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Kapitel 2: Die Heilung

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Irgendwann hielt das Auto an und der Motor ging aus. Ich spürte wie der Karton angehoben und getragen wurde. Dann hörte ich eine Männerstimme. Die Tochter der Bäuerin, sie heißt übrigens Luise, holte mich aus der Schachtel. Nein, ich wollte nicht flüchten. Zwar hatte ich Angst wie ein kleines Häschen, aber irgendwie sagte mir mein Instinkt, dass Luise mir nichts Böses wollte. Außerdem waren die Schmerzen so stark- entweder sollte ich sterben oder jemand half mir- mir war beides recht. Ich fand mich auf einem langen und blank geputzten silbernen Tisch wieder, nachdem Luise mich behutsam aus Schachtel nahm. Um mich herum war alles ganz hell, sogar der Mann, ein großer, kräftiger Mensch, hatte einen weißen Kittel an. Er schaute mich an und schmunzelte zunächst. Er sagte: „ Na das ist ja ein süßer kleiner Fellknäuel. Diese hübschen grünen Augen!“ Dann schaute er auf meine Pfote und wurde sehr ernst. „Armer kleiner Kater. Da hat es Dich aber böse erwischt!“ Und zu Luise sagte er: „ Tut mir leid, aber wir müssen den Kleinen in Narkose legen und ihm ein Stück von der Pfote entfernen.“ Mir wurde ganz flau und ich musste an Mama und Felix denken. Würde ich sie jemals wieder sehen? Mama hat immer gesagt, ich sei ein kleiner Kämpfer. Und genau das hatte ich jetzt vor: Ich würde kämpfen um mein Leben. Für Mama und Felix. Und ein klein wenig auch für Luise. Denn ich glaube, sie mochte mich von Anfang an und eigentlich mochte ich auch sie. Nicht so wie Mama und Felix, aber anders. Was dann geschah liegt wie ein Nebel in meinem Gedächtnis. Irgendwann wachte ich auf. Ich lag auf einer weichen warmen Decke, die in ein Körbchen eingebettet war. „ Wo bin ich?“ fragte ich mich. „Mama?“ Doch ich erhielt keine Antwort. Auch Luise schien bemerkt zu haben, dass ich wach war. Sie kam auf mich zu und streichelte mir sanft über den Kopf. Da konnte ich das erste Mal in meinem Leben schnurren. So wie Mama, wenn wir an ihrer Brust tranken. Eigentlich wollte ich zuerst mein Revier erforschen, doch als ich aufstand, gehorchten mir meine Beine nicht. Gar nicht! Ich torkelte wie der alte Bauer, wenn am Samstag Abend von der Dorfkneipe heim lief. Luise stellte mir Wasser hin, das ich gierig trank. „ Lieber kleiner Kasimir! Das ist jetzt also Dein zu Hause.“ – „ Naja, dachte ich, alles gut und recht, aber Mama und Felix?“ Aber wie sollte ich ihr das erklären? Das Heimweh traf mich mit voller Wucht und so jammerte ich mich wieder in den Schlaf. Als ich das nächste Mal aufwachte, war es dunkle Nacht. Noch einmal versuchte ich zu laufen und dieses Mal war ich schon etwas sicherer. An der Pfote, wo jetzt ein Stück fehlte, war ein gut fest gemachter Verband, was mich aber nicht weiter störte. Und so lief ich auf das Fenster zu. Da war eine große, breite Fensterbank, die ich nach dem dritten Anlauf schließlich hoch kam. Die Sterne funkelten am Himmel und der Mond sah aus wie eine goldene Sichel. Doch statt der Wiesen und Wälder sah ich nur Häuser, Straßenlaternen und unzählig viele Autos. Auf dem Bauernhof war es immer ganz ruhig nachts bei den Menschen, doch hier schienen alle wach zu sein. Da plötzlich hörte ich ein Geräusch, das aus der Wohnung kam. Ich lauschte und vernahm es erneut. Es war ein Rascheln, als würde jemand ein Stück Plastik fressen. Nun, mit meinem Bein konnte ich nur ganz langsam und vorsichtig wieder vom Fenstersims auf den Boden hinunter. Auf drei Samtpfoten und einer Bandagenpfote schlich ich in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Genauso hat es Mama mir beigebracht. Es kam aus dem Zimmer, das Küche heißt und ich traute meinen Augen kaum.

Da knabberte eine Ratte genüsslich eine Tüte mit Chips auf, auf die sie es abgesehen hatte. Natürlich war ich noch viel zu klein, um für die Ratte eine ernsthafte Gefahr darzustellen, immerhin waren wir fast gleich groß, aber ich wollte ihr doch gleich den nötigen Respekt bei bringen und so legte ich mich in Kampfstellung, wackelte mit dem Po, so wie Mama es mir gezeigt hat und machte einen auf Angriff. Als die Ratte mich erblickte, hielt sie kurz inne und ich dachte schon der Sieg ist mir gewiss, jetzt würde sie gleich das Weite suchen, doch weit gefehlt. Sie schaute mich an und prustete los vor Lachen. Noch immer knurrend und Zähne fletschend, wusste ich in diesem Moment gar nicht wie mir geschah. Aber ich hatte schnell meine Fassung wieder und schnauzte sie an : „ Was gibt es da zu lachen, Du fettes Vieh!“ Die Ratte wischte sich mit ihrer Krallenklaue die Tränen aus dem spitzen Gesicht und sagte mit bebender Stimme: „ Was bist denn Du für ein Pantherverschnitt, hat man Dich etwa zu heiß gewaschen?“ Und schon hielt sie sich wieder den Bauch mit der einen Pfote und klopfte sich auf die Beine mit der anderen. Das war zuviel des Guten! Gegen so ein dummes Viech kam ich nicht an und dazu war ich mir auch zu schade! Also drehte ich mich um zum Rückzug. Da rief die Ratte: „ He, Du drei Käsehoch, was tust Du hier? Das ist mein Revier, kapiert?“ – Im Weglaufen sagte ich: „ Ab heute ist das auch mein zu Hause und wenn Du Ärger willst, Du weißt, wo Du mich findest!“- „ Wie redest Du mit mir? Du weißt wohl nicht, wen Du hier vor Dir hast?“ – „ Doch eine fette graue Ratte mit viel zu langen Krallen und einem albernen gepunkteten Schal um den Hals!“ – „ Mein Name ist Charlotte vom Straßenkanal! Meine Vorfahren waren die Könige der Unterwelt!“ – „ Wuuhw! Da bekomme ich jetzt aber Ehrfurcht vor Ihnen, Frau Königin Charlotte von der Straßengulli! Wenn Sie mich nun gnädigst entschuldigen würden, ich bin nämlich krank und wünsche zu schlafen. Ohne Geraschel, wenn es genehm, Euer Dummheit, oh Verzeihung, Euer Hoheit!“

Kasimir

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