Читать книгу Die Erlösung - Claudia Rack - Страница 4

2. Kapitel

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Sie standen vor der verschlossenen Tür. Nicholas ließ ihre Hand los, nachdem die Teleportation abgeschlossen war, und sie ihr Ziel erreicht hatten. Ariana sah ihn von der Seite skeptisch an.

„Bist du dir sicher?“, meinte sie. Nicholas holte Luft und klingelte. Sobald die Türglocke erklang, starrte Ariana die Tür vor sich an. Sie war unsicher, ob das eine gute Idee war. Nicholas war überzeugt davon. Sie hatte kein gutes Gefühl bei dieser Sache. Ausgerechnet dieser Ort sollte ihre Zuflucht werden? Das war eine blöde Idee. Sie wollte schon umkehren und gehen, bis die Tür geöffnet wurde. Blaue Augen starrten sie entsetzt an, sobald sie erkannten, wer vor ihrer Tür stand. Sie öffnete kurz den Mund, brachte aber keinen Ton heraus. Ihre blonden Locken hatte sie hochgesteckt, sodass ihre Gesichtszüge besser zur Geltung kamen. In dunklen Jeans und einem weinroten Sweatshirt stand sie da. Sie hielt sich mit einer Hand am Türrahmen fest, als ob sie jeden Moment in Ohnmacht fallen würde.

„Hallo Kate, hast du kurz Zeit?“, erklang Nicholas muntere Stimme. Seine Exfreundin sah ihn entgeistert an, bis sie die Stirn runzelte und ihr Blick sich veränderte. Wütend betrachtete sie ihn und hob den Kopf an.

„Was tust du hier, Nick?“, donnerte sie los. „Hatte ich mich nicht klar ausgedrückt?“ Nicholas wechselte mit Ariana einen kurzen Blick, der ihr Zuversicht geben sollte. Die merkwürdige Situation beunruhigte sie. Wieso sollte Kate ihnen helfen? Nicholas hatte sie verlassen. Und jetzt stand er vor ihr und tat, als ob nichts geschehen war. An ihrer Stelle würde Ariana ihm die Tür vor der Nase zuknallen. Kate reagierte anders. Fragend sah sie ihn an und wartete auf eine Erklärung von ihm. Ariana nahm sie nicht zur Kenntnis, was sie ihr nicht verübeln konnte. Der Schock musste erst einmal verarbeitet werden. Ariana sah sich um und prüfte, ob Arabas ihnen gefolgt war. Anscheinend hatte er aufgegeben und die Verfolgung abgebrochen. Erleichtert entspannte sie sich.

„Ich weiß, wir hatten gesagt, dass wir den Kontakt abbrechen und nicht mehr miteinander reden“, fing er an, „wir wussten uns keinen anderen Rat. Wir brauchen deine Hilfe, Kate. Können wir drinnen weiterreden? Ich erkläre dir sofort alles, versprochen.“ Nicholas sah sich gehetzt um, bevor er Kate flehentlich ansah. Erst jetzt wandte Kate sich an Ariana und betrachtete sie von oben bis unten mit überheblichem Blick. Ariana hatte das Gefühl, als ob sie der Grund für die Trennung der beiden war. Kate sah sie an wie eine Furie, die jeden Moment auf sie losgehen wollte. Fragend sah sie zu Nicholas. Er räusperte sich verlegen und zuckte kurz entschuldigend mit den Schultern. Also hatte er sie angelogen, was die Trennung der beiden betraf. Verärgert boxte sie ihm in den Oberarm.

„Du Idiot! Wieso lügst du mich an?“, meinte sie zu ihm. Kate hielt sich den Bauch und fing an zu lachen. Was war daran amüsant? Entgeistert sah Ariana sie an. „Das ist nicht witzig“, sagte Ariana beleidigt.

„Es tut mir leid, Ari. Ich habe nicht alles erzählt, ich hielt es für das Beste“, erklärte er entschuldigend. Kate verstummte abrupt und starrte ihn verärgert an.

„Mich wundert das nicht, Ariana. Dein bester Freund kann das hervorragend und erzählt ständig nicht alles, weißt du?“ Ariana zog eine Augenbraue nach oben und sah Nicholas belustigt an. Offenbar hatte Nicholas auch Kate nicht alles erzählt, was zu Streitigkeiten geführt hatte. Es musste einen guten Grund für ihn gegeben haben.

„Ich bin sicher, es lässt sich alles aufklären, Kate. Wir sollten drinnen weiterreden, oder?“ Skeptisch starrte Kate sie an und haderte mit sich. Ariana ließ sie nicht aus den Augen und wartete gespannt auf ihre Entscheidung. Nicholas wollte das Wort ergreifen, sie stoppte ihn, indem sie ihn erneut boxte. Abrupt verstummte er und sah sie bedröppelt an.

„Na schön, ich muss zugeben, dass ich verdammt neugierig bin. Eventuell erfahre ich endlich, was das alles zu bedeuten hat.“ Sie trat beiseite und ließ sie eintreten. Ariana lächelte Nicholas an und ging vor. Er zweifelte noch, bis Kate ihn herausfordernd ansah. Mit erhobenem Kopf drängte er sich an ihr vorbei und ging ins Haus. Kate schloss die Tür und starrte ihm nach. Ariana sah sich kurz um. Sie war zum ersten Mal in der Wohnung von Kate und musste zugeben, dass es schön eingerichtet war. Es war eine smarte Wohnung, für Kate reichte es aus. Warme Töne erzeugten eine gemütliche Atmosphäre und die Wohnlandschaft in der Mitte des Wohnzimmers lud zum Verweilen ein. Der Fernseher lief, bis Kate ihn ausschaltete und es sich auf der Couch bequem machte. Sie deutete ihnen, es ihr gleich zu tun. Im Schneidersitz saß Kate vor ihnen und sah sie abwartend an. Sie wartete darauf, dass sie eine Erklärung erhielt. Ariana entschied sich für einen der Sessel und ließ sich dort nieder. Sie sah zu Nicholas, der unsicher da stand und nicht wusste, wo er Platz nehmen sollte. Er wählte den zweiten Sessel ihr gegenüber, sodass Kate in ihrer Mitte saß. „Was führt euch zu mir?“ Ihre Frage verursachte Bilder in Arianas Kopf, die sie durcheinanderbrachten. Wo sollte sie anfangen? Alles, was ihr bisher widerfahren war, stürzte auf sie ein. Der Moment, als sie das erste Mal Jazar entdeckt hatte, der sie verfolgte. Das Geschenk von ihm zu ihrem Geburtstag, welches sich als Prophezeiung herausstellte, in der sie die Hauptrolle spielte. Die Begegnung mit Arabas, dem Boss der Gefallenen. Die Kämpfe, die sie schon ausgefochten hatten, sowohl mit Engel als auch mit den Gefallenen. Die Beziehung, die sie mit Jazar geführt hatte und die sie erfüllt hatte. Sie sah den Moment vor sich, als er in der Höhle der Gefallenen sich auf Arabas Seite stellte. Dieser Augenblick hatte alles verändert. Sie erinnerte sich an ihren letzten Kuss, der sich merkwürdig angefühlt hatte. Beide hatten es gefühlt. Sobald ihre Lippen aufeinandertrafen, sträubten sie sich. Anstatt mehr davon zu wollen und den anderen heran zu ziehen, hatten sie voneinander abgelassen. Mit Tränen in den Augen schüttelte sie den Kopf und verdrängte die störenden Bilder.

„Es tut mir leid, wie das zwischen uns ausgegangen ist, Kate“, meinte Nicholas. „Ich wollte dir nicht wehtun, das musst du mir glauben.“ Entschuldigend sah er Kate an. Sie begegnete seinem Blick und strahlte Verärgerung aus. Nach ein paar Minuten nickte sie und schien sich zu beruhigen. Sie warf kurz einen Blick zu Ariana.

„Weshalb seid ihr hergekommen, Nick?“, antwortete sie provozierend. Er schüttelte bedauernd den Kopf. Ariana konnte ihm nachempfinden, wie schwer es ihm fiel. Er wollte einen Gefallen von Kate. Ob sie ihnen helfen würde, wagte Ariana zu bezweifeln. Vermutlich würde sie ihnen kein Wort glauben. Sie war gespannt darauf, wie ihr bester Freund die Situation erklären wollte. Er warf ihr einen kurzen Blick entgegen.

„Erinnerst du dich noch an diesen kräftigen Kerl, der ständig in der Nähe von Ariana war?“, fragte er. Kate runzelte die Stirn und nickte vorsichtig. „Wie sich herausstellte, scheint er nicht so nett zu sein, wie wir dachten.“ Ariana sträubte sich und wollte schon widersprechen, bis Nicholas ihr stumm zu verstehen gab, dass sie nichts sagen sollte. Kate bemerkte den stummen Austausch der beiden und wurde nervöser.

„Sag schon, was ist los?“, forderte sie gereizt. Nicholas beugte sich vor und sah sie eindringlich an. Im Flüsterton antwortete er ihr:

„Der Kerl ist ein Stalker. Er verfolgt Ariana und bedroht sie. Wir sind auf der Flucht vor ihm. Du bist unsere einzige Hilfe, Kate. Er weiß nicht, wo du wohnst oder das wir noch im Kontakt sind. Es schien uns die beste Lösung zu sein. Wir hoffen, dass du uns helfen wirst und wir uns bei dir eine Weile verstecken können. Wir werden dir keine Umstände machen, versprochen“, plapperte er, bevor sie protestieren konnte. Ariana war sprachlos. Ohne mit der Wimper zu zucken, log er seine Exfreundin an. Sie wusste nicht, ob sie auf ihn wütend sein sollte oder nicht. Die Geschichte, die er Kate auftischte, war absurd. Sie dachte daran, was tatsächlich dahinter steckte und besann sich. Ihre Augen richteten sich auf Kate, die sichtlich nervös war und Nicholas aufgeregt ansah. Was würde sie tun, wenn sie die Wahrheit erfuhr? Ariana sah das Bild vor ihren Augen, wie die arme Kate ausflippte und in einer Nervenheilanstalt landete, weil niemand ihr Glauben schenken würde. Notgedrungen schluckte sie ihren Protest herunter und ließ Nicholas gewähren. Es störte sie, dass sie lügen mussten. Die Alternative war keine Option. Kate würde nicht glauben können, dass es Engel und Dämonen gab. Sie lebte in einer anderen Welt, abgeschirmt von den Dingen, die Ariana erlebte. Es war besser, wenn sie weiterhin in diesem Glauben blieb. Und wenn sie zur Lüge greifen mussten, damit das so blieb, taten sie es. Ariana verdrängte die Schuldgefühle und spielte mit. Sie tat nervös und verängstigt, sobald Nicholas von dem angeblichen Stalker sprach. Kate sah sie ständig von der Seite her an und fieberte mit. Sie glaubte Nicholas.

„Das ist furchtbar“, meinte sie. Sie tätschelte die Hand von Ariana und lächelte ihr mitfühlend zu. „Du musst die Hölle durchgemacht haben, Ariana. Wie schrecklich. Wie kann ich euch helfen? Rufen wir die Polizei?“ Nicholas schüttelte den Kopf.

„Das haben wir versucht. Sie glauben uns kein Wort. Wir haben keine Beweise. Wir brauchen einen Unterschlupf, wo wir die nächsten Schritte in Ruhe planen können.“ Kate nickte verständnisvoll und stand auf. Sie ging zur Küche und setzte einen Teekessel auf.

„Ich verstehe. Ihr könnt erst einmal bleiben. Ich muss euch vorwarnen, meine Mutter kommt jeden Tag vorbei, um nach mir zu sehen“, sagte Kate. Sie holte drei Tassen aus dem Schrank und stellte sie auf den Tresen ab. „Und ich habe nicht viel Platz, wie ihr sehen könnt. Das bedeutet, ihr müsst euch die Couch teilen.“ Ariana und Nicholas sahen sich kurz an.

„In Ordnung, das stört uns nicht“, sagte Nicholas. Kate warf ihm einen wütenden Blick entgegen. Sie nahm an, dass sie ein Paar waren und gern zusammen auf der Couch schliefen. Sofort hob Nicholas die Hände und schüttelte lachend den Kopf. „Es ist nicht das, was du denkst, Kate. Wir sind nicht zusammen“, lenkte er ein. Ariana wunderte sich, dass er sich rechtfertigte. Hegte er noch Gefühle für Kate?

„Das stimmt“, warf sie ein, „ wir sind kein Paar und waren es nicht. Wir sind Freunde.“ Kate nickte und beließ es dabei. Sobald der Teekessel pfiff, nahm sie ihn vom Herd und goss das heiße Wasser auf die Teebeutel, die in den Tassen warteten.

„Es geht mich nichts an, ob ihr ein Paar seid oder nicht. Jetzt genießen wir erst einmal einen Tee und entspannen uns alle, einverstanden?“ Sie lächelte. Ariana stand auf und nahm eine der Tassen an sich. Kate trug die anderen beiden Tassen zum Tisch und reichte eine davon zu Nicholas.

„Das ist eine gute Idee“, sagte er. Ariana war nicht seiner Meinung. Sie hatte nicht vor bei Kate zu bleiben. Das war keine Lösung. Auf der Flucht vor Arabas war es im ersten Moment eine Idee, die sie aufgegriffen hatten. Sie alle drei unter einem Dach war kein Dauerzustand. Sie brauchte eine Alternative. Kate und Nicholas waren in ihrem Gespräch vertieft, sodass sie sich bei ihnen entschuldigte und vor die Tür ging. Sie brauchte Abstand und wollte nachdenken. Ariana ging auf den angrenzenden Wald zu und genoss die kalte Abendluft. In Gedanken versunken schlenderte sie vorwärts und achtete nicht auf ihre Umgebung. Gleich morgen würde sie Nicholas sagen, dass sie nicht bei Kate bleiben konnten. Sie würde es Nicholas überlassen, ob er mit ihr kommen wollte oder nicht. Insgeheim wünschte sie sich, dass er ihr weiterhin zur Seite stand. Sie wusste, dass sie ihn nicht zwingen konnte. Es standen gefährliche Zeiten für sie bevor. Sie wurde gejagt. Alle wollten sie. Die Engel, die Dämonen und Arabas und sein Gefolge. Es schmerzte sie, dass ihr Vertrauen zu dem Gefallenen betrübt war. Sie dachte, dass sie sich auf ihn verlassen könnte. Ariana fragte sich, wie der Kampf zwischen Jazar und Sariel ausgegangen war? War Arabas eingesprungen? War der Vollstrecker tot? Sie wusste es nicht. Obwohl Jazar ihre Gefühle verletzt hatte und sie wütend war auf den einstigen Engel, wollte sie nicht, dass er starb. Hoffentlich hatte er den Kampf überstanden und war wohlauf. Ariana wusste nicht, was die Zukunft mit sich brachte, wenn es um Jazar und sie ging. Ihr Gefühl sagte ihr, dass es zwischen ihnen nicht mehr so sein würde, wie zuvor. Seufzend ermahnte sie sich, an ihre Flucht zu denken. Ihr blieb keine Zeit. Sie musste dringend ihre neuen Fähigkeiten kennenlernen und trainieren. Speziell das Fliegen verursachte ihr eine Heidenangst. Ihre Flügel waren bereit, aber ob sie das war, stand auf einem anderen Blatt. Sie erinnerte sich daran, wie es sich angefühlt hatte, sobald ihre Flügel das erste Mal zum Vorschein gekommen waren. Es war ein herrliches Gefühl. Empfindungen von Freiheit, Macht und purer Energie hatten sie erfüllt.

„Ganz allein unterwegs, Auserwählte?“, erklang eine bekannte Stimme hinter ihr. Ariana wirbelte erschrocken herum und entdeckte Arabas. Er stand lässig an einem Baum gelehnt und grinste sie an. Sie kniff die Augen misstrauisch zusammen. Wie hatte er sie finden können? Alarmiert schaute sie sich um. „Wir sind ungestört“, meinte er bei ihrer Reaktion. Sobald sie ihn erneut ansah, bemerkte sie, dass er in seiner Ledermontur vor ihr stand. Das Emblem mit dem feuerspeienden Drachen auf der Brust sprang ihr entgegen. Obwohl sie es sich nicht zugestand, war sie von dem Auftreten des Gefallenen fasziniert. Die Selbstsicherheit, die er ausstrahlte, beruhigte sie. Entspannt sah sie ihn direkt an. Seine dunklen Augen ließen sie nicht los, fesselten sie und erzählten ihr eine stumme Geschichte. Sie fragte sich, ob es daran lag, dass sie ein Nephilim war, weshalb sie sich von ihm angezogen fühlte. Dieses Gefühl überraschte sie. Verunsichert unterbrach sie den Blickkontakt mit Arabas und sah zum Haus. Kate und Nicholas bemerkten nichts und waren in ihrem Gespräch vertieft. Sobald sie sich gefasst hatte, sah sie ihn trotzig an.

„Was willst du, Arabas?“, fragte sie. Arabas zuckte mit den Schultern und trat einen Schritt auf sie zu. Sofort ging sie einen Schritt zurück, bis er stehenblieb und sie fragend ansah. Er sagte kein Wort, beobachtete ihre Reaktion auf ihn und erst das Stirnrunzeln sagte ihr, dass sie sich seltsam benahm. Es stimmte. Bisher hatte sie kein Problem damit, wenn er in ihrer Nähe war. Dieses Mal war es anders. Sie fühlte sich magisch angezogen von dem Gefallenen und das ängstigte sie. Ariana hielt Abstand zu ihm, weil sie glaubte, die Kontrolle zu behalten. Seine Gesichtszüge veränderten sich. War da Mitgefühl in seinem Blick? Diese sanften dunklen Augen, die sie anschauten, brachten sie durcheinander. Sie schüttelte verwirrt den Kopf. „Was machst du mit mir?“ Arabas hob eine Augenbraue an und wusste nicht, was sie meinte.

„Wovon sprichst du, Ariana? Ich tue nichts“, antwortete er verteidigend. An seiner Körperhaltung erkannte sie, dass er sich angegriffen fühlte. Da war sie wieder, diese Wut, die sie überkam, sobald er dieses Verhalten zeigte.

„Ich weiß nicht, wie du das anstellst, Arabas. Ich finde das nicht witzig, hörst du? Was willst du?“ Er verstand kein Wort von dem, was sie sagte.

„Ich wollte dich wissen lassen, dass ich weiß, wo du steckst. Falls du dachtest, ich wüsste es nicht.“ War das eine Drohung? Ariana richtete sich auf.

„Mir war klar, dass du uns finden kannst. Tu nicht so überheblich“, sagte sie beleidigt. Er lachte und schien die Konversation mit ihr zu genießen. „Lebt er noch?“ Arabas Lachen erstarb, sobald sie auf ihn zu sprechen kam. Selbstverständlich wollte sie wissen, wie es um Jazar stand. Es gefiel ihm zwar nicht, aber sie hatte ein Recht darauf, es zu erfahren.

„Es geht ihm den Umständen gut“, meinte er gedehnt.

„Wieso hast du das zugelassen, Arabas? Wieso hast du ihn nicht aufgehalten? Er hätte sterben können“, brauste Ariana wütend auf. Arabas schnaubte zornig. Sie gab ihm die Schuld daran, dass Jazar freiwillig gegen Sariel gekämpft hatte? Vorbei war es mit der Selbstbeherrschung. Ungeachtet dessen, dass sie sich davor fürchtete, stampfte er direkt auf sie zu. Mit zornigem Blick schloss er zu ihr auf. Ariana riss die Augen auf und ging einen Schritt zurück, desto näher er ihr kam. Es kümmerte ihn nicht.

„Es war seine Entscheidung gegen Sariel zu kämpfen, Auserwählte. Vergiss das nicht“, meinte er drohend. Ariana ging rückwärts, bis sie gegen einen Baum prallte und keine Gelegenheit mehr hatte, ihm zu entkommen. Arabas war direkt vor ihr und nagelte sie an Ort und Stelle fest. Seine Hände stützten sich rechts und links von ihr am Baum ab, sodass sie nicht weglief. Sie zischte wütend und sah ihn an.

„Du hättest ihn aufhalten können. Du hättest ihm sagen können, dass er sich heraushalten soll“, bestand sie auf ihre Meinung. Seine Nähe ließ sie zittern, aber nicht vor Angst. Ihr Herz raste und sprang ihr fast aus der Brust. Sie verstand ihre Reaktion nicht und kämpfte dagegen an. Arabas sah sie eindringlich an. Sie hoffte, dass er nichts von ihrem inneren Gefühlsausbruch bemerkte. Ihr Körper reagierte auf ihn, ob sie das wollte oder nicht. Er kniff die Augen zusammen und dachte nach.

„Das ist es nicht, was dich wütend macht“, sinnierte er. Sein Kopf kam noch näher, bis sein Mund direkt vor ihrem war und sie seinen Atem auf ihren Lippen spüren konnte. „Du bist wütend, weil er dich abgewiesen hat“, stellte er fest. Ariana verzog wütend das Gesicht und stieß ihn kräftig von sich.

„Nein“, schrie sie ihn trotzig an. Bevor er reagieren konnte, rannte sie los. Arabas sah ihr überrascht nach, bevor er sich ebenfalls in Bewegung setzte und die Verfolgung aufnahm. Er wusste, dass es stimmte. Die Wut in ihr war nicht gegen ihn gerichtet. Es war die Situation mit Jazar und die Tatsache, dass er ein Gefallener war. Oder lag es daran, dass sie ihm etwas vormachen wollte? Er hatte gespürt, wie ihr Herz unruhig schlug, sobald er dicht vor ihr stand. Ihre Augen hafteten auf seinen Mund, sobald er näher gerückt war. Als ob sie den Wunsch hegte, dass er sie küssen würde. Konnte das sein? Hegte die Auserwählte Gefühle für ihn? Sein Herz machte Luftsprünge. Eilig sprintete er hinter ihr her und genoss es, sie zu fangen. Sie wusste, dass er sie jederzeit einholen konnte, aber er ließ sich absichtlich Zeit. Arabas mochte das Spiel, welches sie mit ihm trieb. Sie wusste es nicht, aber damit provozierte sie ihn noch mehr. Wenn sie so weitermachte, würde er sich holen, was er will. An Konsequenzen war nicht zu denken. Unvermittelt stolperte Ariana und fiel zu Boden. Sie schimpfte und verfluchte den Ast, den sie übersehen hatte. Arabas musste lachen und holte sie ein. Als er vor ihr aufragte, sah sie ihn hitzig an. Er streckte ihr die Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen. Sie starrte seine Hand an und bewegte sich nicht. Gelassen stand er da und wartete, bis sie die Hand ergriff. In seinen dunklen Augen lag ein stummes Versprechen. Er musste nichts sagen, sie spürte es, sobald ihre Blicke sich trafen. Ariana ergriff zaghaft die Hand und erschrak, als er sie daraufhin hochzog, bis sie an seine breite Brust prallte. Sofort hielt er sie in seinen Armen gefangen. Er lächelte sie verschmitzt an. Er hatte sie durchschaut. Ariana hielt den Atem an und brachte kein Wort heraus. Ihre Hände lagen auf seinen Schultern. Sie konnte jederzeit den Kontakt unterbrechen, wenn sie das wollte. Das wusste sie. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt und die Gänsehaut auf ihren Armen kribbelte unaufhörlich. Was machte er mit ihr? Das war absurd, für ihn Gefühle zu entwickeln. Sie liebte Jazar, versuchte sie sich zu überzeugen. Ihre Blicke trafen sich. Arabas strahlte Zuversicht aus und das Begehren in seinen dunklen Augen war nicht zu übersehen. Kurz sah er auf ihren Mund, bis er sie direkt anschaute. Ariana wusste nicht, was sie tun sollte. Einerseits wollte sie ihn nicht loslassen. Andererseits fühlte sie sich schuldig, ihm so nah zu sein und es zu genießen. In diesem Augenblick überraschte er sie und legte seine Hand auf ihre Wange. Sofort kribbelte es in ihrem Gesicht, sodass sie erschrocken die Augen aufriss. Überwältigt von dem Gefühl, brachte sie kein Wort heraus. Sein Blick veränderte sich und er betrachtete sie zärtlich. Der Arabas, der sie ständig provozierte, war mit einem Mal eine andere Person. Sein Daumen strich zärtlich über ihre Wange und sein Gesicht kam näher. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, ihn aufzuhalten. Ariana versuchte es mit aller Kraft und scheiterte. Sie wollte es. Sie wollte ihn spüren. Sofort, als seine Lippen sich auf ihre legten, erlosch ihre Wut. Behutsam küsste er sie, als ob er jeden Moment damit rechnete, dass sie ihn von sich stieß. Als sie das nicht tat und wohlig seufzte, hatte Arabas die Bestätigung, die er dringend von ihr brauchte. Der Kuss wurde fordernder und er presste sie an sich. Sein Stöhnen ermunterte Ariana und sie ließ sich mitreißen. Es war ein leidenschaftlicher Kuss, der ihr den Boden von den Füßen wegriss. Sobald ihre Zungen sich trafen, schien es, als ob der Himmel über ihnen explodierte. Berauscht von diesem Gefühl drängte sie sich ihm entgegen und legte die Arme um seinen Hals. Ihre Beine legten sich um seine Hüften und wollten ihn nicht mehr loslassen. Seine Hand legte sich um ihren Nacken und legte ihren Kopf schräg, damit er den Kuss vertiefen konnte. Ihr Herz pochte unaufhörlich in ihrer Brust. Sie konnte nicht aufhören, ihn zu küssen. Ariana drängte sich ihm entgegen und erwiderte den Kuss mit einer Inbrunst, die sie bisher nicht an ihr kannte. Es kam ihr vor, als ob ihr Körper darauf gewartet hatte, dass er sie berührte. Arabas hörte nicht auf, im Gegenteil. Er konnte es nicht. Sie berauschte seine Sinne, sodass er sich nicht bremsen konnte. Zu lange hatte er darauf gewartet. Sie küssten sich hemmungslos und zogen den anderen zu sich heran, als ob sie ihn nicht gehen lassen wollten. Ariana verlor die Kontrolle über ihren Körper. Berauscht von ihren Gefühlen und der Leidenschaft, die sie überrollte, bemerkte sie nichts mehr um sich herum. Seine andere Hand legte sich auf ihren Po und knetete ihn leicht, sodass sie stöhnen musste. Ihre Brüste pressten sich an seinen Oberkörper. Sie hörte ein kehliges Stöhnen, als er kurz Atem holte, um erneut ihren Mund in Beschlag zu nehmen. Sie hörte ihn ihren Namen flüstern, sobald er ihren Hals mit sanften Küssen belegte. Ihre Haut kribbelte und sie schloss die Augen, um das Gefühl auszukosten. Unvermittelt kribbelte es an ihren Schulterblättern und sie riss erschrocken die Augen auf. Ihre Flügel machten sich selbstständig und breiteten sich gegen ihren Willen aus. Sofort unterbrach Arabas die Küsse und starrte sie überrascht an. Das hatte er nicht erwartet. Überrumpelt von der Tatsache, dass die Auserwählte solche Gefühle für ihn hegte, ließ er sie los und stellte sie behutsam auf ihre Füße. Als Gefallener wusste er, dass es etwas Besonderes war, wenn die Flügel in so einer Situation sich offenbarten. Ariana versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Lange sah er ihr direkt in die Augen, bis er schwer atmend ihre Flügel ansah. Ariana beobachtete die Reaktion und war froh, als sie Bewunderung in seinen Augen erkannte. Er sah ihre Flügel zum ersten Mal und aus einem unerfindlichen Grund wollte sie, dass er sie sah. Das Lächeln in seinem Gesicht bestätigte ihr, dass er fasziniert war von dem Anblick. Ihre Flügel waren dunkelrot, durchzogen mit schwarzen Streifen. Erleichtert beruhigte sich ihr Puls und sie konnte die Flügel einfahren. Unsicher sah sie ihn an, sobald die Erinnerung an ihren Kuss zurückkam. Sein fragender Blick traf sie, er sagte kein Wort. Spürte er, dass es den wundervollen Moment verderben würde, wenn er jetzt etwas sagte? Sie schluckte schwer und wartete auf seine nächste Reaktion. Sie wusste, dass sich alles verändert hatte zwischen ihnen. Dieser Kuss und diese Leidenschaft zwischen ihnen konnten sie nicht verleugnen. Ihre Brust hob und senkte sich, weil sie noch außer Atem war. Arabas lächelte sie an, obwohl noch ein wenig Unsicherheit in den dunklen Augen zu erkennen war. Er legte seine Hand auf ihre Wange und sah ihr in die Augen. Es bedurfte keiner Worte zwischen ihnen. Sie wusste, dass er gehen musste. Er nickte ihr zu, bevor er zurücktrat und sich vor ihr in Luft auflöste. Arabas teleportierte sich direkt vor ihren Augen und sie fühlte sofort eine Leere in ihrem Herzen. Ariana starrte die Stelle an, an der er gestanden hatte. Sie war durcheinander. Was war geschehen? Innerhalb von Minuten hatte der Gefallene ihre Welt auf den Kopf gestellt. Sie wünschte, er würde zurückkehren. Dennoch wusste sie, dass es korrekt war. Ihre Zeit war noch nicht gekommen. Sobald sie an seinen Blick dachte, den er ihr noch geschenkt hatte, wusste sie instinktiv, dass er es ebenfalls spürte. Beide wussten, dass ihre Zeit kommen würde und das nichts und niemand sie aufhalten konnte, wenn der Zeitpunkt gekommen war.

Die Erlösung

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