf Bücher, die ich für sie zu dem Thema bestellt hatte, ab. Dann setzten wir uns gleich an den ersten langen Tisch. Erwartungsvoll nahm sie das erste. Sie kommentierte: „Das kenne ich schon.“

Das zweite: „Das ist auch nichts Neues.“

Das dritte in ähnlicher Weise, aber alles ziemlich lautstark, sodass ich sie immer wieder versuchte, zu leiserem Sprechen anzuhalten. Ziemlich vergeblich.

Ängstlich schaute ich zur Infotheke. Die Bibliothekarin schaute mit unbewegtem Gesicht in den Garten, der sich an den Lesesaal draußen anschloss. „Sie hört nicht mehr so gut“, sagte ich entschuldigend. Sie nickte gleichmütig.

So ging es die nächsten Bücher weiter. Nur zwei fanden ihre Gnade und sie überlegte, ob sie sich diese besorgen sollte. Privat, um sie ihrer individuellen Bibliothek anzugliedern. Ich glaube, sie hat es dann aber nicht getan.

Wir waren in einer dreiviertel Stunde fertig, gaben die Bücher an der Ausgabe wieder ab und gingen nun doch noch Kaffee trinken.

Diese Begebenheit freute Frau H. sehr und sie sprach noch häufiger von ihrem Besuch in der Deutschen Nationalbibliothek. Mit 99 Jahren.

Packstation 143

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