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Kapitel 1

Vorwort

Oft möchte man es nicht für möglich halten, welche Geschichten sich in der Realität abspielen. Niemand kann wissen, welche ungeheuerlichen Dinge in den Behausungen unserer Mitmenschen geschehen. Sind erst mal die Haustüren geschlossen, bleibt der Blick in dunkle Keller, Garagen, versteckte Zimmer und einsame Gartenhäuser verborgen. Manche unserer Zeitgenossen treiben auf diese Weise, unbeobachtet und unentdeckt, meist über viele Jahre hinweg, ihr grausames Unwesen. Der Zufall will es, dass sich hin und wieder die meist unerfreuliche Wahrheit zurück ans Licht der Öffentlichkeit kämpft.

Die Asservatenkammern und Archive der Polizeibehörden bergen ein reichhaltiges Sortiment an ungeheuerlichen Objekten und Beweisstücken. Es sind dies nicht nur die blutigen Messer und Schlagwerkzeuge. Nein, die interessantesten Objekte bestehen aus den handgeschriebenen Aufzeichnungen von Verdächtigen und schuldig Verurteilten. In diesen losen Blättern, Notizbüchern, Tagebüchern oder Taschenkalendern, verbergen sich Geschichten die sich niemand so ohne Weiteres ausdenken kann. Deren Studium wiederum ist sehr anstrengend, weil die Schreiber in ihrer Angst und Unsicherheit nahezu unleserlich kritzeln und krakeln. Lose Blätter sind dabei am schwierigsten zu entziffern. Auf dem Papier, das sie im Gefängnis erhalten, schreiben die Verfasser winzig klein, übereinander, durcheinander, streichen durch, malen kleine Symbole dazu, achten nicht mehr auf Zusammenhänge.

Wo sie nur Platz finden, werden Worte, Bildchen und Buchstaben gesetzt. Kaum ein Beamter macht sich die Mühe und kämpft sich durch diese wirren Notizen, geschweige denn er hält sie für die Wahrheit oder tatrelevant. Intensiv kontrolliert wird nur, was nach außen transferiert werden soll.

Auch der des mehrfachen Mordes Verdächtige Bernhard Gittermann war so ein ängstlicher Kandidat. Nein, er wollte nicht gestehen, keinesfalls. Sein Motiv zu schreiben, war sein Stolz. Gittermann hielt sich und seine Art Frauen zu töten für einzigartig. Er wollte wie so viele vor ihm, heimlich still und leise prahlen mit seinem verwerflichen Tun. Wie unzählige vor ihm, wollte er aber auch durch das Niederschreiben sein Gewissen erleichtern und eine Art Absolution erfahren. Sein Leben, das er während seiner Untersuchungshaft auf ein paar Blättern festgehalten hatte, wurde natürlich aufbewahrt und zu den Akten geheftet.

Dieser Text war eigentlich nicht besonders schwer zu dechiffrieren. Er hatte lediglich einige Buchstaben durch Zahlen ersetzt. Nur seine Abkürzungen und Kürzeln die er benutzt hatte, verhinderten ein rasches Übersetzen. Sein gesamter Text bestand nur aus diesen Wortfragmenten.

Doch er hatte sich keine große Mühe gegeben, den Code zu verstecken, der mir geholfen hatte seine Geschichte zu verstehen. Es war nicht leicht zu glauben was er da geschrieben hatte. Zu schlimm und verachtend waren seine Taten. Zu kaltschnäuzig und egoistisch seine Argumente. Zu weinerlich seine Rechtfertigungen.

Die Akte Gittermann war normalerweise niemanden zugänglich. Doch der Zufall sorgte dafür, dass zum Einsehen der Akte nicht mehr das persönliche Einverständnis eines bestimmten Staatsanwaltes benötigt wurde.

So kam ich an die versiegelte Mappe mit den Aufzeichnungen des Immobilienmaklers Bernhard Gittermann.

Schockierend waren die Umstände welche zu der Versiegelung und Geheimhaltung der Akte führten. Nie hätte ich gedacht, dass es Fälle gibt, von denen die Öffentlichkeit nur eine abgemilderte und geschliffene Version erfährt. Erst wenn die beteiligten Personen versetzt oder in Pension geschickt werden, oder sogar sterben, ändern sich die Umstände und die Gründe für den rigorosen Verschluss entfallen.

Natürlich sind alle Namen, Orte und Zeiträume abgeändert.

Mein 40. Opfer

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