Читать книгу Preisgespräche erfolgreich führen - Dipl.-Kff. Regina Bernasch-Lieber - Страница 4

1. „Was denn, so teuer?!“ – Der tägliche Preisk(r)ampf

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„Was denn, so teuer?!“ – Mit dieser entgeisterten Reaktion beginnt er oft, der Preisk(r)ampf, der Handwerkern nicht nur lästigerweise das tägliche Leben erschwert, sondern der vielmehr Umsätze und Kostendeckung gefährdet und so die Rahmenbedingungen für den Erfolg eines Unternehmens am Markt bestimmt.

Sie, lieber Leser, haben diesen Satz auch schon einmal gehört oder haben auf dezentere Art und Weise vermittelt bekommen, dass der Preis, den Sie genannt haben, nicht unbedingt auf Gegenliebe trifft?

Sie sind in guter Gesellschaft. Und keine Angst: wir sind uns einig, dass Ihre Leistung ihr Geld wert ist. Aber auch Preise, die kalkulatorisch „ok“ sind, sind oft schwer durchsetzbar. Das muss nichts mit der Art und Weise zu tun haben, in der Sie kalkulieren und schon gar nicht ist es ein Angriff auf Ihre Person als Fachmann. Immerhin bewegen wir uns in einem sensiblen Bereich, denn wenn es um das eigene Portemonnaie geht, reagieren auch wir oft empfindlich, wenn wir in der Rolle des Kunden auftreten.

Wo liegen aber nun die Schwierigkeiten, Preise zu vermitteln? Mit welchem Verhalten machen wir uns manchmal selbst das Leben schwer?

Stellen Sie sich einmal vor, Sie könnten einem Handwerker in einem fiktiven, aber wirklichkeitsnahen Gespräch über die Schulter gucken. Lassen Sie uns einen Tischlermeister – Herrn Rede – begleiten und unter die Lupe nehmen, was er oft in Preisgesprächen erlebt:

Situation:

Tischlermeister Rede führt ein Gespräch mit dem Kunden Müller, der Bedarf an zusätzlichem Stauraum hat und nun Vorschläge zur Errichtung eines Einbauschranks wünscht. Man unterhält sich über Größe, Aufteilung und Material. Dann wird Rede gebeten, den Aufwand einzuschätzen und anzugeben, in welcher Größenordnung sich der Preis bewegen wird.

„Tja, also“, beginnt er, „Das wird nicht ganz billig werden. Ich würde meinen, da müssten sie mit 700 – 900 € rechnen.“

„Was, so teuer?“, ruft der Kunde. „Von der Konkurrenz habe ich aber ein besseres Angebot vorliegen! Da müßte doch noch was drin sein. Ich will ja nicht ihren ganzen Betrieb kaufen!“

 Problematisch hierbei:

Herr Rede hat sich rhetorisch unglücklich verhalten. Er redet in der Möglichkeitsform („Ich würde meinen...“), formuliert eher negativ („Da müssen sie...“), verwendet Formulierungen, die einerseits wenig konkret und andererseits Kommunikationskiller sind („nicht ganz billig“), und außerdem merkt ihm der Kunde wahrscheinlich an, dass er sich in der Situation eher unwohl fühlt (zögerndes „Tja, also“. Es ist wahrscheinlich, dass es dem Kunden jetzt leichter fällt, Oberwasser zu bekommen und das als Überleitung zum Feilschen zu nutzen.

 Sinnvoller Ansatz:

Der Tischlermeister sollte seine Fachkompetenz auch rhetorisch unter Beweis stellen, indem er klare Aussagen trifft und souverän auftritt. Zum Beispiel könnte er die Frage nach dem finanziellen Aufwand folgendermaßen beantworten:

Situation:

„Der Preis für den Einbauschrank in dieser Größe, mit der Aufteilung, die sie wünschen und aus dem Holz, das optimal zu ihrer Einrichtung passt, wird aller Wahrscheinlichkeit nach günstiger als 900 € sein. Wie hoch er genau sein wird, ist abhängig vom Arbeitsaufwand. Ich werde ihnen ein konkretes Angebot schriftlich bis zum Ende der Woche hereinreichen.“

Ist der Kunde dann über den Preis irritiert oder gar entsetzt, könnte Tischlermeister Rede auch hier souverän reagieren nach dem Muster:

„Das mag im Moment ein Betrag sein, über den sie erst einmal nachdenken wollen. Das verstehe ich gut. Bitte bedenken sie, dass dies genau die Lösung ist, die ihren Wünschen entspricht, wenn ich sie richtig verstanden habe. Der Einbauschrank schafft nicht nur Stauraum, sondern wird ein echter Blickfang sein, an dem sie Jahrzehnte lang Freude haben werden. Ist das für ihre Entscheidung wichtig?“

Doch Tischlermeister Rede erlebt noch mehr an diesem Tag, an dem wir ihn begleiten:

Situation:

In einer repräsentativen Villa sieht er sich dem Kunden Meier gegenüber, der einen Esstisch im individuellen Design wünscht. Rede hat bereits sein Angebot abgegeben und nun einen zweiten Termin, an dem er sich erkundigt, ob und wie der Kunde sich entschieden hat.

Kunde Meier erstaunt ihn mit folgender Aussage: „Ihr Angebot liegt beträchtlich unter dem der Konkurrenz. Ich weiß nicht, ob das überhaupt etwas für mich ist. Schließlich lege ich Wert auf ein Unikat in allerbester Qualität.“

Redes Reaktion: Hilf- und wortloses Entsetzen (‚Wie kann er die Qualität meiner Arbeit in Frage stellen?’)

 Problematisch hierbei:

Wir unterstellen, dass unser Tischlermeister sach- und fachgerecht kalkuliert hat. Der Preis ist also „ok“, er hat nur einen Fehler: Er passt nicht zum Kunden. Offensichtlich haben wir es hier in der Person von Herrn Meier mit einem Kunden zu tun, der anderes erwartet als einen niedrigst möglichen Preis. Im Gegenteil: Er schließt vom Preis auf die Qualität der Leistung. Er will hochwertige Leistungen und eine außergewöhnliche Lösung, und das scheint ihm der angebotene Preis nicht zu gewährleisten. Dieser Kunde gehört zu einer Käuferschicht, für die gilt: „Was nichts kostet, ist auch nichts.“ Ob das ein zulässiger Schluss ist, steht nicht zur Debatte. Vielmehr stellt sich die Frage, ob eine solche Reaktion absehbar und damit kalkulierbar war.

 Sinnvoller Ansatz:

Tischler Rede hätte sich im Vorfeld mit dem Kunden, seinem Umfeld und seinen Erwartungen beschäftigen können, um strategisch mit dem „richtigen“ Preis aufzutreten, der auch für ihn zusätzlich lukrativ wäre.

Wenn Herr Meier ein bekannter Kunde ist, sollte Rede wichtige Informationen aus der Kundendatei entnehmen können. Lässt sich beispielsweise aus der Adresse (exklusives Wohngebiet) auf einen „Kundentyp“ schließen? Ist der Kunde gar intern „klassifiziert“, z.B. durch ein spezielles Kundenkürzel oder durch hinterlegte Zusatzinformationen? Welche Leistungen zu welchen Preisen hat Herr Meier bereits nachgefragt? Wer hatte bereits mit diesem Kunden zu tun, und welche Erfahrungen haben Mitarbeiter mit ihm gemacht?

Wichtige Informationen haben sich vielleicht auch schon vorher sammeln lassen, so z.B. beim Anruf des Kunden oder bei einem ersten persönlichen Gespräch zur Anfrage. Hier hat sich der Kunde u.U. schon „geoutet“ und erkennen lassen, worauf es ihm ankommt.

Aber der Tag ist noch nicht vorüber. Einmal wollen wir Herrn Rede heute noch begleiten:

Situation::

Nun sehen wir den Tischlermeister im Gespräch mit Bauherrn Schmidt – das Gespräch dreht sich um eine Treppe in einem Einfamilienhaus.

Herr Schmidt: „Ich spiele mit offenen Karten. Ich habe natürlich auch Konkurrenzangebote vorliegen. Da müssten sie natürlich preislich mitspielen.“

Worauf Herr Rede erwidert: „Das verstehe ich. Ich werde auf jeden Fall gleichziehen, vielleicht sogar zu einem günstigeren Preis anbieten.“

 Problematisch hierbei:

Tischler Rede weiß nicht, worauf er sich einlässt. Er hat es vielleicht mit einem Kunden zu tun, den er zwar für einen Auftrag gewinnen möchte, dies tut er aber eventuell mit einem Preis, der zwar den Bedürfnissen des Kunden entgegenkommt und auch konkurrenzfähig ist, der aber ihm selbst Probleme bereitet. Kurz gefasst: richtige Zielgruppe, aber falscher Preis. Blind der Kalkulation anderer Unternehmen zu folgen, die evtl. eine andere Kostenstruktur haben und deren wirtschaftliche Situation Rede zunächst einmal egal sein kann, ist oft mehr als kurzsichtig. Aus Prinzip Aufträge um jeden Preis anzunehmen, gefährdet oft die Existenz des eigenen Unternehmens. Und hierbei haben wir noch nicht einmal unterstellt, dass Herr Schmidt einfach nur pokert!

 Sinnvoller Ansatz:

Herr Rede sollte auch hier im Vorfeld möglichst viele Informationen zum Auftrag sammeln wie Vorstellungen und Erwartungen des Kunden, um seine angebotene Leistung von der des Wettbewerbs abgrenzen können. Er sollte für sich eine Preisuntergrenze, also eine absolut unterste Schmerzgrenze festlegen, bei der er nicht nur „Geld wechselt“ und schon gar nicht „draufzahlt“. Das ist ein Preis, den er auch in Anbetracht des Wettbewerbs keinesfalls unterschreiten darf. Wenn eine überschlagsweise Kalkulation nicht möglich ist, sollte er sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen, sondern einen neuen Termin vereinbaren, in Ruhe kalkulieren und dann in einem neuerlichen Gespräch sein Angebot vorstellen und erläutern.

Lieber Leser, wir können feststellen, dass bei aller Unterschiedlichkeit diese Situationen, bei denen wir Herrn Rede über die Schulter schauen durften, zweierlei gemeinsam haben. Erstens gehören sie zu dem, was Handwerker tagtäglich erleben. Und zweitens ist der Umgang mit ihnen schwierig.

Im Vorfeld oder in der konkreten Situation ist etwas schief gelaufen, was den Handwerker und seinen Betrieb in eine problematische Lage bringt, sei es, dass er sich gezwungen sieht, sich zu rechtfertigen oder sei es, dass er Preise nicht mehr selbst bestimmt, sondern so ein wichtiges Werkzeug zur Marktbearbeitung aus der Hand legt.

Aber es gilt: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Wenn Sie wissen, wo genau die Tücken in puncto Preis liegen, können Sie sich gegen sie wappnen und so viele gefährliche Klippen umschiffen.

Fazit:

Mangelnder Erfolg beim “Verkaufen des Preises“ ist oft auf eine der drei folgenden Ursachen zurückzuführen:

 Falsche Rhetorik und nicht angemessenes Verhalten in Verkaufssituationen

Unglückliche Formulierungen bieten dem Kunden Angriffsfläche; sie provozieren geradezu Widerstand. Das gilt auch für ein unsicheres (übrigens auch für ein zu sicheres) Auftreten dem Kunden gegenüber. Nicht nur unsere Worte, auch unsere Körpersprache bergen Sprengstoff!

 Falsche Zielgruppen / fehlende Berücksichtigung von Kaufmotiven

Auch fachgerecht kalkulierte Preise stoßen mitunter nicht auf Gegenliebe, wenn sie die Vorstellungen des Kunden außer Acht lassen. Preis und Zielperson passen dann nicht zusammen. Es ist oft nicht so, dass der Kunde auf nicht vorhersehbare Weise reagiert; vielmehr fehlen Informationen über den Kunden (oder sie liegen vor, werden aber nicht verwertet). Der Anbieter ist sich also u.U. nicht im Klaren darüber, wen er konkret mit seinem Preis anspricht.

 Falscher Preis

In diesem Fall werden zwar Kundenbedürfnisse und Kaufmotive bedacht, aber die betrieblichen Belange treten in den Hintergrund. Hier steht man vor der grundlegenden Entscheidung, ob man den Preis anpasst, auf den Auftrag verzichtet oder in die „Trickkiste“ greift und Preis und Leistungen verkauft.

Soweit unser kurzer Überblick. Wir haben damit erste Ansatzpunkte für die Betrachtung der Herausforderungen, die die Vermittlung von Preisen an uns stellt. Nun wollen wir mehr in die Tiefe gehen – bleiben Sie am Ball!

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